Schlagwort: ARD

Maischberger sorgt sich um „traditionelle Werte“ und „Umerziehung“ der Kinder

Sandra Maischberger ist, um daran noch einmal zu erinnern, eine Moderatorin, die vom WDR jahrelang abhängig von der Einschaltquote ihrer Talkshow bezahlt wurde. Das war ein Skandal, der viel zu wenig Beachtung fand, obwohl er die Irrwege des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland in besonderer Weise illustrierte.

Morgen möchte Sandra Maischberger bei „Menschen bei Maischberger“ folgendes Thema diskutieren:

Homosexualität auf dem Lehrplan: Droht die moralische Umerziehung?

Interessante Frage.

Ich hätte ein paar Gegenfragen: Was ist „moralische Umerziehung“? Ist damit eine Art Gehirnwäsche gemeint, die Kindern ihre natürliche Abneigung gegen Homosexualität abgewöhnt? Oder wenn damit nur eine Erziehung hin zu mehr Toleranz und Akzeptanz gemeint sein sollte: Warum würde sie dann „drohen“?

Auf Twitter antwortete die Redaktion auf die Frage, was „moralische Umerziehung“ ist:

Meine Reaktion:

Aber die Frage hätte ich mir natürlich selbst beantworten können. Der Redaktion sind die Anführungszeichen nicht ausgegangen. Sie finden sich in der Themenankündigung auf der „Menschen bei Maischberger“-Seite gleich unter der Überschrift:

Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender und Intersexuelle: Sollen Kinder und Jugendliche über die „sexuelle Vielfalt“ im Unterricht aufgeklärt werden?

Sexuelle Vielfalt, das ist für die Maischberger-Leute also ein Begriff, den sie nur in Anführungszeichen verwenden, als sei das ein Kampfbegriff irgendeiner Homo-Lobby oder der „Ideologie des Regenbogens“, die die rechte Petition in Baden-Württemberg herbeiparanoisiert. Nein, mit dem Gedanken, dass es sexuelle Vielfalt gibt und dass diese Vielfalt etwas ganz normales ist, damit macht sich die „Maischberger“-Redaktion lieber nicht gemein. Aber die vage, perfide, radikale Unterstellung einer „moralischen Umerziehung“ von Kindern, die man in Verbindung mit der Formulierung von „Homosexualität auf dem Lehrplan“ sogar als Pflicht zum Schwulwerden lesen kann, die übernehmen die Maischbergers ganz ohne die Distanz auch nur eines Anführungszeichens.

Weiter fragt die Redaktion:

Und sind traditionelle Werte unserer Gesellschaft in Gefahr?

„Traditionelle Werte“ wie die Ablehnung von Homosexualität? Da waren jedenfalls anscheinend wieder keine Anführungszeichen nötig.

„Droht Aufklärung?“, wäre vielleicht noch eine schöne Zusatzfrage gewesen.

Die Gästeauswahl lässt das Schlimmste befürchten. Ich würde gar nicht so weit gehen wie der „Waldschlösschen-Appell gegen die Verharmlosung homosexualitätsfeindlicher Diffamierungen“, der die Medien auffordert, Menschen, die gegen die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben kämpfen, keine Plattform zu geben. Ich glaube, dass es nicht hilft, wenn man Leute wie Hartmut Steeb, der froh ist, dass keines seiner zehn Kinder homosexuell ist, oder Birgit Kelle aus dem Diskurs verbannt. Man muss sich mit ihnen und ihrer Forderung nach fortdauernder Diskriminierung von Homosexuellen auseinandersetzen.

Aber Voraussetzung dafür wäre, eine öffentlich-rechtliche Talkshow nicht nur als billige Boxbude zu betrachten. Und Voraussetzung wäre vor allem, sich die ideologischen Begriffe und Narrative der Gegner von Aufklärung und Gleichberechtigung nicht im Vorfeld schon zu eigen zu machen.

Ich kann nicht glauben, dass man darüber überhaupt diskutieren muss.

Die Pressestelle der ARD hat heute vormittag das idiotische „Maischberger“-Thema gleich weitergetwittert mit dem Satz: „Das dürfte für Diskussionsstoff sorgen.“ Jaha, „Diskussionsstoff“, super. Auf Facebook hat die Redaktion auf den schon seit dem Wochenende herrschenden Proteststurm heute mittag endlich reagiert, allerdings ohne jede Einsicht in das Problem. Stattdessen formuliert sie die „Bitte“: „schaut euch die Sendung an und urteilt dann.“ Ja, das würde euch so passen. Wenn das genügend Leute tun, ist das Kalkül der Leute, die kein anderes Kriterium kennen als die Quote, wieder aufgegangen.

René Martens bringt das ganze Elend im „Altpapier“ auf den Punkt:

Dass Maischberger irgendwann mal Nazis einlädt, um mit ihnen über Antisemitismus zu plaudern, kann man mittlerweile nicht mehr ausschließen.

Allein was das für „Diskussionsstoff“ brächte!

Nachtrag, 15:27 Uhr. Die Redaktion hat gerade überraschend noch ein paar Anführungszeichen für die „moralische Umerziehung“ auf der Sendungs-Homepage gefunden.

ARD-Programmdirektor verhindert „Brennpunkt“ zur Späh-Affäre


Fotos: ARD

Das Erste sendet heute nach der „Tagesschau“ keinen „Brennpunkt“ zu den neuesten Wendungen in der NSA-Affäre — obwohl sich die Chefredakteure der ARD-Anstalten intern einstimmig dafür ausgesprochen haben. Der Programmdirektor des Ersten, Volker Herres, hat sein Veto eingelegt. Womöglich sorgt er sich um die Quoten der Show „Die deutschen Meister“ mit Kai Pflaume, die dort im Programm steht.

Gestern wurde bekannt, dass ein Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Angela Merkel möglicherweise von den Amerikanern abgehört wurde. Die Nachricht löste erhebliche Verstimmung, diesmal auch in der Union aus.

Nach Ansicht der ARD-Chefredakteure wäre das ein guter Aufhänger, die Ausspäh-Affäre, die die breite Bevölkerung bisher eher mit geringem Interesse wahrgenommen hat, massenattraktiv aufzugreifen. Durch die Zuspitzung auf das Handy der Kanzlerin habe es heute größte Aufmerksamkeit für die Vorgänge gegeben. Reinhold Beckmann wird zwar in seiner Talkshow um 22:45 Uhr das Thema in prominenter Runde diskutieren; es wäre aber ein guter Anlass gewesen, sich ihm in der Primetime des Ersten zu widmen.

Eine Sonderprogrammierung wie ein zusätzlicher „Brennpunkt“ bedarf aber der Zustimmung des Programmdirektors. Die verweigerte Volker Herres. Das ist zwar kein einmaliger, aber wohl ein seltener Vorgang, insbesondere angesichts des einstimmigen Votums der Chefredakteure. Auch ARD-Chefredakteur Thomas Baumann und das ARD-Hauptstadtstudio hätten einem „Brennpunkt“ am Ende der täglichen gemeinsamen Schaltkonferenz zugestimmt.

Herres und die Pressestelle des Ersten wollten all das nicht bestätigen und sich nicht äußern.

Anders als die legendären „Brennpunkte“, die das Erste ins Programm nimmt, wenn es zu seltenen Wetterphänomenen wie Schnee im Winter kommt, sind politische Sondersendungen ein Risiko, wenn es um die Quote geht. (Es geht immer um die Quote.) Dass ein weitgehend inhaltsloser „Brennpunkt“ mit dem Titel „Die Lügen des Limburger Bischofs“ vor genau zwei Wochen trotz der Moderation von Alois Theisen von fünf Millionen Zuschauern gesehen wurde, hatten in der ARD keineswegs alle erwartet.

Die Kai-Pflaume-Sendung „Die deutschen Meister“, in der heute von 20:15 Uhr an unter anderem die besten deutschen Stadt-Land-Fluss-Experten gegeneinander antreten, ist zwar einerseits nur eine von vielen überaus verwechselbaren Shows, mit denen die Öffentlich-Rechtlichen gerade ihre Programme fluten. Andererseits könnte ihre Quote dem Programmdirektor besonders am Herzen liegen: Es ist der zweite von vier Teilen. Wenn die Leute sich das nicht anschauen, weil sie vorher bei einem „Brennpunkt“ über irgendwelche vergleichsweise marginalen politischen Enthüllungen wegzappen, könnte sich das auch auf die beiden verbleibenden Sendetermine negativ auswirken.

Milchmädchen im Einsatz gegen ARD und ZDF: Der Unsinn der Steuerzahler-„Studie“

Heute erkläre ich Ihnen, wie ARD und ZDF eine halbe Milliarde Euro jährlich einsparen können. Achtung: Indem sie das Geld einfach nicht ausgeben. Ta-daa!

Und jetzt sagen Sie nicht, das sei eine Rechnung, für die man nicht einmal ein Milchmädchen wecken müsste. Der Steuerzahlerbund, ein natürlicher Gegner des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, hat es mit dieser Rechnung heute in die „Welt“, die „Rheinische Post“, die „FAZ“ und diverse Online-Medien geschafft.

Er hat sie natürlich besser verpackt. Er hat sie als „Sonderinformation 1“ seines „Deutschen Steuerzahlerinstituts“ (DSi) herausgegeben und mit diversen Fußnoten, Quellenangaben und volkswirtschaftlichen Erläuterungen den Eindruck erweckt, es handele sich hier um eine seriöse wissenschaftliche Forschungsarbeit. Die Medien nennen das Papier „Studie“.

Angeblich weist es den öffentlich-rechtlichen Sendern nach, dass sie jährlich 650 Millionen Euro verschwenden.

Der größte Batzen dieses Betrages kommt aus den Sportrechte-Etats der Sender. Die ließen sich, laut der „Studie“, von jährlich 335 Millionen Euro auf 185 Millionen Euro senken. Auf die Zahl von 185 Millionen Euro kommt die „Studie“ nicht durch irgendein akribisches Nachrechnen, sondern durch den „Vorschlag“, es würde doch völlig genügen, wenn ARD und ZDF die Ausgaben für Sportgroßereignisse „generell auf z.B. fünf Prozent des Programmaufwands begrenzen“.

Hätte die „Studie“ ohne weitere Erklärung eine Begrenzung auf „z.B. vier Prozent“ oder „z.B. drei Prozent“ vorgeschlagen, hätten ARD und ZDF nach dieser Logik also noch viel mehr Geld verschwendet.

Darüber hinaus könnten ZDF, arte und Deutschlandradio laut der „Studie“ jährlich 50 Millionen Euro bei den Programmaufwendungen sparen. Diese Zahl ist nicht selbst ausgedacht, sondern stammt aus einer guten Quelle: Dem Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF). Die habe ein solche Kürzungspotenzial bei den Sendern festgestellt.

Das ist richtig. Und sie hat es nicht nur festgestellt, sondern diese Summe den Sendern auch gleich abgezogen. Die KEF hat die Etats, die sie ZDF, arte und Deutschlandradio bewilligt, für die aktuelle Gebührenperiode bereits um dieses Kürzungspotenzial reduziert. Anders gesagt: Die Sender mussten bzw. müssen dieses Geld ohnehin sparen und können es nicht mehr „verschwenden“. Denselben Logikfehler macht die „Studie“ auch beim von der KEF gekürzten Personalaufwand der Sender.

Ein erheblicher Anteil der 650 Millionen Euro, die ARD und ZDF angeblich verschwenden, ist Geld, das ARD und ZDF gar nicht bekommen: Das DSi schlägt vor, die 14 Landesmedienanstalten zusammenzulegen. Die bekommen jährlich 142 Millionen Euro von den Rundfunkbeiträgen. Was man auf diese Weise sparen könnte? Die „Studie“ weiß es — wie so oft — auch nicht, glaubt aber einfach mal — wie so oft — dem ausgewiesenen Medienexperten Hans-Peter Siebenhaar vom „Handelsblatt“. Weil der einmal von einer Ersparnis „im dreistelligen Millionen Euro-Bereich“ schrieb, zählt die „Studie“ einfach mal grob 100 Millionen auf die Gesamtverschwendungssumme — wohlgemerkt: von ARD und ZDF, die damit nichts zu tun haben.

Wie seriös die „Studie“ ist, zeigt sich auch in den Fußnoten. An einer Stelle heißt es:

Der Vorwurf, Politik und Rundfunk unterlägen gegenseitiger Einflussnahme kommt nicht von ungefähr. (…) Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk spielt gelegentlich sein Machtpotenzial gegenüber der Politik aus. So wurde den Abgeordneten des nordrhein-westfälischen Landtags z.B. gedroht, wenn diese gegen den neuen Rundfunkbeitrag stimmten, würde das im WDR eine negative Berichterstattung zur Folge haben.

Urheber dieser Behauptung ist Christian Nienhaus, der Geschäftsführer der WAZ-Gruppe (heute Funke-Gruppe), der das 2011 in einem FAZ-Interview gesagt hatte. Die Passage sorgte — verständlicherweise — für einigen Wirbel; der WDR drohte Nienhaus mit rechtlichen Schritten. Eine Woche später nahm er seine Äußerungen zurück:

„Ich stelle ausdrücklich klar, das ich mit meiner Äußerung nicht die Behauptung aufstellen wollte, der WDR habe unmittelbar oder mittelbar Abgeordneten im Landtag von Nordrhein-Westfalen in Zusammenhang mit deren Abstimmungsverhalten über die Mediengebühr mit einer negativen Berichterstattung im WDR gedroht“.

Die Verfasser der „Studie“ haben das praktischerweise nicht mitgekriegt, was natürlich auch daran liegen kann, dass sie womöglich eher fachfremd sind. Autoren sind im Papier nicht angegeben, am Ende steht nur: „Bearbeitung: Karolin Herrmann“. Karolin Hermann ist Diplom-Volkswirtin und beim DSi eigentlich zuständig für Haushaltspolitik und Haushaltsrecht.

Als Positionspapier und Sammlung von Argumenten gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der bestehenden Form aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die Veröffentlichung natürlich völlig legitim. Es lässt sich aus ihr nur nicht seriös ablesen, wieviel Geld ARD und ZDF jährlich „verschwenden“.

Aber was ist „seriös“ schon für ein Kriterium, wenn es gegen ARD und ZDF geht?

[Offenlegung: Ich habe im Sommer mein Geld hauptsächlich damit verdient, für eine WDR-Sendung zu arbeiten. Persönlich unterstütze ich die Forderungen nach einer Deckelung des Sportrechte-Etats und einer Zusammenlegung der Medienanstalten, aber das ist ja nicht der Punkt.]

Merkel vor Steinbrück, Tierschutz vor Piraten: Die Quoten der Wahlwerbespots

Angela Merkel liegt deutlich vorne: 35 Millionen Menschen haben, zusammengerechnet, den 90-sekündigen CDU-Wahlwerbespot bei ARD und ZDF gesehen. Die 16 Ausstrahlungen hatten deutlich mehr Zuschauer als das SPD-Gegenstück, das es nur auf 30 Millionen schaffte.

Die deutschen Fernsehsender dürfen eigentlich keine politische Werbung zeigen. Außer vor Wahlen: Dann müssen sie.

ARD und ZDF verteilen die Sendeplätze nach folgendem Schema: Die großen Parteien im Bundestag bekommen je acht Ausstrahlungen pro Sender, die kleinen vier. Jede Partei, die zur Bundestagswahl zugelassen ist und mit mindestens einer Landesliste antritt, hat Anspruch auf zwei.

Der Spielraum, einzelne Spots aufgrund ihrer Inhalte abzulehnen, ist für die Sender extrem gering. Es muss schon „ein evidenter und nicht leicht wiegender Verstoß gegen die allgemeinen Gesetze, insbesondere Normen des Strafrechts“ vorliegen. So konnte in diesem Jahr die Partei „Die Rechte“ im öffentlich-rechtlichen Fernsehen Neonazis und Kriegsverbrecher als Opfer des System darstellen; die „Partei“ aus dem „Titanic“-Umfeld bekam Raum für eine mutmaßlich lustig gemeinte Parodie auf RAF-Entführungsfilme.

Die einzelnen Sendeplätze bekommen die Parteien nach einem komplexen System zugelost, das ungefähre Chancengleichheit herstellen (und Klagen von Parteien verhinden) soll. Das ist, an den Zuschauerzahlen gemessen, in diesem Jahr immerhin halbwegs gelungen.

Die Union profitiert dabei davon, dass die CSU als eigene Partei behandelt wird und bundesweit Sendezeit bekommt (obwohl der Spot, in dem Horst Seehofer davon redet, was er in den nächsten fünf Jahren tun will, zweifellos auf die bayerische Landtagswahl zielte).

Die kleineren Bundestagsparteien erreichten mit ihren ARD/ZDF-Spots zwischen 11,5 Millionen (FDP) und 14,3 Millionen (Grüne) Zuschauern. Bei den anderen Parteien reichte die Spanne von 6,6 Millionen (Die Partei, Bayernpartei) bis 9,8 Millionen (BIG).

Natürlich hängt die Quote nicht nur vom Glück des Sendeplatzes ab, sondern auch vom Spot selbst, also davon, wieviele Zuschauer sofort umschalten oder, und sei es aus Fassungslosigkeit, bis zum Schluss dranbleiben.

Frauen-, Rentner- und Familienpartei verzichteten auf die Möglichkeit, Fernsehspots zu zeigen.

Partei Sendetermin Zuschauer
(in Mio.)
Summe
(in Mio.)
CDU ZDF Mo 18:00 2,1 35,0
ARD Di 21:45 3,5
ZDF Do 17:10 1,2
ARD Fr 18:00 2,4
ZDF Di 19:20 2,8
ARD Di 22:50 1,6
ARD Do 17:35 1,0
ZDF Sa 23:00 1,9
ZDF Mi 22:10 3,2
ZDF Fr 18:00 1,7
ARD Do 21:45 3,2
ARD Fr 23:30 1,8
ARD Mo 22:15 3,0
ZDF Di 22:15 2,7
ZDF Fr 17:00 1,8
ARD Fr 18:00 1,1
SPD ZDF Mo 22:15 3,3 30,0
ARD Mo 18:00 0,9
ARD Sa 21:45 3,1
ZDF Sa 23:00 2,5
ZDF Di 17:10 1,5
ARD Mi 23:30 0,9
ZDF Do 19:20 2,3
ARD Fr 22:00 2,0
ZDF Mo 18:00 2,7
ZDF Mi 17:10 1,7
ARD Do 22:45 1,6
ARD Mo 18:00 1,5
ARD Di 17:50 1,4
ZDF Mo 22:15 3,6
ZDF Fr 18:00 2,6
ARD Fr 22:00 2,0
FDP ZDF Mi 18:00 2,0 11,5
ARD Do 18:00 0,8
ZDF Do 19:20 2,0
ARD Do 22:45 1,6
ZDF Di 23:10 1,4
ZDF Do 17:10 1,7
ARD Sa 23:00 2,2
ARD Mi 21:45 2,0
Die Linke ZDF Mi 17:10 1,4 13,0
ARD Fr 23:30 1,5
ZDF Mo 19:20 2,1
ARD Do 21:45 2,4
ARD Sa 17:45 1,5
ZDF Sa 23:00 2,7
ZDF Di 18:00 2,4
ARD Do 22:45 1,4
Grüne ZDF Do 19:22 2,3 14,3
ARD Fr 22:00 2,4
ARD Mo 23:50 0,9
ZDF Fr 17:10 1,1
ZDF Mi 23:30 1,2
ARD Do 22:15 2,7
ZDF Mo 18:00 2,6
ARD Mi 18:00 1,1
CSU ZDF Di 18:00 2,1 13,6
ARD Sa 23:40 1,2
ZDF Mo 23:40 1,4
ARD Mi 23:00 1,4
ZDF Fr 17:10 1,3
ARD Mi 18:00 1,3
ZDF Do 19:20 3,0
ARD Do 22:15 1,9
Piraten ZDF Mi 19:23 2,4 6,6
ARD Do 22:45 1,7
ZDF Mo 17:10 1,6
ARD Sa 17:00 0,9
NPD ZDF Fr 19:23 2,0 6,8
ARD Di 22:15 2,2
ZDF Di 17:10 1,4
ARD Di 18:00 1,2
Tierschutzpartei ZDF Sa 22:40 2,5 8,8
ARD Sa 17:45 1,5
ARD Di 22:50 2,1
ZDF Di 18:00 2,7
REP ZDF Di 18:00 2,2 8,2
ARD Sa 23:55 0,6
ARD Fr 21:45 2,5
ZDF Fr 19:20 2,7
ÖDP ARD Mo 22:00 2,1 6,9
ZDF Mi 19:20 2,3
ZDF Mo 17:10 1,7
ARD Sa 0:00 0,8
Bayernpartei ARD Do. 22:15 2,0 6,6
ZDF Di 23:30 1,1
ARD Fr 23:35 1,4
ZDF Sa 19:20 2,1
PBC ARD Do 21:45 2,6 7,8
ZDF Mi 17:10 1,2
ARD Sa 23:05 1,5
ZDF Mo 19:35 2,5
BüSo ARD Di 22:15 2,5 7,6
ZDF Mo 22:10 2,9
ARD Mo 17:35 1,0
ZDF Sa 17:55 1,2
Die Violetten ARD Mi 18:00 1,0 7,1
ARD Do 22:15 2,1
ZDF Sa 19:20 2,1
ZDF Mi 17:10 1,9
MLPD ZDF Mo 17:10 1,4 6,7
ARD Mi 22:45 1,5
ZDF Mi 19:20 2,8
ARD Do 18:00 1,0
Volksabstimmung ARD Sa 23:45 1,2 8,7
ZDF Mi 18:00 2,3
ZDF Di 19:30 2,8
ARD Fr 21:45 2,4
PSG ZDF Sa 18:00 0,8 8,1
ARD Sa 23:15 1,9
ZDF Di 18:00 2,7
ARD Fr 22:00 2,9
AfD ZDF Sa 19:20 2,1 7,8
ARD Mi 21:45 2,6
ZDF Do 18:00 2,2
ARD Do 17:55 0,9
Bündnis 21/RRP ZDF Do 18:00 1,8 7,8
ARD Mo 23:00 2,1
ZDF Mo 22:10 2,8
ARD Fr 18:00 1,1
BIG ARD Di 18:00 1,0 9,8
ZDF Do 18:00 1,9
ARD Di 21:45 3,9
ZDF Mi 19:20 3,0
Pro Deutschland ZDF Di 17:10 1,4 8,1
ARD Sa 17:00 0,7
ZDF Do 19:20 3,2
ARD Di 22:20 2,8
Die Rechte ARD Mi 22:15 2,3 9,2
ZDF Mo 18:00 2,7
ARD Fr 18:00 0,9
ZDF Sa 22:40 3,3
Freie Wähler ARD Mo 18:00 1,0 7,8
ZDF Do 17:10 1,2
ARD Mi 22:50 2,3
ZDF Di 19:20 3,3
Partei der Nichtwähler ARD Di 22:55 1,9 6,7
ZDF Fr 17:10 1,2
ARD Sa 17:50 0,9
ZDF Mo 19:20 2,7
Partei der Vernunft ARD Sa 17:00 0,7 7,5
ZDF Mo 17:10 1,6
ARD Mo 22:30 2,8
ZDF Fr 19:20 2,4
Die Partei ZDF Fr 18:00 2,0 6,6
ARD Mi 18:00 0,9
ZDF Di 23:35 1,9
ARD Sa 23:05 1,8

Gottschalk und Jauch wiederholen komplette Hängepartie

Es war der unbestrittene Höhepunkt der neuen RTL-Show „Die 2 – Gottschalk und Jauch gegen alle“: Wie Günther Jauch eine gefühlte Ewigkeit an stilisierten Hubschrauberkufen hing, während Thomas Gottschalk Quizfragen beantwortete. Jauch machte einen großen Bohei darum, wie wenig ihm diese Aufgabe liege und dass er sowas seit 30 Jahren, seit der legendären Show „Rätselflug“, nicht mehr gemacht habe.

Tatsächlich ist es erst drei Jahre her. Seine Produktionsfirma i&u wiederholte für das neue vermeintliche Show-Event einfach nochmal das Spiel, mit dem sie Jauch 2010 bei der „Großen Geburtstagsshow“ zum 60. Geburtstag der ARD schon einmal, öh, überrascht hatte.

Jaja, das habe ich am Dienstag schon aufgeschrieben.

Aber man muss es gesehen haben, in welchem Maß sich die Szenen von damals und heute gleichen: die Musik und die Soundeffekte, die vermeintlich spontanen Kommentare von Gottschalk, das ganze Geplänkel zwischen den beiden — und der behauptete Widerwille von Jauch, sich einer Übung auszusetzen, die ihm angeblich gar nicht liegt.

Sehen und staunen Sie:

Jauchs Produktionsfirma lässt ihn wieder hängen

Blicken wir noch einmal zurück, auf dieses große Show-Event mit Günther Jauch und Thomas Gottschalk, und lassen uns von sueddeutsche.de einen der Höhepunkte schildern:

Deutlich größeres Kino war dagegen eine Stunt-Einlage in bester Schlag den Raab-Manier. Nur dass hier Jauch gegen sich selbst antreten musste: In Erinnerung an eine im Rückblick haarsträubende Himmelfahrtsmission aus seiner früherem SDR-Sendung Rätselflug musste sich der heute 55-Jährige wie seinerzeit an die Kufen eines Helikopters hängen. In der Abenteuer-Gameshow galt es für Jauch damals, mit Hubschrauber-Hilfe einen „Schatz“ hoch oben auf dem Loreley-Felsen zu bergen. Der tollkühne Twen verhinderte dabei 14 Sekunden lang mit bloßen Händen den eigenen Absturz. Diesmal bekam Jauch einen Sicherheitsgurt umgeschnallt („Ich habe zuhause versprochen, dass ich so etwas nicht mehr mache“) und wiederholte die Klammerübung verbissen. Fazit: Jauch hielt heute 69 Sekunden durch — die ARD ist ihm jede Kraftanstrengung wert.

Kollege Gottschalk war jedenfalls sehr angetan und zelebrierte den Moment, in dem er Jauch den von ihm während des Turn-Kunststücks verwahrten Ehering zurückgab: „Nimm diesen Ring zum Zeichen meiner Hochachtung“, scherzte der ZDF-Mann.

Hm? Die ARD? Der ZDF-Mann?

Ach so, das ist gar nicht die Kritik der RTL-Sendung „Die 2 — Gottschalk & Jauch gegen alle“ von gestern Abend. Das ist die Kritik der Sendung „60 Jahre ARD — Die Geburtstagsshow“ vom April 2010.

Die ganze Nummer mit dem Rätselflug-Remake gestern in der Sendung war eine Wiederholung. Das Getue Jauchs, mit dem er sich gegen die Übung sträubte, wie er einen Absturz nach zehn Sekunden prognostizierte und jammerte, sowas seit über 30 Jahren nicht mehr gemacht zu haben — alles Show.

Seine Produktionsfirma i&u, die die Sendung produziert, hat ihm sicherheitshalber einfach noch einmal das Spiel geschenkt, in dem er schon vor dreieinhalb Jahren gut aussah. Auch die Show damals war eine i&u-Produktion.

Ideen sind eher nicht deren Stärke. Recyceln, das können sie.

Ein Jugendfilter für die ARD

Gestern war ein großer Tag für das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Deutschland. Seit gestern können junge Leute endlich die vielen Inhalte finden, die die ARD unermüdlich für sie produziert. Seit gestern gibt es die Möglichkeit, sich mithilfe eines Filters gezielt Videos in der ARD-Mediathek anzeigen zu lassen, die von den jeweiligen Sendern als prinzipiell junge-Leute-tauglich eingestuft wurden.

Es handelt sich um den Reiter „Einslike“, der neuerdings neben „Fernsehen“ und „Radio“ die Inhalte in der ARD-Mediathek gliedert. (Falls Sie ihn nicht finden, sind Sie vermutlich versehentlich in der DasErste-Mediathek, das ist was anderes.)

Dass sich hinter den Begriff „Einslike“ jung gemeinte Inhalte verbergen, erschließt sich der Zielgruppe anscheinend von selbst. Als einzige Hinweise auf der Seite bietet die ARD die Duzung des Publikums im Teaser („Eure Lieblingsvideos jetzt in der ARD Mediathek“) und die Kombination aus Lippenpiercing und der Farbe Pink. Aber sobald man draufklickt, wird es natürlich unmissverständlich jugendlich, denn statt des gediegenen-glatten ARD-Blaus liegt nun abblätternder farbig besprühter Putz hinter den Videos:

Das zu entwickeln, hat kaum mehr als fünf Jahre gedauert.

Im Frühjahr 2008 hatte das Aufsichtsgremium der ARD, die Gremienvorsitzendenkonferenz, ein „Jugend-Forum“ organisiert und „im Nachgang“ empfohlen, die vorhandenen jugendaffinen Inhalte der ARD im Internet zu bündeln. „Angesichts niedriger und zudem sinkender Marktanteile bei der jüngeren Zielgruppe“ baten die Gremienvorsitzenden die Intendanten damals, „eine Gesamtstrategie für eine erfolgreiche Ansprache junger Menschen zu entwickeln“ und forderten ein „energisches Gegensteuern unter Nutzung der Chancen in der digitalen Welt“.

Angesichts der Dringlichkeit floss das Projekt „Filter ‚Junge ARD'“ dann in die Planungen der Sender für die nächsten Jahre ein. Entsprechend euphorisch verkündete Ruth Hieronymi, die WDR-Rundfunkratsvorsitzende und damalige Gremienvorsitzendenkonferenzvorsitzende (mein absolutes Lieblingsamt bei der ARD) im November vergangenen Jahres, dass ein Start des Filters nun unmittelbar fast bald… also, jedenfalls, dass einem Start noch 2013 nichts mehr im Wege stehe. („Neue Angebote für junge Publikumsgruppen erfolgreich eingefordert“ lautet die Überschrift über dem entsprechenden Absatz in der Bilanz der GVK 2012, was hübsch schillert, weil angemessen offen bleibt, ob sich das „erfolgreich“ auf die Erfüllung der Forderung bezieht oder doch ihr bloßes Aussprechen.)

Die Federführung für das Projekt übernahm der Mikrosender Radio Bremen, dessen Intendant Jan Metzger sich damals mit den Worten zitieren ließ:

„Ich freue mich sehr, dass dieses Projekt für die Jungen jetzt realisiert wird und dass wir mit der TagesWEBschau, der kleinen Schwester der Tagesschau, unser Experiment für die Jungen fortsetzen können.“

Im Nachhinein war das eine unglückliche Formulierung, denn ein paar Monate später beschlossen die Intendanten, die „TagesWEBschau“ einzustellen. Sie beauftragten Radio Bremen und ARD-aktuell aber, „das erworbene Know How und die gemachten Erfahrungen für die Entwicklung von Nachrichten-Angeboten für eine junge Zielgruppe weiter zu nutzen. Entsprechende Überlegungen sollen den Intendantinnen und Intendanten im Herbst vorgelegt werden.“ Don’t hold your breath, wie der Engländer sagt.

Aber immerhin ist ja nun der Filter für die ARD-Mediathek fertig und Metzger sagt ohne erkennbare Ironie:

„Die ARD redet nicht nur über die Ansprache junger Zielgruppen, sie tut auch was.“

Nun weiß ich nicht im Detail, wie die Verantwortlichen und Nicht-Verantwortlichen in den ARD-Rundfunkanstalten die fünf Jahre genutzt haben — überwiegend wohl klassischerweise damit, das Schlimmste zu verhindern. („Der Filter ist in enger Zusammenarbeit von Hörfunk, Fernsehen und der Redaktionskonferenz Online erarbeitet worden“, protokollierte der WDR in seinem „Schlussbericht der geschäftsführenden Anstalt der ARD“ Ende 2012.) Trotzdem sind einzelne, nicht ganz unwesentliche Entscheidungen anscheinend auf merkwürdige Art in letzter Sekunde getroffen worden, zum Beispiel die Benamsung des Dings. Ein größerer Teil der gebündelten Videoclips ist in der Mediathek als „#jung“ verschlagwortet, was ein ähnlich unglamouröser, aber dafür selbsterklärender Name für die Rubrik gewesen wäre, die nun aber auch zur Verwunderung vieler an dem Projekt Beteiligter plötzlich nicht „#jung“, sondern „Einslike“ heißt.

Na, Wurscht, Hauptsache die jungen Leute können nun endlich… tja, was eigentlich? Auf eine Seite gehen, auf der ohne erkennbare redaktionelle Leistung irgendwelche Bewegtbilder aus den einzelnen Sendern einlaufen. Unerklärte Schnipsel aus der Online-Videoproduktion der ARD-Jugendradiowellen; die grauenhafte neue Gameshow von einem der beiden ARD-Jugendkanäle Eins Plus; die von jungen Leuten gemachte schöne, neue Dokureihe des NDR-Fernsehens; ein „Tagesschau“-Beitrag über einen neuen Bundesliga-Trainer; die aktuelle Folge „Zimmer frei“; ein Spielfilm, der, öh.

Anscheinend hat N-Joy am Wochenende ein Konzert präsentiert, weshalb sich viele Witzigkeitsversuche der Moderatoren vor der Kamera in der „Einslike“-Mediathek stapeln, aber abgesehen von der vermutlich unbeantwortbaren Frage „Warum?“ bleiben auch „Wer?“, „Was?“ und „Wo?“ offen. Oben auf der Seite weisen Teaser womöglich auf Highlights hin, erklären, leiten, bündeln aber auch nichts.

Der Gedanke, dass dieses unsortierte Programmgeröll als „Einslike“ eine Anlaufstelle für das furchtbar vermisste junge Publikum der ARD werden könnte: Ich würde ihn weltfremd nennen. Aber die Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD meint, dass damit „ein weiterer Baustein innerhalb des notwendigen Gesamtmaßnahmenpakets zur Ansprache jüngerer Publikumsgruppen erreicht worden“ sei, und die müssen’s nach all den Jahren ja wissen.

Minus mal Minus ergibt EinsPlus: Das Digitalkanalelend von ARD und ZDF

Heute lernen wir, wie die ARD sich vorstellt, in Zukunft junge Zuschauer für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk begeistern zu können. Keine Sorge: Um Inhalte geht es dabei nicht.

Zur Einstimmung hilft eine Übung: Wir versuchen, die Digitalkanäle der ARD voneinander zu unterscheiden.

Lassen wir tagesschau24 mal weg, das ist zu leicht, da laufen den ganzen Tag Nachrichten und abends Wiederholungen aktueller Magazine, Talkshows und Dokumentationen.

Aber es gibt ja noch Einsfestival und EinsPlus.

Laut „Programmkonzept Digitale Fernsehprogramme der ARD“ ist Einsfestival ein „innovatives, kulturell orientiertes Angebot mit jüngerer Ausrichtung“. EinsPlus hingegen sei zu einem „öffentlich-rechtlichen Service-, Ratgeber- und Wissensangebot weiterentwickelt“ worden, „das schnell Akzeptanz bei den Fernsehzuschauern gefunden hat“.

Marktanteile I/2013
ZDFneo 0,8 Prozent
ZDFinfo 0,6 Prozent
ZDFkultur 0,2 Prozent
Einsfestival 0,3 Prozent
EinsPlus 0,1 Prozent
tagesschau24 0,1 Prozent
Zuschauer ab 3 Jahren. Quelle: ARD

EinsPlus brachte es im ersten Quartal 2013 auf einen Marktanteil von 0,1 Prozent. Das ist ungefähr das Maß an Zuschauer-„Akzeptanz“, das entsteht, wenn mehrere Leute beim Durchzappen versehentlich drei Sekunden bei einem Sender hängen bleiben.

Die Definitionen sind also offenbar nicht hilfreich. Die Namen schon gar nicht. Aber vielleicht hilft ein Blick ins Programm:

Auf EinsPlus läuft die „LateLine mit Jan Böhmermann“. Auf Einsfestival läuft der „1Live Talk“ mit Sabine Heinrich.

EinsPlus zeigt aktuelle Musikvideos in der Sendung „EinsPlus Charts“. Einsfestival zeigt aktuelle Musikvideos in der Sendung „Clipster“.

EinsPlus bringt „Es geht um mein Leben“ mit Pierre M. Krause. Einsfestival bringt die „SWR3 latenight“ mit Pierre M. Krause.

Gut, andererseits zeigt EinsPlus „Die allerbeste Sebastian Winkler Show“ am Dienstagabend und Einfestival am Donnerstagabend. Und der aktuelle „Tatort“ läuft auf Einsfestival am jeweiligen Sonntag nochmal um 21:45 und 23:45 Uhr und auf EinsPlus gar nicht.

Es hilft, das zu wissen, um zu verstehen, warum die Intendanten der ARD dem ZDF am Montag öffentlich vorgeschlagen haben, die jeweils drei Digitalkanäle der beiden zu fusionieren. Die ARD ist mit dem, was man euphemistisch eine Digital-„Strategie“ nennen könnte, umfassend gescheitert. Sie veranstaltet zwei Sender mit irreführenden Namen und unklarem Profil, die niemand auseinanderhalten kann und keiner guckt, sowie eine Nachrichtendauerschleife. Es gelingt ihr nicht, ein klares unterscheidbares Profil für die beiden Kanäle EinsPlus und Einsfestival zu entwickeln, weil das Konzept in Wahrheit darin besteht, dass das eine Programm vom SWR gemacht wird und das andere vom WDR.

Deshalb ist es für die ARD auch unmöglich, das zu tun, was naheliegend wäre: einen ihrer beiden Möchtegernjugendkanäle zu schließen. Denn dann müssten ja der WDR oder der SWR etwas aufgeben. Und wenn ARD-Anstalten so etwas könnten, gäbe es keine fünf wöchentlichen Talkshows und das ARD-Wirtschaftsmagazin „Plusminus“ würde nicht im Wechsel von fünf verschiedenen Moderatoren präsentiert.

Doch nun hat die ARD doch noch eine sinnvolle Verwendung für ihre vermurksten Digitalkanäle gefunden: Sie bietet an, sie zu opfern, und nutzt sie gleichzeitig als Pfand, um das ZDF in eine Senderehe zu zwingen.

Die ARD hat angesichts der dokumentierten Erfolglosigkeit ungefähr nichts zu verlieren, aber einiges zu gewinnen: Gemeinsam mit dem ZDF würde ein Neustart möglich, der nicht nur gesichtswahrend ist, sondern sogar imageträchtig: Es wirkt ungemein einsichtig und sparsam und politisch vorauseilend, mit dem Vorschlag, drei Sender einzusparen, nach vorne zu preschen. Gemeinsam könnten die Kanäle mehr Geld haben. Und auf eine bizarre Art ist es aus ARD-Sicht womöglich sogar tatsächlich einfacher, die Rivalitäten zwischen den eigenen Anstalten zu lösen, wenn man Gemeinschaftssender mit dem ZDF bildet.

Alles würde besser werden. Durch „intensivere Kooperationen“ wäre es möglich, die Digitalkanäle „weiter und besser zu profilieren“ — sagt der Senderverbund, dem es nicht einmal im Ansatz gelungen ist, zwei eigenen Kanälen ein eigenes Profil zu geben.

Wenn die sechs Digitalsender zu dreien zusammengelegt würden, biete das „die Chance zu einer weiteren Profilschärfung der schon bestehenden Gemeinschaftsprogramme Phoenix und 3sat“, träumt die ARD. Als ob es da bislang an „Chancen“ gemangelt hätte und nicht am Willen! Was die ARD und das ZDF bisher daran hindert, das Profil von Phoenix und 3sat zu schärfen, verrät die Pressemitteilung der ARD nicht.

Der Plan der ARD sieht vor, EinsPlus und ZDFkultur zu einem neuen Kanal für 14- bis 29-Jährige zu vereinen und Einsfestival und ZDFneo zu einem für 30- bis 49-Jährige. (Dass die ARD letztere als „jüngere Erwachsene“ bezeichnet, spricht Bände.)

Das öffentlich vorzuschlagen und das ZDF so unter Druck zu setzen, ist frech. Aber schon das Konzept auf der Grundlage einer solchen Altersaufteilung an sich ist Unsinn. Ist „Mad Men“ eine Sendung für 30- bis 49-Jährige? Wie groß ist die Übereinstimmung zwischen dem, was ein frisch Pubertierender und ein Familienvater mitten im Berufsleben sehen will? Angesichts der gründlich dokumentierten Schwierigkeit der Öffentlich-Rechtlichen, überhaupt Zuschauer unterhalb von 50 Jahren anzusprechen, wäre „ambitioniert“ ein schillernder Euphemismus für den Versuch, diese dann auch noch nach zwei Altersgruppen zu differenzieren.

Aber genau so scheint sich die ARD die zukünftige öffentlich-rechtliche Lebensbegleitung der Menschen vorzustellen. Erst gucken sie den gemeinsamen Kika, mit einsetzender Pubertät schalten sie zum gemeinsamen Jugendkanal um, mit 30 wechseln sie dann zum gemeinsamen jüngeren Älterenkanal.

Deshalb sei es auch keine Lösung, dass die ARD einfach einen ihrer Digitalkanäle abschalte und sich mit dem anderen auf ein junges Publikum konzentriert, sagte Lutz Marmor, der NDR-Intendant und amtierende ARD-Vorsitzende, heute Vormittag bei der Pressekonferenz nach der Frühjahrstagung der Intendanten: Wie soll das gehen? „Die ARD hat die ganz Jungen, und dann wechseln sie zu ZDFneo?“

Mit keinem Wort wurde bei der weit über einstündigen Pressekonferenz angesprochen, was jüngere Leute überhaupt sehen wollen, welche Formen der Ansprache richtig wären, welche Inhalte fehlen. „Die Zielgruppen fächern sich auf, deshalb brauchen wir Zusatzangebote für diese Zielgruppen“, sagte Marmor — als ließen sich diese Zielgruppen formal-technisch aufgrund ihres Alters unterscheiden.

Das ZDF hatte mit seinen Digitalkanälen ZDFkultur und ZDFneo ein besseres Konzept: ZDFkultur ist elitär, ZDFneo populär. Auf ZDFkultur liefen Konzerte, auf ZDFneo Serien wie „Mad Men“ und „30 Rock“. Gleich drei Sendungen von ZDFkultur sind in diesem Jahr für einen Grimme-Preis nominiert worden. Kein Wunder.

Dass das ZDF mit seinen Kanälen ungleich erfolgreicher ist als die ARD, liegt aber auch daran, dass es besonders schamlos ist, was das besinnungslose Wiederholen von zuschauerträchtigen Programmen angeht. Auf ZDFkultur läuft pro Woche 12-mal „Unser Charly“, 13-mal „Ein Heim für Tiere“, 15-mal „Tierarzt Dr. Engel“ und 39-mal die „Hitparade“. ZDFneo macht seine Quoten nicht zuletzt mit Wiederholungen von irgendeiner „Soko“, „Inspector Barnaby“, „Raumschiff Enterprise“ und der schon von RTL endlos wiederholten „Nanny“. Und ZDFinfo punktet mit Hitler.

Eigentlich hat der feine „Elektrische Reporter“ seine Heimat auf ZDFinfo. Sein origineller regulärer Sendetermin scheint inzwischen der Sonntagvormittag um 11:30 Uhr zu sein. ZDFinfo wiederholt die Sendung aber auch montags gegen 4:40 Uhr, mittwochs gegen 4:35 Uhr, donnerstags gegen 0:20 Uhr, samstags gegen 4:30 Uhr und sonntags gegen 4:45 Uhr. Es scheint eine interne Vorschrift zu geben, die Sendung nicht zu einer Zeit ins Programm zu nehmen, in der mehr als zwei Dutzend Menschen sie zufällig entdecken und schätzen lernen könnten.*

Was aus dem einstigen Anspruch (oder wenigstens: Versprechen) von ZDFneo („Wenn ich mich nur berieseln lassen will, geh ich unter die Dusche“) geworden ist, hat Peer Schader neulich anschaulich dokumentiert. Zwischen den ganzen Wiederholungen und dem „Hollywood-Freitag“ fand er in einer Woche exakt 45 Minuten neues eigenproduziertes Programm. Sein Fazit über den Kanal:

Bloß ein auf Quotenoptimierung getrimmter Programmplanersender, der sein Publikum ausschließlich als Zahl hinter der Kommastelle bei der Marktanteilsauswertung kennt.

Und ZDFkultur ist praktisch schon Geschichte: Der Sender, der mit seiner Spezialisierung insbesondere auf Musik immerhin eine klare Identität hatte, eine höchst öffentlich-rechtliche noch dazu, soll „so rasch wie möglich“ auf ein „Wiederholungs- und Schleifenmodell umgestellt werden“, wobei eh längst schon nicht mehr klar ist, woran man erkennen können sollte, wann damit begonnen wird.

Ausgerechnet diesen — von Intendant Thomas Bellut ungeliebten — Sender glaubt sich das ZDF nicht mehr leisten zu können. Und hat dadurch, dass es ihn quasi schon als eingestellt betrachtet, den Trumpf in der Hand, dass der Etat, den es nach den Träumen der ARD mit in eine Jugendkanalehe einbringen soll, gar nicht mehr vorhanden ist.

„Wir haben ein Manko“, sagte Marmor. „Wir haben kein klar definiertes Angebot für die ganz jungen, die 14- bis 29-Jährigen.“
Und ich dachte, dass EinsPlus genau so ein Angebot sein wollte und sich bloß mangels Ausstattung, Kreativität und Kompetenz dabei nicht gut anstelle.

Was hätte das ZDF davon, mit der ARD zu kooperieren? Marmor sagte, man könne sich heute schon vorstellen, wie attraktiv ein Sender wäre, der die Stärken, die ZDFneo und Einsfestival haben, kombiniert. Worin die „Stärken“ von Einsfestival aktuell bestehen, sagte er nicht. Andererseits deutete er an, dass sich, wenn man Einsfestival und ZDFneo zusammenlegte, vielleicht Geld sparen könnte, das man dann wiederum in den Jugendkanal stecken könnte.

Wie sich tagesschau24 und ZDFinfo sinnvoll zusammenlegen ließen, weiß die ARD auch noch nicht. Aber das klingt natürlich erstmal gut, und der Privatsenderverband VPRT klatschte prompt Beifall.

Die Diskussion um die Zahl der Digitalkanäle ist ohnehin irreführend. Es kommt nicht darauf an, ob es sechs sind, fünf oder drei, sondern darauf, wie die Sender sie nutzen und ob sie einen klaren Mehrwert darstellen, und sei es auch nur für eine kleine Gruppe. ZDFkultur hat das im Ansatz gezeigt. Aber ZDFkultur wird gerade abgewickelt.

*) Nachtrag, 16:30 Uhr. ZDFinfo weist mich darauf hin, dass der „Elektrische Reporter“ um 0:20 Uhr nicht versteckt wird, sondern dort erwiesenermaßen mehr Zuschauer finde, auch in absoluten Zahlen, als wenn er nicht so spät in der Nacht liefe.

Günther Jauchs gebührend finanzierte Gehaltlosigkeit

So sprach Günther Jauch, als er vor Jahren neben Carsten Maschmeyer vor einem großen AWD-Logo auf der Bühne stand:

Ich mach solche Veranstaltungen relativ selten. Zum einen, weil ich ja relativ viel zu tun habe, und zum anderen, weil man natürlich dann ja immer fragt: Was kommen da für Leute, wer ist da der Chef, in welchem Rahmen ist das?

In diesem Fall war das furchtbar einfach. Weil: Ich frage zu diesem Zweck immer den Kollegen Thomas und sage: „Pass mal auf. Da hat jemand angerufen und hat gefragt.“ Und dann runzelte er so ein wenig die Stirn. Und als ich ihm dann erzählte, wo ich da hingehe und mit wem das ist und für wen das ist, sagte er: „Kenn ich, kenn ich. War ich auch schonmal. Hab ich doch selber schon gemacht. Kannste hingehen, überhaupt kein Problem. Die Leute sind prima, und der Chef“ — hat er mir zumindest gesagt, ich weiß nicht, wie gut Sie sich kennen — hat er gesagt, „ist auch in Ordnung.“

Günther Jauch war jung, brauchte aber mutmaßlich damals schon nicht mehr das Geld. (Ich weiß natürlich nicht, ob er überhaupt Geld für diesen Auftritt vor AWD-Mitarbeitern bekommen hat, aber als reiner Freundschaftsdienst wäre es ja noch schlimmer.)

Das Video von diesem Besuch Günther Jauchs bei Carsten Maschmeyer machte in den vergangenen Tagen die Runde, als bekannt wurde, dass Carsten Maschmeyer zu Besuch bei „Günther Jauch“ sein würde. Es trägt bei YouTube die Überschrift „Auch Günther Jauch stand auf der Payroll des Drückerkönigs“.

Wer es gesehen hatte, fragte sich, wie Jauch in der Sendung mit seiner so dokumentierten eigenen Rolle umgehen würde, insbesondere weil das Verhältnis zwischen Jauchs Sender, dem NDR, und Maschmeyer sonst einigermaßen zerrüttet ist.

Jauch tat es fast beiläufig und mit einer Flucht in eine Achtelwahrheit. Nachdem er einen Film von einem Auftritt Maschmeyers gezeigt hatte, sagte er:

Ich hab selber mal vor mehr als 20 Jahren bei Ihnen erlebt, wie Sie da Leute motivieren.

Das war alles. Jauch hielt es offenbar für notwendig, die Sache nicht ganz unangesprochen zu lassen, aber nicht für zweckdienlich, irgendetwas zu sagen, das eine ehrliche Erklärung seiner eigenen Befangenheit dargestellt hätte.

Ich kann das schon verstehen. Er möchte nicht Thema seiner eigenen Talkshow werden. Das Problem ist nur: Er ist es längst.

Er war es schon, als er mit Peer Steinbrück über Transparenz redete, der ihn auf seinen eigenen geheimen Vertrag mit der ARD ansprach und Jauch sich in die Unwahrheit flüchtete, zu behaupten, der sei öffentlich.

Gestern in der Sendung mit dem Titel „Den Managern ans Gehalt! Brauchen wir ein Gesetz gegen die Gier?“ ging es sechzig Minuten lang um Chefs, die unfassbar viel mehr verdienen als ihre Mitarbeiter, um die Frage, unter welchen Voraussetzungen das gerecht sein könnte, und darum, wer darüber bestimmen sollte.

Im Englischen gibt es die schöne Redensart vom „Elefanten im Raum“: einer großen, eigentlich unübersehbaren Wahrheit, die trotzdem von allen ignoriert wird. Der Elefant in Günther Jauchs Studio war Günther Jauch: die Tatsache, dass all die kritischen Fragen, was denn jemand verdienen dürfe, nicht zuletzt ihm selbst gestellt werden müssten.

Jauch spielte den millionenschweren Anwalt des kleinen Mannes gegenüber den Millionären — mit der besonderen Ironie, dass er seinen unbekannten, aber mutmaßlich üppigen Lohn für diese Sendung von uns Zuschauern und Nicht-Zuschauern bekommt. Maschmeyer sprach das einmal kurz an, als er fragte, was wohl dabei rauskäme, wenn die Gebührenzahler über sein Honorar abstimmen dürften, aber zum Glück für Jauch fiel ihm jemand ins Wort, bevor er hätte antworten können oder müssen, und führte das Gespräch von ihm weg. Es gab auch später noch eine Situation, in der Jauch wirkte, als müsste er die Richtung fürchten, in die Maschmeyer den Ball dribbelte.

Wäre es nicht schön, wenn der Moderator der am wichtigsten gemeinten öffentlich-rechtlichen Talkshow im deutschen Fernsehen einem Carsten Maschmeyer frei von Angst und Interessenskonflikten gegenübertreten könnte? Wäre das nicht, genau genommen, das Mindeste?

Natürlich wäre es populistisch, Jauch zu fragen, ob es nicht gut wäre, wenn er mit der Sendung nicht mehr als das 20-fache eines Cutters verdienen würde. Aber genau das ist die Frage, die bei Jauch verhandelt wurde, und wo, wenn nicht bei einem von Gebührengeldern finanzierten Programm, wäre es legitim, sie zu stellen?

Jauch hat offenbar in keiner Weise das Gefühl, dass er seinen Zuschauern und den Finanzierern seines ARD-Einkommens Rechenschaft schuldig ist. Das ist schon traurig genug. Besonders scheinheilig wird es aber, wenn er glaubt, stellvertretend für seine Zuschauer anderen solche heiklen Fragen stellen zu können.

Ich weiß nicht, ob das Kalkül ist oder nur Selbstblindheit, weil er als einziger den Elefanten im Raum wirklich nicht sieht: Dass es eine Unmöglichkeit ist, als jemand, dessen mutmaßlich exorbitantes Einkommen in der Diskussion ist, über exorbitante Einkommen zu diskutieren, ohne die eigene Rolle in irgendeiner Weise zu thematisieren, und sei es, wenn schon nicht mit Transparenz, dann wenigstens mit einem Augenzwinkern und einem Hinweis auf die eigene Befangenheit.

Aber wenn er es nicht einmal schafft, offen und ehrlich mit einem zwanzig Jahre alten Werbe-Einsatz für Carsten Maschmeyer umzugehen, ist das natürlich viel zu viel erwartet.