Bushidos Dankesrede für den Bambi 2011 in der Kategorie „Integration“ im Wortlaut:
„Einen wunderschönen Abend, meine Damen und meine Herren. Bevor ich jetzt irgendwelche Leute erwähne, denen ich danke, außer die, die mir jetzt gerade winken.
Ich möchte eigentlich gerne ganz, ganz schnell auf den Punkt kommen. Ich hab gehört, ich hab nur 90 Sekunden Zeit, und ich hoffe, dass ich irgendwann mal wirklich jetzt auf die Minute landen kann. Oder auf die Sekunde.
Danke, Peter [Maffay], für die netten Worte, für das Verständnis, was du mir entgegen gebracht hast, und, ähm, ja.
Folgendes.
Es hat mich schon ein wenig erstaunt, 2011, zu erfahren, als ich sozusagen mit dem Bambi, äh, belohnt werden sollte, dass es immer noch so viele Menschen gibt, die anscheinend so viel bessere Sachen hätten machen können, außer sich jetzt darüber aufzuregen oder darüber zu diskutieren, ob ich ihn verdient habe oder nicht.
Ob ich ihn verdient habe — man weiß es nicht genau. Die Jury hat gesagt: Ja, es gibt anscheinend oder wahrscheinlich viele Punkte, die dagegen sprechen, es gibt aber wahrscheinlich ebenso viele Punkte, die dafür sprechen.
Ich möchte darüber gar nicht diskutieren, und ich möchte mich auf gar keinen Fall rechtfertigen. Ich möchte mich nicht schönreden. Ich möchte das, was ich getan habe und wofür ich einstehe, auch überhaupt gar nicht jetzt mit Ihnen diskutieren.
Mir geht es eigentlich um was anderes. Um mich brauchen Sie sich keine Sorgen machen. Wenn hier jemand sagt, dass ich keine zweite Chance verdient habe, dann ist das sein gutes Recht. Im Endeffekt, so, mich berührt das persönlich nicht, weil meine Mutter jetzt am Fernseher sitzt, und sie weiß, dass alles okay ist.
Dieser Integrations-Bambi steht aber nicht nur für mich persönlich. Okay, ich werd ihn mir auf jeden Fall auf den Kamin stellen, aber: Man sollte bei all diesen schlimmen Worte, die 2011… das Mikrofon wird kleiner, ich hab schon’n bisschen Paranoia, egal.
Und diese Menschen, die aufschreien und mir vorwerfen, oder mir das vorwerfen, vielleicht, wofür ich eine Zeitlang auch eingestanden bin, ja? Vergessen diesen ganz großen Rattenschwanz, der doch eigentlich viel, viel größer ist als Bushido selber. Ich meine, was sollen sie mir tun? Sie können sagen, dass sie mich nicht mögen, und dass ich es nicht verdient habe, aber im Endeffekt wird nix passieren. Wenn sie nicht dafür bereit sind, Leute zu akzeptieren, zu respektieren und vor allem zu tolerieren, die eventuell in einigen Dingen vielleicht ihre eigene Meinung nicht besonders übereinstimmt. So. Und deswegen sage ich noch einmal: Nutzen Sie die Möglichkeit. Denn ich bin bereit, ich bin 33 Jahre, und ich werde heute ganz bestimmt nicht mehr das sagen, was ich vielleicht vor 10 Jahren gesagt habe, warum? Nicht, weil ich Angst habe.
(Beifall.)
Und nicht, weil ich denke, dass mir hier irgendjemand was anhaben, außer die bösen Blicke und die schlimmen Wörter, die fallen. Es geht eher darum, dass ich gelernt habe, dass das, was ich gemacht habe, falsch war.
(Beifall.)
Und es ist mir auch vollkommen egal, wer hier in diesem Raum sagt, ich hab keine zweite Chance verdient. Es interessiert mich nicht.
Lassen Sie uns lieber an die Menschen denken, die eventuell davon profitieren könnten, wenn Sie mich vielleicht akzeptieren und vielleicht in Ihre Bemühungen einschließen, ein bisschen mehr Toleranz oder vielleicht ein bisschen mehr Verständnis zu schaffen, denn: Integration fängt nicht nur bei der Sprache an.
Alle reden darüber, man muss deutsch lernen, dann ist man sofort integriert, das ist Schwachsinn. Ich kann deutsch, eigentlich, kurz nach meiner Geburt hab ich damit angefangen. Und ich glaub, ich kann es heute ganz gut. Trotzdem denken immer noch manche Leute, ich bin nicht integriert. Warum? Weil immer noch nach ihren Taten gewertet wird und.
Ich kann hier nur ans Herz legen, ne? Zum Beispiel „Schau nicht weg“ war eine Aktion, bei der ich teilgenommen habe, warum? Ja, weil man mich gefragt hat. Und warum hab ich nicht Nein gesagt? Weil ich es für richtig und wichtig empfunden habe. Warum hab ich nicht mehr getan, in der Öffentlichkeit? Weil ich nicht gefragt wurde. Ist das Toleranz, ist das Integration, wenn man mich nicht, als vielleicht jemand, der Kontakt zu Menschen hat, die Sie vielleicht in Ihrem Leben noch nie gesehen haben, einfach nicht benutzt wird, beziehungsweise nicht eingebunden wird in die Bemühungen, einfach ein besseres Deutschland zu schaffen?
Ich bin Deutscher. Ich hab mich nie fremd gefühlt in diesem Land. Ich liebe dieses Land. Wir leben in einem wunderschönen Land. Wir haben sehr viel Perspektive in diesem Land.
Und ich glaube, wir Deutsche, die die Möglichkeit haben, sollten eine Menge von unseren Reserven und unserer Energie an die Leute weiterleiten, die es vielleicht noch nicht so sehen wie ich. Und das haben Sie vielleicht bis jetzt versäumt. Ich bin vielleicht auch selber ein bisschen dran schuld, aber ich sag Ihnen jetzt hier wie ich stehe: Es ist nicht aller Tage Abend. Und Sie können’s immer noch gerne versuchen. Und wenn Sie an meiner Tür klopfen, dann werd ich Ihnen die Tür aufmachen. Ich werde Ihnen die Tür nicht vor der Nase zumachen. Egal, ob sie von der Band Rosenstolz kommen, egal, ob sie vom Burda-Verlag kommen. Oder egal, wo auch immer.
Peter Maffay, danke Dir… Darf ich Du sagen? Sind wir auf Du? Ja? Darf ich’s öffentlich sagen, dass wir auf Du sind? Ja? Ich danke Peter Maffay dafür, denn er ist auch jemand, der wahrscheinlich als Paradekünstler in Deutschland gilt. Und ich danke, dass er soviel riskiert hat, und dass er mir den Respekt gegeben hat und mit mir zusammen auf dieser Bühne steht und sagt: Bushido ist okay.
Wie gesagt: Denken Sie an die Menschen, die unsere Hilfe brauchen, mehr brauch ich nicht zu sagen, denken Sie an die stillen Helden, auf Wiedersehen, danke schön.“
(Beifall.)
(Ich konnte mich nicht entscheiden, was die treffendste Überschrift wäre: „Ich möchte mich nicht rechtfertigen“? „Ich möchte nicht mit Ihnen diskutieren“? „Sie können’s immer noch gerne versuchen“? Oder vielleicht doch einfach: „Man weiß es nicht genau“.)