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Ein Anschlag auf Diekmanns Kindersitze?

Ich habe eine Frage, was den Brandanschlag auf das Auto von „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann angeht.

dpa berichtete gestern mehrmals unter der Überschrift „Familienauto mit Kinderwagen und Kindersitzen verbrannt“. AP meldete: „In dem Mercedes-Kombi befanden sich drei Kindersitze und ein Kinderwagen.“ Der Sprecher des Axel-Springer-Verlages erklärte: „Es handelt sich um den Privatwagen von Herrn Diekmann mit drei Kindersitzen, nicht um eine Dienstlimousine.“ Diekmann selbst sagte: „Das war kein Luxusauto, sondern ein Familienkombi.“

Was ich nicht verstehe: Welche Relevanz haben diese Kindersitze?

Als Detailschilderung in einer Reportage würde ich es verstehen; auch als Mittel, den Leser dazu zu bringen, den Menschen hinter dem Amt des „Bild“-Chefredakteurs zu sehen. Aber in nachrichtlichen Agenturmeldungen? Oder als fast einzige Aussage des Arbeitgebers des Opfers zum Thema überhaupt? Wäre der Inhalt des Autos auch so prominent erwähnt worden, wenn es sich um eine Gitarre, eine Tauchausrüstung, die Gesamtausgabe des Brockhaus gehandelt hätte? Schon klar, die Kindersitze sind nur ein Symbol, aber wären Anschläge gegen kinderlose oder gar kindersitzlose Menschen weniger zu verurteilen?

Und welchen Unterschied macht es, dass das Auto Diekmanns Privatwagen war? Wäre es weniger schlimm gewesen, seinen Dienstwagen anzuzünden? Reicht es nicht, dass das Fahrzeug unmittelbar vor seinem Haus stand, um keine Zweifel daran zu lassen, dass der Anschlag im bedrohlichsten Sinne persönlich gemeint war?

Der Chefredakteur des „Hamburger Abendblatts“ ließ seinen Kommentar zum Thema in dem Satz gipfeln: „Brennende Kindersitze in Privatautos kann und will ich mir als Teil der politischen Auseinandersetzung bei uns nicht vorstellen.“

Ja, Himmel, aber brennende Angelausrüstungen in Dienstwagen von Singles doch hoffentlich auch nicht!

„big swinging dick man“

lesenswert fand ix roger boyes kai diekmann-portrait aus diesem buch in der netzeitung. eigentlich kommt boyes schon auf der ersten seite zum fazit als er diekmann nach seinem gehalt fragt und der peinlich betreten ausweicht und sich darauf beruft, dass es „in diesem land“ nicht üblich sei über gehälter zu reden:

Aha. Scheinheiligkeit ist also die Quintessenz des Boulevards. Es ist offenbar in Ordnung, über die Gehälter von Ex-Bundeskanzler Schröder zu mutmaßen, es ist beinahe schon obligatorisch sich über das Sexleben von Berühmtheiten auszulassen, aber Spekulationen über Führungskräfte von Zeitungen – Mitglieder derselben Borchardt- und Bocca-di-Bacco-Tischgesellschaft –, die sollen gefälligst ausbleiben. (quelle)

Qualitätsmedien im Netz, Folge 3272

Vor ein paar Tagen habe ich den Chef von sueddeutsche.de Hans-Jürgen Jakobs gefragt, wie seine Redaktion mit „Bild“ als Nachrichtenquelle umgeht. Antworten ist er mir schuldig geblieben. Das von ihm geleitete Online-Angebot gibt sie auch so.

Am späten Donnerstag unserer Zeit zitiert die amerikanische Nachrichtenagentur AP exklusiv und ausführlich aus den Tagebüchern von Anna Nicole Smith. Am Freitagnachmittag berichtet die deutsche Nachrichtenagentur dpa ebenfalls ausführlich und mit vielen Zitaten über den Inhalt der Bücher. Am Samstagmorgen bringt „Bild“ einen größeren Artikel, der keine exklusiven Information enthält, über den Inhalt der Tagebücher. Am Samstagmittag meldet die französische Agentur AFP, dass die „Bild“-Zeitung aus dem Tagebuch von Anna Nicole Smith zitiere. Eine Stunde später berichtet sueddeutsche.de über den Inhalt der Tagebücher von Anna Nicole Smith.

Also: sueddeutsche.de zitiert die Agentur AFP, die „Bild“ zitiert, die die Agentur AP zitiert, die aus den Tagebüchern zitiert.

Erstaunlicherweise scheinen sich diesmal bei dem Stille-Post-Spiel keine Fehler eingeschlichen zu haben. Aber vielleicht könnte jemand den Qualitätsjournalisten von sueddeutsche.de den Tipp geben, dass es in Deutschland gar keine Pflicht gibt, ein Boulevardthema erst dann aufzugreifen, nachdem „Bild“ darüber berichtet hat. Und dass es in Zeiten des „Zukunftsmediums“ Internet möglich ist, sich ohne den Umweg über mehrere Agenturen und eine unzuverlässige Boulevardzeitung über solche Dinge zu informieren.

Die Hauptstadt von Knut ist Yan Yan

Was man ja nicht vergessen darf bei der „Bild“-Zeitung: Sie hat viele Regionalausgaben, die teils sogar bis in die Titelseitenaufmachung dramatisch unterschiedliche Prioritäten bei der Nachrichtenauswahl setzen. Um das mal exemplarisch an der gestrigen „Bild“ zu demonstrieren:

„Bild“ Mainz-Wiesbaden:

„Bild“ Berlin-Brandenburg:

Qualitätsmedien im Netz, Folge 3271

Gelegentlich wird BILDblog ja vorgeworfen, unsere Arbeit sei schon deshalb unsinnig, weil die meisten Leser eh nicht glaubten, was in der „Bild“-Zeitung steht. Interessanterweise aber glauben Journalisten, was in der „Bild“-Zeitung steht. Tag für Tag übernehmen sie „Bild“-Meldungen ungeprüft in ihre eigenen Medien — nicht nur in den Redaktionen der Boulevardmagazine im Fernsehen, auch bei vermeintlich seriösen Medien und deren Online-Ablegern.

Am vergangenen Wochenende fielen sie reihenweise auf das „Bild“-Märchen von Angelina Jolies „Schock-Beichte“ herein, mit dem das Blatt groß aufmachte.

Zum Beispiel das Online-Angebot von der „Rheinischen Post“. Nach meiner Wahrnehmung bestückt kaum ein anderer Online-Ableger sein Angebot so konsequent mit selbst umgeschriebenen „Bild“-Meldungen, was natürlich damit zusammenhängen könnte, dass sowohl Zeitungs- als auch Online-Chef von „Bild“ kommen. Jedenfalls hieß es auf „RP Online“:

Angelina Jolies schockierende Sex-Beichte

Sie gehört zu den schönsten Frauen Hollywoods aber auch zu den exzentrischtsten. Angelina Jolie ist Schauspielerin, Mutter und Femme fatale zu gleich. Jetzt geht die 31-Jährige mit einem intimen Buch an die Öffentlichkeit und gesteht: „Ich wollte eine Frau heiraten!“ (…)

Das ist Quark und (mal ganz abgesehen von den sprachlichen Schwächen) sogar noch falscher als die „Bild“-Geschichte. „Bild“ hatte nämlich nur geschickt suggeriert, das Buch sei von Angelina Jolie selbst. Inzwischen glaubt anscheinend auch „RP Online“ nicht mehr an die Richtigkeit des eigenen und des „Bild“-Artikels:

„Spiegel Online“ konnte ebenfalls nicht widerstehen, verbreitete den Unsinn von „Bild“ ebenfalls weiter — und nannte das aus alten Zitaten zusammengequirlte Buch entsprechend schon in der Dachmarke ein „ENTHÜLLUNGSBUCH“. Bei „Spiegel Online“ ist der Artikel auch heute noch online, aber in einer leicht veränderten Version. Der ursprüngliche Satz „In wenigen Tagen kommt die Biographie der schönen Schauspielerin in Deutschland auf den Markt“, bekam den Nebensatz: „die allerdings nicht autorisiert ist.“

Hm. Sah es zwischenzeitlich nicht mal so aus, als würde „Spiegel Online“ solche nachträglichen Korrekturen kenntlich machen? Oder gilt das nicht für Verschlimmbesserungen — denn um die Frage der Autorisierung geht es eigentlich gar nicht. Die Zitate, die „Bild“ aus dem Buch bringt, kommen teilweise durchaus aus respektablen Quellen, sind also vermutlich auch autorisiert, aber eben schon viele Jahre alt. Was will uns „Spiegel Online“ also mit dieser Änderung sagen? Auf eine Anfrage an „Spiegel Online“-Chef Mathias Müller von Blumencron habe ich leider keine Antwort erhalten.

Geantwortet hat mir aber Hans-Jürgen Jakobs, Chef von sueddeutsche.de. Der Internet-Auftritt der „Süddeutschen Zeitung“ hatte, wie „RP Online“, die „Bild“-Fehler noch verschärft:

Nachdem BILDblog über den Fall berichtet hatte, wurden ein paar merkwürdige Sätze in den Text redigiert, die (wie bei „Spiegel Online“) am Kern vorbeigingen:

Bei diesem Buch handelt es sich um eine unautorisierte Biographie. (…) Aber wie gesagt: Das Buch „Angelina Jolie“ zitiert Angelina Jolie rauf und runter, aber Angelina Jolie selber hat dieses Buch nie autorisiert.

Am Dienstagnachmittag teilte mir Jakobs auf meine grundsätzlichen Fragen zum Umgang mit „Bild“ folgendes mit:

Gibt es bei sueddeutsche.de Regeln für den Umgang mit Quellen im Allgemeinen und „Bild“ im Besonderen?

Der Umgang mit Quellen unterscheidet sich bei sde nicht von den Prinzipien der Süddeutschen Zeitung oder anderer etablierter Medien. In der Regel werden Nachrichten mit Quellenangaben zitiert, wie auch in dem von Ihnen betrachteten Fall.

Gelten vermeintliche „Bild“-Exklusiv-Meldungen bei sueddeutsche.de grundsätzlich als vertrauenswürdig? Und sogar so vertrauenswürdig, dass die Redakteure auf eine Plausibilitäts-Kontrolle durch eine kurze Google-Suche verzichten können?

Die Meldung beruhte auf einer „Bild“-Geschichte, die am Samstag erschien. Am Wochenende sind in der Regel die Personenen aus den Ressorts Panorama und Leben & Stil nicht im Büro. Zu einer gesonderten Überprüfung kam es in diesem speziellen Fall nicht. Die sde-Seite, auf die BildBlog zunächst verlinkt hat, ist längst gelöscht.

Ich kann mich ja irren, aber ich habe das Gefühl, Herr Jakobs hat zwar meine Mail, aber nicht meine Fragen beantwortet.

Tatsächlich erhält aber, wer den Angelina-Jolie-Artikel auf sueddeutsche.de aufruft, nun dies:

Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil sich unter dem Artikel eine lange, heftige und teilweise kontroverse Diskussion entwickelt hatte:

Mehrere Dutzend Leserkommentare sind nun, zusammen mit dem Artikel, gelöscht worden. Wenn diese Kommentare ein Mittel sein sollen, um Leser zu binden, und wenn Hans-Jürgen Jakobs beim Relaunch von sueddeutsche.de einen „verstärkten Dialog mit den Lesern“ ankündigte: Wie wirkt das eigentlich auf Leser, wenn eine Diskussion, an der sie sich beteiligt haben, und ihr Gegenstand ohne Erklärung von einer Minute auf die andere verschwindet?

Und: Woran erkennt man nochmal ein Qualitätsmedium im Netz? An seinem Umgang mit zweifelhaften Nachrichtenquellen? An der Transparenz, wie es mit eigenen Fehlern umgeht? An seinem Umgang mit Leserkommentaren? Oder doch nur daran, dass es sich für etwas Besseres hält?

Der „Bild“-Chef im NDR-Kreuzverhör

„Der Presserat in Deutschland erteilt Rügen bei journalistischen Fehlleistungen. Ich hab‘ mir das mal angeguckt, die Statistik des vergangenen Jahres, das ist gut verteilt, also, da ist ‚Bild‘ durchaus nicht führend, was die Rügen angeht.“

Nein, diese Sätze sind nicht von Kai Diekmann oder einem anderen „Bild“-Mitarbeiter. Diese Sätze sind von der NDR-Journalistin Kerstin von Stürmer. Sie formulierte sie in ihrem Gespräch mit Diekmann für die Sendung „Treffpunkt“ der Hamburger Landeswelle NDR 90,3 am vergangenen Freitag.

Und ich kann durchaus nachvollziehen, dass man so ein Gespräch zwischen Schlagern und Oldies eher kuschelig als konfrontativ anlegt (auch wenn das dazu führte, dass Diekmann sich schon selbst bemüßigt fühlte, ein paar kritischen Positionen zu sich und seiner Zeitung zu formulieren, wenn es seine seine Interviewerin schon nicht tat). Aber hätte Frau von Stürmer dann nicht wenigstens konsequent bei ihren Fragen nach Tagesablauf, Familie und Lieblingssendungen im Fernsehen bleiben können?

Von den 42 Rügen, die der Presserat 2006 ausgesprochen hat, gingen 9 an die „Bild“-Zeitung. Sie liegt damit weit vor dem zweitplatzierten „Express“, der 3 Rügen kassierte.

„Durchaus nicht führend“, Frau von Stürmer?

Fernsehen wird durch „Bild“ erst schön

Das hier ist möglicherweise die dümmste Spiegel-Online-Geschichte seit Wochen. Nur weil die Autorin nicht wusste, was jeder weiß, der es wissen will, dass nämlich die Sendungen von „Deutschland sucht den Superstar“, bei denen das Publikum nicht live abstimmen kann, vorher aufgezeichnet werden, und zwar immer schon, lässt sie die RTL-Sprecherin diese bekannte Tatsache „zerknirscht zugeben“.

Und setzt noch einen drauf:

Und das Erstaunliche für die nun enttäuschten Fans: Es ist das gleiche Prozedere wie bei den vergangenen drei Staffeln.

Ja, Hammer. Ich warte auf die Breaking-News-Meldung bei „Spiegel Online“, wenn die Kollegin erfährt, dass auch die Millionäre bei „Wer wird Millionär?“ aus ganz ähnlichem Grund vorher schon feststehen. Aber vermutlich müsste erst „Bild“ drüber schreiben, damit „Spiegel Online“ drauf kommt.

Nachtrag, 22.15 Uhr. Mooooment mal, Spiegel Online. Ihr habt den Artikel ‚unauffällig geändert. Ich weiß, dass da wörtlich stand, die RTL-Sprecherin habe „zerknirscht zugegeben“, dass die gerade gezeigten Sendungen aufgezeichnet sind. Jetzt steht da:

„Das stimmt“, sagt RTL-Sprecherin Anke Eickmeyer zu SPIEGEL ONLINE und wirkt zerknirscht.

Okay, das ist nicht besser, aber anders. (Was sich sonst möglicherweise geändert hat, kann ich von hier aus leider nicht sagen.)

Und wo ich gerade dabei bin, Spiegel Online: Wenn man ausführlich aus einem (drei Wochen alten) Text in einem Internetmagazin zitiert, ist es wirklich so schwer, unter dessen Namen den Link dorthin zu legen?

Nachtrag, 22.30 Uhr. Erst stand es in „Fudder“. Dann in „Bild“. Aber „Spiegel Online“ kündigt den Text oben rechts auf der Startseite als „EXKLUSIV“ an. Nee, is klar.

Patricia Dreyer, Nachtrag

Um noch einmal auf Patricia Dreyer zurückzukommen: „Spiegel Online“-Chef Mathias Müller von Blumencron hat gegenüber onlinejournalismus.de einige bemerkenswerte Sätze gesagt:

Warum kommt jemand aus einer aussichtsreichen Position bei der „Bild“-Zeitung zu deutlich schlechteren Konditionen zu uns? Frau Dreyer verlässt die „Bild“-Zeitung, weil sie eine andere Art von Journalismus will. Sie war damals ein Jahr bei dem Blatt, als sie diesen Anruf von dem Menschen entgegengenommen hat, der Kekilli in einem Video erkannt haben will. Sie war deshalb für einen Tag dem Thema zugeordnet und hat sich danach nicht mehr Frau Kekilli gewidmet. Für sie war diese Story ein Tiefpunkt.

Interaktions-Attrappen

Der konkrete Fall ist eine Kleinigkeit, aber ich fürchte, er steht für ein größeres Missverständnis: Klassische Medien glauben, es sei damit getan, den Lesern die Möglichkeit zu geben, unter den Artikeln einen Kommentar zu hinterlassen, und schon sei man in der interaktiven, digitalen, Web2.0-igen Zukunft Gegenwart angekommen.

Nein, liebe „Rheinische Post“, man muss diese Kommentare auch lesen. Und auf sie reagieren. Viel peinlicher als ein blöder Flüchtigkeitsfehler in der Überschrift…

Stefan Raab steigt gegen wieder Regina Halmich in den Ring

…ist es nämlich, wenn unter dem Artikel seit über einer Woche zwei Leserkommentare stehen, die die Redaktion auf ihren blöden Flüchtigkeitsfehler hinweisen. Und einer davon auch auf einen traurigen sachlichen Fehler, den man aus der „Bild“-Zeitung abgeschrieben hat. (Sowohl der Chefredakteur der „Rheinischen Post“ als auch der Chef der Online-Redaktion kommen von „Bild“.)

Es ist ein langer Weg. Irgendwann werden die Medien vielleicht begreifen, dass es nicht darum geht, bestimmte Formalien zu erfüllen („Wir müssen eine Kommentarfunktion haben“), sondern die Leser und ihre Reaktionen ernst zu nehmen. Und dass das nicht nur in deren Interesse ist, sondern vor allem im eigenen.

Udo Walz

Gerade gemerkt, dass ich mich noch nicht genug über Udo Walz aufgeregt habe. Der hätte die Ehrendoktorwürde angenommen, die ihm die offensichtlich demokratiefeindliche, rechtsextreme „Deutsche Nationalakademie“ verleihen wollte — wenn sie nicht nur eine Erfindung und ein Test der Zeitschrift „Tempo“ gewesen wäre.

Und irgendwie haben ihn die ganzen Zitate aus „Mein Kampf“ im Anschreiben wohl verwirrt, jedenfalls sagte er dem „Tagesspiegel“* hinterher, er habe gehört, dass diese Akademie „wohl ein wenig links“ stehen könnte.

Zu Udo Walz und dieser Geschichte hat im „Tagesspiegel“ ausnahmsweise auch Peter Hahne einen schlichten, schönen, wahren Satz gesagt:

„Udo Walz besitzt die Chuzpe zu glauben, dass er als Friseur einen Ehrendoktor kriegt.“

Mit Udo Walz bin ich fertig, seit er im September in „Bild“ (anmoderiert als „einer, der es wissen muss“) Auskunft gab zur Frage, ob Deutschland reif sei für einen schwulen Kanzler. Walz nahm Anstoß am Wort „schwul“ und sagte:

„Die meisten denken dann gleich an Darkrooms und Analverkehr. Und ich kann Ihnen versichern, dass Homosexualität damit nichts — ausschließlich — zu tun hat.“

Und allein die aufschlussreiche grammatische Un-Konstruktion in diesem Satz, mit der Udo Walz die ihm offensichtlich unangenehme Möglichkeit, dass Schwule Analverkehr haben, vollständig ausschließt, ohne sie vollständig auszuschließen, würde vermutlich ausreichen, seine Krankenkasse von der Notwendigkeit einer Therapie zu überzeugen.

Später führte Walz, der sich selbst als zum Glück „sehr maskulin“ bezeichnete, noch aus, dass es ihn stört, wenn Männer sich in der Öffentlichkeit küssen:

„… küssende Männer gehören nicht auf die Straße.“

Bei Heteros gilt das für ihn nur „mit Abstrichen“.

Udo Walz ist ein Grund, sich zu schämen, schwul zu sein.

*) Komischerweise ist der „Tagesspiegel“-Artikel nicht mehr in seiner ursprünglichen Form online. Das Zitat steht nur noch im Schwesterblatt „BusinessNews“.