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Telepolis unter- und überschätzt BILDblog

Ach herrje, was steht denn bei „Telepolis“ für ein Unsinn?

Im Bildblog steht die Sache im Vordergrund, indem der gleichnamigen Boulevardzeitung seit fast drei Jahren akribisch jeder Fehltritt nachgewiesen wird. Diese spezielle Leistung könnten Journalisten gar nicht erbringen, denn davon lässt sich nicht leben.

Hö? Das Gegenteil ist der Fall! Erstens sind wir Journalisten. Und zweitens können wir davon leben. Christoph Schultheis ganz, andere zum Teil.

(Mal ganz abgesehen davon, dass wir weit davon entfernt sind, der „Bild“-Zeitung „akribisch jeden Fehltritt“ nachzuweisen, das werden doch in den knapp drei Jahren ein paar Millionen mehr gewesen sein, als wir gefunden oder aufgeschrieben haben.)

Qualitätsmedien im Netz, Folge 3271

Gelegentlich wird BILDblog ja vorgeworfen, unsere Arbeit sei schon deshalb unsinnig, weil die meisten Leser eh nicht glaubten, was in der „Bild“-Zeitung steht. Interessanterweise aber glauben Journalisten, was in der „Bild“-Zeitung steht. Tag für Tag übernehmen sie „Bild“-Meldungen ungeprüft in ihre eigenen Medien — nicht nur in den Redaktionen der Boulevardmagazine im Fernsehen, auch bei vermeintlich seriösen Medien und deren Online-Ablegern.

Am vergangenen Wochenende fielen sie reihenweise auf das „Bild“-Märchen von Angelina Jolies „Schock-Beichte“ herein, mit dem das Blatt groß aufmachte.

Zum Beispiel das Online-Angebot von der „Rheinischen Post“. Nach meiner Wahrnehmung bestückt kaum ein anderer Online-Ableger sein Angebot so konsequent mit selbst umgeschriebenen „Bild“-Meldungen, was natürlich damit zusammenhängen könnte, dass sowohl Zeitungs- als auch Online-Chef von „Bild“ kommen. Jedenfalls hieß es auf „RP Online“:

Angelina Jolies schockierende Sex-Beichte

Sie gehört zu den schönsten Frauen Hollywoods aber auch zu den exzentrischtsten. Angelina Jolie ist Schauspielerin, Mutter und Femme fatale zu gleich. Jetzt geht die 31-Jährige mit einem intimen Buch an die Öffentlichkeit und gesteht: „Ich wollte eine Frau heiraten!“ (…)

Das ist Quark und (mal ganz abgesehen von den sprachlichen Schwächen) sogar noch falscher als die „Bild“-Geschichte. „Bild“ hatte nämlich nur geschickt suggeriert, das Buch sei von Angelina Jolie selbst. Inzwischen glaubt anscheinend auch „RP Online“ nicht mehr an die Richtigkeit des eigenen und des „Bild“-Artikels:

„Spiegel Online“ konnte ebenfalls nicht widerstehen, verbreitete den Unsinn von „Bild“ ebenfalls weiter — und nannte das aus alten Zitaten zusammengequirlte Buch entsprechend schon in der Dachmarke ein „ENTHÜLLUNGSBUCH“. Bei „Spiegel Online“ ist der Artikel auch heute noch online, aber in einer leicht veränderten Version. Der ursprüngliche Satz „In wenigen Tagen kommt die Biographie der schönen Schauspielerin in Deutschland auf den Markt“, bekam den Nebensatz: „die allerdings nicht autorisiert ist.“

Hm. Sah es zwischenzeitlich nicht mal so aus, als würde „Spiegel Online“ solche nachträglichen Korrekturen kenntlich machen? Oder gilt das nicht für Verschlimmbesserungen — denn um die Frage der Autorisierung geht es eigentlich gar nicht. Die Zitate, die „Bild“ aus dem Buch bringt, kommen teilweise durchaus aus respektablen Quellen, sind also vermutlich auch autorisiert, aber eben schon viele Jahre alt. Was will uns „Spiegel Online“ also mit dieser Änderung sagen? Auf eine Anfrage an „Spiegel Online“-Chef Mathias Müller von Blumencron habe ich leider keine Antwort erhalten.

Geantwortet hat mir aber Hans-Jürgen Jakobs, Chef von sueddeutsche.de. Der Internet-Auftritt der „Süddeutschen Zeitung“ hatte, wie „RP Online“, die „Bild“-Fehler noch verschärft:

Nachdem BILDblog über den Fall berichtet hatte, wurden ein paar merkwürdige Sätze in den Text redigiert, die (wie bei „Spiegel Online“) am Kern vorbeigingen:

Bei diesem Buch handelt es sich um eine unautorisierte Biographie. (…) Aber wie gesagt: Das Buch „Angelina Jolie“ zitiert Angelina Jolie rauf und runter, aber Angelina Jolie selber hat dieses Buch nie autorisiert.

Am Dienstagnachmittag teilte mir Jakobs auf meine grundsätzlichen Fragen zum Umgang mit „Bild“ folgendes mit:

Gibt es bei sueddeutsche.de Regeln für den Umgang mit Quellen im Allgemeinen und „Bild“ im Besonderen?

Der Umgang mit Quellen unterscheidet sich bei sde nicht von den Prinzipien der Süddeutschen Zeitung oder anderer etablierter Medien. In der Regel werden Nachrichten mit Quellenangaben zitiert, wie auch in dem von Ihnen betrachteten Fall.

Gelten vermeintliche „Bild“-Exklusiv-Meldungen bei sueddeutsche.de grundsätzlich als vertrauenswürdig? Und sogar so vertrauenswürdig, dass die Redakteure auf eine Plausibilitäts-Kontrolle durch eine kurze Google-Suche verzichten können?

Die Meldung beruhte auf einer „Bild“-Geschichte, die am Samstag erschien. Am Wochenende sind in der Regel die Personenen aus den Ressorts Panorama und Leben & Stil nicht im Büro. Zu einer gesonderten Überprüfung kam es in diesem speziellen Fall nicht. Die sde-Seite, auf die BildBlog zunächst verlinkt hat, ist längst gelöscht.

Ich kann mich ja irren, aber ich habe das Gefühl, Herr Jakobs hat zwar meine Mail, aber nicht meine Fragen beantwortet.

Tatsächlich erhält aber, wer den Angelina-Jolie-Artikel auf sueddeutsche.de aufruft, nun dies:

Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil sich unter dem Artikel eine lange, heftige und teilweise kontroverse Diskussion entwickelt hatte:

Mehrere Dutzend Leserkommentare sind nun, zusammen mit dem Artikel, gelöscht worden. Wenn diese Kommentare ein Mittel sein sollen, um Leser zu binden, und wenn Hans-Jürgen Jakobs beim Relaunch von sueddeutsche.de einen „verstärkten Dialog mit den Lesern“ ankündigte: Wie wirkt das eigentlich auf Leser, wenn eine Diskussion, an der sie sich beteiligt haben, und ihr Gegenstand ohne Erklärung von einer Minute auf die andere verschwindet?

Und: Woran erkennt man nochmal ein Qualitätsmedium im Netz? An seinem Umgang mit zweifelhaften Nachrichtenquellen? An der Transparenz, wie es mit eigenen Fehlern umgeht? An seinem Umgang mit Leserkommentaren? Oder doch nur daran, dass es sich für etwas Besseres hält?

Das Staunen hört nie auf

Okay, es ist ein bisschen absurd, wenn ich hier Cross-Promotion für BILDblog mache. Aber weil immer wieder die Kritik kommt, dass wir doch nur Tag für Tag altbekannte Dinge aufschrieben, die jeder seit 30 Jahren wisse:

Ich wusste das zum Beispiel nicht, dass die „Bild“-Zeitung praktisch den vollständigen Inhalt einer Anzeige, die ein sehr guter Kunde im Blatt gebucht hat, einen Tag zuvor als exklusive redaktionelle Informationen aufbereiten würde. Ich wusste nicht, dass sie, wenn sie dafür vom Presserat gerügt wird, das als „massiven Angriff auf das journalistische Selbstverständnis“ werten würde. (Ein massiver Angriff auf ihr journalistisches Selbstverständnis ist es natürlich schon. Aber das ist der Pressekodex per se. Das ganze Persönlichkeitsrecht ist im Grunde ein massiver Angriff auf das journalistische Selbstverständnis von „Bild“.) Ich wusste nicht, dass der „Bild“-Chefredakteur die Rüge in einer Pressemitteilung als „völlig inakzeptabel“ bezeichnen würde und das euphorische Vorabmelden einer Anzeige als „einwandfreie journalistische Arbeit“.

Okay, dass „Bild“ bei allem werblichen Überschwang dann hinterher auch noch die Zahl der Internet-Seitenabrufe mit Bestellungen verwechseln würde, das habe ich dann fast erwartet.

[Disclaimer: Dies ist nicht das BILDblogblog. Dies ist meine persönliche Meinung.]

Wiederholungstäter IV

Gast in der heutigen Folge unserer beliebten Serie „Die Qualitätspresse schreibt über Blogs“: die Zeitschrift „Tomorrow“ („Enjoy digital life!“).

In der aktuellen Ausgabe (4/07) schafft es Autorin Ernestine von der Osten-Sacken, sich in ihrem Artikel über Blogs im Gegensatz zu anderen Medien bei den Besucherzahlen nur um den Faktor zehn statt dreißig zu verrechnen, überrascht dafür aber mit neuen Fehlern:

(via thiema.com)

Neues über die neue Offenheit der „Welt“

Ein Kollege hat bei „Welt Online“ nachgefragt, warum BILDblog dort plötzlich aus den „Blog-Empfehlungen“ entfernt wurde. Er bekam vom Chefredakteur Christoph Keese folgende Antwort:

„(…) vielen Dank für Ihre Frage, die wir gern beantworten: Wir empfehlen prinzipiell keine Blogs, die sich gegen unsere Verlinkung wehren. In diesem Blog entstand schnell eine Debatte darüber, ob die ‚Welt‘ wohl einen Link setzen dürfe. Da wir uns nicht aufdrängen wollen, listen wir den Blog nicht mehr.“

Langsam hört der Spaß aber auf.

1. Dies ist nicht das BILDblog.
2. Im BILDblog entstand keine Debatte über den Link.
3. Das BILDblog hat sich nicht gegen die Verlinkung gewehrt.
4. Ich habe mich explizit nicht gegen die Verlinkung gewehrt.

Und weil Herr Keese das alles natürlich weiß, gilt schon deshalb:

5. Seine Erklärung, warum „Welt Online“ angeblich den Link auf BILDblog entfernt hat, stimmt nicht.

Allmählich fange ich an, „Don Alphonso“ in seiner Einschätzung über den besten Umgang mit diesen Leuten fast Recht zu geben.

(Und vielleicht beantwortet die Art, wie Christoph Keese antwortet, auch zu einem kleinen Teil die Frage, die neulich jemand stellte, warum ich mir nicht vorstellen kann, bei Axel Springer zu arbeiten.)

BILDblog-TV

Liebe Freunde von „Zapp“,

wir freuen uns, dass ihr so oft über uns berichtet und uns so gründlich lest. Und natürlich geht das völlig in Ordnung, wenn ihr auch mal ohne Quellenangabe einfach aus zwei BILDblogEinträgen einen zweieinhalbminütigen „Zapp“-Beitrag macht — dafür schreiben wir das ja auf: Damit möglichst viele davon erfahren.

Aber wenn Euch das nächste Mal für einen Beitrag wieder einmal kein eigenes Ende einfällt, sondern ihr auch noch unsere Idee einer passenden Illustration übernehmt, dann wäre es doch schön, wenn ihr einen Hinweis darauf geben würdet, von wem sie stammt.

BILDblog:

„Zapp“:

(Geld nehmen wir sonst aber auch.)

Stolz und Vorurteil

Mit der BILDblog-Aktion „Fotografiert Kai Diekmann“ haben wir es vor ein paar Monaten schon in die beste Zeitung der Welt, den „Guardian“, geschafft.

Jetzt berichtet das beste politische Magazin der Welt, der „Economist“, über uns. Okay, nur ganz am Rande eines Stücks über die Umbenennung der Berliner Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße und die abgebliche Erzfeindschaft zwischen „Bild“ und „taz“. Aber mit einer, wie ich finde, wunderbar pointierten Formulierung:

By pointing out the newspaper’s factual errors, BildBlog has become one of Germany’s most popular blogs, chipping away at the widely held belief that Bild is at least put together by professionals …

Huch!

Neulich vorm BILDblog-Büro…

(Die Überwachung durch ein großes Verlagshaus hatte ich mir unauffälliger vorgestellt.)

Verstößt BILDblog gegen den Pressekodex?

Um das hier noch einmal festzuhalten (auch weil wir uns im BILDblog nicht zu sehr selbst zum Thema machen wollen):

Die Axel Springer AG ist offenbar der Meinung, dass es legitim ist, mit der Verletzung von Persönlichkeitsrechten, mit Falschmeldungen und Lügen Geld zu verdienen. (Sie tut es ungefähr jeden Tag.)

Die Axel Springer AG ist aber der Meinung, dass es nicht legitim ist, mit der Aufklärung über die Verletzung von Persönlichkeitsrechten, über Falschmeldungen und Lügen Geld zu verdienen.

Sie forderte deshalb den Deutschen Presserat auf, Beschwerden von BILDblog gar nicht erst zu behandeln. Die Begründung der Rechtsabteilung der Axel Springer AG fasst der Deutsche Presserat so zusammen:

Sie begründet ihren Antrag damit, dass die Bild-Blog GbR [gemeint ist offensichtlich die B-Blog GbR] mit ihren Beschwerden und der Inanspruchnahme des Presserats gewerbliche Ziele verfolge und journalistische Berichterstattung manipuliere. Man inszeniere die Wirklichkeit, die man zum Gegenstand der journalistischen Berichterstattung mache, und verstoße damit gegen journalistische Grundsätze wie Wahrhaftigkeit und Glaubwürdigkeit.

Nach der Präambel des Pressekodex sollten alle Journalisten ihre publizistische Aufgabe unbeeinflusst von persönlichen Interessen und sachfremden Erwägungen wahrnehmen. Gegen diesen Grundsatz verstießen die Journalisten der Bild-Blog GbR [gemeint ist vermutlich die B-Blog GbR], indem sie den Presserat mit einer Flut von kommerziell, also sachfremd, motivierten Beschwerden anriefen, um damit Stoff für die Berichterstattung zu gewinnen. Eine ernsthafte Absicht, mit den Beschwerden Antworten auf offene Fragen der Berufsethik zu erhalten, die der Klärung bedürften, liege nicht vor.

Die Mär von der „Flut“ von Beschwerden, mit der wir angeblich den Presserat überschwemmen, wird übrigens nicht nur von der Axel Springer AG, sondern auch vom Presserat selbst verbreitet. Als ich neulich bei der Hamburg Media School war, wollten mir die Studenten nicht glauben, als ich sagte, die Zahl unserer Beschwerden sei vermutlich einstellig, höchstens zehn. Ein Mitglied des Presserates muss vorher ganz andere Dimensionen genannt haben.

Ein Vertreter dieser Institution hatte mir gegenüber auch geklagt, dass wir durch die „Flut“ unserer Beschwerden die Kapazität dieser Einrichtung überforderten. Heute haben wir noch einmal nachgezählt, wieviele es genau waren. Wir kamen auf acht. In zweieinhalb Jahren. Das ist eine Flut von über drei Beschwerden pro Jahr. Anders gesagt: Etwa alle 112 „Bild“-Zeitungs-Ausgaben einmal beschweren wir uns beim Presserat.

Unzulässigerweise, wie Springer meint, wie gesagt. Immerhin nennt die Rechtsabteilung des Konzerns uns nun „Journalisten“. Die ersten rund eineinhalb Jahre von BILDblog hatte sich der Pressesprecher der „Bild“-Zeitung als für unsere Anfragen nicht zuständig erklärt, weil unsere Arbeit keine journalistische sei. Das scheint sich geändert zu haben. Antworten bekommen wir meist immer noch nicht.