Schlagwort: Deutscher Fernsehpreis

Q.e.d.

RTL hat die Fernsehpreis-Kritik von Marcel Reich-Ranicki als „respektlos und indiskutabel“ bezeichnet. Sendersprecher Christian Körner sagte: „Es wird keine Sendung für Pauschalkritik bei uns geben, in der sämtliche Programme und damit ihre Macher und die Zuschauer gleich mit für blödsinnig erklärt werden.“

Der größte deutsche Privatsender selbst wirbt für seine eigene Berichterstattung über das Thema in seinem Newsletter, den er per E-Mail verschickt, unter folgender Betreffzeile:


Skandal beim Fernsehpreis: Wer kam ohne BH?

Was man nicht mit dem Zweiten sieht

Ich habe dann noch eine Frage zu dem Fernsehpreistheater am Wochenende.

Das ZDF hat aus der Preisverleihung am Samstag größere Teile herausgeschnitten, zum Beispiel eine nach übereinstimmenden Augenzeugenberichten furchterregende Sketcheinlage von Johann Lafer und Horst Lichter und eine ganze Serie von lustig nur gemeinten Einspielfilmen (ausführlicher haben das die Kollegen von DWDL festgehalten). Das war natürlich im Sinne der Fernsehzuschauer, die so eine bessere und kurzweiligere Show sahen als die Gäste im Saal und geht insoweit völlig in Ordnung. Nur bezog sich der Wutausbruch von Marcel Reich-Ranicki ja gerade auf die Zumutungen dieser Preisverleihung. Offensichtlich waren sie es, die seine Ungeduld und Empörung auslösten, nicht der allgemeine Zustand des Fernsehens. Aber einen erheblichen Teil der Längen und Peinlichkeiten, die Reich-Ranicki ertragen musste, bekam der Zuschauer gar nicht zu sehen. Das ZDF zeigte die Wirkung, aber nicht die Ursache. Ein ehrliches Urteil darüber, ob sein Wutausbruch berechtigt war, kann das Publikum zuhause nicht fällen.

Mir ist schon klar, dass das im konkreten Fall keine dramatischen Folgen hat (und, nein, ich möchte gar nicht sehen, was Lafer und Lichter da vorgeführt haben). Es ist eher eine akademische Frage, die aber vielleicht nicht ganz irrelevant ist, wenn plötzlich eine Grundsatzdebatte über die Qualität des Programmes geführt werden soll: Ist es nicht merkwürdig, mit welcher Selbstverständlichkeit wir es hinnehmen, dass uns das Fernsehen etwas vormacht und ohne Not ein falsches Bild von der Wirklichkeit zeichnet?

Pastewka widerspricht Reich-Ranicki

Elke Heidenreich ist nicht die einzige, die bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises war und sich geärgert hat. Auch Bastian Pastewka hat sich geärgert — aber über den Auftritt von Marcel Reich-Ranicki.

In einem Gastkommentar auf fernsehlexikon.de bedauert er, dass die Sender überlegen, die „Fehlleistung“ des Literaturkritikers auch noch mit einer eigenen Sendung zu belohnen.

Bastian Pastewka: Keine Sendung für Marcel Reich-Ranicki!

MRR will Fernsehquatschpreis nicht

Tja, wie mag er heißen, der Mann, der gerade anscheinend etwas Wunderbares gemacht hat: sich über den ganzen Schrott beklagt, den er sich viele Stunden lang anschauen musste, und es dann spontan abgelehnt, den Ehrenpreis des Deutschen Fernsehpreises anzunehmen? „Spiegel Online“ bietet aktuell nicht weniger als drei Varianten an:


Vielleicht müssen sich die Veranstalter doch langsam etwas ausdenken, auch wenn Hans Janke, der stellvertretende ZDF-Programmdirektor und amtierende Beiratsvorsitzende des Preises, das in der „Süddeutschen Zeitung“ am Freitag so entschieden bestritt. Im vergangenen Jahr nahm Götz George den Ehrenpreis zwar an, stöhnte aber nach der endlosen Preisverleihung voller Preisträger, die er gar nicht kannte: „Ich habe so wahnsinnig Durst und Hunger, wir müssen zum Ende kommen.“ Eventuell könnte man ja den Ehrenpreis zum Auftakt der vielstündigen Sendung überreichen, und Teil der Auszeichnung wäre die Möglichkeit, danach sofort zum Essen gehen und die restlichen 3182 Auszeichnungen schwänzen zu dürfen.

Das ZDF kann in seiner Übertragung der Sendung den von Reich-Rasnitschy ausgelösten Eklat noch nach Gusto glattbügeln. Der Sender hat am Samstag in seiner Vorberichterstattung so getan, als finde die Verleihung erst am Sonntag statt, und zeigt sie dann als Aufzeichnung. Was auch eine Bankrotterklärung des Mediums Fernsehen ist, die Show, nicht wenigstens (wenn schon nicht live) am selben Abend auszustrahlen.

[Disclosure: Ich war 2005 in der Jury des Deutschen Fernsehpreises und habe danach frustriert meinen Platz in dem Gremium geräumt.]

[Frederic Schneider ist auch über den „Spiegel Online“-Artikel gestolpert.]

Nachtrag, 12:15 Uhr. Ein ausführlicher Bericht von Ort steht bei den Kollegen von DWDL, die von einem weiteren Eklat raunen, den sie aber noch nicht verraten wollen, weil sie sich an die Sperrfrist des Senders gebunden fühlen.

Das ZDF spricht auf ZDF.de derweil nur von einem „Beinah-Eklat“:

Nachtrag, 14:40 Uhr. Die Tochter, die den Preis an Stelle des Kritikers entgegen genommen habe, war übrigens auch eine (inzwischen klammheimlich korrigierte) Fehlleistung von „Spiegel Online“.

Nachtrag, 15:40 Uhr. Unbedingt lesen! Elke Heidenreich, die dabei war, ist auf FAZ.net hemmungslos empört:

(…) Wo waren die Programmdirektoren und Intendanten in diesem Augenblick, warum kam keiner von ihnen auf die Bühne, um etwas zu sagen? Weil es verknöcherte Bürokarrieristen sind, die das Spontane längst verlernt haben, das Menschliche auch, Kultur schon sowieso.

Man schämt sich, in so einem Sender überhaupt noch zu arbeiten. Von mir aus schmeißt mich jetzt raus, ich bin des Kampfes eh müde. Ich schäme mich, ich entschuldige mich stellvertretend für alle Leidenden an diesen Zuständen, und derer sind auch in diesen verlotterten Sendern noch viele, bei Marcel Reich-Ranicki für diesen unwürdigen Abend. Ja, bitte nimm den Preis nicht an, jetzt nicht und nie. Lass dich nicht einlullen. Und rede nicht mit den Vertretern der Sender, es bringt nichts. Sie werden es nicht begreifen.

(…) die Radios meldeten schon, Reich-Ranicki habe einen Eklat verursacht. O nein, das hat er nicht. Der Eklat war diese ganze grauenvolle Veranstaltung. Reich-Ranicki war der Lichtblick.

Der Peer und ich bloggen die Aufzeichnung heute Abend „live“ auf fernsehlexikon.de.

Oliver Pocher

Guckt mal, wie er sich freut! Da vergluckst er wieder die halbe Pointe, weil er so sensationell lustig findet, was er gleich sagen wird. In seinem Bühnenprogramm wirft ihn sein eigenes Gekicher regelmäßig aus der Rolle, die er gerade spielt. Und als er bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises auf der Bühne steht und alle im Saal abwatscht, die abgewatscht gehören, müssen sich die guten bösen Worte mühsam einen Weg durch eine Art Schluckauf aus Aufregung und Begeisterung bahnen.

Das ist erstmal eine feine Sache, wenn jemandem die eigene Arbeit offenkundig so viel Vergnügen bereitet wie Oliver Pocher. Man sieht das nicht so oft, gerade im Fernsehen. Und es ist der größtmögliche Gegensatz zur ausgestellten Langeweile Harald Schmidt, mit dem sich Pocher von Ende Oktober an eine Show teilen darf.

Nur manchmal scheint es, als sei es gar nicht die eigene Lustigkeit, die Pocher so begeistert, sondern, im Gegenteil: Das Wissen, wie unwahrscheinlich das ist, dass er nur ein bisschen den Kasper machen muss, mit durchaus begrenzten Mitteln, beschränktem Repertoire und Unerschrockenheit als vielleicht größtem Talent, und Tausende zahlen Geld, um sich das live anzusehen, und Millionen schalten den Fernseher ein. Er steht dann da auf der Bühne wie ein Zwölfjähriger, der sich einfach aus dem Publikum aufs Podest geschlichen hat und nun wild entschlossen ist, so lange seine im Kinderzimmer und bei Klassenpartys geprobten und irgendwie von Otto Waalkes abgeguckten Witze zu erzählen, bis der eigentliche Künstler kommt, die Wachmänner oder seine Eltern – und erstaunt feststellt, dass das Publikum nicht buht, sondern sich wegwirft vor Lachen.

Ich kann es nicht glauben, scheint Pochers Dauerlachen dann zu sagen, dass das reicht: Diese Husten-Sie-mal-Musterungswitze, diese Geschichte, dass Mainzelmännchen wohl Ecstasy nehmen, sonst würden sie einem nicht so „GudnAaahmt“ entgegen schleudern, dieser Kalauer, dass der D-Day wohl ein eigener Feiertag für Detlef „D“ Soost sein muss. Man sieht es Pocher in jeder Sekunde an, was für eine außerordentliche Erfahrung es ist, vor einem solchen Publikum zu stehen und tun zu können, was man will, und manchmal treibt ihn diese Energie sogar in einer Weise an, dass gute Unterhaltung daraus wird.

Und selbst das merkwürdig pubertäre Dauergegluckse hat sein Gutes: Weil Pocher die ganze Zeit selber über sich lacht, braucht er keinen Manuel Andrack, der es für ihn tut.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Sprengen und ’ne Wiese hinmachen

Ich mag ja Johann König nicht so. Ich kann dem nicht zuhören. Was ein Fehler war, am vergangenen Samstag, als er (ausgerechnet neben Oliver Pocher, den ich auch nicht so mag) beim Deutschen Fernsehpreis einer von ganz wenigen Leuten war, bei denen sich das Zuhören lohnte.

Auf mehrfachen Wunsch deshalb hier also Johann Königs Beitrag zum Fernsehpreis 2007 im Wortlaut:

Fernsehen ist ja ’ne tolle Sache. Wenn man damit umgehen kann. Ich selber bin oft überfordert, wenn ich Fernsehen gucke, wenn ich heute Fernsehen gucke, mir geht’s so, ich weiß manchmal, ich weiß manchmal, ich weiß es manchmal selber nicht. Kennt ihr das? Ich weiß manchmal überhaupt nicht, was das ist, was ich da gucke. Und es ist mir aber auch egal. Bevor ich’s verstanden hab, hab ich schon wieder umgeschaltet.

Das war vor ein paar Jahren noch viel einfacher mit dem Fernsehen. Noch vor ein paar Jahren zumindest nachmittags, war es sehr einfach. Nachmittags, überall gab’s Talkshows, die hatten immer ein ganz bestimmtes Thema. Was weiß ich: Du Sau. Du hast mich schwul gemacht. Mach, dass das wieder weggeht. Oder, was weiß ich: Hilfe, mein Tattoo läuft mir den Rücken runter. Ja, aber da wusste man zumindest Bescheid, oder? Wenn man das Thema der Sendung gelesen hat, da wusste man Bescheid, da war ganz klar: Ja, da kommt’n Haufen Asis, und die reden sich da um den Verstand, den sie sich vorher geliehen haben.

Wenn man heute Fernsehen guckt, ist es viel komplizierter. Häufig ist es so: Man macht den Fernseher an, und als erstes sieht man eine Wohnung, und oft denk‘ ich: Ja, ’ne schöne Wohnung ist das auch nicht, ne? Ist hoffentlich ’ne Renoviersendung. Und dann geht’s aber weiter. Irgendwann tauchen auch mal Kinder auf, und man denkt: Ou, ou, ouuuuu, da werden doch hoffentlich die Kinder renoviert, also. Das ist doch hoffentlich so ’ne Erziehungssendung, so ’ne Erziehungssendung, wo immer die eine kommt, die hier auch sitzt, die immer abends die Kinder repariert. Aber es geht noch weiter, irgendwann tauchen auch die Eltern auf, und man denkt, ouuuuu, was ist das denn? Und dann tun einem fast die Kinder schon wieder leid.

Und mir geht es so, wenn ich das alles zu lange gucke, denk ich irgendwann: Von mir aus können sie das auch ruhig alles mal sprengen. Und dann da ’ne Wiese hin machen. Erstmal 20 Jahre nur Wiese dahin machen, damit sich das alles mal erholen kann.

Und arte überträgt nur die Wiese.

So schön war’s beim Fernsehpreis

Und? Wie fand das Saalpublikum die Verleihung des Deutschen Fernsehpreises 2007?

Och Gott ja…






…fragen Sie mal den Niki Lauda:

Und falls Sie sich wundern, wie Heiner Lauterbach sich den unfassbaren Unsinn, den er erzählt hat, auswendig merken konnte, dann schauen Sie mal hier ins Publikum:

Einen der vielen sprachlichen Höhepunkte des Abends, Sonja Zietlow über ihren Mann und Autor, hat „Leonard da Quirm“ so illustriert:

Und der Peer macht sich schon wieder über Marco Schreyl lustig.

Programmhinweis

Heute abend wird zum 9. Mal der Deutsche Fernsehpreis verliehen. Und ich blogge das ab kurz vor acht live vom Sofa — drüben beim Fernsehlexikon.

2005 war ich übrigens selbst mal in der Jury. Ich war da nicht sehr glücklich, wie man meinem FAZ-Artikel von damals entnehmen kann, und habe sie danach verlassen.

Deutscher Fernsehpreis

Wenn die Stifter des Deutschen Fernsehpreises nächste Woche bekannt gäben, daß der Preis 2007 in einer Teeküche von RTL verliehen wird (Raum 27b, hinterm Kopierer links), ohne Bundespräsident, warmes Buffet und Fernsehgala, aber vielleicht, wenn es klappt, mit dem stellvertretenden Kölner Bürgermeister, Schnittchen und einer kleinen Webcam – vermutlich ginge ein großes Aufatmen durch die Branche. Es muß eine schreckliche Last zu sein, diese Veranstaltung Jahr für Jahr durchzuführen. Schon bei den ersten Schnitten ins Publikum gelang es den Kameras kaum, Prominente zu zeigen, denen nicht Leere, Langeweile und Lethargie übergroß ins Gesicht geschrieben stand. Und das, wo die ARD als diesjähriger Ausrichter doch die Show mit einem Feuerwerk aus Humor und Tanz die Show eröffnet hatte: Jörg Pilawa! Tanzte mit dem MDR-Fernsehballett! Begleitet von der WDR-Bigband!

Oder wie Alexander Mazza in der Nachbereitung des Boulevardmagazins „Brisant“ hinterher sagte: „Es war eine gelungene Preisverleihung. Sie hatte alles, was man sich wünschen konnte.“

Die Ideen- und Lustlosigkeit, mit der alle Beteiligten das Programm abspulten (einige Preisträger ausgenommen), grenzte an Arbeitsverweigerung. Ist das nicht die Gelegenheit, bei der das Fernsehen sich einmal im Jahr feiert? Mit Witz und Kreativität oder auch Technik und Bombast zeigt, was es kann oder wenigstens könnte? Wäre das nicht die Veranstaltung, aus der TV-Routine auszubrechen? Die ARD entschied sich stattdessen, den Beweis zu führen, daß ihr schlechtes Image in Sachen moderner Unterhaltung kein Versehen, sondern hart erarbeitet ist. Sie inszenierte die Show wie eine lästige Pflichtübung. Schon am nächsten Tag fällt es schwer, sich an irgendeinen herausragenden Moment aus der Show zu erinnern. Doch: die Sportfreunde Stiller, die ihren WM-Schlager im Big-Band-Arrangement grölten, das war schräg, aber wenigstens originell.

Und vielleicht noch, als die große Show mit Hape Kerkeling als Horst Schlämmer in „Wer wird Millionär“ ausgezeichnet wurde. Kerkeling nahm den Preis mit den Worten entgegen: „Das ist ja gar nicht meine Sendung“ und fügte mit Blick auf Produzent und Redakteur hinzu: „Ich kenne auch die Leute nur ganz flüchtig.“ Und als Günther Jauch erzählte, vor der Tür hätten damals Frauen Schilder „Horst, ich will ein Kind von Dir“ hochgehalten, und der Gattin des Bundespräsidenten zurief: „Sie kennen das ja, Frau Köhler“, warf sich das Publikum minutenlang weg, als sei das der erste gute Witz des Abends. Ach ja: Es war der erste gute Witz des Abends.

Als der Komiker Ralf Schmitz als Laudator auf die Bühne kam, schienen größere Teile des Publikums nicht zu wissen, um wen es sich da auf der Bühne überhaupt handelte. Laudator Peter Kloeppel beklagte sich (zu Recht), daß er zum Millionsten Mal mit seinem Landwirtschaftsstudium angekündigt wurde, Preisträgerin Anne Will (ebenso zu Recht), daß Männer es immer noch bemerkenswert finden, daß Frauen etwas können. Als Bundespräsident Horst Köhler auftrat, wirkte es kurz, als wollten ihm die Zuschauer stehende Ovationen spenden, vielleicht aus der Überraschung, offenbar doch wichtig zu sein.

Es war über weite Strecken ein überraschungsfreier Abend: Natürlich wurde für die WM-Präsentation das ZDF-Team um Johannes B. Kerner ausgezeichnet und nicht die traurigen RTL-Versuche oder Waldorf und Statler von der ARD, die aus einem merkwürdigen Wettbewerbsgeist heraus ebenfalls nominiert waren. Viele Höhepunkte des Fernsehjahres scheint es in jüngerer Zeit nicht gegeben zu haben: Matti Geschonnecks jeweils doppelt ausgezeichnete Filme „Die Nachrichten“ (beste Regie und Dagmar Manzel als beste Hauptdarstellerin) und „Silberhochzeit“ (beste Regie und Gisela Schneeberer als beste Nebendarstellerin) liefen schon im vergangenen Oktober und Januar, die Ausstrahlung der herausragenden Bella-Block-Folge „Die Frau des Teppichlegers“ liegt exakt ein Jahr zurück. Vor der Preisverleihung hatte die Jury davor gewarnt, das vergangene Fernsehjahr auf die großen Ereignisse zu reduzieren, und tatsächlich waren die eher die Verlierer des Abends. Das ZDF-Drama „Dresden“ bekam den Preis als bester Fernsehfilm, ging sonst aber leer aus, für „Die Luftbrücke“ wurde nur Ulrich Noethen als bester Nebendarsteller ausgezeichnet; die RTL-„Sturmflut“ war gar nicht erst nominiert worden. Stattdessen jubelte Jan Fedder über die unwahrscheinliche Auszeichnung als Bester Hauptdarsteller in „Der Mann im Strom“.

Ausgezeichnet wurde die feine Patchworkfamilienserie „Türkisch für Anfänger“. Als beste Sitcom setzte sich „Pastewka“ gegen „Stromberg“ durch, als beste Comedy Kurt Krömers Talkshow-Parodie „Bei Krömers“ – in einer traurigen Kategorie, die mit der Ausstrahlung des Live-Programms von Mario Barth aufgefüllt werden mußte. Und obwohl die Jury ohnehin weniger Preise vergab als in den vergangenen Jahren, nahm sich das Fernsehen noch weniger Zeit, die Preisträger in den Kategorien Kamera, Musik, Schnitt und Ausstattung zu würdigen. Kein Ausschnitt wurde gezeigt, nicht einmal die Namen der Produktionen genannt. Immerhin durften die Preisträger der Kategorien Reportage („Und du bist raus“) und Dokumentation („Die Nacht der großen Flut“) noch auf die Bühne und ein paar Sätze sagen, und für ein paar Momente wenigstens erinnerte man sich daran, daß es noch Leute gibt, die mit dem Fernsehen tatsächlich etwas erzählen oder bewegen wollen. Auch Claus Kleber, der für ein ZDF-Spezial zum Nahostkrieg ausgezeichnet wurde, erinnerte daran mit einem bewegten Appell, ein System zu bewahren, das sich Auslandskorrespondenten leisten kann und auch in schlechten Zeiten gut informiert.

Aber was von dem Abend blieb, war das Gefühl einer Branche, die schon von sich selbst gelangweilt ist. Warum soll man der beim Feiern zusehen?

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung