Vielleicht überlegen Sie sich vorab schon mal, ob ihnen ein treffender Vergleich einfällt: Falls eine regionale niederländische Gebäck-Spezialität namens „Judenkuchen“ nicht mehr verkauft wird, dann ist das wie…?
Aber arbeiten wir uns zunächst an den Tatsachen ab. Der faktische Kern der Geschichte scheint der folgende zu sein: Der „Welt“-Autor Henryk M. Broder hat neulich am Amsterdamer Flughafen plötzlich keine „Jodekoeke“ (Judenkuchen) mehr bekommen. Er hat eine Verkäuferin gefragt, woran das liegt. Die konnte ihm das aber nicht sagen. Ende der Recherche.
Und Anfang einer weiteren Folge des Großen Fortsetzungsromans über den Fluch der „Political Correctness“. Denn an der, weiß Broder, muss es liegen. Die Niederländer würden nämlich gerade diskutieren, schreibt er in der „Welt“, ob sich ihre Regierung dafür entschuldigen sollte, dass die holländische Polizei den Nazis im Dritten Reich bei den Deportationen der Juden geholfen habe. Und deshalb (oder stattdessen, man weiß es nicht), wurde das Gebäck aus dem Flughafen entfernt, obwohl sich eigentlich niemand an dem merkwürdigen Namen gestört habe.
Bei den „Negerküssen“ zuvor sei es schon genauso gewesen (gut, vielleicht abgesehen davon, dass sich an dem Namen „Negerkuss“ durchaus Leute gestört haben, nicht zuletzt eben die so genannten „Neger“).
Broders Geschichte endet mit der für Judenkuchen-Freunde beruhigenden Information, dass die Judenkuchen gar nicht ganz abgeschafft oder gar verboten worden sind, sondern im normalen niederländischen Supermarkt weiter gekauft werden können. Das hat das Fachpersonal von „Welt Online“ nicht davon abgehalten, über Broders Stück zu schreiben:
POLITICAL CORRECTNESS
Erst der Negerkuss, jetzt der Judenkuchen
Jetzt also auch Holland im Griff der Political Correctness. Niemand beschwert sich drüber, aber plötzlich sind sie aus den Regalen verschwunden: die Judenkuchen.
Und damit sind wir am Ende des faktischen Teils und kehren zurück zur Eingangsfrage: Mal angenommen, die „Jodekoeke“ würden verschwinden. Was wäre dann ein guter Vergleich dafür?
Herr Broder wählte den folgenden:
Möglicherweisen erleiden die Judenkuchen nun das gleiche Schicksal wie die niederländischen Juden vor genau 70 Jahren, als etwa 110.000 der 140.000 jüdischen Einwohner des Königreichs deportiert wurden.