Schlagwort: Giovanni Di Lorenzo

Was Angela Merkel alles nicht weiß und deshalb auch nicht bewerten wird

Mir ist bewusst, dass das Interview, das die Bundeskanzlerin der „Zeit“ gegeben hat, jetzt schon ein paar Tage alt ist und dass sie in der Zwischenzeit längst ein weiteres gegeben hat. Aber ich kann das alte, das aus der „Zeit“, noch nicht ganz fassen.

Die Interviewer stellen ihr eine Reihe von Fragen zu dem Abhörskandal. Angela Merkel sagt daraufhin jeweils mehrere Sätze, die aus großer Ferne betrachtet fast wie so etwas ähnliches wie Antworten wirken könnten.

Antworten gibt sie nicht.

Zum Beispiel:

ZEIT: Sind Sie nicht überrascht über das Ausmaß, in dem uns ausländische Dienste offenbar ausspähen?

Merkel: Dass Nachrichtendienste unter bestimmten und in unserem Land eng gefassten rechtlichen Voraussetzungen zusammenarbeiten, entspricht ihren Aufgaben seit Jahrzehnten und dient unserer Sicherheit. Von Programmen wie Prism habe ich durch die aktuelle Berichterstattung Kenntnis genommen. Inwieweit die Berichte zutreffend sind, wird geprüft.

Testfrage: Ist Angela Merkel überrascht über das Ausmaß, in dem uns ausländische Dienste offenbar ausspähen, oder nicht?

Weiter:

ZEIT: Ist der Verzicht auf Privatsphäre in Ihren Augen der Preis für die Sicherheit?

Merkel: Freiheit und Sicherheit müssen immer in der Balance gehalten werden. Deshalb muss alles dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehorchen. Mit immer neuen technischen Möglichkeiten muss die Balance zwischen dem größtmöglichen Freiraum und dem, was der Staat braucht, um seinen Bürgern größtmögliche Sicherheit zu geben, immer wieder hergestellt werden. Die Diskussion darüber, was verhältnismäßig ist, müssen wir deshalb ständig führen und gleichzeitig alles tun, um uns vor terroristischen Anschlägen bestmöglich zu schützen, was ohne die Möglichkeit einer Telekommunikationskontrolle nicht ginge.

Merkel redet darüber, worüber man reden müsste, ohne darüber zu reden. Sie sagt, dass man die Diskussion führen muss, was verhältnismäßig ist, um nicht die Diskussion führen zu müssen, was verhältnismäßig ist. Das haben an dieser Stelle sogar die Interviewer von der „Zeit“ gemerkt und haken nach:

ZEIT: Was ist denn „verhältnismäßig“?

Merkel: Ein Vorgehen, das den Schutz der Privatsphäre mit dem Schutz vor Terror im Gleichgewicht hält und beiden Zielen bestmöglich dient. (…)

Ah: Verhältnismäßig ist, was verhältnismäßig ist.

ZEIT: Die Behauptung, 50 Anschläge seien verhindert worden, ist schwer überprüfbar. Können Sie den amerikanischen Aussagen vertrauen?

Merkel: Amerikanische Hinweise haben ohne jeden Zweifel im Ergebnis zu Verhaftungen geführt und damit nach menschlichem Ermessen großen Schaden verhindert. Jeder Anschlag wäre einer zu viel.

Keine Antwort auf die Frage.

Gut, vielleicht lässt sich das indirekt wenigstens als eine Antwort auf eine Frage weiter vorne lesen. Wenn jeder Tote im Straßenverkehr einer zuviel wäre, wären Autos womöglich verboten. Ganz sicher gäbe es viel strengere Geschwindigkeitsbegrenzungen.

Wenn jeder Anschlag einer zuviel wäre, dann müsste man alles tun, um auch den einen zu verhindern. Jede Aufgabe der Privatsphäre wäre dafür hinzunehmen. Dann heiligt der Zweck auch die Mittel. (In der ARD hat sie heute das Gegenteil gesagt, aber wer wäre überrascht, wenn sie übermorgen wieder das Gegenteil sagt und überübermorgen, dass wir unbedingt eine Debatte darüber führen sollten, unter welchen Voraussetzungen der Zweck die Mittel heiligen würden könnte; eine Debatte, an der sie natürlich selbst nicht teilnähme.)

ZEIT: Haben Sie nach Ihren Gesprächen mit dem amerikanischen Präsidenten den Eindruck, dass die Geheimdienstaktivitäten nach den Anschlägen auf das World Trade Center aus dem Ruder gelaufen sind?

Merkel: Nach meinem Eindruck nimmt der amerikanische Präsident die Sorgen in Europa ernst. Ich warte jetzt die Ergebnisse der Expertengespräche in Washington ab. Dann werden sie bewertet, dann folgen die nächsten Schritte.

Tja. Hat die Kanzlerin den Eindruck, dass die Geheimdienstaktivitäten aus dem Ruder gelaufen sind? Man weiß es nicht. Man wird es nie erfahren. Es ist aussichtslos, sie zu fragen.

ZEIT: Edward Snowden bekommt nun vermutlich Asyl in Venezuela. In Deutschland hat man das aus formalen Gründen abgelehnt. Es gäbe aber auch andere Begründungen, ihn nach Deutschland zu holen. Hätten Sie das nicht tun müssen, wenn Ihnen wirklich so viel an Aufklärung gelegen ist?

Merkel: Das Bundesinnenministerium und das Auswärtige Amt sind nach ihrer Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen für politisches Asyl oder eine Aufenthaltsgewährung aus anderen Gründen nicht vorlagen.

Andere Leute haben da geprüft und sind zu irgendwelchen Ergebnissen gekommen. Was soll Angela Merkel, die Bundeskanzlerin, da noch eine Haltung zu entwickeln?

ZEIT: Es gab in der Vergangenheit Fälle wie Lew Kopelew oder Alexander Solschenizyn, in denen Bundeskanzler aus übergeordneten Interessen oder humanitären Aspekten an formalen Kriterien vorbei anders entschieden haben.

Merkel: Ich kann nur wiederholen, dass nach Prüfung der beiden Ministerien die Voraussetzungen im aktuellen Fall nicht vorlagen.

Andere Leute haben da geprüft und sind zu irgendwelchen Ergebnissen gekommen. Was soll Angela Merkel, die Bundeskanzlerin, da noch eine Haltung zu entwickeln?

ZEIT: Was denken Sie über Edward Snowden?

Merkel: Ich erlaube mir kein persönliches Urteil über einen Mann, über den ich lediglich das eine oder andere lese.

Was für eine Wohltat, diese Antwort. Weil Angela Merkel, die Bundeskanzlerin, sich immerhin dazu herablässt, relativ unverschlüsselt zu sagen: Ich gebe Ihnen darauf keine Antwort. Ich sage Ihnen nicht, was ich von dem Mann halte.

Es ist natürlich völlig absurd anzunehmen, dass sich die Kanzerlin keine persönlichen Urteile erlaubt über Menschen wie Edward Snowden oder wenigstens eine Bewertung seiner Handlungen. Aber so anspruchslos bin ich inzwischen geworden: Ich freue mich, dass sie immerhin sagt, dass sie dazu nichts sagt, ohne dass man selbst das nur mühsam zwischen den Zeilen herauslesen oder aus ihren Nicht-Antworten-Antworten interpretieren muss.

ZEIT: Halten Sie es für verhältnismäßig, dass mehrere europäische Länder dem bolivianischen Präsidenten Evo Morales wahrscheinlich auf Betreiben der Amerikaner Überflugrechte verwehrt haben?

Merkel: Ich kenne die Hintergründe dieses Vorgangs nicht und werde ihn deshalb auch nicht bewerten.

Okay, ich nehm’s zurück. Ich bin raus. Da hilft jetzt auch nicht mehr die unverstellte Klarheit, mit der die Bundeskanzlerin sagt: Mir doch egal.

Mir doch egal, was da passiert ist.

Mir doch egal, ob Sie mir abnehmen, dass ich mich nicht über die Hintergründe dieses bizarren und empörenden Vorganges kundig gemacht habe.

Mir doch egal, ob ich gerade noch gesagt habe, dass wir über Verhältnismäßigkeiten reden müssen.

Mir doch egal, wie da mit Staatspräsidenten umgegangen wird und mit Whistleblowern und überhaupt.

Geht mir am Arsch vorbei, sagt die Bundeskanzlerin.

Natürlich würde man sich wünschen, dass die Interviewer an dieser Stelle sagen würden: „Wissen Sie was, Frau Bundeskanzlerin, bei allem Respekt: Aber wenn Sie sich nicht äußern wollen über diese Themen, wenn Sie uns Ihre konkrete Einschätzung dieser außerordentlichen Vorgänge nicht sagen wollen, dann brechen wir das Interview an dieser Stelle ab. Dann stellen wir fest: Die Bundeskanzlerin weiß nicht, was unsere Verbündeten so machen, und wenn sie es weiß, dann sagt sie es nicht. Und in jedem Fall weigert sie sich, ihre Haltung dazu der Öffentlichkeit mitzuteilen, weshalb ein Interview mit ihr sinnlos ist.“

Im Zweifel würde aber natürlich auch ein Interviewer von einer geringeren Geschmeidigkeit als Giovanni di Lorenzo nicht so reagieren. Und tatsächlich ist ja das Interview immerhin insofern sachdienlich, als es die fehlende Bereitschaft der Kanzlerin, Antworten zu geben, für jeden, der sie sehen will, sichtbar macht.

Vielleicht ist meine Empörung an dieser Stelle auch abwegig. Genauso gut hätte ich mich vermutlich auch beim vorletzten, vorvorletzten oder vorvorvorletzten Interview mit Angela Merkel empören können. (Tatsächlich habe ich auch vor drei Jahren schon über ihre bizarr blutleere, abstrakte Sprache geschrieben, mit der sie uns alle in die Besinnungslosigkeit redet.)

Aber dies war der Punkt, an dem mein Kragen geplatzt ist. Natürlich vermeiden viele Politiker klare Aussagen. Aber dass es so normal geworden ist, dass eine Kanzlerin sich systematisch und dreist der kleinsten inhaltlichen Festlegung verweigert, dass so ein Interview wie das in der „Zeit“ gar keinen Schluckauf in dieser Hinsicht mehr auslöst. Und dass diese Kanzlerin größte Zustimmungswerte im Volk genießt und mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, die zukünftige Regierung zu führen. Das bestürzt mich dann doch.

Journalismus?

Frank Schirrmacher brauchte nur einen einzigen ironischen Satz, um deutlich zu machen, wie wenig erstrebenswert eine Zukunft ist, in der es keine Zeitungsverlage mehr gibt, sondern in der „Konsumhersteller ihre eigenen Nachrichten produzieren“:

Wir freuen uns schon, wenn Apple über die Arbeitsbedingungen in China berichtet oder Coca-Cola über die Segnungen der Globalisierung.

Ja, das ist ein guter Test für die Qualität, für die Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Mediums: Wie es mit Themen umgeht, die es selbst betreffen.

Die deutschen Zeitungen versagen gerade in spektakulärer Weise bei diesem Test. Sie demonstrieren jedem, der es sehen will, dass sie uns im Zweifel nicht zuverlässiger informieren, als es irgendein dahergelaufener amerikanischer Konsumhersteller täte.

Es ist eine bittere Ironie, dass sie diesen Beweis im Kampf für ein Gesetz liefern, dessen Notwendigkeit sie im Kern damit begründen, dass sie als zuverlässige Informanten der Bürger unverzichtbar und unersetzbar sind.

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Am Donnerstag lobte die FAZ in einem Artikel den „virtuosen Eiertanz“, den die „New York Times“ gerade in ihrer Berichterstattung über die Skandale bei der BBC vollbringt. Mark Thompson, der darin verwickelte frühere Generaldirektor der BBC, ist nämlich seit kurzem Vorsitzender der Geschäftsführung der „New York Times“. „Dem amerikanischen Verständnis von journalistischer Objektivität entspricht es“, staunte FAZ-Korrespondent Patrick Bahners, „dass ein Presseorgan eigene Angelegenheiten in gleicher Form darstellt wie die Geschäfte Dritter.“

Meinem Verständnis von journalistischer Objektivität hätte es entsprochen, wenn die deutsche Presse versucht hätte, ihre Leser fair, umfassend und zutreffend über das geplante Leistungsschutzrecht für Verlage zu informieren. Ich hätte es für selbstverständlich gehalten, sich darum zu bemühen, dass die nachrichtliche Berichterstattung in eigener Sache bzw. über einen unmittelbaren Konkurrenten oder Gegner ganz besonders unangreifbar ist.

Auf der Grundlage einer solchen ausgewogenen, sachlichen Darstellung könnten die Redaktionen dann natürlich Kommentare veröffentlichen, in denen sie für die eigene Position werben, die anscheinend mit der ihrer Verleger identisch ist (auch wenn ich mir als Leser vermutlich trotzdem wünschen würde, dass sie ohne den Kniff auskämen, das konkurrierende Unternehmen gleich als einen Agenten Amerikas zu dämonisieren).

Meinem Verständnis von gutem Journalismus hätte es entsprochen, die Gegenseite mindestens so ausführlich zu Wort zu kommen wie die eigene Seite, und zum Beispiel Gastkommentare nicht ausgerechnet von denen schreiben zu lassen, die ohnehin meiner Meinung sind. Das wäre kein Zeichen von Masochismus, sondern von Selbstbewusstsein. Und es würde beim Leser offensiv den möglichen Verdacht ausräumen, dass man ihm in einer solchen Situation abweichende Meinungen oder unliebsame Tatsachen verschweigt, wie man es offenbar von Apple und Coca-Cola erwarten muss.

(Dass das nicht ausschließt, sich kritisch mit Google und seinen höchst beunruhigenden Geschäftspraktiken auseinanderzusetzen, versteht sich von selbst.)

Stattdessen haben sich weite Teile der deutschen Presse dafür entschieden, Propagandaorgane in eigener Sache zu sein. Sie sehen es als ihre Aufgabe, dazu beizutragen, dass sie ihr Leistungsschutzrecht bekommen. Sie sehen es nicht als ihre Aufgabe, die Bürger gut zu informieren.

Nun kann man mir natürlich Naivität vorwerfen, dass ich etwas anderes erwartet hatte. Das ändert aber am Ergebnis nichts: Die deutschen Zeitungen haben genau den Test nicht bestanden, anhand dessen die Untauglichkeit möglicher Ersatz-Verleger wie Apple und Coca-Cola dargestellt werden sollte. Sie haben ihre eigenen Leser verraten, als würden sie die nicht mehr brauchen, wenn sie nur Google besiegen könnten.

Es findet keine kritische Berichterstattung statt über die Verleger-Kampagne und ihre Lobby-Arbeit, über die U-Boote, die in die Debatte geschmuggelt werden, über die würdelose Praxis, dass Chefredakteure zu nickenden Stichwortgebern ihrer eigenen Geschäftsführer werden, über das erbärmliche Agieren des früheren Journalisten Christoph Keese, der in dieser Sache als Sprecher der gesamten deutschen Verlagsbranche auftritt und sich offenbar entschlossen hat, dass die Wahrheit in diesem Kampf nicht sein Verbündeter ist.

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Neulich habe ich die Journalismus-Krisen-Berichterstattung der „Zeit“ kritisiert und als „Wohlfühljournalismus“ bezeichnet. In seiner Erwiderung verteidigte Chefredakteur Giovanni di Lorenzo nicht nur ausdrücklich einen solchen „Wohlfühljournalismus“. Er beschwerte sich zudem:

Man könnte ja auch sagen, dass wir weniger für die ZEIT, sondern für die ganze Branche eine recht ordentliche Titelgeschichte hinbekommen haben.

Ja, das hätte man auch sagen können. Ich wollte das aber nicht sagen, weil das nicht meine Meinung ist. Ich fand, es ist keine recht ordentliche Titelgeschichte geworden.

Bestürzend an di Lorenzos Satz finde ich nicht nur, dass sich ein leitender Journalist so nach Zustimmung sehnt. Bestürzend finde ich vor allem den Versuch einer doppelten Vereinnahmung: Dass die „Zeit“ da etwas für die ganze Branche geleistet hätte. Und dass ich das dann als Angehöriger dieser Branche doch bitte zu schätzen hätte.

Offenkundig ist der „Zeit“-Chefredakteur in der Branche nicht allein mit dem Wunsch, den ich aus seinen Texten herauslese: Dass die Zeitungen und der Journalismus von Kritik möglichst verschont werden sollen. Er suggeriert, dass es etwas Unanständiges und Selbstzerstörerisches ist, wenn ausgerechnet Zeitungs-Mitarbeiter und Journalisten diese Kritik üben.

Dahinter steckt womöglich der Gedanke, dass wir Journalisten einander in diesen schlechten Zeiten gegenseitig schonen müssen. Dass wir zusammenrücken sollen, zusammenhalten, gegen Google, zum Beispiel. Dass die Lage zu schlecht ist, um sich eine kritische Beschäftigung mit sich selbst und eine wahrhaft unabhängige Berichterstattung über die eigenen Themen leisten zu können.

Das Gegenteil ist richtig. Journalismus hat nur dann eine Chance zu überleben, unter welchen Rahmenbedingungen auch immer, wenn die Menschen ihn für unverzichtbar halten. Wenn sie davon überzeugt sind, dass sie ihm trauen können, auch und gerade dann, wenn es um Themen geht, die ihn selbst betreffen.

Der „New York Times“-Leser, der bemerkt, wieviel Mühe sich das Blatt gibt, ihn trotz der Verwicklung des eigenen Chefs zuverlässig über den BBC-Skandal zu berichten, der wird diesem Blatt zutrauen, sich grundsätzlich darum zu bemühen, ihn gut zu informieren. Der ist im Zweifel sogar bereit, für einen solchen Journalismus Geld auszugeben und für seine Existenz zu kämpfen.

Ich finde das naheliegend und keine amerikanische Eigenart. Die deutsche Presse aber scheint gerade zu jeder Unwahrheit bereit, um zu beweisen, wie wahrhaftig ihre Berichterstattung ist. Sie beteuert mit maximaler Einfalt ihre Vielfalt.

Der Kollege Richard Gutjahr bringt es auf die treffende Formel:

Journalismus. War das nicht genau das, was uns von Google unterscheidet?

Ich habe mich selten so unwohl gefühlt, Mitglied dieser Branche zu sein.

Auf den Hund gekommen: Der Wärmestuben-Journalismus der „Zeit“

Die Welt ist nicht gerecht. Die „Financial Times Deutschland“ muss sterben, und Kuschelmagazinen wie „Landlust“ und „Zeit“ geht es bestens.

Die von Giovanni di Lorenzo geleitete Wochenzeitung ist so heimelig und gefühlig geworden, dass sie sich auch als Heizdecke fürs Innere vermarkten ließe. Jan Fleischhauer hat sie neulich als „Führungsblatt des feminisierten Journalismus in Deutschland“ bezeichnet, wobei ich mir gar nicht sicher bin, ob Frauenmagazine überhaupt noch so emotionalisiert und betroffen und flauschigweich daherkommen wie die „Zeit“ heute.

In dieser Woche macht „Die Zeit“ mit der Frage auf, wie guter Journalismus überleben kann, und das illustriert sie natürlich, wie sonst, mit einem süßen Hund.

(Die Frage, ob der Hund die Gefahr oder der Heilsbringer für den Journalismus ist, ist natürlich reine Ketzerei.)

Nun ist es das eine, seinen Lesern ein warmes Gefühl im Bauch zu machen. Was die „Zeit“ aber auch wie kaum eine zweite kann: sich selbst öffentlich ein warmes Gefühl im Bauch machen.

Beides gleichzeitig versucht Giovanni di Lorenzo in seinem Leitartikel, dessen Überschrift schon alles sagt:

Das Blatt wendet sich

Hierzulande gibt es die wohl besten Zeitungen der Welt. Aber keine Branche betreibt so viel Selbstdemontage.

Er schreibt dann erst, worüber er alles nicht klagen will, weil klagen eh nicht hilft, und scheint dann zur „ungemütlichen Prüfung“ überzuleiten, ob ein Teil der Probleme von Zeitungen nicht „hausgemacht“ sei. An dieser Stelle, schreibt di Lorenzo, sei „allerdings ein Wutausbruch fällig“.

Es stellt sich heraus, dass er das zentrale, hausgemachte Problem der Zeitungen darin sieht, dass die sich selbst nicht gut genug finden. Er beschwert sich unter anderem, dass „Journalisten der Printmedien“ zu „manisch“ das Internet lobgepriesen und ihren treuen und teuren Print-Lesern damit suggeriert hätten, dass sie von gestern sind.

Vielleicht bin ich da als Medienjournalist übersensibel, aber ich lese darin, ein bisschen verschleiert, einen Aufruf, dass Print-Journalisten Print-Marketing betreiben sollen. Es setzt den wenigen verbliebenen professionellen Medienredakteuren bei Print-Medien weiter zu, die sich seit über zehn Jahren dafür rechtfertigen müssen, dass sie über die Probleme ihrer Branche so kritisch schreiben wie es ihre Kollegen bei anderen Branchen tun. Journalismus, der Probleme schonungslos benennt, ist offenbar nur dann eine gute Sache und ein fruchtbarer Prozess, wenn er nicht den Journalismus selbst betrifft.

Abgesehen davon wüsste ich gerne, wo di Lorenzo heute einen überkritischen Umgang der Printmedien mit sich selbst ausmacht. Umgekehrt könnte ich ihm Berge von Artikeln schicken, die sich lesen, als seien die Kollegen längst der verlängerte Arm der Marketing-, Lobby- und PR-Abteilungen ihrer Häuser und ihrer Branche.

Am Ende seines Leitartikels schreibt di Lorenzo, was das gedruckte Medium alles brauche:

Vor allem aber braucht es die Leserinnen und Leser, die in aller Regel wissen, was sie gutem Journalismus verdanken. Allerdings müssen sich die Blätter und ihre Macher diese Zuwendung im buchstäblichen Sinne auch verdienen. Wer für sich selbst keine Wertschätzung empfindet, kann sie auch nicht von anderen erwarten.

Das ist allen Ernstes sein zentraler Punkt. Er endet nicht damit, dass Zeitungen besser werden müssen, sondern dass sie sich selbst besser finden müssen.

Entsprechend versteht sich die Qualitätsjournalismus-Ausgabe der „Zeit“ als Wärmestube für die fröstelnden Kollegen.

Götz Hamann schreibt dort:

Das geschriebene Wort steht am Anfang jeder gesellschaftlichen Debatte, doch nun spürt es die volle Wucht der Digitalisierung. Es geht nicht um jedes Wort, sondern um jene, für die auch die ZEIT steht.

Dass das so ungelenk und grammatikalisch heikel formuliert ist, ist vermutlich die Folge davon, dass die „Zeit“ unbedingt ausdrücklich sagen wollte, dass sie nicht sterben darf. Dass das, was sie sagt, Gewicht hat, Relevanz. Auf beinahe elegante Art definiert sie Qualitätsjournalismus als das, was in der „Zeit“ steht.

Das kann man natürlich machen, und womöglich funktioniert es sogar im Sinne der Auto-Suggestion von „Zeit“-Machern und „Zeit“-Lesern. (Auch wenn es natürlich nicht wahnsinnig hilfreich ist, wenn gleich auf der nächsten Seite der „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann falsch geschrieben ist und ein falsches Alter hat.)

Zusammen mit Bernd Ulrich hat Götz Hamann dann noch „sieben Thesen zum Journalismus“ verfasst, von denen man wiederum eigentlich nur die Überschrift lesen muss:

Die Zukunft ist noch lang

Ich möchte trotzdem die letzte, siebte These vollständig zitieren:

Wird es in zwanzig oder dreißig Jahren noch Autos geben? Facebook? iPhones? Wir wissen es nicht. Wird es in zwanzig oder dreißig Jahren noch Zeitungen geben? Das wissen wir auch nicht. Was wir wissen, ist: Auch in Zukunft wollen die Menschen von A nach B, irgendetwas Autoartiges wird ihnen dabei helfen. Auch in Zukunft kann sich nicht jeder über alles selbst informieren, vermag nicht jeder alles einzusortieren, folglich wird es Menschen geben, deren Beruf es ist, dabei zu helfen, vermutlich werden diese Menschen Journalisten heißen. Solange es Worte gibt, wird es schreibenden Journalismus geben. Und so lange wird dieser Beruf einer der schönsten der Welt bleiben.

Mich hat diese hilflos-verzweifelt-verklärende Flucht ins Pathos unter dem Sinnbild des süßen gephotoshoppten Hundes heute depressiver gemacht als alle aktuellen Untergangs-Nachrichten von Print-Medien.

Grenzt ein bisschen an Nestbeschmutzung

Nach zwei Wörtern habe ich geahnt, dass mich der „Zeit-Magazin“-Artikel über den Umgang von „Bild“ mit Prominenten enttäuschen würde.

Charlotte Roche

Ich verehre Charlotte Roche, und sie hat die „Bild“-Zeitung von ihrer verachtenswertesten Seite kennengelernt. Aber die Episode, wie ihr kurz nach einer Familientragödie von Leuten zugesetzt wurde, die sich als „Bild“-Mitarbeiter ausgaben, ist jetzt fast zehn Jahre her. Sie ist seitdem viele Male nacherzählt worden, unter anderem schon 2003 und 2005 im „Stern“ und 2004 im „Tagesspiegel“.

Natürlich kann man sie gar nicht oft genug erzählen, weil sie womöglich nicht nur krass ist, sondern auch typisch für die Art, wie die „Bild“-Zeitung sich Menschen gefügig zu machen versucht. Aber wenn ein Artikel im Jahr 2011 über den Umgang der „Bild“-Zeitung mit Prominenten mit einer zehn Jahre alten, vielfach erzählten Geschichte beginnt, spricht das nicht dafür, dass die Autoren etwas Neues herausgefunden haben. Es spricht leider sogar für die „Bild“-Zeitung, weil so der Eindruck entsteht, dass es nichts Neues gibt, das die Autoren hätten herausfinden können.

Leider bestätigen die über 4000 Wörter des Artikels das Gefühl, das die ersten zwei geweckt haben. Sein Personal besteht fast vollständig aus den Leuten, die seit mehr als einem halben Jahrzehnt in ungefähr jedem kritischen Artikel über die „Bild“-Zeitung vorkommen. Neben Charlotte Roche sind das vor allem der unvermeidliche Medienanwalt Christian Schertz und die Künstleragentin Heike-Melba Fendel („Barbarella Entertainment“).

Der „Zeit Magazin“-Artikel erwähnt natürlich auch die Geschichte von Sibel Kekilli. Der Versuch von „Bild“, sie zu vernichten, liegt nun auch schon sieben Jahre zurück. Aus dem „Zeit Magazin“ erfahre ich immerhin, was ich nicht wusste, dass es der Regisseur Dieter Wedel war, der ihr anlässlich der Dreharbeiten zu seinem Film „Gier“ geraten habe, wieder mit „Bild“ zusammenzuarbeiten. (Ausgerechnet von dem Mann, der damals als Unterhaltungschef für die widerliche Berichterstattung verantwortlich war, durfte oder musste sie sich dann in den Himmel hochschreiben lassen.)

Wenn man es nicht schafft, neue Beispiele für den bedenklichen Umgang der „Bild“-Zeitung mit Prominenten zu recherchieren, muss man vielleicht aufhören, Artikel über den bedenklichen Umgang der „Bild“-Zeitung mit Prominenten zu schreiben. Ich habe mich aus dem Geschäft der täglichen „Bild“-Beobachtung ein bisschen zurückgezogen, aber ich würde behaupten, es gibt diese Fälle, auch heute noch. Der Umgang von „Bild“ mit Judith Holofernes vor einigen Wochen war ein vergleichsweise harmloses, aber erhellendes Beispiel: Die Sängerin von „Wir sind Helden“ weigert sich, für „Bild“ zu werben, und „Bild“ nutzt ihre Absage, um für sich zu werben. Die sich als Medienjournalisten tarnenden Schaulustigen waren natürlich begeistert über den Schlagabtausch, aber wie bezeichnend ist das für die Unverfrorenheit von Kai Diekmann und seinen Leuten? Er respektiert nicht einmal den Willen eines Menschen, nicht als Werbefigur für sein Ekelblatt aufzutreten, und schmückt sich noch mit dem Dokument der Ablehnung.

Ich weiß nicht, warum sich deutsche Medien so schwer tun, sich mit handelsüblichen journalistischen Mitteln dem Phänomen der „Bild“-Zeitung zu widmen und — wie im Fall des „Spiegels“ vor einigen Wochen — in geradezu eigenrufschädigender Weise scheitern. Ich fürchte inzwischen, dass die meisten dieser Ausweise der Hilflosigkeit die „Bild“-Zeitung eher stärken als schwächen.

Die „Bild“-Geschichte ist Teil eines ganzen Themenheftes über Journalismus, und größere Teile davon sind nicht nur enttäuschend, sondern ärgerlich. Die Artikel wirken, als wollten sie beweisen, was im großen „Zeit“-Titelseiten-Teaser steht: „Im Kritisieren sind Medien gut — Selbstkritik fällt dagegen schwer.“

Unter der Überschrift „In eigener Sache“ berichten vier „Zeit“-Journalisten „aus unserer Praxis“. Es sollen wohl Bekenntnisse der eigenen Unzulänglichkeiten sein, des Scheiterns am großen Anspruch, die „Wahrheit“ zu berichten. Der Feuilleton-Redakteur Adam Soboczynski bekennt bei dieser Gelegenheit, dass er im Nachhinein Zweifel hat, ob sein Portrait über den Schriftsteller Gaston Salvatore wirklich perfekt war:

Das Porträt handelte also vom schwierigen Umgang der Deutschen mit einem Chilenen. Salvatore erzählte bei unserem Interview in Venedig, dass er bald einen Roman schreiben werde mit dem Titel „Der Lügner“. Er beabsichtige, den Roman auf Spanisch abzufassen, obgleich er lange Zeit beinahe ausschließlich auf Deutsch geschrieben hat. Mein Artikel Der Verdammte schloss also folgendermaßen: Salvatore habe jedenfalls die Absicht, bald einen Roman zu schreiben. Diesmal nicht auf Deutsch. Sondern auf Spanisch. Der Arbeitstitel laute: „Der Lügner“.

Das war keine Lüge. Und doch plagt mich eine leise innere Anklage. Am Ende des Artikels zu sagen, Salvatore schreibe nicht mehr auf Deutsch, legt nahe, dass er derart von den Deutschen enttäuscht sei, dass er darum auf Deutsch nicht mehr schreiben möchte. Das weiß ich, offen gesagt, gar nicht so genau. Ich weiß, dass es stimmt, dass er den Roman auf Spanisch und nicht auf Deutsch schreiben möchte. Aber vielleicht möchte er nur sozusagen zur Abwechslung mal auf Spanisch schreiben. Ich hatte das nicht erfragt. Ich gestehe.

Sind Sie noch wach?

Das ist es also, was „Zeit“-Redakteuren einfällt, wenn sie Selbstkritik üben sollen. Das wäre selbst uns Erbsenzählern zu piefig.

Sein Kollege Henning Sußebach berichtete, wie er eine Reportage über einen „Mann am Rande der Gesellschaft“ geschrieben hatte, einen „sogenannten Verlierer“. Es muss, glaubt man Sußebachs Beschreibung von Sußebachs Artikel, ein großartiger Artikel gewesen sein, einfühlsam, engagiert, mit ausführlichen Zitaten des Betroffenen. Das Problem mit dem Artikel war, bösartig zusammengefasst, dass er zu gut war.

[…] ich schrieb Sätze, die L. zwar nicht freisprachen von Schuld an seinem Schicksal, aber auch der Gesellschaft Verantwortung zurechneten. Schon um die Leser bei der Ehre zu packen. Bis heute bin ich der Meinung, dass das richtig war. Und doch habe ich L. damit keinen Gefallen getan.

Es klingt schrecklich arrogant: Aber für einen Menschen, für den sich jahrelang niemand interessiert hat, dessen bisheriges Leben geradezu aus Nichtbeachtung bestand, kann ein einziger Zeitungsartikel zu groß sein, zu gewaltig. (…)

Ich traf mich immer wieder mit L. und merkte: Aus allen solidarischen Sätzen meines Artikels hatte er sich eine Hängematte geknüpft, in die er sich fallen ließ. Keine Arbeit? Keine Wohnung? Kein Kontakt zu den Eltern? Nie war er verantwortlich, immer waren es die anderen. So hatte er meinen Artikel verstanden. (So verstand ich jetzt jedenfalls ihn.)

Als Sußebach seinem Berichtgegenstand L. später sagte, dass er selbst für sich verantwortlich sei, habe L. sich verraten gefühlt.

Da war er wieder, der Vorwurf: Erst heuchelt der Journalist Verständnis, und dann zeigt er sein wahres, zynisches Wesen. In diesem Fall stimmte das nicht. Genau das macht die Sache so tragisch.

Das ist das Tragische an der Geschichte? Dass ein armer „Zeit“-Journalist, der kein Zyniker ist, für einen Zyniker gehalten wird? So verdienstvoll es ist, wenn Journalisten sich Gedanken machen über die Folgen ihrer Arbeit: Das ist keine Selbstkritik, das ist Selbstmitleid.

Es durchzieht viele der kleinen Texte, auch die, in denen „Zeit“-Journalisten sich mit Leser-Kritik beschäftigen. Ressortleiter Jens Jessen erklärt in einer „kleinen Rede an die Verächter des Feuilletons“ (kein Dialog, wohlgemerkt, sondern eine „Rede an“), dass der Feuilletonist gar nicht anders sein kann als einen elitären Geschmack zu haben:

Die Kultur ist sein Gegenstand; und mit der Dauer der Beschäftigung wachsen die Ansprüche. Auch wer mit Edgar-Wallace-Krimis im deutschen Fernsehen begann, findet irgendwann Hitchcock besser.

Dieses Schicksal einer unwillkürlichen Erziehung des Geschmacks teilt der Feuilletonist aber mit seinem Publikum. Niemand, dessen Leidenschaft sich an der Literatur entzündet, bleibt bei Harry Potter stehen.

Wer „selten liest, ungern Musik hört und vom Kino nur den Schuh des Manitu erwartet“, dürfe aber „gerne umblättern“, gestattet Jessen großmütig.

Das ist eine Kunst: beim Reflektieren und Nachdenken so uneinsichtig und arrogant zu wirken. Und womöglich ist das alles sogar gut gemeint. Aber wenn diese „Zeit“-Redakteure über die Unzulänglichkeiten ihrer Arbeit und der Arbeit von Journalisten überhaupt reden, wirken sie wie ein Portraitmaler in der Fußgängerzone, der irgendwann zugibt, dass man, wenn ganz genau hinschaut, vielleicht doch kleinste Unterschiede zwischen seinen Strichzeichnungen und Fotos erkennen könnte.

Immerhin: Heike Faller hat für das Special in einem lesenswerten Artikel nachvollzogen, warum praktisch keine Zeitung vor der drohenden Finanzkrise warnte und, wichtiger noch: Warum die Mechanismen des Journalismus so sind, dass es auch beim nächsten Mal wieder so käme.

Aber das ist dann alles, was der „Zeit“ einfällt zum Thema „Was Journalisten anrichten“? Chefredakteur Giovanni di Lorenzo warnt im Video die „Zeit“-Leser, die vielleicht nicht wissen, dass außerhalb ihrer Wochenzeitung Medienjournalismus eine zwar ständig bedrohte, aber durchaus etablierte Disziplin des Journalismus ist, sogar davor, dass das, was man da gewagt habe, „ein bisschen an Nestbeschmutzung“ grenze.

Nein, das eigene „Zeit“-Nest hat man schön sauber gehalten. Die Redakteure haben sich nicht einmal den Hinweis verkniffen, dass in dem Roman „Ein makelloser Abstieg“, in dem Matthias Frings das Funktionieren der Boulevardpresse beschreibt, die „Zeit“ das Vorbild „für die seriöse Zeitung“ darstelle.

Als ein „recht selbstzufriedenes Blatt“ hat Oliver Gehrs das „Zeit Magazin“ im vergangenen Jahr — vergleichsweise milde — bezeichnet. Die übliche Gediegenheit der „Zeit“ wird beim Versuch, selbstkritisch zu sein, zu abstoßender Selbstgerechtigkeit. Vermutlich ist den Redakteuren wirklich beim besten Willen nichts eingefallen, was sie sich ernsthaft vorwerfen könnten.

Ich helfe fürs nächste „Journalismus-Special“ gerne mit zwei Thementipps aus. Vielleicht könnte die „Zeit“ ihren Lesern einmal die bizarre und höchst unjournalistische Rolle von Sabine Rückert erklären, die für die Zeitung über den Kachelmann-Prozess berichtet und dabei in einem Maße mit der Verteidigung verbandelt ist, die mindestens nach einer Offenlegung schreit, wenn sie sie nicht als Autorin in dieser Sache disqualifiziert.

Oder sie könnte die Gelegenheit nutzen, der interessierten Öffentlichkeit zu erklären, was es mit folgender Passage in einer Titelgeschichte nach dem Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg auf sich hatte:

In der CSU-Vorstandssitzung am Montagvormittag in München muss sich Guttenberg Sticheleien und zweideutige Sätze seiner Parteifreunde gefallen lassen. Vereinzelt verbreiten Journalisten bereits das Gerücht, es gebe einen Zusammenhang zwischen einer Textstelle in der Doktorarbeit und seiner sexuellen Neigung.

Das wäre doch mal ein Thema für das nächste Selbstkritik-Special der „Zeit“: Wie man als seriöse Wochenzeitung anderer Journalisten Gerüchte verbreitet, und zwar gerade vage genug, dass es richtig interessant klingt.

Aber mit etwas Pech fällt Adam Soboczynski bis dahin ein, dass man in einem seiner Portraits ein Komma falsch auslegen könnte, und das geht natürlich vor.