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Achim Achilles muss Fersengeld zahlen

Vielleicht ist es doch so, dass die Menge dessen, was sich über das Laufen erzählen lässt, endlich ist. Und womöglich hat allein Hajo Schumacher schon ein Vielfaches davon zu diesem Thema publiziert.

Einfach loslaufen                    .Unter dem Pseudonym „Achim Achilles“ schreibt der Publizist seit Jahren Kolumnen, veröffentlicht Bücher, lädt zum gemeinsamen Laufen, verkauft Mittelchen und Hilfsgeräte, organisiert eine ganze Community und füllt dieselben Tipps und Gedanken in immer neue Gefäße. Doch im März ist die Zahl seiner Publikationen um eins gesunken. Schumacher musste sein E-Book „Einfach loslaufen“ vom Markt nehmen. Er hatte darin nämlich auch Inhalte recycelt, die gar nicht von ihm sind.

Längere Passagen stammen, nur minimal verändert, aus dem 2005 erschienenen Buch „Joggen in Berlin“ von Jens Karraß:

Jens Karraß:
Joggen in Berlin
Hajo Schumacher:
Einfach loslaufen
Die Zauberformel für optimale Fitness: trainieren – und zwar regelmäßig. Ausdauer kommt „aus der Dauer“ – fleißigem, regelmäßigen Lauftrainings. Die Zauberformel für Fitness heißt: trainieren – und zwar regelmäßig. Ausdauer kommt „aus der Dauer“ fleißigen, kontinuierlichen Lauftrainings.
Genießen Sie es, in der Natur zu sein. Denken Sie nie an mehr, als an diesen 3 Tagen in der Woche in der Natur zu sein, sich zu bewegen. Können Sie sich an den traditionellen Sonntagsspaziergang oder an den Urlaub mit Wanderausflügen erinnern? Obwohl beides Ewigkeiten zurückliegt? Gut! Mehr müssen Sie zu Beginn wirklich nicht tun: Bewegen Sie sich an Ihren Ausdauertagen ganz locker und (fast) gemütlich in einem Tempo, wo es Ihnen eigentlich schon fast komisch vorkommt, es noch Sport zu nennen. Genieße es einfach, draußen zu sein. Denke nie an mehr, als in der Natur zu sein, dich zu bewegen. Kannst du dich an den Sonntagsspaziergang mit der Familie oder an den Urlaub mit Wanderausflügen erinnern, obwohl beides Ewigkeiten zurückliegt? Gut. Mehr musst du anfangs wirklich nicht tun: Bewege dich an deinen Ausdauertagen ganz locker, fast gemütlich, in einem Tempo, bei dem es dir eigentlich schon komisch vorkommt, es noch „Sport“ zu nennen.
Mein dritter Tipp für Sie heißt Abwechslung. Planen Sie Ihre z. B. vier Laufeinheiten der Woche im Vorfeld so, dass Sie darin den schnellen, einen etwas längeren, einen sehr lockeren und einen moderaten Lauf integrieren. Damit sorgen Sie dafür, dass ihr Körper und ihr Herz- und Kreislaufsystem regelmäßig unterschiedliche Trainingsreize erhalten. Damit es nicht langweilig wird, baue Abwechslung in dein Training ein. Bei drei Einheiten in der Woche empfiehlt sich ein schneller, ein etwas längerer und ein sehr lockerer kurzer Lauf. So sorgst du dafür, dass Körper und Herz-Kreislauf unterschiedliche Trainingsreize erhalten.
Egal welches Laufniveau Sie haben, ein Trainingslager – die Kombination aus Sport und Ferien in reizvoller Landschaft und angenehmem Klima – lohnt sich immer. Egal, welches Laufniveau du hast, ein Trainingslager – die Kombination aus Sport und Ferien in reizvoller Landschaft und angenehmem Klima – lohnt sich immer.
Schon bei Laufanfängern macht eine Fitnesswoche Sinn, viele Teilnehmer berichten von Leistungssprüngen oder von wertvollen Tipps, die jahrelanges Fehlverhalten (und damit verbundene Schmerzen oder Frustrationen) korrigieren konnten. (…) Sie sind konzentriert und werden neue Grenzen ausloten, weil Job und Alltagsstress wegfallen. Schon bei Laufanfängern macht eine Fitnesswoche Sinn. Viele Teilnehmer berichten von Leistungssprüngen oder von wertvollen Tipps, die Fehlverhalten und damit verbundene Schmerzen oder Frustrationen korrigieren. Du bist konzentriert und lotest neue Grenzen aus, weil Job und Alttagsstress wegfallen.
Kleine Trainingslager können Sie leicht selbst planen. Mieten Sie sich an der Ostsee oder in den Alpen in eine Pension ein und holen Sie sich vorher bei Ihrem Trainer oder Ihrem Lauftreff Empfehlungen, wie Sie die Tage gestalten. Das ist nicht so schwer und auch nicht teuer. Kleine Trainingslager kannst du leicht selbst planen. Miete dich an der Ostsee oder in den Alpen in eine Pension ein und hole dir vorher bei deinem Trainer oder Lauftreff Empfehlungen, wie du die Tage gestaltest. Das ist nicht so schwer und auch nicht teuer. Ein paar gute Kumpels senken die Kosten und heben die Stimmung.
Eine Super-Woche ist also immer umrahmt von lockeren Tagen davor und danach. Lassen Sie Ihren Körper die nötige Kraft sammeln, Ihre verstärkten Bemühungen während des Trainingslagers gut zu verarbeiten. Dann sind Sie auch aufgrund der größeren Entspannung in der Lage, trotz der viel höheren Belastungen mit Spaß zu trainieren. Eine Woche Trainingslager sollte immer von lockeren Tagen umrahmt werden. Lass deinen Körper die nötige Kraft sammeln, um das Trainingslager zu verarbeiten. Wer für ausreichend Entspannung sorgt, kann auch anspruchsvollere Läufe mit Spaß bewältigen.
Große Bedeutung haben Phasen, in denen Sie entweder ganz wenig laufen oder auch gar nicht. Sie geben so ganz automatisch Ihren Beinen und Muskelzellen die Chance, sich zu regenerieren. In Zeiten, in denen du wenig oder gar nicht läufst, gibst du deinen Beinen und Muskelzellen die Chance, sich zu regenerieren.
Aber ebenso wichtig ist der anschließende Reiz in die andere Richtung – nämlich langsam, wenig oder gar nicht laufen. Haben Sie Mut dazu, Sie verlieren an einem Tag nicht Ihre Form. Im Gegenteil, Sie werden sehen, wieviel besser Sie am nächsten Tag trainieren können. Es gilt: An einem Tag verliert man noch lange nicht seine Form. Im Gegenteil, am nächsten Tag läuft es sich oft besser.
Selbst zwei lauflose Wochen nach einer langen Saison gefährden Ihre Form nicht, geben dem Körper aber die Chance, die kleinen Zipperlein auszukurieren. Selbst zwei lauflose Wochen nach einer langen Saison gefährden die Form nicht, geben dem Körper aber Gelegenheit, die Zipperlein auszukurieren.
Nach besonders harten Trainingseinheiten – bei Anfängern kann das der erste 60-Minuten-Lauf sein – ist es ratsam, zu Hause ein warmes Entspannungsbad zu nehmen. Sie helfen Ihrer Muskulatur mit der erneuten Durchblutung, Abfallprodukte der Milchsäuregärung aus Ihren Muskeln abzutransportieren. Nach besonders harten Trainingseinheiten – das kann der erste Lauf über 45 Minuten sein oder die schnelle 20-Minuten Runde, ist ein warmes Entspannungsbad ratsam. Durch die erneute Durchblutung können die Abfallprodukte der Milchsäuregärung aus den Muskeln besser abtransportiert werden.
Die Abfolge: guter Trainingslauf mit persönlichem Rekord (Dauer oder Tempo), Erfolgserlebnis, warmes Bad zur Entspannung, kann Ihnen ein wunderbares Gefühl von Ausgeglichenheit geben. Sie nehmen sich nach einem tollen Sporterlebnis die Zeit abzuschalten. Für viele ist das richtiger Luxus! Die perfekte Abfolge für ein wunderbares Gefühl von Ausgeglichenheit:
– guter Trainingslauf (Dauer- oder Tempolauf) mit persönlichem Rekord
– Erfolgserlebnis auskosten
– warmes Bad zur Entspannung
Nimm dir Zeit abzuschalten, manchmal reichen schon 5 Minuten, damit du dich wieder frisch fühlst.
Eine wichtige Regenerationsphase ist der Schlaf. Der Körper stößt vermehrt Wachstumshormone aus, die die Umbauprozesse im Körper steuern. (…) Das funktioniert aber nur, wenn er genügend Zeit und Ruhe erhält. Also ganz wichtig: ausreichender Schlaf. Eine wichtige Regenerationsphase ist der Schlaf. Der Körper schüttet vermehrt Wachstumshormone aus, die die Umbauprozesse im Körper steuern. Das funktioniert aber nur, wenn er genügend Zeit bekommt. 7 Stunden sollten es mindestens sein, 8 sind besser.
Es mag für Anfänger etwas ungewohnt klingen, aber man sollte sich vor jedem Wettkampf einen Plan zurechtlegen. Der gibt Sicherheit und Spielraum. Und er hilft bei der Konzentration. Dazu gehen Sie am Vortag Ihre bisherige Trainingsvorbereitung im Kopf durch. Selbsteinschätzung: Wie sieht die bestmögliche Endzeit aus? Wie wollen Sie das Rennen angehen? Beim ersten Marathon sollten Sie verhalten planen, die erste Hälfte eher langsam ansetzen. Wenn Sie im Verlauf des Rennens merken, dass Sie Kraft haben, können Sie sich zum Ende hin nach Lust und Laune steigern. Es mag für Anfänger etwas ungewohnt klingen, aber man sollte sich vor jedem Wettkampf einen Schlachtplan zurechtlegen. Dieser gibt Sicherheit und Spielraum. Und er hilft bei der Konzentration. Schätze Dich selbst ein: Wie sieht die bestmögliche Endzeit aus? Wie will ich das Rennen angehen? Beim ersten Mal nicht zu optimistisch planen, du kannst dich immer noch nach Lust und Laune steigern.
Am Start gehen die Pferde durch. Aber bei Ihnen nicht. Sie sind cool. Denken Sie stur nur an sich, lassen Sie sich von Ihren Nebenleuten nicht irritieren. Die sehen Sie später alle wieder. Am Start gehen die Pferde durch. Aber nicht mit dir. Du bist cool. Denke stur nur an dich, lass Dich nicht von den anderen irritieren. Die siehst du später alle wieder.
Die Kunst, am eigenen Tempo und Plan festzuhalten, muss geübt werden. Ihre Renntaktik sollte auch unterschiedliches Wetter in Betracht ziehen. Ist es zum Beispiel wider Erwarten sehr warm, müssen Sie Ihre Taktik ändern können. Versuchen Sie an alle Einflussfaktoren im Vorfeld zu denken. Sie brauchen ein Repertoire von verschiedenen Reaktionsmöglichkeiten – schon, um Ihre psychische Stabilität zu erhalten. Die Kunst, am eigenen Tempo und Plan festzuhalten, muss geübt werden. Deine Renntaktik sollte aber auch auf das jeweilige Wetter abgestimmt sein. Ist es zum Beispiel wider Erwarten sehr warm, musst du deine Taktik ändern können. Versuche, im Vorfeld an alle Faktoren zu denken. Du brauchst ein Repertoire von Reaktionsmöglichkeiten – schon, um Ihre psychische Stabilität zu erhalten.
Wenn Sie um Platzierungen kämpfen, wobei schon Sekunden über Glanz und Gloria entscheiden, und gegen Ihnen bekannte Konkurrenten antreten, dann müssen Sie mental besonders stark sein. Ihr eigener Plan nämlich kollidiert mit dem Ihres Gegners. Was ist, wenn der bei Kilometer 25 plötzlich anzieht? Blitzschnell müssen Sie erkennen, ob Sie ihm folgen können, da Sie selbst gut drauf sind. Oder ob Sie ihn im Moment ziehen lassen, weil Sie ahnen, dass er sich übernimmt. Wenn Du um Platzierungen kämpfst, wobei schon Sekunden über Glanz und Gloria entscheiden, und du gegen bekannte Konkurrenten aus dem Lauftreff antrittst, musst du mental besonders stark sein. Dein eigener Plan kollidiert mit dem des Gegners. Was ist, wenn der wenige Kilometer vor dem Ziel plötzlich anzieht? Blitzschnell musst Du erkennen, ob Du ihm folgen kannst, da du selbst gut drauf bist. Oder ob du ihn im Moment ziehen lässt, weil du ahnst, dass er sich übernimmt.
Spannend wird es auf den letzten zwei bis drei Kilometern. Sie und Ihr Gegner hecheln schon wild. Sie können den Rhythmus gerade noch halten. Aber das weiß Ihr Konkurrent nicht. Zum Glück. Beobachten Sie ihn. Ist er kaputt? Sieht er gut aus? Blufft er? Konzentrieren Sie sich. Atmen Sie für eine Minute extrem ruhig. Dann müssen Sie sich trauen: Setzen Sie zu Ihrer Tempoverschärfung an. Die muss beeindruckend aktiv erfolgen. Wenn Sie dann noch kurz in die Augen Ihres Gegners schauen und lächelnd übermitteln: Komm’ wir rennen jetzt mal, dann haben Sie ihn eventuell taktisch schon erlegt. Leider nur eventuell. Spannend wird es auf den letzten 1.000 Metern. Du und dein Gegner hecheln wild. Du kannst den Rhythmus gerade noch halten. Aber das weiß dein Konkurrent nicht. Zum Glück. Beobachte ihn. Ist er kaputt? Sieht er gut aus? Blufft er? Konzentriere dich. Atme Sie für eine Minute extrem ruhig. Dann musst Du dich trauen: Setze zur Tempoverschärfung an. Die muss beeindruckend aktiv erfolgen. Wenn du dann noch kurz in die Augen deines Gegners schaust und lächelnd übermittelst: Komm‘ wir rennen jetzt mal, dann habst du ihn eventuell schon taktisch erlegt. Vielleicht auch nicht
Wenn er nun doch wieder aufschließt, hilft Ihnen nur das mentale Spiel: „Das ist toll, jetzt haben wir Spaß, ich bleibe locker an ihm dran“. Konzentrieren Sie sich auf die nächsten vier Minuten, um den Kontakt nicht abreißen zu lassen. Er revanchiert sich gerade, na und? Wenn Sie es schaffen, dranzubleiben, dann kann die nächste Runde beginnen: Noch ein Kilometer bis ins Ziel, und noch einmal richtig aktiv Tempo machen. Und nicht vergessen: das überlegene Lächeln. Leider kommt dein Gegner auch zurück, seinerseits lächelnd. Wenn er wieder aufschließt, hilft Dir nur das mentale Spiel: „Das ist toll, jetzt haben wir Spaß, ich bleibe locker an dir dran“. Setze dein bestes Pokerface auf, und lass den Kontakt nicht abreißen. Er revanchiert sich gerade? Na und. Wenn Du es schaffst, dranzubleiben, dann kann die nächste Runde beginnen: Noch einmal richtig aktiv Tempo machen. Und nicht vergessen: das überlegene Lächeln.

 
Auch diverse Trainingspläne, die im Buch abgedruckt sind, stammen von Karraß.

Karraß ließ Schumacher abmahnen. Schumacher hat daraufhin die geforderte Unterlassungserklärung abgegeben und sich verpflichtet, das E-Book nicht mehr zu verbreiten und Karraß Schadensersatz zu zahlen.

Es klingt wie die Geschichte eines besonders dreisten Plagiats, doch der Fall ist komplizierter. Denn Karraß und Schumacher kennen sich und haben lange zusammengearbeitet. In dem Buch von 2005, aus dem Schumacher jetzt abgeschrieben hat, steht klein auch Schumachers Name — als Ideengeber.

Jens Karraß war Spitzensportler und arbeitet jetzt als Lauftrainer mit eigener Firma. Die Zusammenarbeit mit Hajo Schumacher geht bis ins Jahr 2003 zurück. Damals schrieben beide eine Lauf-Serie für den „Tagesspiegel“, in der prominente Läufer und ihre Lieblingsstrecken vorgestellt wurden. Schumacher protokollierte die Erlebnisse der Prominenten, Karraß gab Tipps zum besseren Laufen.

Inhalte dieser Serie bildeten dann auch die Grundlage für das Buch „Joggen in Berlin“, das auf dem Cover unmissverständlich Jens Karraß als Autor nennt. Gemeinsam tauchten beide auch auf Spiegel Online auf, wo Hajo Schumacher als Achim Achilles eine Laufkolumne schreibt. Karraß lieferte Inhalte für Schumachers Seite achim-achilles.de. Und auch als Schumacher und seine Mitarbeiter 2010 noch einmal die Inhalte neu verpackten und anreicherten, diesmal für eine Serie in der „Berliner Morgenpost“, lieferte ihnen Karraß einen Teil der Inhalte.

Es muss lange Zeit eine Zusammenarbeit gewesen sein, von der beide Seiten profitierten: Karraß lieferte Schumacher fachliches Know-How und Kontakte zu Läufern, Schumacher machte Karraß bekannt und warb für sein Unternehmen.

Doch Karraß hatte wohl schon länger das Gefühl, von Schumacher ausgenutzt zu werden. Beide hatten nicht mehr viel miteinander zu tun. Aber als Karraß sich im Januar das neue Achilles-E-Book kaufte, musste er feststellen, dass Schumacher ganze Passagen von ihm verwendet hatte, ohne zu fragen. An ein Versehen glaubt er nicht: „Ihm muss beim Schreiben klar gewesen sein, dass ihm das nicht gehört.“

Schumacher bestreitet nicht, dass die Texte von Karraß stammen. Er meinte offenbar nur, sie verwenden zu dürfen — so wie er Texte von Karraß auf achim-achilles.de verwenden durfte.

Schumacher kann nicht verstehen, dass Karraß sofort einen Anwalt eingeschaltet hat. Er hat versucht, im Nachhinein die Rechte von Karraß zu kaufen, um die Sache möglichst glimpflich aus der Welt zu schaffen. Er rechnet vor, wie lächerlich gering die Einnahmen aus dem E-Book sind: Es sei 750 mal heruntergeladen worden, was Erlösen für seine Firma von rund 375 Euro entspräche. Die Anwaltskosten übersteigen das Geld, um das es geht, mühelos.

Doch Karraß sagt, es gehe ihm gar nicht um das Geld. Es geht ihm ums Prinzip, um Schumacher und seinen Umgang mit ihm. Deshalb habe er den Anwalt eingeschaltet: „Ich wollte Augenhöhe haben.“ Karraß fragt: „Warum gibt der ein Buch heraus mit einer Kompetenz, die nicht seine ist?“

Dass Karraß sich nicht auf einen Kompromiss einlassen will — „Ich bin Leistungssportler“, sagt er, „ich will gewinnen. Wenn’s los geht, geht’s los“ — ist bitter für Schumacher, der formal im Unrecht ist. Er musste deshalb mühsam das E-Book bei den diversen Online-Händlern löschen lassen. Werbung für das nun nicht mehr erhältliche Werk steht zum Beispiel immer noch x-fach unter seinen „Spiegel Online“-Kolumnen.

Die Sache ist peinlich für Schumacher. In welchem Maß böse Absicht oder nur Fahrlässigkeit oder ein schlichtes Missverständnis dahinter steckt, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht ist es einfach so, dass in der großen Text- und Gedanken-Wiederverwertungs-Maschine, die er unter dem Pseudonym Achim Achilles zum eigenen Gewinn aufgebaut hat, ein Fehler passiert ist. Ein Fehler, der nicht hätte passieren dürfen, der aber nicht zufällig passierte.

Der Fall wirft auch in anderer Hinsicht ein Licht auf die Arbeitsweise des Marathon-Publizisten Hajo Schumacher. In einem Schreiben an den Anwalt von Jens Karraß legt er anhand von E-Mails die „tatsächliche Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen der Achim-Achilles GmbH und Jens Karraß bzw. jk running“ dar. Dazu gehörte ein Vorschlag Schumachers, der darauf hinausläuft, seine „Spiegel Online“-Kolumne für Werbung für Karraß zu missbrauchen.

Es ging darum, dass Schumacher Karraß nicht mehr ein monatliches Fixum für seine Mitarbeit an achim-achilles.de zahlen konnte oder wollte. Als Ausgleich dafür wurde über neue Formen der Kooperation nachgedacht, die Karraß einen geschäftlichen Vorteil bringen sollten. Schumacher schrieb:

ich mache für dienstag was [auf „Spiegel Online“] über trainingspläne. verlinkung zur achilles-seite (kostenlose pläne), von da muss es dann aber schnell zu jk gehen. kann man zb gleich im vorpsann [sic] machen. „wer sich was richtig Gutes gönnen will, versucht ein persönliches online coaching.“ oder so. dann müßte man allerdings noch eine neue frage dazustellen: Was ist der Unterschied zwischen den kostenlosen plänen und dem nicht gerade billigen personal coaching?

Karraß Firma sollte also offenbar möglichst stark von Schumachers Achilles-Kolumne profitieren, indem Schumacher darin möglichst zielgenau für das warb, was Karraß anbietet, nämlich persönliches Coaching und individuelle Trainingspläne. Schumacher sollte von seiner Kolumne aus auf seine eigene Seite achim-achilles.de verweisen, von dort aus sollten möglichst viele Leute zu jk running weitergelockt werden.

Das ist vielleicht im engeren Sinne keine Schleichwerbung. Man würde sich aber als Leser doch wünschen, dass Kolumnisten sich beim Verfassen vermeintlich journalistischer Texte nicht davon leiten lassen, wie sie die Umsätze ihrer Geschäftspartner möglichst positiv beeinflussen können.

Doch mit der Freundschaft und Geschäftspartnerschaft ist es endgültig vorbei. Hajo Schumacher stichelt auf der Facebook-Seite von Achim Achilles in vielfacher Form gegen Karraß und seine Methoden. Und postet Einträge wie:

thema des nächsten achilles-e-books: peinliche, kleinliche rechtstreitigkeiten von läufern. wer hat gute beispiele? wir sammeln und haben schon ein paar knaller.

Hajo Schumacher rächt seinen Prometheus

Der Kolumnist, Buchautor und N24-Kommentator Hajo Schumacher ist ein Mann, der dafür plädiert, Verantwortung zu übernehmen. Sich zum Beispiel nicht darüber zu beklagen, wenn Verlage ihre Mitarbeiter mit einem lächerlichen Hungerlohn abspeisen, sondern einfach die Fesseln der Abhängigkeit abwerfen, sich selbständig machen, und — wie ich — mit Haltung, Fleiß und Leidenschaft Arbeitsplätze schaffen.

Nun gut, ich finde die Formulierung mit den „Arbeitsplätzen“, was mich betrifft, ziemlich abwegig, und wenn ich ehrlich bin, erleichtert es mein Leben ganz enorm, dass ich nicht vom Bloggen allein leben muss, sondern auch für eine Zeitung wie die FAZ arbeiten kann, die mich ordentlich bezahlt. Aber irgendwie bin ich zu einem Positivbeispiel in einem Text des Kollegen Hajo Schumacher geworden, und das ist unangenehm genug.

Jedenfalls plädiert dieser Hajo Dampf in allen Gassen dafür, dass Menschen Verantwortung für ihr Leben übernehmen anstatt nur jammern und andere für das eigene Elend verantwortlich machen. Das gilt aber nicht für ihn selbst. Daran, dass der von ihm ins Leben gerufene Preis „Goldener Prometheus“ das Zeitliche segnete, ist jedenfalls nicht Hajo Schumacher Schuld — sondern der freie Journalist und Autor Tom Schimmeck.

Als Schumacher in seinem PDF „V.i.S.d.P.“, einem Überbleibsel des gleichnamigen gleichfalls verblichenen Vorgängermagazins, vor ein paar Wochen das Ableben bekannt gab, blieb er noch vage und schrieb:

Nun wird dem Goldenen Prometheus das Licht ausgeblasen, denn selbst mit der bisher praktizierten Selbstausbeutung ist die Party nicht mehr finanzierbar. Zudem nervt das bisweilen bösartige Gemäkel einer notorisch schlechtlaunigen Branche.

Gegenüber der Seite journalistenpreise.de aber sprach er jetzt etwas, das man für Klartext halten könnte:

„Ungerecht in die Fresse“

„Heftig touchiert“ habe ihn 2009 außerdem ein Beitrag in der Süddeutschen Zeitung. „Der Artikel hat mir zuerst die Laune versaut und uns dann die Sponsoren vertrieben. Autor Tom Schimmeck, der früher mal für ordentliche Recherche bekannt war, hat es nicht für nötig gehalten, mit uns zu reden. Aber vorher hat er die ganze alte Stereotypen-Soße ausgekippt, weil man es doch tatsächlich gewagt hat, Sponsoren aufzutreiben. Das soll im Preis-Gewerbe allerdings relativ normal sein, weil so ein Abend um die 200 000 Euro kostet. In Frankfurt beim Deutschen Journalisten Preis holen sich die feinsten Kollegen Kohle ab, die von der Derivate-Branche spendiert wird. Ich kann mich nicht erinnern, dass jemand aus ethischen Gründen auf 10 000 Euro verzichtet hätte“, so Dr. Schumacher.

Seit der Veröffentlichung habe er großes Verständnis für Politiker und anderen Personen, die sich heftig zur Wehr setzen gegen recherchefreien Totschläger-Feuilletonismus. „Es gibt kaum Chance zur Gegenwehr. Fakt ist: So ein Artikel, mag er noch so dünn sein, steht auf ewig in den Archiven. Dass potentielle Sponsoren sich solche Kritiken anschauen und dann abwinken, das ist doch normal. Und am nächsten Tag wird in derselben Süddeutschen Zeitung mit viel Timbre im Text von den Machenschaften böswilliger Kollegen berichtet – dieses Empörungsgeheuchel ist widerwärtig.“

Schimmecks Artikel, den er meint, kann man hier nachlesen, und es überrascht mich nicht, dass Hajo Schumacher zwar kein Problem mit PR-treibenden Journalisten hat, aber mit kritischem Journalismus.

Der Text auf journalistenpreise.de lässt nur vermuten, dass die beunruhigende Formulierung vom „recherchefreien Totschläger-Feuilletonismus“ auch von Schumacher stammt, aber auch den Vorwurf, dass Schimmeck mit „uns“ nicht geredet hat, widerlegt der SZ-Artikel selbst: Offenkundig hat der Autor mit Rudolf Hetzel gesprochen, dem Eigentümer des rührigen PR-Verlages Helios und früheren Geldgeber von Schumachers Projekten. Hetzel kommt mit vielen Zitaten zu Wort. Schimmeck sagt, dass er für den Artikel zwei Interviews mit Hetzel geführt habe.

Das muss die „Recherchefreiheit“ sein, die Schumacher meint. Wenigstens ist jetzt klar, warum er neulich, als es um die Verantwortung von Verlegern und Journalisten ging, so besinnungslos auf Schimmeck eingeschlagen hat, sein Denken „zutiefst menschenfeindlich“ nannte und ihn mit dem „Fossil“ Margot Honecker verglich. Weil er glaubt, dass Schimmeck seinem Prometheus das Feuer ausgepustet hat.

(Dass ich der Meinung bin, dass es um diesen komischen Preis nicht schade ist, ist keine Überraschung.)

An: Hajo Schumacher, Waffelkönig

Lieber Herr Schumacher,

ich weiß, dass Sie schneller schreiben, als Sie denken können, aber Ihr heutiger Beitrag auf der Titelseite der „Berliner Morgenpost“, den Sie auch auf N24 vorgelesen haben, hat mich trotzdem überrascht. Sie haben einen „offenen Brief“ an Horst Schlämmer verfasst:

Lieber Horst Schlämmer,

Sie können ein klares Wort vertragen. Deswegen hier mal ein paar Punkte, die manchen Menschen ganz gehörig auf den Sack gehen, wie man bei Ihnen in Grevenbroich so sagt. Erstens: Sie sind gar kein Politiker, sondern ein mehr oder weniger lustiger Komiker.

Sie nehmen sich alle Freiheiten dieses Staates, indem Sie heute diesen und morgen jenen veräppeln. Das ist Ihr gutes Recht.

Zwei Punkte unterscheiden Sie von einem richtigen Politiker. Erstens: das Ziel. Sie wollen dieses Land nicht besser machen, gestalten oder opponieren — Sie wollen einfach nur Filmtickets verkaufen und Werbeverträge einheimsen. (…)

Sie übernehmen keine Verantwortung, sondern verstecken sich in Ihrer Witzewelt. Dass 18 Prozent der Deutschen Sie angeblich wählen würden, beweist nicht Ihre Großartigkeit als Komiker, sondern nur, dass etwa einer von fünf Landsleuten schlichtweg einen an der Waffel hat, wie Sie es ausdrücken würden. (…)

Herr Schumacher? Horst Schlämmer ist kein Komiker. Genau genommen gibt es Horst Schlämmer gar nicht. Horst Schlämmer ist eine Kunstfigur von Hape Kerkeling — das ist der Komiker. Das ist, in Ihren Worten, die „Zecke am Allerwertesten der Demokratie“, die „deren Freiheiten“ nutzt, „um sie lächerlich zu machen“.

Vermutlich haben Sie recht, und man muss schon ganz schön blöd sein, um eine Witzfigur mit einem Politiker zu verwechseln — und sogar wählen zu wollen. Ich frage mich nur: Wie viel blöder muss man sein, um eine Witzfigur mit ihrem Schöpfer zu verwechseln — und ihr sogar einen Brief zu schreiben?

Ihr
Stefan Niggemeier

Schon wieder einen Stab zerspart

Hajo Schumacher, Herausgeber des „strikt fröhlichkeitsaffinen“ PDF-Medien-Magazins „V.i.S.d.P.“ schreibt in seinem heutigen Editorial über eine vermeintliche Pannenserie im Journalismus:

Fehler allerorten, ob aus Schusseligkeit, Hektik, Schlampigkeit oder Absicht. Kein Zufall. Der Druck von oben aus dem Verlag und seitlich von der Konkurrenz wächst stetig. Die Leistungen zersparter Stäbe halten kaum mehr stand angesichts unerbittlich steigender Erwartungen an Tempo, Perfektion und Exklusivität.

Als ein Beispiel für solch nicht-zufällige Fehler nennt er diesen:

Ein erfahrener freier Medienjournalist gibt als Auftraggeber für das Porträt eines einflussreichen Chefredakteurs die SZ und nicht, wahrheitsgemäß, das SZ-Magazin an.

Angenommen, jemand schrübe ein Porträt eines einflussreichen Chefredakteurs für das „SZ-Magazin“. Warum sollte er wahrheitswidrig die „SZ“ als Auftraggeber nennen?

[a] Aus Zeitmangel? („So spar ich ganze drei Silben, über die ganze Recherche kommen so locker 40 Sekunden zusammen — Zeit, die mir als erfahrener freier Medienjournalist sonst echt fehlen würde.“)

[b] Aus Geldmangel? („Seit ich die drei Silben konsequent weglasse, macht mich auch meine Telefonrechnung nicht mehr so arm.“)

[c] Aus Schusseligkeit? („Mist, schon wieder vergessen, ‚Magazin‘ dazuzusagen. Ruf ich da jetzt nochmal an? Blöd wg. [a] und [b].“)

[d] Wegen des Drucks der Konkurrenz? („Die machen mich fertig vom ‚FAZ-Magazin‘ vom ‚Zeit-Magazin‘ von der ‚Hörzu‘, wenn die erfahren, dass ich was fürs ‚SZ-Magazin‘ schreibe. Ich sag lieber erstmal einfach ‚SZ‘.“)

[e] Aus Kalkül? („Wenn ich den Leuten erzähle, dass ich fürs ‚SZ-Magazin‘ schreibe, reden die bestimmt nicht mit mir. Ich sag lieber, ich schreib für die Zeitung, der das ‚SZ-Magazin‘ freitags immer beiligt, dann plaudern die arglos drauflos.“)

[f] ……… Herr Schumacher?

PS: Ich möchte nicht wissen, wie groß der Zeit-, Konkurrenz-, Rationalisierungs- und Hajodruck in der „V.i.S.d.P.“-Redaktion diese Woche wieder war. Katharina Lukas jedenfalls scheint immer noch Chefredakteurin von „TV direkt“ zu sein und nicht, wie „V.i.S.d.P.“ schreibt, Programmchefin des Kinderkanals Ki.Ka.