Man findet tolle Sachen, wenn man sich ein bisschen im Archiv durch die Berichterstattung über Christian Wulff wühlt. Zum Beispiel einen großen Text aus dem „Stern“ vom 23. Februar 2012, also aus der Woche nach dem Rücktritt des Bundespräsidenten.
Hans-Martin Tillack, Johannes Röhrig und Bernd Gäbler schrieben unter der Überschrift „Der falsche Freund“ über den einen Mann, über den Wulff gestürzt sei: den Filmproduzenten David Groenewold.
Darin heißt es:
Schon 2004 koproduzierte er — mit 250 000 Euro an niedersächsischen Steuermitteln — den TVFilm „Tsunami“. Darin löst ein skrupelloser Geschäftemacher in der Nordsee Unterwassersprengungen aus und damit „eine gigantische Tsunami-Riesenwelle, die auf Sylt zurollt“.
Am Ende wird natürlich alles gut. Sylt steht heute noch. Mitsamt dem schönen „Hotel Stadt Hamburg“. Seit 14 Tagen ist bekannt, dass Wulff und seine Bettina im Herbst 2007 dort drei Tage lang zusammen mit Groenewold urlaubten. Die Rechnung des damaligen Ministerpräsidenten — 804 Euro — übernahm Groenewold.
Der Politiker will die Zeche in bar erstattet haben. Trotzdem drängte Groenewold Mitte Januar beim „Hotel Stadt Hamburg“ darauf, auf keinen Fall Informationen an Journalisten zu geben — angeblich, weil er den Sachverhalt erst selbst prüfen wollte.
Mit ein paar kleinen Hotelangestellten sollte einer wie er leicht fertig werden. Auch wenn Groenewold erst 38 Jahre alt ist, hat er jahrzehntelange Erfahrungen in besseren Kreisen. Sein Vater, der Berliner Steueranwalt Erich Groenewold, hatte Anfang der 80er Jahre den Kinoerfolg „Christiane F. — Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ mitfinanziert.
Nun ja, „bekannt“ war die Sache mit dem gemeinsamen Urlaub damals nicht seit zwei Wochen (als „Bild“ darüber berichtete), sondern seit vier Wochen (als der NDR darüber berichtete), aber das ist, zugegeben, läppisch.
Atemberaubend finde ich aber den Satz über Groenewold: „Mit ein paar kleinen Hotelangestellten sollte einer wie er leicht fertig werden.“ Die „Bild“-Zeitung hatte, wie gesagt, den Eindruck erweckt, Groenewold habe Dokumente beiseite geschafft, um den gemeinsamen Urlaub zu vertuschen. (Das Hotel bestritt dies.) Vor diesem Hintergrund liest sich der Satz für mich wie eine Andeutung, dass Groenewold unzulässigen Druck auf die „kleinen Hotelangestellen“ ausgeübt hat. Wie soll das zu verstehen sein, dass „einer wie er“ leicht mit ihnen „fertig wird“?
Ich habe das heute Vormittag Hans-Martin Tillack gefragt. Seine Antwort:
Der von Ihnen zitierte letzte Satz bedarf keiner Interpretation.
Ah. Nicht.
Ich habe Tillack weiter gefragt:
Sie schreiben in Ihrem Blog, dass in de[r] „Bild“-Zeitung vom 8.2.2012 „in der Tat zu Unrecht der Eindruck erweckt [wurde], Wulffs Freund David Groenewold habe versucht, bei einem Hotel in Sylt Originale von Rechnungen verschwinden zu lassen“. Hat der „Stern“ diesen falschen Eindruck Ihrer Meinung nach nicht erweckt?
Hat der „Stern“ diesen falschen Eindruck je korrigiert?
Seine Antworten:
Wir haben weder geschrieben noch den Eindruck erweckt, Herr Groenewold habe versucht, Originale verschwinden zu lassen. Wie man aus der von Ihnen zitierten Passage etwas anderes herauslesen können soll, erschließt sich mir nicht.
Da wir nie den falschen Eindruck erweckt haben, Herr Groenewold wolle Originale verschwinden lassen, mussten wir ihn auch nicht korrigieren. Auch Herr Groenewold oder seine Anwälte haben uns nie entsprechende Vorwürfe gemacht und sind nie gegen uns vorgegangen.