Manchmal ist es schwer, im BILDblog eine angemessene Form zu finden, die der moralischen und menschlichen Verkommenheit der „Bild“-Zeitung und ihrer Mitarbeiter gerecht wird. Ich weiß gar nicht, was ich an dieser Geschichte abstoßender finde: Die „Bild“-Zeitung, die es sich nicht nehmen lässt, die Homosexualität eines aus dem Libanon stammenden jungen Mannes öffentlich zu machen, und dabei (wissentlich oder fahrlässig) in Kauf nimmt, dass er oder seine Familie dort in Gefahr geraten könnten. Oder die „Bild am Sonntag“, die sich am nächsten Tag an dieser Gefahr berauscht, scheinbar besorgt die Konsequenzen des Outings ihrer Schwesterzeitung beschreibt und nicht einmal den Anstand hat, das hinzuschreiben: dass es die „Bild“-Zeitung war, die ihn in diese von „Bild am Sonntag“ detailliert beschriebene Gefahr gebracht hat. Und weil Herausgeber beider Zeitung Kai Diekmann ist, kann er mit sich selbst Good-Cop-Bad-Cop spielen, darf gleichzeitig unbeschwert vor sich hin zündeln und vor den Risiken des Zündelns warnen.
Man darf auch „Bild“-Mitarbeiter nicht beleidigen, anspucken oder schubsen (und ich meine das nicht als rhetorische Floskel). Aber ich würde mir wünschen, dass alle, die für dieses Blatt arbeiten, wenigstens in den nächsten paar Tagen ununterbrochen gefragt werden, wie sich das anfühlt. Ob man sich häufiger duschen muss als andere Leute. Wie man schafft, in den Spiegel zu sehen, ohne sich in die Augen zu blicken. Und ob da nichts mehr ist: kein Gefühl, keine Zweifel, keine Angst, keine Erinnerung an Raimund Harmstorf, um nur einen zu nennen.
Sie bilden ein perfektes Team, die „Bild“-Zeitung und die „Bild am Sonntag“. Und Bild.de ergänzt die Verantwortungslosigkeit der einen und die Scheinheiligkeit der anderen noch um Unfähigkeit. Das hier war der Bild.de-Aufmacher in der vergangenen Nacht (Unkenntlichmachung von mir):
Nachtrag, 14. April, 14:30 Uhr. Ich habe mich entschieden, den Namen des Betroffenen auf dem Screenshot nachträglich unkenntlich zu machen. Das mag merkwürdig wirken, weil sich sein Name leicht herausfinden lässt und die Geschichte auf ungezählten Seiten nachzulesen ist. Andererseits: Die „Bild“-Zeitung hat kein Recht, das Privatleben des Sängers öffentlich zu machen — insbesondere, wenn er es geheim gehalten hat und offenbar gute Gründe dafür hatte. Und wenn die „Bild“-Zeitung kein Recht dazu hat, darüber zu berichten, habe ich kein Recht dazu, für eine weitere Verbreitung zu sorgen — egal wie klein mein Anteil daran auch sein mag.