Schlagwort: Ich bin ein Star holt mich hier raus

Programmhinweis (25)

Wenig Stoff hier die letzten Tage. Wer Entzugserscheinungen hat, kann auf FAZ.net meinen Artikel aus der heutigen „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ nachlesen, warum die Berichterstattung über das RTL-Dschungelcamp menschenverachtender ist als die angeblich so menschenverachtende Show. Besonders die Berichterstattung von stern.de ist ekliger als die madenreichste Prüfung in Australien. Offenbar ist der Versuch abgesagt, „Spiegel Online“ Konkurrenz zu machen, und man profiliert sich (was angesichts der Konkurrenz von „RP Online“ und anderen auch nicht so leicht ist) lieber als Trashportal:



(Abgesehen von der widerlichen Art, über die Transsexuelle Lorielle London zu schreiben — kann mir jemand erklären, was die Autorin mit der Formulierung „Günther Kaufmann gibt den lustigen Onkel. Hat einiges hinter sich, was nicht nur an seiner schwarzen Hautfarbe liegt“ sagen wollte?)

Ach ja, und meine „Teletext“-Kolumne über Roland Koch ist auch bei FAZ.net kostenfrei online.

Die Maden und die Medien

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Warum das RTL-Dschungelcamp nicht annähernd so menschenverachtend ist wie die Berichterstattung darüber.

Lorielle London hatte sich die bordeauxfarbenen Haare mit selbstgebastelten Spangen zu zwei langen Zöpfen zusammengebunden und es geschafft, durch geschicktes Auf- und Hochschlagen sogar die Dschungeleinheitskleidung ein kleines bisschen feminin wirken zu lassen. Mit den geschminkten Augen in ihrem extrem auf weibliche Formen operierten Gesicht wirkte sie nach fünf Tagen im Camp gleichzeitig übertrieben aufgedonnert und schrecklich heruntergekommen. Neben ihr saß eine vergleichsweise burschikose Gundis Zámbó und hörte zu, was Lorielle ihr über sich erzählte: „Du musst dir vorstellen, du gehst dein ganzes Leben lang durchs Leben und wirst von allen nur gehänselt, geschlagen, von so gut wie keinem gemocht. Dann glaubt man auch selbst irgendwann, dass man nicht so toll ist.“

Lorielle London wurde vor 24 Jahren als Lorenzo Woodard geboren und hat sich in den vergangenen Monaten vor diversen Fernsehkameras in eine Frau verwandelt. Sie hat viele Operationen hinter sich, aber eine entscheidende noch vor sich. In ihrem knappen Badeanzug zeichnet sich zu ihrem Missvergnügen ihr Penis ab. Und weil die Tage lang sind im Dschungel und die üblichen Hemmungen irgendwann fallen, stellte Gundis Zámbó ihr ein paar Fragen, die man für blöd halten kann, aber direkt und ehrlich waren: „Transsexuelle, haben die normalerweise auch andere Transsexuelle als Partner? Ganz ehrlich: Jemand, der mit dieser Szene nichts zu tun hat und sich in dich verliebt und nicht weiß, dass du da untenrum noch was hast – was ist denn dann?“ Lorielle erklärte später noch, dass sie sich schon als „heterosexuell“ bezeichnen würde, und dann diskutierten die Frauen entspannt und ernsthaft, was das im konkreten Fall bedeutet.

Es war eine fast anrührende Szene in der RTL-Show „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“: So ungelenk und direkt, so freundlich schonungslos, und wer weiß, wann je zuvor so viele Fernsehzuschauer in einer Unterhaltungssendung so viel über Transsexualität erfahren haben. Wie absurd, dass ausgerechnet in dieser bizarren, künstlichen Extremsituation im australischen Dschungel Gespräche entstehen, die dem schwierigen Thema angemessener sind als die übliche Boulevardberichterstattung. Lorielle, deren ganze traurige Medienkarriere bislang darauf aufgebaut war, ein Freak zu sein, wirkt plötzlich im besten Sinne des Wortes normal: menschlich, verletzlich, echt.

Das ahnt man nicht, wenn man nicht die Show verfolgt, sondern die Berichterstattung über die Show. Dort geht es ausschließlich um Freaks und Deppen. Der mediale Umgang mit der Sendung hat sich seit der Premiere der ersten Staffel 2004 dramatisch verändert. Wurde sie anfangs noch verteufelt oder ignoriert, springen viele Medien jetzt hemmungslos auf den Zug auf und versuchen, von ihrem erstaunlichen und sogar noch zunehmenden Erfolg zu profitieren. Bei „Welt Online“ sieht das dann so aus: Neben dem langen Artikel, in dem Großkritiker Hellmuth Karasek mit vielen Ausrufezeichen und auf dem Niveau eines mittelguten Schulaufsatzes beschreibt, wie schlimm es gewesen sei, dass ihn die Redaktion gezwungen habe, sich eine Folge anzusehen, sind zigteilige Bildergalerien verlinkt; ein eigenes Dossier verspricht, „alle Ekel-Prüfungen und Lästereien“ zu dokumentieren; „Welt-TV“ zeigt, wie Giulia Siegel sich für ihre Halbnacktaufnahmen im „Playboy“ verrenkt; und eine Autorin berichtet jeden Tag aufs ausführlichste, was in der Sendung zu sehen war (und hat, haha, „auf sämtliche möglichen Ansprüche auf Schmerzensgeld sowie die Erstattung eventuell anfallender Folgekosten für eine psychologische Nachbehandlung vorab schriftlich“ verzichtet).

Die angeblich so ordinäre und niveaulose Show ist für manche der Vorwand, einmal so richtig ordinär und niveaulos sein zu dürfen. Das untere Ende des Spektrums markiert dabei konsequent der Online-Auftritt des „Sterns“. „In den Augen Pipi, im Höschen Kakerlaken“, titelte er am Dienstag. Die Redaktion treibt (anders als die Show selbst) eine unheilige Faszination von Fäkalien und Genitalien. Die erste Tageszusammenfassung auf „Stern.de“ hieß „Kot und Spiele“, später folgten Titel wie: „Mit Penis und Schwanz ins Dschungelcamp“, „Männer, wo sind eure Eier“.

Die madenreichsten Prüfungen im australischen Dschungel sind nicht halb so eklig wie diese Texte, die ihre sprachliche Hilflosigkeit und gedankliche Armut durch Drastik wettzumachen versuchen. Giulia Siegel habe sich von Ratten annagen lassen, „damit van Bergen, die olle Hexe, nicht verreckt“, heißt es da. Und für Lorielle (von „Bild“ gerne „er/sie/es“ genannt) hat „Stern.de“ nur Begriffe wie „die Staffeltunte“, „die Quotentunte“, „die Tränen-Transe“, die „Transentränen“ weint – insgesamt: „Eine unansehnliche Nervenprobe, wie sie schlimmer kaum sein kann.“

Sie schlagen einen absurden Doppelpass, versuchen gleichzeitig, sich über die angeblich menschenverachtende Sendung zu empören und sie an Menschenverachtung zu übertreffen. Dabei geht die Show selbst mit ihrem Personal zwar auch nicht immer pfleglich, aber ungleich differenzierter um. Lorielle ist dort zum Beispiel längst nicht mehr die Witzfigur. „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“ gelingt es auf verblüffende Weise, die Kandidaten sowohl zu Karikaturen ihrer selbst zu machen, als auch zu vermenschlichen. Gerade die krassen Prüfungen, an denen sich die Kritiker besonders stoßen, spielen dabei eine wichtige Rolle.

Lorielle war in der zweiten Sendung von den Zuschauern ausgewählt worden, ihren Ekel zu überwinden und eine Abfolge von Cocktails mit teils noch lebendigen Tiereinlagen zu trinken. Es war nicht leicht, sich das anzusehen, aber das sonst so überkandidelte Wesen wurde in dieser Situation nicht noch überkandidelter, sondern verweigerte sich der vermutlich von größeren Teilen des Publikums erhofften hysterischen Rolle als Ultra-Daniel-Küblböck, riss sich zusammen, kämpfte, war tapfer – und plötzlich war es viel leichter, mit dieser Frau mitzufühlen, als sie zu verachten.

Bei Ross Antony gab es im vergangenen Jahr eine ähnliche Entwicklung. Am Anfang war er ein nervöses Wrack und erschien wie das fleischgewordene übelste Tunten-Klischee. Am Ende lachte das Publikum nicht mehr nur über ihn, sondern auch mit ihm, und er gewann als stolzer schwuler tuntiger Mann.

Es ist ein bisschen beunruhigend, dass es so viele Dreiviertel-Prominente zu geben scheint, die sich offenbar unter einem Zwang sehen, der Welt zu beweisen, wie tough und echt sie sind. Und es ist noch beunruhigender, dass sie glauben, dass der Gang in das Dschungelcamp der richtige Weg dafür ist. Aber so unwahrscheinlich es klingt: In dem Moment, in dem Lorielle diese Cocktails trank, verlor sie nicht, sondern gewann an Würde.

Im Gegensatz zu der Berichterstattung außerhalb der Show. In seinem Online-Auftritt zeigte RTL genau das, was vielen anderen Medien auch am naheliegendsten erschien: Ein großes Foto von Lorielle in dem Moment, als ihr etwas, das aus pürierten Kängurupenissen bestehen sollte und „Penis Colada“ genannt wurde, aus dem Mund quoll. Es sah aus wie Sperma.

Die Show spielt ein perfides Spiel mit uns. Sie ist über weite Strecken intelligent gemacht – aber sie bietet die Vorlage für die dümmstmögliche Berichterstattung. Sie balanciert durchaus gekonnt auf dem schmalen Grat zwischen einer fairen Darstellung der Kandidaten, ihrer Sorgen und Nöte, und der Maximierung der Schadenfreude und Häme durch ihre Reduzierung auf reine Witzfiguren. Aber sie weiß, dass sie damit den Vorwand liefert, nur die Witzfiguren zu sehen, und profitiert natürlich von dem Hype und der Skandalisierung.

Die Show hat eine Distanz zu sich selbst, die der Berichterstattung über sie fehlt. So ist sie selbst erstaunlicherweise auch der Ort, an dem die wenigsten schlechten Wortspiele über den Nachnamen des Models Nico Schwanz gemacht werden. Während „Spiegel Online“ vorauseilend einen Artikel mit sämtlichen naheliegenden Assoziationen veröffentlichte, ging die Show selbst das Thema sofort auf der Meta-Ebene an: Mit einem Sparschwein, in das die Moderatoren Dirk Bach und Sonja Zietlow für jede anzügliche Anspielung fünfzig Cent werfen müssen.

Zum Geheimnis des überwältigenden Erfolges von „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“ gehört, dass die Show nicht nur an die niedersten Instinkte appelliert (aber natürlich auch), sondern auch das Gehirn intelligenter Menschen anspricht. Sie ist hervorragend produziert, von Menschen, die offensichtlich Spaß an der Arbeit haben, und vielschichtig – im Gegensatz zu den Trittbrettfahrern in den anderen Medien mit ihren einfältigen Nacherzählungen und Hau-drauf-Witzen bei gleichzeitiger Distanzierung vom schrecklichen Programm. Die Show nimmt sich selbst viel weniger ernst, als es zum Beispiel „Bild“ oder auch die anderen RTL-Magazine tun, die bei jeder Wendung ins Hyperventilieren geraten, erlaubt sich aber genau dann, wenn es angemessen ist, auch Ernsthaftigkeit.

Als Ingrid van Bergen eines Abends am Lagerfeuer erzählte, wie es war, als sie ihren Lebensgefährten im Affekt tötete, war es eine faszinierende, etwas verstörende Erzählung, die einen Einblick in das Innenleben eines Menschen gewährte, für den Reinhold Beckmann vermutlich töten würde. „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“ zeigte das ausführlich, ruhig, ohne Effekte, und hinterher sagen die Witzbolde Sonja Zietlow und Dirk Bach genau das Richtige: nichts.

Dschungeltagebuch: Die Kakerlaken sind optional

Am Ende wird’s dann wieder auf die armen Kakerlaken geschoben. Als könnten sich die Bewohner des RTL-Dschungelcamps mehr zum Deppen machen als mit den lächerlichen Posen, die sie – ganz ohne das Zutun von Krabbeltieren – gleich im Vorspann eingenommen haben:



Man möchte sich gar nicht ausmalen, ob es grausame Produzenten sind, die dem Eisläufer Norbert Schramm dann vom Regieplatz zurufen: „Herr Schramm? Können Sie nicht mal die Schlittschuhe so seitlich hochhalten und dabei ganz… äh… offensiv in die Kamera gucken?“ – oder ob Norbert Schramm die Schlittschuhe gleich selbst mitgebracht hat, um vorzuschlagen, dass das doch eine tolle Idee wäre, wenn er sie für die Film- und Fotoproduktion so lustig hochhalten könnte.

Man kann sie in den Augen der Kandidaten sehen, die verzweifelte Hoffnung, dass sich die Teilnahme an dieser Sendung lohnen möge, finanziell, aber vor allem in Form von Aufmerksamkeit, dass es hinterher wieder Kameraleute und Produzenten gebe, für die man sich in alberne Posen werfen darf, für die sie alles tun würden, nur um nicht vergessen zu werden. Was für ein abwegiger Gedanke, dass es ekliger ist, dafür in den Dschungel zu gehen und noch lebendes Getier zu essen, als der geifernden Meute von „Bunte“ & Co. abwegige Privatgeschichten zu liefern oder sich vor den Augen der Weltöffentlichkeit die Kopfschmerzen von den Augen wegoperieren zu lassen. Das Schöne an dieser Show ist aber auch, dass man den Teilnehmern, wenn die Zeit doch lang wird im Dschungel und die Zumutungen härter, dann anders als bei ihren sonstigen PR-Bemühungen dann ansehen kann, wie sie an ihrer eigenen Rechnung zweifeln und sich fragen, ob es das wert war.

Irgendwie schaffen es die Produzenten von „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“, dass die Teilnehmer, die sonst auch nicht zögern, sich in irgendeiner Hinsicht öffentlich auszuziehen, jetzt schon nackter dastehen als je zuvor – dafür braucht es weder einen Paul Sahner noch Kakerlaken: Noch im Luxushotel verlor Giulia Siegel die Fassung, weil ihr Papi ihr einen riesengroßen Blumenstrauß geschickt hatte. Ihr Papi! Einen riesengroßen! Blumenstrauß! Später fügte sie den ganz anders, aber genauso entlarvenden Satz hinzu: „Auch wenn ich einen Müllsack anhabe, ist es irgendwo sexy“, während Peter Bond seiner Frau eine einmalige Liebeserklärung machte:

„Ich bin ja verliebt. Und für mich ist meine Frau momentan die Schönste. Das heißt aber nicht, dass es nicht zu einer Situation kommen könnte im Camp, wenn jemand dabei ist, der einem gefällt, gar keine Frage, das kann durchaus passieren.“

Norbert Schramm übte sich in der Kunst der Selbstanalyse: „Normalerweise bin ich Einzelkämpfer. Auch als Eiskunstläufer war ich Einzelläufer.“ Der Preis für die rührendste Realitätsverleugnung aber ging in der ersten Folge an Günther Kaufmann, der nach überraschend frühen erste Zickereien zwischen den Kandidaten scheinbar ehrlich besorgt in die Kamera sprach: Lästern? „Dafür haben wir im Dschungel keine Zeit!“

Was die Produzenten auch schaffen: dass der Qualitätsabstand der Sendung selbst und der Berichterstattung über sie immer größer wird. Während sich ungefähr alle anderen an einem gewaltigen Feldversuch beteiligen, ob es irgendwann einen Punkt gibt, an dem niemand mehr kichert, wenn jemand einen naheliegenden Witz über den Nachnamen des Models Nico Schwanz macht, haben die Gagschreiber der Sendung die, jawohl, Latte gleich höher gelegt und Dirk Bach mit einem Schlechten-Wortspiel-Straf-Sparschwein ausgestattet. (Was seine Moderationspartnerin Sonja Zietlow natürlich mit den Worten kommentierte: „Hätten wir doch lieber Hans Eichel mitnehmen sollen.“)

Die Werbekunden meiden die Show offenkundig noch immer, aber Presse und Online-Medien haben die Empörungsberichterstattung der vergangenen Jahre längst durch eine hemmungslose flächendeckende Dokumentation der Ereignisse im Haus ersetzt, mit Bildergalerien, schlichtesten Nacherzählungen des Geschehens und plumpsten Kandidatenbeschimpfungen, was die kommenden zwei Wochen vermutlich für viele Dschungelmuffel hier im Land zu einer größeren Tortur machen wird als für die im australischen Urwald bei Reis und Bohnen ausharrenden Kandidaten.

Aber der Gedanke, dass das Eklige an dieser Show die Kakerlaken seien, ist nun wirklich abwegig.

Höchststrafe für DJ Tomekk

Spiegel Online ist aufgefallen, dass im Dschungelcamp nicht über den Hitlergruß von DJ Tomekk diskutiert wurde, und schreibt:

Offenbar war es den Machern des Dschungelcamps zu heikel, einen Ex-Torwart, eine Ex-Pornoqueen und einen Ex-Popstar über Vorfälle mit echter Relevanz diskutieren zu lassen.

Tja, blöder Anfängerfehler von RTL, das Camp nicht mit einem Ex-Journalistenschüler, einem Ex-Ressortleiter und einem Ex-Chefredakteur zu bestücken, die jedes beliebige Thema natürlich unabhängig von seiner Fallhöhe spontan und angemessen hätten diskutieren können. Aber mal abgesehen von dieser Arroganz: Ist das nicht traurig? Journalisten produzieren nicht nur lächerliche Erregungswellen; sie halten sie dann auch noch für „echte Relevanz“!

Das scheint eine merkwürdige Gesetzmäßigkeit zu sein, dass nach solchen Entgleisungen wie der von DJ Tomekk ein gemeinsamer öffentlicher Wettlauf beginnt, mit dem sich möglichst viele Leute so lächerlich zu machen versuchen, dass die auslösende Dummheit dagegen fast verblasst.

Die Medienmaschine war sofort angesprungen. Bild.de hatte das Video, das bis dahin noch niemand kannte, von dessen Existenz außer „Bild“ noch niemand wußte, bereits bei der Erstausstrahlung mit dem Satz vertont: „Dieses Skandalvideo schockiert Deutschland“. Und die Nachrichtenagentur AFP reagierte reflexartig und brachte noch vor dem Aufstehen eine Meldung, die mit dem Satz begann:

Ein handfester Nazi-Skandal erschüttert das RTL-„Dschungelcamp“.

Ich bin ja ein Freund davon, sich sprachlich Steigerungsmöglichkeiten offen zu lassen, und frage mich: Was war — abgesehen von einem möglichen schlechten Kalauer — an diesem „Skandal“, wenn es denn einer war, „handfest“? Und was wird AFP schreiben, wenn es einmal im Dschungelcamp oder sonstwo wirklich zu einem „handfesten Nazi-Skandal“ kommen sollte?

Aber „Bild“ hatte den Fall ja noch vor der Veröffentlichung mithilfe des offiziellen Naziskandalometers messen lassen: dem Zentralrat der Juden in Deutschland. „Die Sache ist schockierend und erklärungsbedürftig“, attestierte dessen stellvertretender Vorsitzende Dieter Graumann. „Wer Hitler feiert, muss geächtet werden.“

Ich würde mir so sehr wünschen, der Zentralrat würde nicht jedesmal über dieses Stöckchen springen, das ihm „Bild“ oder sonst ein Medium hinhält, sondern wenigstens einmal dem Kollegen so etwas antworten wie: „Wissen Sie was? Ich glaube, das können Sie auch als Nichtjude ganz gut beurteilen, was von so einem Hitlergruß zu halten ist. Sie müssen da nicht jedesmal einen organisierten Juden anrufen und als Empörungshansel missbrauchen. Oder wäre der Hitlergruß okay, wenn wir Juden sagen würden, er ist okay? Wäre es nicht ein Zeichen von Reife der deutschen, überwiegend nicht-jüdischen Gesellschaft, sechs Jahrzehnte nach dem Holocaust, von ganz alleine, ohne Vorgabe von uns, die nötige Empörung oder Nicht-Empörung aufzubringen? Und whothefuck ist DJ Tomekk?“

Aber stattdessen sagt der Zentralrat, was von ihm erwartet wird, und „wir“ sind auf eine komplizierte Art von einer eigenen Auseinandersetzung entlastet, aber auch entmündigt.

Und dann kommt, unvermeidbar wie eine Lawine — Michel Friedman.

Ausgerechnet in der „B.Z.“, einem rechten Witzblatt, kommentiert er DJ Tomekks Sekundenauftritt mit der ihm eigenen Übersteuerung (sein interner Lautstärkeregler ist vor Jahren abgebrochen) und beantwortet die Frage: „Kann man sich für einen Hitler-Gruß so einfach entschuldigen?“ in der üblichen Rhetorik, in der nichts abgewogen wird, sondern alles ganz und gar ist, ohne Wenn und Aber, völlig und total. Als offenbar langjähriger Kenner der Psyche von DJ Tomekk und unter Ausblendung all der gegenteiligen Indizien in dem einzigen bekannten Ausschnitt aus dem Video stellt er erst einmal fest:

Dies ist kein spontaner Lausbubenstreich (…), sondern eine bewusste Handlung.

Um sich dann in eine (angesichts der Biographie Tomekks) absurde Oberstudienratspose zu werfen:

Das heutige moderne Deutschland ist die positive Antwort auf die Zerstörungswut von Hitler. Wenn DJ Tomekk das noch nicht begriffen hat, wird es Zeit, dass er es lernt.

Sein heftiger Schluckauf endet so:

Das kann [Tomekk] nur, indem eindeutig und klar die rote Karte gezogen wird und ihm stellvertretend für andere deutlich gemacht wird: In Deutschland 2008 gibt es keine Toleranz mehr gegen Intoleranz.

Friedman ist ein lustiges „mehr“ in den Satz gerutscht. Vor allem aber ist ihm bei all dem Wortgetöse irgendwie das Konkrete abhanden gekommen. Was fordert er? Was will er denn nun? Was soll mit DJ Tomekk, eindeutig und klar, geschehen?

Abschieben? Wegsperren? Oder gleich die Höchststrafe: Ins „Vanity Fair“-Interview mit Michel Friedman?

[Mehr zum Thema bei „Coffee and TV“ und im Hitlerblog der „taz“.]

Ist die Dschungelshow nur was für Doofe?

Dinge, die so sind, wie man sich das immer gedacht hat, sind oft gar nicht so.

Die „Süddeutsche Zeitung“ zum Beispiel schrieb am vergangenen Freitag über „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“:

Je gebildeter ein Zuschauer, desto weniger interessiert ihn die Dschungelshow, brachte die Zuschauerforschung hinsichtlich der beiden ersten Staffeln heraus. Es wird niemanden überrascht haben. Eigene Misere befördert die Bereitschaft, Gefallen an Programmen wie diesem zu finden, bei denen es am Ende eben um Erniedrigung, Zirkus, Gladiatorenkämpfe und um Sadismus geht.

Reflexion und Rache eigenen Nicht-Genügens und selbst erfahrener Kränkungen: Ich bin ein Star – Holt mich hier raus! ist das Fernsehen der Gekränkten und Beleidigten.

Das ist ein bisschen kurzgeschlossen von „wenig Bildung“ auf „eigene Misere“, aber abgesehen davon: Stimmt das überhaupt? Ist die Dschungelshow eine Sendung für Doofe? Für Leute, die es nicht geschafft haben, einen so tollen Job zu haben wie die Autorin der „Süddeutschen Zeitung“?

Nicht ganz. In der merkwürdigen Debatte vor drei Jahren über das angebliche „Unterschichtenfernsehen“ schon sagte der damalige RTL-Geschäftsführer Gerhard Zeiler: „Die Dschungelshow haben mehr junge Akademiker eingeschaltet als die Tagesschau.“

Und auch bei der dritten Staffel, die am Freitag begann, geben die Zahlen wenig Anlass, von oben auf das Publikum herabzuschauen. Die „Süddeutsche“ hat zwar grundsätzlich Recht: Leute mit Abitur haben die ersten drei Shows weniger eingeschaltet als die nicht so gebildeten Menschen. Aber auch in dieser Gruppe betrug der Marktanteil 23,3 Prozent — mit anderen Worten: Fast jeder vierte Unter-50-Jährige mit Abitur, der zu dieser Zeit den Fernseher anhatte, schaute „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“. (Alle Angaben beziehen sich auf 14- bis 49-Jährige.) Auch nach dem beruflichen Status sortiert gibt es bei den Marktanteilen zwar ein Gefälle hin zur Elite, aber kein massenhaftes Abschalten. Ein Misserfolg ist die Dschungelshow nur bei den Über-50-Jährigen: Bei ihnen betrug der Marktanteil gerade einmal 9,6 Prozent.

Die Lust der Gutgebildeten und beruflich Etablierten auf den vermeintlichen Trash zeigt sich auch in absoluten Zahlen. Bei den jungen Leitenden Angestellten, Beamten und Selbstständigen waren die ersten beiden Folgen von „Ich bin ein Star…“ die meistgesehenen Sendungen des Wochenendes (14- bis 49-jährige, Freitag bis Sonntag). Zum Vergleich: „Anne Will“ sahen am Sonntag 50.000 Menschen aus dieser Alters- und Berufsgruppe; die dritte Folge von „Ich bin ein Star“, die etwas später begann, 120.000.

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den 14- bis 49-Jährigen, die mindestens Abitur haben: In der Hitliste lagen an den drei Tagen „Tagesschau“, „Die Insel“, „Die Bourne Identität“, „Polizeiruf 110“ und „Wilsberg“ nach absoluten Zahlen vorne — aber dann folgten die Freitags- und Samstagsausgabe der Dschungelshow, weit vor Sendungen wie „heute journal“, „Weltspiegel“ oder „Politbarometer“.

Man kann es natürlich, wenn man will, für entsetzlich halten, dass selbst kluge und gut situierte Menschen solchen Schrott gucken. Man sollte nur nicht so tun, als wäre es anders.

Die Dschungelkönigin

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Die Moderatorin Sonja Zietlow hat gezeigt, wie lustig sie sein kann. Sie will das aber nicht immer zeigen müssen.

Frau Zietlow, wir müssen über diese dicke weiße Made sprechen, die sich von Willi Herren erst noch mehrmals stupsen und quetschen lassen mußte, bevor er ihr dann endlich den Kopf abgebissen hat.

Ja, der Dirk Bach stand auch sehr betrübt daneben. Ich habe hinterher zu ihm gesagt: Ich finde das zwar auch nicht toll, aber letztlich kennen wir Willi, der Willi war immer nur so. Ich habe hinterher zu Dirk gesagt: Du mußt dir doch im klaren darüber sein, wenn wir diese Sendung machen, gehört auch dazu, einer Made den Kopf abzubeißen. Sie tat mir dann letztendlich auch leid, als dann die zweite Made allein auf dem Teller war, und das abgebissene Köpfchen von der ersten lag noch da, und die Made robbte sich zu diesem Köpfchen – aber dann denke ich mir, meine Güte, es ist ’ne Made, Herrgottnochmal!

Dirk Bach hatte sich in den Vertrag schreiben lassen, daß die Tiere nicht gequält werden.

Ach, wir haben schon immer aufgepaßt. In der ersten Staffel sollte der Sarg, in den sich Daniel Küblböck dann legte, eigentlich mit Ratten gefüllt sein. Und dann würde der mit Wasser gefüllt, so daß die Ratten sich auf den Menschen als Insel retten. Aber dann haben wir diese ganzen Ratten gesehen, und die taten mir wirklich leid: Die haben einen so angeguckt und mit ihren Füßchen an den Glaskasten gekratzt, und dann haben wir gesagt: Nein, das geht nicht. Das war dann meine Idee zu sagen: Laßt uns doch statt dessen ganz viele Kakerlaken nehmen!

Daniel Küblböck kann sich bei Ihnen also persönlich bedanken für die Kakerlaken.

Die Ratten können sich bei mir bedanken!

Diese Neuigkeit ist natürlich prima für Ihr Image als RTL-Domina.

Ich glaube, bei Ratten kann man sich theoretisch noch mehr Infektionen holen. Die können ganz schön heftig beißen. Man könnte also auch sagen: Ich hab‘ ihn gerettet vor den Ratten.

Kriegen Sie jetzt gezielte Angebote?

Als Domina?

Ja, in der Werbung und so was.

Ach, die ganze zweite Staffel war ich eigentlich schon nicht mehr die „Domina“, bis hinterher „Bild“ das noch mal geschrieben hat. Aber die anderen haben es, glaube ich, begriffen, von daher hab‘ ich in der Medienlandschaft nicht dieses Image. Das ist schon mal ganz gut.

Die „Bild“-Zeitung fragt: „Was hat diese Frau so hart gemacht?“

Ja, Dirk Bach ist das lustige Gummibärchen, und ich bin die Harte. Da denke ich auch manchmal: Wo haben die das her? Sicherlich, ich habe nicht soviel Furcht vor Dingen. Wenn der Tiertrainer mit einer Schlange ankommt und sie mir gibt, dann denke ich: Das wird schon nichts sein. Und wenn sie mich jetzt doch beißt, was soll denn dann passieren? Ich bin sicherlich auf manchen Gebieten tougher. Ich weiß ziemlich genau, was ich will. Ich vergleiche das immer mit einem Fußballtrainer. Wenn der seine Jungs anschreit, ist das ein Fußballtrainer, und jetzt stellen Sie sich mal vor, wenn das eine Frau machen würde! Bei den Dschungelprüfungen mit Willi zum Beispiel habe ich mir gedacht: Ich weiß, wenn er das jetzt macht, dann ist er hinterher stolz auf sich. Wenn ich ihn anschreie: „Mach es!“ Eine Domina erniedrigt Menschen, so was würde ich nie tun.

Wann wird Sonja Zietlow weich?

Gestern habe ich die Wiederholung von „The Swan“ geguckt, und als sich dann die Kandidatinnen nach den Schönheitsoperationen das erste Mal im Spiegel gesehen haben, dachte ich: Gib dir nicht die Blöße und wein!

Aber das ist doch eine schreckliche Sendung.

Also, ich bin da völlig der Otto Normalzuschauer, ich mag das sehen. Die meisten sind hinterher glücklich oder auch nicht. Aber ich denke mir, die wissen schon, was sie machen. Die machen das freiwillig. Ich verstehe nicht, wenn die Kritiker sagen: Muß man nicht die Leute vor sich selbst schützen? Die Leute leben ja auch sonst und wählen unseren Bundeskanzler und arbeiten und so weiter. Warum soll ich denn einen erwachsenen Menschen vor sich selbst schützen, das wäre ja anmaßend! Und wer schützt mich vor den Menschen, die meinen Bundeskanzler wählen? Das wäre doch das gleiche, zu sagen: Du gehst jetzt mal lieber nicht wählen, denn du weißt nicht, was du da tust.

Das Besondere an der Dschungelshow war, daß man den beiden Moderatoren anmerkte, wieviel Spaß sie dabei hatten.

Ja, wir hatten Riesenspaß, zumal die Pointen von Autoren geschrieben wurden, die einen sehr feinen Sinn für Humor haben. Manchmal waren die Witze so gut, daß ich die Pointen erst in der Sendung verstanden habe, obwohl ich sie vorher schon zweimal in den Proben gelesen hatte.

Das würde allerdings die gute Laune in der Sendung erklären.

Genau, nach dem Motto: Ha ha ha, was hab‘ ich gerade gesagt!

Sie konnten auch ganz neue Seiten von sich zeigen.

Ja, jetzt heißt es, bei mir wären neue Talente entdeckt worden, ich könnte Leute und Stimmen nachmachen. Dabei konnte ich das schon immer.

Haben Sie aber nie gezeigt.

Doch, in der Talkshow habe ich häufiger gesächselt oder so. Da kann sich nur keiner mehr dran erinnern, weil ich zwischendurch einfach nur eine seriöse Quizshowmoderatorin war, weil es das Konzept so verlangt hat. Als ich „Deutschlands klügste Kinder“ gemacht habe, hieß es zwischendurch: Ich peitsche die Kinder da durch. Da denke ich auch: Puh. Ich muß denen halt Fragen stellen, was soll ich denn machen? Soll ich sie dabei in den Arm nehmen?

Na, Sie müßten ja so eine merkwürdige Show gar nicht machen.

Aber es war toll!

Jedenfalls zwingt Sie keiner, solche Rollen zu übernehmen.

Natürlich nicht. Aber mir machen unterschiedliche Sachen Spaß. Ich möchte jetzt auch nicht immer nur das Dschungelcamp moderieren. Ich bin halt jemand, der ein Breitbandinteresse hat. Und jetzt gibt’s Angebote, etwas zu machen, was ein bißchen ins Komödiantischere geht. Aber das ist noch nicht spruchreif.

In der ersten Staffel waren Sie noch nicht so mit Parodien und Dialekten aufgefallen. Sie sind jetzt mehr aus sich herausgegangen?

Ja, ich bin niemand, der sich – das hört sich jetzt komisch an – unbedingt so in den Vordergrund spielen will.

Hört sich wirklich komisch an.

Das mit den Parodien war eigentlich auch nicht vorgesehen für mich. Ich kann ja nicht sagen: Ich kann das aber toll, und nachher ist das gar nicht toll. Man weiß das ja selber nicht, ob man Leute nachmachen kann oder nicht. Das fing eigentlich mit dem Dustin Semmelrogge an, der Kandidat in der ersten Staffel war. Die Autoren hatten in der zweiten Staffel als Regieanweisung einmal geschrieben: „Dirk gibt uns den Semmelrogge.“ Und Dirk sagte: Ich kann das überhaupt nicht. Und dann habe ich das mal vorgemacht, wie Dustin immer war, so: „Hey“ und „Voll cool“. Dann hieß es: Ja, dann mach du das doch. Und dann hab‘ ick det irgendwann auch mal mit der Désirée so gemacht, das ergab sich einfach so, als ich erzählt habe, was passiert ist, und alle haben sich kaputtgelacht.

Und vorher wußte keiner, daß Sie dieses Talent haben?

Ich habe mit der Kindersendung „Bim Bam Bino“ angefangen. Da habe ich schon ein paar Stories geschrieben, und wenn man die mal rauskramen würde, würde man sehen: Da habe ich schon verschiedene Dialekte gesprochen, mich verkleidet, habe eine Türkin gespielt mit Kopftuch und „Muß isch putzen, war isch türkische Putzfrau“ . . .

Aber irgendwie hat es keinen interessiert.

Nein.

Aber jetzt, und jetzt machen Sie was draus.

Weiß ich nicht. Weiß ich wirklich nicht!

Aber wäre Ihnen das egal?

Ob man was draus macht oder nicht? Ja. Ich glaube, daß ich lustig sein kann. Ich glaube nicht, daß ich immer lustig bin auf Abruf. Und ich hätte Angst davor, immer lustig sein zu müssen.

Also werden Sie jetzt wieder langweilige Standard-Shows wegmoderieren? Mein Arbeitstitel für diesen Artikel lautete: „Warum ist sie sonst nicht so toll?“

Eine Anke Engelke war sehr lange relativ unkomisch im Fernsehbusineß, bevor sie in der „Wochenshow“ entdeckt wurde. Da wächst man ja auch erst mal rein. Und jetzt ist sie „die Komikerin“. Stellen Sie sich mal vor, die Leute würden sagen: Die Sonja ist immer so lustig, und dann moderiere ich demnächst eine Sendung, die einfach kein komödiantisches Talent fordert, und dann sagen alle: Och, jetzt war sie aber nicht lustig. Ich fände das schon bedrückend, immer komisch sein zu müssen.

Was für Shows würden Sie gerne moderieren?

Ich habe einen Exklusiv-Vertrag mit RTL. Ich bin schon immer RTL-Gucker und -Fan gewesen. Ich kann mir unheimlich viele unterschiedliche Sachen vorstellen. Nächstes Jahr kommt eine Sendung, da kann ich noch mal ein anderes Talent zeigen, wo alle nur gestaunt haben, was ich mich alles traue, was ich aushalte und mitmache. Das war auch toll.

Ihre Texte in der Dschungelshow schrieb Ihr Mann Jens Oliver Haas. Muß man mit der Moderatorin verheiratet sein, um so gute Texte zu schreiben? Muß man mit dem Autor verheiratet sein, um so flockig moderieren zu können?

Nee, muß man nicht. Mein Mann war schon, bevor er mich geheiratet hat, ein wunderbarer Autor. Ich habe ihn bei „Der Schwächste fliegt“ kennengelernt. Er war aber selber nie auf die Idee gekommen, mir lustige Texte zu schreiben. Weil er sagt, Comedy ist sehr schwierig, da gehört viel Timing dazu. Eigentlich war für die Dschungelshow auch geplant, daß Dirk Bach der Lustige ist und ich die Seriöse, die das Heft in der Hand hält. Ich moderiere, und er hat die Pointen. So war das in der ersten Staffel ja auch eher. Diesmal habe ich gesagt: Ich fänd’s ganz schön, wenn auch mal ein Lacher bei mir wäre . . . Und so haben wir uns das getraut und haben gesehen, hey, das geht ja auch.

Und jetzt schreibt Ihnen Ihr Mann eine Sitcom.

Neee. Aber so was wie improvisierte Comedy wollte ich schon immer mal machen. Ich würde gern wissen, ob ich so was auch könnte. Ich glaube, ich habe eine relativ gute Einschätzung von mir, was ich kann und was nicht. Wobei mein Mann sagte: Oh, das ist aber ganz schwer, nach dem Motto: Übernimm dich da mal nicht. Und vielleicht hat er recht.

Ein bißchen auf den Geschmack gekommen sind Sie also.

Ich habe schon vor zwei Jahren gesagt, RTL soll mich mal für Comedy-Sendungen casten, aber es kam halt noch keine. Was soll man machen.

Aber jetzt.

Weiß man nicht.

Doch, wenn die Leute diesen Artikel gelesen haben.

Hm. Mit der Überschrift „Warum ist sie sonst nicht toll“!?

Ist es nicht schwer, nach der Dschungelshow wieder eine ganz normale Show zu moderieren? Der Unterschied muß doch riesengroß sein.

Der ist auch riesengroß. Es gibt eigentlich keine Produktion, wo wir soviel ausprobieren konnten. Ab und zu haben wir uns auch über die Merchandising-Produkte lustig gemacht. Die CD zur Sendung haben wir beim ersten Mal ins Tischaquarium geworfen. Dann kam natürlich sofort von irgendwo ein Anruf: Das könnt ihr doch nicht machen! Und wir so: Na gut, machen wir nicht.

Das nächste Mal haben Sie die CD als Bumerang benutzt.

Und beim dritten Mal haben wir sie sogar in den Kuchen gesteckt. Zum Glück hatten wir einen entspannten Redakteur von RTL, der auch mal ein Auge zugedrückt hat. Es half sehr, daß die Sendung live war. Daß es keine Zeit gab, alles mit allen bis ins letzte Detail abzustimmen. Die Beschwerden kamen dann hinterher.

Als Sie die Leute aufriefen, Carsten Spengemann in die Dschungelprüfungen zu wählen.

Genau. Den haben wir da ja eigentlich reingetextet – auch um für mehr Abwechslung bei den Prüfungen zu sorgen. Das fanden nicht alle Verantwortlichen toll. „Das darf man nicht machen“, hieß es. Da haben wir gesagt: Okay . . .

Und statt dessen eine freundliche Empfehlung für Willi abgegeben.

Stimmt.

Das war fast ein Experiment: Stimmen die Zuschauer wirklich für jemanden, wenn zwei lustige Moderatoren ihnen das ans Herz legen?

Ja, in diesem Fall hat es sogar geklappt — das hat mir fast Angst gemacht. Aber die Zuschauer wissen eben auch, was gut ist.