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„Journalisten“ im Auftrag der INSM

Wenn Redaktionen Journalisten nicht vernünftig bezahlen, tun es andere.

Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), eine von Arbeitgeberverbänden finanzierte Organisation, die Stimmung für neoliberale Ideen und Konzepte macht, hat drei Jounalisten angeheuert, um kritischen Journalismus zu simulieren. Unter dem Namen „Deutschland 24/30“ sollen sie einen Monat lang durchs Land fahren, wichtige Menschen wie Anne Will, die Bundeskanzlerin und „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann treffen und Sachverhalte „durchaus auch kritisch“ hinterfragen. Rekrutiert wurden offenbar gezielt Journalisten, die „der sozialen Marktwirtschaft gegenüber positiv eingestellt und einem unternehmernahen Auftraggeber gegenüber aufgeschlossen sind“. Die drei zu Propagandisten mutierten Kollegen haben durchaus namhafte Medien im Lebenslauf.

Nach Informationen des Vereins „LobbyControl“ sollen diverse Medien über die Protagonisten und die Aktion berichten; aus den einzelnen Reiseberichten solle schließlich eine Fernseh-Reportage produziert werden. Der Berufsverband freier Journalisten, „Freischreiber“, berichtet, dass das Honorar für jeden der drei Journalisten zwischen 6000 und 7000 Euro betragen soll.

Es ist eine Win-Win-Win-Situation: Die freien Journalisten kriegen ein schönes Thema und werden endlich mal ordentlich bezahlt. Die INSM kriegen schöne Berichte, die ihre Ideologie transportieren. Und die Medien kriegen günstige Inhalte, um ihre Seiten und Sendeminuten zu füllen.

Ein echtes Zukunftsmodell.

[Ich bin „Freischreiber“-Mitglied.]

Nachtrag, 27. Juli. Gegenüber dem „Spiegel“ hat die INSM eingeräumt, Fehler gemacht zu haben. Dass „Anne Will“ oder die „Zeit“ über die Aktion berichten würden und Personen wie Angela Merkel als Gesprächspartner zur Verfügung stünden, wie es in einem Arbeitspapier hieß, mit dem die Journalisten angeworben wurden, seien nur „erste Vorüberlegungen“ gewesen, „wen man ansprechen könnte“. In Wahrheit hätten diese Prominenten abgesagt. Einer der beteiligten Journalisten sagte, er habe gegenüber der INSM auf journalistischer Freiheit bestanden. Die merkwürdigen PR-Praktiken der Lobbyorganisation seien ihm nicht bekannt gewesen.