Schlagwort: Kommentare

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Ich habe sie gefunden. Die Lösung, wie man die Menschen im Internet unbesorgt ihre Meinung sagen lassen kann, sogar zu kontroversen Themen, ohne Angst vor abmahnfreudigen Unternehmen oder Hamburger Landgerichten haben zu müssen.

Entdeckt habe ich sie beim Westen, dem Online-Ableger der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“.


Ja. Und in einer Bildergalerie zeigt die „WAZ“ dann, wie die Leser ihre Meinung sagen:

Hm? Nein, was sie sagen, steht da nicht.

Also, wenn Sie zu diesem Thema oder diesem Eintrag Ihre Meinung sagen wollen: Schicken Sie einfach ein Bild, das Sie beim Kommentieren zeigt, an redaktionsmobil@stefan-niggemeier.de.

Agenturkritik statt Apfelbäumchen?

Seit Wochen schon will ich einen längeren Text über mein ambivalentes Verhältnis zu den Kommentaren in diesem Blog schreiben, finde aber nicht die Zeit. Vor ein paar Tagen fragte mich Gregor Keuschnig, der hier häufig kommentiert, in einer E-Mail:

Warum tun Sie sich die Kommentare zum Beispiel in Ihrem aktuellen Beitrag an? Welchen „Mehrwert“ hoffen Sie hieraus ziehen zu können? Gehen Ihnen die Korinthenkacker (= unter anderem ich) auf die Nerven oder die Ausländerhasser? Warum machen Sie nicht „zu“? Sind Sie — pardon — ein Idealist?

Das war insofern ganz praktisch, als es mich dazu brachte, schon mal wenigstens ein paar halbdurchdachte Antworten zu geben. Zu lesen sind sie zusammen mit Keuschnigs Bewertung in seinem Blog „Begleitschreiben“. Und ich bin sicher hoffe sehr, dass sein letzter Satz nicht stimmt.

(Und um zu verhindern, dass sich eine eventuelle Diskussion darüber hier abspielt und nicht dort, habe ich die Kommentare an dieser Stelle zu gemacht.)

stern.de für Runden Tisch zu Kommentaren

Für meinen „FAS“-Artikel über Kommentare bei den großen Online-Medien habe ich mich auch über die Kommentar-Praxis bei stern.de erkundigt. Von den ausführlichen Antworten, die ich von Chefredakteur Frank Thomsen und der Community-Managerin Katarina Rathert (per E-Mail) bekam, konnte ich nur einen Bruchteil im Artikel verwerten. Aber zum Glück ist hier ja noch ein bisschen Platz.

Welche Themen laden besonders zum Kommentieren ein?

Rathert: „Die User melden sich besonders dann gern zu Wort, wenn sie persönlich betroffen sind oder wenn es um politische Diskussionen geht. Kommt beides zusammen, erleben wir regelmäßig Rekorde hinsichtlich der Zahl der Kommentare: zuletzt etwa beim Thema Rauchverbot in Restaurants, Steuerhinterziehung oder der Privatisierung der Bahn.“

Was sind das für Leute, die kommentieren?

Rathert: „Wir haben einen festen Stamm von Usern, die sich regelmäßig mit Kommentaren beteiligen. Insgesamt machen aber alle mit – vom studierten Experten bis zum Hartz-IV-Empfänger. Die große Mehrheit sind ganz normale Menschen, denen es Spaß macht, ihre Meinung mitteilen zu können.“

Wie wird bei stern.de moderiert?

Rathert: „Wir moderieren. Wir rügen auch, wenn es nötig ist. Und wir schalten ab, wenn es gar nicht anders geht. Alles nach dem Grundsatz: Mit und für den User, nicht gegen ihn. Alle User-Beiträge auf stern.de gehen ohne vorherige Kontrolle online. Nur so ermöglichen wir den Usern eine schnelle und direkte Diskussion. Für uns als Betreiber der Seite erhöht das die Notwendigkeit, zügig und aufmerksam zu lesen, denn selbstverständlich wollen wir weder Pöbeleien noch gar Gesetzesverstöße auf stern.de haben. Wird ein User ausfallend, löschen wir zunächst den Kommentar. Wiederholt er ihn, sperren wir seinen Account. Laufen ganze Diskussionen aus dem Ruder, rufen wir zur Mäßigung auf. Hilft das nicht, schalten wir die Kommentarfunktion ab. Das mussten wir zum Beispiel beim Brand des Hauses in Ludwigshafen tun. Hier hatten ein paar ausländerfeindliche Störer so viele Kommentare eingestellt, deren Inhalte mit dem Recht auf Meinungsäußerung nicht mehr gedeckt waren, dass eine vernünftige Debatte nicht mehr möglich war.“

Was sind die größten Probleme, die auftauchen?

Rathert: „Weniger als 5 Prozent der Kommentare machen Probleme. Das reicht von harmlosen Unsinnstexten über Beleidigungen bis zu rechtsradikalen oder menschenverachtenden Kommentaren. Wenn wir die User ermahnen, sind manche ganz überrascht oder fühlen sich ehrlich missverstanden – der Reiz, mal deftiger seine Meinung zu sagen als von Angesicht zu Angesicht, wirkt auf manche User verführerisch. Andere löschen wir.“

Thomsen: „Wir möchten gern daran festhalten, dass die Kommentare bei uns zu jeder Zeit geöffnet sind. Kommentare ermöglichen den direkten Kontakt zwischen User und Redakteur. Unsere kritische Berichterstattung über pornografische und rechtsradikale Inhalte bei SchülerVZ etwa ging auf einen Leserkommentar zurück, dem wir nachgegangen sind. Außerdem dienen die Kommentare auch der Anregung: Themen, die besonders bewegen, greifen wir verstärkt auf.

Bislang gelingt es uns ganz gut, die Meinungsrandalierer im Griff zu behalten. Aber wir diskutieren intern sehr ernsthaft, ob wir zum Beispiel das Anmeldeverfahren so ändern müssen, dass sich jeder mit seinem echten Namen an den Kommentaren beteiligen muss. Das würde vielleicht die Rüpel abhalten, denen stern.de keine Plattform geben will.

Nach der Phase der fast kindlichen Euphorie darüber, dass user generated content so einfach zu bekommen ist, müssen wir Medien nun dringend in die nächste Phase eintreten: User herzlich willkommen — aber nur die, die sich an die Mindestregeln von Communities halten. Ich rege einen runden Tisch der publizistischen Sites an, um nach einem Weg zu suchen, wie wir Rechtsradikale und Beleidiger nach Möglichkeit komplett von unseren Seiten fernhalten. Zum Wohle der 95-%-Mehrheit unter unseren Usern, die sich mit Verstand und Freude an den Kommentaren beteiligen.“

Recherche 2.0: Kommentare

Ich sitze gerade an einem Artikel für die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ über Nutzer-Kommentare bei Online-Medien — und dachte, das wäre doch eine gute Gelegenheit, dieses Blog (und Sie und Euch!) noch einmal zur Recherche zu missbrauchen.

Es geht um die großen Online-Ableger von klassischen Medien: sueddeutsche.de und faz.net, Zeit Online, Welt Online, Focus Online und all die anderen, bei denen man unter den Artikeln kommentieren kann. Meinen Fragen an die, die dort häufiger kommentieren und Kommentare lesen: Was spielen sich da für Dramen ab, wo gibt es Beispiele für wunderbar gelungene Diskussionen? Wo sieht man, dass die Redaktion das einfach ignoriert, und wo dass sie auf berechtigte Kritik gut reagiert? An welcher Stelle ist „Community-Management“ nicht nur ein Buzz-Word?

Ich freue mich über konkrete Belege für die Möglichkeit und für die Unmöglichkeit, dort gute Diskussionen zu führen, über Hinweise auf Vorbildliches und Abschreckendes. (Und vielleicht, auch wenn’s schwer fällt, ohne Beschimpfungen und Wutausbrüche.)

Kurz verlinkt (15)

Johnny Haeusler im Spreeblick über Kommentare, allgemein:

(…) obwohl ich gelernt habe, Trolls zu ignorieren, Rassisten zu löschen und auf Unterstellungen oder Lügen möglichst nicht zu reagieren, bleibt nicht nur für den oder die Betreiber eines Blogs oft ein bitterer Beigeschmack und ein Verlust an Spaß übrig, wenn auf einen längeren Artikel persönliche Anfeindungen gegen den Autor, andere Leser oder Dritte in den Kommentaren stattfinden.

(…) Der Ton mancher Kommentare, die Art der Auseinandersetzung, wie sie teilweise in Blogs geführt wird, scheint zu einem Blog-Image zu führen, das dem Medium nicht gerecht wird und das vielleicht potentielle Leser abschreckt und somit ein Wachstum der Blogosphäre verhindert.

Und Anke Gröner über die Kommentare hier, konkret.

Einfach mal abschalten!

Soeben erreicht mich folgende Pressemitteilung:

Schalter (Symbolfoto).
Foto: Winnie Quan.

Berlin / Hannover. Die CeBIT startet mit einem Paukenschlag. Das erfolgreiche Blog stefan-niggemeier.de/blog, bekannt als Innovationsmarktführer im Bereich der Medienbloggerei und preisgekrönt für seine nach unten offenen Kommentarspalten, hat heute bekannt gegeben, als erstes Blog weltweit eine individuell abschaltbare Kommentarfunktion einzuführen. „Auf diese Weise kommen wir den Wünschen vieler Blog-Leser nach, die sich von diesem interaktiven Moment bedroht fühlten oder das unfassbare Gesabbel unter viele Einträgen nicht mehr ertrugen“, erklärte Blog-Betreiber Stefan Niggemeier das neue Feature in dem nach ihm benannten Blog. Durch das Zu- und Abschalten der Diskussion mit den Lesern kann jeder das Niveau des Blogs mit einem einzigen Klick vervielfachen und halbieren bzw., je nach Standpunkt, halbieren und vervielfachen.

Sascha Lobo, strategischer Berater und Vermarkter von stefan-niggemeier.de/blog, sieht in der Technik einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Professionalisierung der Blogosphäre und erwartet eine Explosion der Werbeerlöse im bis zu einstelligen Prozentbereich: „Die Kommentare auf stefan-niggemeier.de/blog beweisen die intensive Mitmachability von Blogs bis tief in die unteren Zielgruppen hinein. Durch die individuelle Abschaltbarkeit wird sich die Nutzervarianz sehr stark einengen — ein klarer Vorteil für den Werbekunden, weil Kommentare nicht mehr unbeabsichtigt gelesen oder geschrieben werden dürften.“

Lobo plant darüber hinaus eine strategisch parallel aufgestellte Kommentarcommunity, oder kurz Kommmmunity, um sich als „First Mover im Bereich Individualized Commentary Annoyance Modulation“ zu positionieren. Niggemeier will mit der Erweiterung auch philosophisches Neuland erobern: „Ob der Kommentar da ist oder nicht, das bestimmt allein der Nutzer, beides ist gleichzeitig möglich.“ Das Projekt soll gleichzeitig als Hommage an das Digitale Kommentariat verstanden werden, als technisches Denk-Mal, das den Menschen zeigen soll, dass bis heute nicht in allen Ländern Kommentare möglich sind.

Das Feature beruht auf einer Technologie aus der PHP-Manufaktur Dipl.-ix.

Sonntagssprechstunde bei sueddeutsche.de

Ist das nicht toll? Die Ergebnisse der Landtagswahlen können Sie heute abend nicht nur überall, sondern auch auf sueddeutsche.de kommentieren!

Das Online-Angebot der „Süddeutschen Zeitung“ greift die Idee des verkaufsoffenen Sonntags auf und taut ausnahmsweise die Kommentarfunktion auf, die sonst an Samstagen, Sonn- und Feiertagen „eingefroren“ ist, um die „Qualität der Nutzerdiskussionen“ stärker zu „moderieren“. Sprechzeit auf sueddeutsche.de für Idiotae ist sonst seit einigen Wochen ausschließlich werktags zwischen 8 und 19 Uhr.

Im SZ-Protestforum szenso.de sieht man in der Aktion auch eine Reaktion auf das eigene Angebot, dort rund um die Uhr über die Wahlen zu diskutieren.

„Welt“-Offenheit

In Dresden beschimpfen zwei Deutsche einen indischstämmigen amerikanischen Studenten als „Kanake“ und greifen ihn und seinen deutschen Dozenten, der dazwischengeht, mit Schlägen und Tritten an.

Unter einem „Welt Online“-Artikel über den Angriff stehen, teils seit gestern Abend, Kommentare wie diese:

Kennt ihr ueberhaupt die Zahlen?
Rund 1000 Verbrechen von Rechts im jahr…
Rund 100.000 von Links im jahr
und eine Million von „Migranten“ auch als Moslems bekannt.

Und dieser Inder hatte in Deutschland sowiso nix verloren.
Warum lassen uns nicht einfach alle in Ruhe…

Als wir nach dem 2ten Weltkrieg am Boden waren, sind sie nicht zu uns gekommen und haben uns geholfen, auch nicht die Tuerken.
Als wir uns aber durch UNSERE EIGENE KRAFT aus der Scheisse gerettet haben, da wollen sie uns alle ganz doll lieb haben und wir sollen ja nicht so sein..

Ja ne is’klar.

Lasst uns alle einfahc in ruhe, dann passiert so ne scheisse auch kuenftig nicht mehr.

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Ich kann es nicht mehr hören!

WARUM, in Dreiteufelsnamen, wird nicht mit der gleichen Akribie über die durch Ausländer an Deutschen begangenen Verbrechen berichtet?

Jede verdammte Ohrfeige an einem Ausländer ist ein „rassistischer Übergriff“, worüber bis zum Erbrechen berichtet wird. Über die „dummen Kartoffeln“, die so blöde waren sich ein Messer von irgendwem mit „Migrationshintergrund“ einzufangen, liest man, wenn es hochkommt, maximal zwischen den Zeilen in den Pressemitteilungen der Polizei.

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Von den vielen weisshäutigen die täglich von Nazis (früher nannte man diese Leute Schläger oder Rocker)
verprügelt werden gibt es keine Berichterstattung .
Die wenigen Fälle wo Ausländer involviert sind werden bis zum Exzess angeprangert. Komischer weise gibt es im Ausland solche Fälle auch aber keiner reagiert so kleptomanisch wie die Deutschen. Ist doch einfach lachhaft.

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…wieso fremdenfeindlich ? (VORVERURTEILUNG durch die Presse !!)
…erstaunlich,dass Amerikaner deutsch verstehen ?!
…was war der Auslöser des Ganzen- endet das so wie der Fall Potsdam ? BITTE SERIÖSE BERICHTERSTATTUNG !!

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Ich frage mich, wo der große überregionale Bericht belibt, wenn mal wieder ein weißer Inländer von einer Horde Ausländer niedergeprügelt wird, was ja in unserem eigenen Land fast täglich vorkommt!

(Plumpe Pointen darüber, dass Meinungsbeiträge von Redakteuren bei „Welt Online“ bekanntlich aus Qualitätsgründen vor der Veröffentlichung gefiltert werden, bitte verkneifen.)