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Teletext: Lars Reichow

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Die beste Erklärung für die Existenz der „Lars-Reichow-Show“ ist, dass es sich um so eine Yin-Yang-Sache handelt. Dass das ZDF in den vergangenen Jahren so viele moderne, schlaue Unterhaltungssendungen am späteren Abend in sein Programm genommen hat, dass aus Gründen des kosmischen Ausgleichs eine Sendung hermusste, die den Muff und die Bräsigkeit längst vergangener Humorjahrzehnte atmet.

Die erste Ausgabe am vergangenen Dienstag hatte das Thema „Urlaub“, und Reichow begann sie damit, dass er, noch vor dem Vorspann, im Bademantel Handtücher auf die Sessel legte, um sie für seine Gäste Verona Pooth und Lutz van der Horst zu reservieren, Handtücher, haha, wie die Deutschen im Urlaub immer, bohoho. Fast möchte man die Verantwortlichen dieser Sendung dafür beschimpfen, dass sie sich für die erstbeste Idee entschieden haben. Andererseits handelt es sich mit etwas Pech auch um die letztbeste Idee dieser Redaktion. Vermutlich besteht sie aus Überresten der „Wetten, dass“-Abteilung im ZDF, der zu „Bremen“ auch nach jahrelangem Nachdenken nichts einfiel als „Stadtmusikanten“. (Eine Rubrik, in der die Gäste Geräusche erkennen und kommentieren sollen, heißt – wie sonst? „Hört, hört“.)

Reichow erzählt dann eine nicht enden wollende Geschichte darüber, wie eng es in Wohnmobilen ist, deren Höhepunkt die Stelle ist, an der er seine Frau, die zu ihm nachts in den winzigen Alkoven will, anfährt: „Wie? Ich denk‘, du schläfst in der Küche?“ Er fragte Lutz van der Horst, den man als Reporter aus der „Heute Show“ kennt, ob er im Urlaub auch Leuten immer ein Mikro ins Gesicht hält, und nächste Woche fragt er Sabine Lisicki, die Tennisspielerin, die in Florida lebt, ob sie dort in einer Tennisanlage lebt, und am Ende singen alle immer gemeinsam schrecklich schief ein Lied, und Reichow kommt am Klavier aus dem Rhythmus, und dass er laut Wikipedia ein „Musikkabarettist“ ist, muss irgendetwas anderes bedeuten, als man denken könnte.

Fürs noch Gröbere hat er Wolfgang Trepper, der rätselhafterweise in den Zoo geht und so tut, als wären die Pinguine Italiener. Als er einen trifft, der „nur das Maul aufmacht und sich alles reinfüttern lässt“, fügt Trepper hinzu: „Das ist der einzige griechische Pinguin, den wir finden konnten.“ In der zweiten Folge zum Thema „Partnerschaft“ ist Trepper auf einer Hochzeitsmesse und freut sich, als er eine Schaufensterpuppe sieht: „Frau zum Heiraten. Sacht nix, fragt nix, nervt nicht.“

Viele harte Schnitte deuten darauf hin, dass es nicht so leicht war, die Aufzeichnung so zu kürzen und neu zusammenzusetzen, dass es wirkt, als hätte sich wenigstens das Studiopublikum blendend amüsiert. Nach der selig vergessenen Verbrauchershow „Ohne Garantie“ im vergangenen Jahr ist es schon der zweite Versuch des ZDF, Reichow aus seinem natürlichen Lebensraum beim SWR herauszuholen. Es ist ein überaus rätselhafter Ehrgeiz.

Fotos: ZDF/Pascal Amos Rest