Schlagwort: Louisa Catharina Jacardi

Wiederholungstäterinnen: „Woman“ und die falsche Facebook-Frau

Können wir einmal kurz über die „Woman“ reden, obwohl es sich um eine österreichische Frauenzeitschrift handelt?

In der österreichischen „Woman“ steht ein Artikel über eine Frau, die sich auf Facebook als erfolgreiche Model-Managerin und früheres Model ausgegeben und so einen Mann kennengelernt hat. Sie schickten einander Mails und telefonierten. Er verliebte sich in sie und dachte, sie wären ein Paar — obwohl sie sich auch Monate später noch nie getroffen hatten: Immer kam etwas dazwischen, immer hatte sie eine Ausrede. Es dauerte lange, bis er sie zur Rede stellte und sie zugab, die Identität nur erfunden zu haben, mit Fotos aus dem Netz.

Die Frau nannte sich Louisa Catharina Jacardi, und ihre Geschichte steht nicht nur in der aktuellen Ausgabe der „Woman“. Sie stand auch vor Anfang November im Magazin der „Süddeutschen Zeitung“, aufgeschrieben von Malte Welding.

Der war verblüfft darüber, wie die „Woman“ seinen Text nachempfunden hatte. Doch Euke Frank, die Chefredakteurin der „Woman“, die er auf Twitter damit konfrontierte, hatte eine plausible Erklärung dafür: Es handelt sich einfach um dieselbe Täterin, die bei verschiedenen Opfern immer mit derselben Masche vorging. Sie „kenne die Machenschaften der Dame praktisch aus erster Hand“, habe „privat recherchiert“.

Maltes Reaktion: „Ihre Position ist also, dass diese Frau 2 verschiedenen Männern exakt 5300 Mails innerhalb der ersten 2 W. geschrieben hat?“ Euke Frank verstand die Frage nicht.

Doch wenn die „Woman“ einfach zufällig über dieselbe Täterin geschrieben hätte, über die auch das „SZ-Magazin“ geschrieben hat, bloß anhand eines anderen Opfes, dann muss die Frau tatsächlich sogar ihre Mailverkehrsaufkommen exakt reproduzieren. In der „Woman“-Geschichte heißt es nämlich, Louisa und der Michael hätten einander in den ersten zwei Wochen über 5.300 Mails geschrieben. Und in der „SZ-Magazin“-Geschichte steht, Louisa und Jakob hätten einander in den ersten zwei Wochen über 5.300 Mails geschrieben.

Es ist nicht die einzige Auffälligkeit.

SZ-Magazin Woman
Louisa Catharina Jacardi, 28, (…) Managerin bei Next Models, einer der drei größten Modelagenturen der Welt (…).

Louisa Catharina Jacardi: 28, Managerin bei „Next Models“, einer der größten Modelagenturen der Welt.
Sie stammt aus einer wohlhabenden Familie, ist mehrsprachig aufgewachsen, pendelt zwischen New York und London, hat eine Yacht im Hafen von Palma liegen, macht in ihrer Freizeit Charity. Sie stammt aus reicher Familie, wuchs mehrsprachig auf, pendelt zwischen New York und London und macht in ihrer Freizeit Charity.
Sie ist genau das, wonach Jakob immer gesucht hatte. Und auch er scheint ihr zu gefallen: Allein in den ersten zwei Wochen, bevor die beiden das erste Mal telefonieren, schreiben sie einander mehr als 5300 Nachrichten. Sie war genau der Typ Frau, nach der er sich so lange gesehnt hatte. Und schien über beide Ohren verliebt zu sein. Allein in den ersten zwei Wochen, bevor die beiden das erste Mal telefonierten, schrieben sie einander über 5.300 Mails.
Am 27. November ändert Jakob auf Facebook seinen Beziehungsstatus von „Single“ auf „in einer Beziehung mit Louisa Catharina Jacardi“. Zwei Monate später änderte Michael seinen Facebook-Status von „Single“ auf „in einer Beziehung“ (…).
Als er Louisa damit konfrontiert, gesteht sie, ihn getäuscht zu haben. Schließlich konfrontierte Michael Louisa damit. Ohne Umschweife gestand sie, ihn getäuscht zu haben.

Nun könnte man sagen: Die haben halt abgeschrieben (und ein paar Details verändert). Das Merkwürdige ist nur, dass die „Woman“ offenbar tatsächlich selbst recherchiert hat. Jedenfalls kennt Euke Frank den richtigen Namen der Facebook-Frau, der weder im „SZ-Magazin“ noch in „Woman“ steht.

Die Gruner+Jahr-Zeitschrift hat also offenbar eine eigene Geschichte herausgekriegt — sich dann aber dafür entschieden, der Einfachheit halber trotzdem eine gekürzte Variante der „SZ Magazin“-Geschichte aufzuschreiben. Diese Facebook-Welt ist nicht die einzige, die voller Rätsel ist.

Nachtrag, 16:40 Uhr. Frau Frank äußert sich in den Kommentaren.