Schlagwort: Madsack

Schweigen fürs Leistungsschutzrecht

Nachtrag, 14:40 Uhr. Okay, keine Glanzleistung, dieser Eintrag. Zwei wichtige Korrekturen unten.

Im Juni haben zwölf Verlage und die von ihnen gestützte Verwertungsgesellschaft VG Media Beschwerde beim Bundeskartellamt gegen Google eingelegt. Sie werfen dem Suchmaschinen-Unternehmen vor, im Zusammenhang mit dem neuen Presse-Leistungsschutzrecht seine Vormachtstellung am Markt zu missbrauchen.

Das Bundeskartellamt hat diese Beschwerde, wie die „Frankfurter Allgemeine“ berichtete und die Agenturen dpa, epd und Reuters meldeten, zurückgewiesen.

Über die Beschwerde berichtete die „Welt“, deren Verlag Axel Springer zu den Beschwerdeführern zählt, im Juni:

Über die abschlägige Antwort des Kartellamtes berichtete die „Welt“: nicht.

Über die Beschwerde berichtete das „Hamburger Abendblatt“, dessen Verlag Funke zu den Beschwerdeführern zählt, im Juni:

Über die abschlägige Antwort des Kartellamtes berichtete das „Hamburger Abendblatt“: nicht.

Über die Beschwerde berichtete der „Kölner Stadt-Anzeiger“, dessen Verlag DuMont Schauberg zu den Beschwerdeführern zählt, im Juni:

Über die abschlägige Antwort des Kartellamtes berichtete der „Kölner Stadt-Anzeiger“: nicht*.

Über die Beschwerde berichtete die „Hannoversche Allgemeine“, deren Verlag Madsack zu den Beschwerdeführern zählt, im Juni:

Über die abschlägige Antwort des Kartellamtes berichtete die „Hannoversche Allgemeine“: nicht*.

„Wir Verlage“, sagt Thomas Düffert, Chef der Madsack-Mediengruppe, „sind ein Garant der Meinungsbildung und damit für die Demokratie in Deutschland.“ Solche Sätze dienen offenkundig nur dazu, Forderungen an andere zu bekräftigen. Sie sind keine Verpflichtung für die eigene tägliche Arbeit.

*) Korrektur, 14:15 Uhr. Die „Hannoversche Allgemeine“ hat zwar nicht online, aber am Samstag in ihrer Print-Ausgabe berichtet. Und auch der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat zwar online keine Meldung gebracht, aber in der Zeitung.

 
Aus dem Archiv:

Mutmaßungen über Google: Kartellamt lässt Madsack und VG Media blöd aussehen

FAZ.net berichtet, dass das Bundeskartellamt eine Beschwerde deutscher Zeitungsverlage gegen Google in Sachen Leistungsschutzrecht scharf zurückgewiesen gewiesen habe. In einem Brief der Behörde heiße es: „Die Anknüpfungspunkte für ein eventuell kartellrechtsrelevantes Verhalten von Google beruhen teilweise nur auf Mutmaßungen. Das eigentliche Beschwerdeziel bleibt unklar.“ Kartellamtspräsident Andreas Mundt sagte: „Erforderlich für die Einleitung eines Missbrauchsverfahrens ist stets ein hinreichender Anfangsverdacht. Die Beschwerde der VG Media konnte diesen nicht begründen.“ Die Vorwürfe der VG Media knüpften nicht an ein konkretes Verhalten von Google an.

Das erinnert mich daran, dass ich hier seit Wochen einen fertigen Eintrag zum Thema ungebloggt herumliegen habe. Es ist die Fortsetzung dieses Eintrags, in dem ich der VG Media vorgeworfen hatte, den Bundestag in eben dieser Sache zu desinformieren.

Das passt heute ganz gut:

Die Madsack-Mediengruppe macht Google öffentlich unhaltbare Vorwürfe, möchte Nachfragen dazu aber nicht beantworten.

Thomas Düffert, der Vorsitzende der Geschäftsführung, hatte im Juni begründet, warum sich sein Verlag („Hannoversche Allgemeine Zeitung“, „Leipziger Volkszeitung“, „Lübecker Nachrichten“) zusammen mit elf anderen und der Verwertungsgesellschaft VG Media beim Bundeskartellamt über den Suchmaschinenkonzern beschwert habe:

„Madsack hat im vergangenen Jahr von Google eine schriftliche Aufforderung erhalten, auf die Durchsetzung unseres soeben durch den deutschen Gesetzgeber gewährten Presseleistungsschutzrechtes ganz zu verzichten und zu erklären, keine Vergütungsansprüche gegen Google geltend zu machen. Andernfalls würde Google, als deutschland- und weltweit größter Betreiber von Suchmaschinen, unsere digitalen verlegerischen Angebote auslisten. Für uns ist diese Drohung eindeutig ein Marktmissbrauch, denn bei einem Fast-Monopolisten wie Google ausgelistet zu werden und damit nicht mehr sichtbar zu sein, hat weitreichende Folgen.

Ich habe der Madsack-Pressestelle dann folgende Fragen gestellt:

Können Sie mir sagen, wann und in welcher Form Google Madsack damit gedroht hat, die Angebote aus seiner Suchmaschine auszulisten?

Im Zusammenhang mit dem Leistungsschutzrecht hat Google im Sommer 2013 angekündigt, Angebote, die keine entsprechende Einverständniserklärung abgeben, aus „Google News“ herauszunehmen, nicht aber aus der Suchmaschine. Bezieht sich die Aussage von Herrn Düffert darauf? Oder gab es weitere „Drohungen“ von Google?

Hat „Google News“ nach Ansicht von Madsack eine marktbeherrschende Stellung im Bereich der Nachrichtenaggregatoren?

Die Pressesprecherin sagte mir zu, sich „schnellstmöglich“ zu melden, tat das dann aber gar nicht mehr. Auf Nachfrage erklärte sie, sie hätte meine Anfrage an die VG Media weitergegeben. Auf erneute Nachfrage sagte sie, Madsack werde sich nicht dazu äußern.

Einer der großen Regionalzeitungsverlage, „ein Garant der Meinungsbildung und damit für die Demokratie in Deutschland“ (O-Ton Düffert) behauptet lautstark, von Google quasi erpresst worden zu sein, möchte aber nicht sagen, wann und in welcher Form das geschah.

Es könnte natürlich damit zu tun haben, dass Google, wie gesagt, gar nicht mit einer solchen Auslistung aus der Suche gedroht habe, sondern es bei dem Vorgang im Sommer 2013 ausschließlich um den Nachrichtenaggregator „Google News“ ging.

Aber tatsächlich, immerhin, bekam ich dann doch noch eine Antwort von der VG Media, jener Organisation, die für Madsack, Springer und mehrere weitere Verlage versucht, aus dem neuen Leistungsschutzrecht Erlöse zu erzielen. Die VG Media hatte im Juli Bundestagsabgeordnete und Vertreter mehrerer Bundesministerien zu einer Informationsveranstaltung eingeladen und dabei ebenfalls behauptet, dass Google den Verlagen im vergangenen Jahr mit einer Auslistung aus der Suche gedroht habe. Auf meine Bitte um eine Erklärung antwortete die VG Media nach nur zwei Nachfragen:

Das Leistungsschutzrecht spricht von Suchmaschinen und anderen kommerziellen Diensten, die Inhalte entsprechend einer Suchmaschine aufbereiten. Im Gesetzestext ist der zentrale Satz so formuliert: „Zulässig ist die öffentliche Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen oder Teilen hiervon, soweit sie nicht durch gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen oder gewerbliche Anbieter von Diensten erfolgt, die Inhalte entsprechend aufbereiten.“ Deswegen ist keineswegs nur Google News betroffen, sondern auch Google Search, Google Bilder und jede andere Form von Suche und Aggregation, die mehr umfasst, als einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte.

Das mag sein. Die Einverständniserklärung, die Google im vergangenen Jahr forderte und die die VG Media für einen Missbrauch der Marktmacht Googles hält, bezog sich allerdings ausschließlich auf „Google News“.

Die VG Media weiter:

Außer Google weiß niemand, mit welchen Mechanismen die verschiedenen Google-Dienste miteinander verknüpft sind. Die VG Media hat deutliche Hinweise darauf, dass die Auslistung aus Google-News auch Auswirkungen auf die Auffindbarkeit in der Suchmaschine hat. Google verschweigt die Auswirkungen, die die angedrohte Auslistung von „Google News“ auf die anderen Google-Dienste hat, insbesondere auch auf die allgemeine Google-Suche.

Ich hatte im Juli, als ich die Antwort bekam, auch schon den Verdacht, dass es sich bei den „deutlichen Hinweisen“ um bloße Mutmaßungen handelt. Und selbst wenn nicht, hätte das nichts mit dem Vorwurf zu tun, den die VG Media und Verlage wie Madsack gegen Google erhoben haben, nämlich mit einer Auslistung aus der Suche zu drohen.

Irgendwie bin ich nicht überrascht über die Klatsche des Kartellamts für diesen Verein.

Nachtrag, 18:50 Uhr. Die VG Media bezeichnet die Meldung von FAZ.net sprachlich originell als „sachlich unzureichende Darstellung und Bewertung“ des Sachverhaltes.

iRights.info dokumentiert das Schreiben des Kartellamtes im Original und kommentiert es.

 

Die NPD in der „Torgauer Zeitung“

Der Axel-Springer-Verlag hat bekanntlich vor der letzten Bundestagswahl beschlossen, dass keine seiner Zeitungen oder Zeitschriften Anzeigen der „Linken“ abdruckt. Es gebe Zweifel an der „Verfassungskonformität“, begründete der Verlag seinen Boykott, der „ein sachlicher Vorgang und nicht politisch motiviert“ sei.

Und damit zu einem ganz anderen Thema.

Am vergangenen Mittwoch gab der NPD-Landesverband Sachsen eine Pressemitteilung heraus, in dem der Kreisverband Nordsachsen die „Selbstbedienung“ der von der NPD so genannten „Systemparteien“ kritisierte. Und wie gingen die Journalisten der „Torgauer Zeitung“, einer Lokalausgabe der „Leipziger Volkszeitung“, die von der Axel-Springer-AG gemeinsam mit dem Madsack-Verlag herausgegeben wird, mit dieser Pressemitteilung um?

Sie veröffentlichten sie ungekürzt und im Wortlaut.

[via NPD-Blog, Stralau-Blog]

Klarstellung, 27. August: Die „Torgauer Zeitung“ ist eine Regionalausgabe der „Leipziger Volkszeitung“, gehört ihr aber nur zu 24,9 Prozent.