— Ein Gastbeitrag von Oliver Gehrs —
Der „Spiegel“ ist nicht gerade dafür bekannt, dass er spart: Die Gehälter sind überdurchschnittlich, das viel zu teure Berliner Büro residiert mitten in den Blumenrabatten am Pariser Platz, und manchmal kann es sein, dass einen der Ressortleiter anhält, mehr Spesen zu machen. Öfter mit Informanten schick essen zu gehen.
Aber nun brechen andere Zeiten an. Unter dem neuen Geschäftsführer Mario Frank wird gespart. Und man nimmt es sympathischerweise nicht den Kleinen, sondern fängt mit dem wohl größten Posten im Personal-Etat an. Denn Chefredakteur Stefan Aust wird bestimmt eine Million im Jahr bekommen haben — das heißt, die jetzt erfolgte Kündigung könnte richtig Geld sparen. Aust hat einen Fünf-Jahresvertrag bis zum 31.12.2010, der aber jetzt erstmals vorzeitig gekündigt werden kann. Hätte man die Gelegenheit verstreichen lassen, wäre eine hohe Abfindung fällig geworden.
Es wird aber auch Zeit. Noch nie hat ein Chefredakteur den Spiegel so wurstig gemacht wie Aust in den letzten Monaten. Während er daheim in Stade Rennpferde züchtete, von denen denn auch prompt das Schnellste für eine mittlere sechsstellige Summe verkauft wurde, oder für die ARD spannende RAF-Dokus produzierte, ließ er seine Hintersassen (copyright Kurt Kister, „Süddeutsche Zeitung“) unterirdische Titel produzieren. Mal wurden Hamburg und Riga zu Topstädten hochgejazzt, mal die Klimakatastrophe als Heil für die nördliche Welt beschrieben, dann wieder belangloses 68er-Workshop-Gewäsch gedruckt. Aust war der Spiegel egal geworden, und dass konnte man jeden Montag am Kiosk merken.
Gut, dass damit Schluss ist, und das Tollste ist: Aust weiß es vielleicht noch gar nicht. Er ist gerade im Urlaub.
Oliver Gehrs, 39, ist Autor der unautorisierten Stefan-Aust-Biographie „Der Spiegel-Komplex“ und bespricht jeweils montags die aktuelle „Spiegel“-Ausgabe auf „WatchBerlin“.