Schlagwort: Oliver Pocher

Bleibt alles anders

Puh. Viel los gerade.

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Seit heute bin ich „F.A.Z.“-Blogger. Zusammen mit dem Peer schreibe ich ein Fernsehblog namens „Das Fernsehblog“ (auch unter dasfernsehblog.de zu erreichen). Das ist auch ein Experiment, wie es sich unter dem Dach eines so großen Mediums bloggt — was für ein Publikum wir dort erreichen, wer da kommentiert, wie die Kollegen reagieren, ob wir Formen finden, die die klassischen journalistischen Formate ergänzen und das Angebot bereichern. Gespannt bin ich auch, wie so ein Blog in diesem Umfeld wahrgenommen wird und welche Aufmerksamkeit man damit auf Dauer generieren kann.

Im Moment knirscht die Technik noch ein bisschen (ich glaube, tief im Inneren der „F.A.Z.“-Blogsoftware steckt ein WordPress-Motor, um den jemand einen Verkomplizierungsapparat mit einem vom Zufallsgenerator angetriebenen Fehlereinspritzer gebaut hat). Aber die Kollegen sind eifrig am Schrauben, und vielleicht werden bald sogar Peers Beiträge auf der Übersichtsseite angezeigt werden.

Und — bevor jemand anderes darauf hinweist: Als Jörg Thomann für die heutige „F.A.Z.“ formulierte, dass gute Blogs sich durch „gründliche Recherche, eine ausgefeilte Sprache sowie klare, gut begründete Meinungen“ auszeichnen, wusste er noch nicht, dass Oliver Pocher netterweise zugesagt hatte, für uns ein Grußwort zu schreiben. [Hier Zwinkersmiley vorstellen.]

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Auf fernsehlexikon.de hat heute unser großes Advents-Bilderrätsel begonnen. Jeden Tag zeigen wir einen Screenshot aus einer Sendung von früher oder heute und stellen dazu eine Frage — die meisten sind ziemlich knifflig, und die Antworten lassen sich nicht einfach ergoogeln, was hoffentlich den Anreiz zum Mitspielen erhöht. (Außerdem gibt es schöne Preise zu gewinnen.)

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Auch auf BILDblog gibt es seit heute etwas Neues: Wir versuchen in den nächsten Wochen einmal, „die kleinen Merkwürdigkeiten und das große Schlimme“ jenseits der „Bild“-Zeitung aufzuspüren. Das sind natürlich auch Dinge, die bislang in diesem Blog standen, weshalb ich mich über sachdienliche Hinweise besonders freuen würde.

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Und wenn Sie jetzt sich (oder mich) fragen, ob das nicht alles ein bisschen viel ist und vier Blogs nicht knapp vier mehr sind, als ein Mensch haben sollte, muss ich sagen: Das kann gut sein. Aber ich lasse mich einfach mal überraschen, wie sich das die nächste Zeit sortiert.

Oliver Pocher

Guckt mal, wie er sich freut! Da vergluckst er wieder die halbe Pointe, weil er so sensationell lustig findet, was er gleich sagen wird. In seinem Bühnenprogramm wirft ihn sein eigenes Gekicher regelmäßig aus der Rolle, die er gerade spielt. Und als er bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises auf der Bühne steht und alle im Saal abwatscht, die abgewatscht gehören, müssen sich die guten bösen Worte mühsam einen Weg durch eine Art Schluckauf aus Aufregung und Begeisterung bahnen.

Das ist erstmal eine feine Sache, wenn jemandem die eigene Arbeit offenkundig so viel Vergnügen bereitet wie Oliver Pocher. Man sieht das nicht so oft, gerade im Fernsehen. Und es ist der größtmögliche Gegensatz zur ausgestellten Langeweile Harald Schmidt, mit dem sich Pocher von Ende Oktober an eine Show teilen darf.

Nur manchmal scheint es, als sei es gar nicht die eigene Lustigkeit, die Pocher so begeistert, sondern, im Gegenteil: Das Wissen, wie unwahrscheinlich das ist, dass er nur ein bisschen den Kasper machen muss, mit durchaus begrenzten Mitteln, beschränktem Repertoire und Unerschrockenheit als vielleicht größtem Talent, und Tausende zahlen Geld, um sich das live anzusehen, und Millionen schalten den Fernseher ein. Er steht dann da auf der Bühne wie ein Zwölfjähriger, der sich einfach aus dem Publikum aufs Podest geschlichen hat und nun wild entschlossen ist, so lange seine im Kinderzimmer und bei Klassenpartys geprobten und irgendwie von Otto Waalkes abgeguckten Witze zu erzählen, bis der eigentliche Künstler kommt, die Wachmänner oder seine Eltern – und erstaunt feststellt, dass das Publikum nicht buht, sondern sich wegwirft vor Lachen.

Ich kann es nicht glauben, scheint Pochers Dauerlachen dann zu sagen, dass das reicht: Diese Husten-Sie-mal-Musterungswitze, diese Geschichte, dass Mainzelmännchen wohl Ecstasy nehmen, sonst würden sie einem nicht so „GudnAaahmt“ entgegen schleudern, dieser Kalauer, dass der D-Day wohl ein eigener Feiertag für Detlef „D“ Soost sein muss. Man sieht es Pocher in jeder Sekunde an, was für eine außerordentliche Erfahrung es ist, vor einem solchen Publikum zu stehen und tun zu können, was man will, und manchmal treibt ihn diese Energie sogar in einer Weise an, dass gute Unterhaltung daraus wird.

Und selbst das merkwürdig pubertäre Dauergegluckse hat sein Gutes: Weil Pocher die ganze Zeit selber über sich lacht, braucht er keinen Manuel Andrack, der es für ihn tut.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Mißbrauch

Frankfurter Allgemeine Zeitung

„Bild“ rückt Oliver Pocher in die Nähe von Kinderschändern.

Am 8. Oktober war der Fernsehkomiker Oliver Pocher zu Gast in der Talkshow von Johannes B. Kerner. Man plauderte über dies und das, und nach gut zehn Minuten erkundigte sich Kerner, ob es auch ein Thema gebe, bei dem der Witzbold ernst wäre. Ja, sagte Pocher, beim Thema Kindesmißbrauch sei er „extrem sensibilisiert“. Der Sechsundzwanzigjährige berichtete dann von einem Fall, der sich in seiner Jugend in seinem Heimatort zugetragen habe. Was konkret passierte, ließ er offen, er habe es auch erst „viel später mitbekommen“. Man habe versucht, dem Mädchen zu helfen. Aber der Fall sei kompliziert, weil die Betroffene offensichtlich nicht bereit war, eine Aussage zu machen. „Man kann nicht einfach nur hingehen und sagen: Der macht das. Es ist schwieriger, das vor Gericht auch durchzubringen“, sagte er. Wütend mache ihn, daß der Verdächtige immer noch frei herumlaufe. Pocher sagte, auch aufgrund dieser Erfahrung engagiere er sich für ein Kinderhaus in Nepal, das ein Freund gegründet habe.

Gestern griff die „Bild“-Zeitung den Fall bundesweit auf. Sie zeigte auf ihrer ersten Seite ein Foto von Pocher mit der Schlagzeile: „Oliver Pocher – TV-Star schützt Kinder-Schänder“. Sie sprach von einem „Skandal“: „Der Komiker gab zu, von einem Kindesmißbrauch zu wissen. Den Täter zeigte er aber nicht an!“ Sein Zitat, daß man nicht einfach jemanden beschuldigen und damit vor Gericht Erfolg haben könne, wird von „Bild“ mit den Worten kommentiert: „Was denkt sich der TV-Star bloß bei solchen Aussagen – in Zeiten, wo fast täglich Kinder in Deutschland geschändet werden?“ Pocher müsse jetzt „zum Polizeiverhör“.

„Bild“ erwähnte nicht, daß es um keinen aktuellen Fall geht: Nach Angaben Pochers hat er als Vierzehnjähriger davon erfahren; der Mißbrauch liege noch weiter zurück. Der Artikel erweckt den Eindruck, Pocher decke einen Kinderschänder und verharmlose das Thema, obwohl Pochers Auftritt keinen Zweifel daran ließ, daß seine Absicht das Gegenteil war.

Pochers Managerin Nina Brkan sagte, man werde mit allen juristischen Mitteln gegen die „böswillige Verleumdung“ vorgehen. Weder Pocher noch sie seien vor der Veröffentlichung von der Zeitung angesprochen worden. Dafür habe sich gestern eine „Bild“-Redakteurin telefonisch bei ihr gemeldet und unverholen damit gedroht, weitere belastende Infos zu veröffentlichen, die sie recherchiert habe, wenn Pocher nicht bereit sei, mit „Bild“ zu reden. Tatsächlich sei Pocher von der Polizei als Zeuge vorgeladen worden, sagte Brkan. Auch das Opfer des Mißbrauchsfalls, über den Pocher berichtete, habe sich nun dazu durchgerungen, gegenüber einem Notar Angaben zu machen, um der Darstellung der Zeitung zu widersprechen. Warum „Bild“ in dieser Form gegen Pocher vorgeht, wisse sie nicht, sagte Brkan. Es gebe „keine Vorgeschichte“ – außer daß der Komiker grundsätzlich keine Boulevardgeschichten mache.

„Bild“-Sprecher Tobias Fröhlich sagte, die Zeitung habe die Fakten korrekt wiedergegeben. Daß Pocher nichts gegen den vermeintlichen Täter unternommen habe, sei ein Skandal, daß er dann noch bei Kerner darüber rede, ein weiterer. „Das ist doch nicht okay, da müssen wir doch drüber schreiben!“