Schlagwort: Saarländischer Rundfunk

Ein Medienporno

Das ist der Stoff, aus dem heute Medienaufreger sind: Vor vier Wochen ist in einem Filmbericht im Regionalfernsehen des Saarländischen Rundfunks für drei Sekunden klein der Name einer Pornoseite zu lesen gewesen. Auf einem Reiter („Tab“) im Browser konnte man sehen, dass sie hinter der gezeigten Seite des Lebensmittelhändlers Rewe aufgerufen war.

„Sauereien auf Gebührenkosten“, nennt Holger Kreymeier das in der aktuellen Ausgabe seines Magazins fernsehkritik.tv. „Die Sau hat nebenbei auf […] herumgesurft. Unglaublich!“

Der österreichische „Standard“ behauptet:

Ein Redakteur des Saarländischen Rundfunks (SR) wurde nun dabei ertappt, dass er sich während der Arbeitszeit Schmuddelfilme ansieht.

Der Branchendienst „kress“ berichtet unter der Überschrift:

Auf […] erwischt:
 SR-Bericht zeigt Journalisten bei der Arbeit

Der Artikel beginnt sarkastisch:

Es war bestimmt die Recherche im Internet-Porno-Milieu, die hinter dem frivolen Browser-Tab […] steckt.

Auch „Meedia“ hat die Story abaufgeschrieben. Hier steht sie mit dem schönen Satz:

Wozu der Journalist eines öffentlich-rechtlichen Senders während der Arbeitszeit auf einer Webseite für Pornovideos surfte — unklar.

(Felix Schwenzel hält die bescheuerte Ausdrucksweise für eine Marotte der „Meedia“-Konkurrenz „turi2“, aber in Wahrheit ist sie erstens ursprünglich von Kress.de und zweitens von begrüßenswerter Halbehrlichkeit. Noch transparenter wäre es natürlich, wenn „Meedia“ statt „— unklar“ schreiben würde: „wissen wir nicht“, „stand da nicht“, „uns doch egal“, oder, wenn es unbedingt eine Ellipse sein soll: „— unrecherchiert“.)

Jedenfalls: Wenn „Meedia“ die Frage, wozu der Journalist auf einer Porno-Website surfte, nicht bloß in den Artikel geschrieben, sondern dem SR gestellt hätte, hätte die Antwort wie folgt gelautet:

Der Bericht dreht sich um den Hacker-Angriff auf eine REWE-Datenbank. Dort hatten sich überwiegend Kinder und Jugendliche angemeldet, um Tiersticker zu tauschen. Durch den Angriff besteht nach unseren Recherchen die große Gefahr, dass die betroffenen Kinder verstärkt mit Spam- und Phishingmails bombardiert werden, unter anderem auch mit pornographischen Angeboten.

Mehrere dieser „Angebote“ wurden vom Kamerateam abgefilmt. Im endgültigen Schnitt hat sich der Autor aber dafür entschieden, diese Bilder nicht im Vorabendprogramm zu zeigen — auch nicht elektronisch verfremdet.

So erklärt sich der bildliche Zusammenhang zwischen der REWE-Datenbank und dem winzigen Tab zu einer Pornoseite. (…)

Das Schlimmste, das man dem SR und seinem Autor vorwerfen kann, ist also, versehentlich den Namen einer aus beruflichen Gründen besuchten Pornoseite öffentlich gemacht zu haben. Im Filmbericht war er, wie gesagt, rund drei Sekunden klein zu sehen. Kress.de nennt ihn mitsamt dessen Slogan werbewirksam in der Schlagzeile, „Meedia“ im Vorspann.

Kress.de hat allerdings immerhin die Erklärung des Saarländischen Rundfunks nachgetragen (und dabei unauffällig auch die Überschrift geändert). Bei „Meedia“ und dem „Standard“ stehen weiter die skandalisierenden Original-Versionen. Bestimmt fehlt den Mitarbeitern dort die Zeit zur Korrektur, weil sie schon die nächste geile Geschichte, äh, recherchieren.