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Schöne Blogs (1): sakana

Ich bin das, was Malte „Bauschist“ nennt. Mein Gehirn produziert keine Widerstandsstoffe gegen Angriffe von Niedlichkeit. Ich habe das hier als Bildschirmhintergrund auf meinem Computer, falle auf die simpelsten Zeitschriftenkonzepte herein und bin wehrlos im Angesicht solcher Flauschzotteligkeit.

Ganz sicher lief mein erster Kontakt mit dem sakana-Blog über diesen Reflex und über ein Foto wie dieses:

Aber man würde sakana und den Tieren unrecht tun, wenn man sagte, dass er in seinem Blog niedliche Schafe zeigt. Seine Schafe sind nicht niedlich. Sie haben Charakter. Persönlichkeit. Auf seinen Fotos wirken sie mal stürmisch, mal anschmiegsam, neugierig und ausgelassen, genügsam oder fordernd, fast immer: treu. Er vermenschlicht sie nicht, es sind Tiere. Aber es sind Tiere, keine Woll- und Fleischproduktionsmaschinen. Lebendige Wesen, die Kontakt aufnehmen zu dem anderen, fremden, vertrauten Wesen, das sie auf ihrem Elbdeich besucht, ihnen alte Disteln aus dem Fell pult, interessant riecht und an dem man sich gut schubbern kann.

Manche Fotos sehen aus, als hätte ein Künstler das Bild sorgfältig komponiert. Andere leben von der Unmittelbarkeit und Lebendigkeit der Lomographie.

Glück ist ein Abend am Deich mit Wollfett an den Händen, ein Schaf, das einen wiedererkennt, ein junges Tier, das sich an einen geschmiegt hat, nicht schnurrend, aber zufrieden geräuschvoll kauend.

In das Glück — das pure, beiderseitige Glück — über die Verbindung zwischen Mensch und Tier mischt sich eine Traurigkeit. Weil die Ausflüge zu den Tieren und in die Natur eine Flucht vor den Zumutungen der Menschen und der Zivilisation zu sein scheinen. Und weil das Idyll immer bedroht ist. Es ist nicht gut, sich mit Wesen anzufreunden, die gehalten werden, um gegessen zu werden.

Vielleicht ist es diese Zerbrechlichkeit, die die Begegnungen so kostbar macht. Einmal bittet der Bauer den Fotografen, sich von seinen Tieren fernzuhalten, „sie würden zu vertrauensselig“. Ein andermal bittet er ihn in den Stall, um ihm die in der Nacht geborenen Lämmchen zu zeigen:

das freudige gurren in der schafherde, als ich den stall betrat. die glasigen, stolzen augen, die mir entgegenblickten. das neue leben auf wackelnden beinen.

Ich bin nicht nur „Bauschist“, sondern auch sentimental, und bei manchen der Geschichten, die sakana aufschreibt oder auch nur zwischen den Zeilen durchschimmern lässt, könnte ich heulen. Das Blog, in dem es außer Schafen noch Schrecken gibt und aus einem Grund, den ich nicht kenne, eigentlich „Fischlog“ heißt, schafft etwas, wozu Blogs wunderbar geeignet sind: Es gibt mir die Illusion, jemandem nahe zu sein, den ich nicht kenne und von dem ich (scheinbar) fast nichts weiß. Es lässt mich Anteil nehmen an seinem Leben und davon berührt werden.

Ich würde da gerne mal sitzen, einen Nachmittag, schweigend, an dem Deich, mit ihm und den Schafen. Aber vielleicht geht das auch nur allein.

(Fotos mit freundlicher Genehmigung von sakana.)