Schlagwort: Statistik

Eine besonders irreführende Art, die Opfer des Gaza-Krieges darzustellen

Auf „Spiegel Online“ steht ein Diagramm, das illustrieren soll, wie sich die Zahl der Todesopfer im gegenwärtigen Gaza-Krieg entwickelt hat. Die Redaktion hat die vermutlich abwegigste Art gewählt, diese Entwicklung darzustellen.

Wenn Sie mal schauen mögen:

Darauf muss man erst einmal kommen. „Spiegel Online“ zeigt nicht die wachsende Gesamtzahl der Opfer. „Spiegel Online“ zeigt auch nicht den täglichen Zuwachs an Opfern in absoluten Zahlen. „Spiegel Online“ zeigt, um wie viel Prozent die Zahl der Opfer an diesem Tag im Vergleich zur bisherigen Gesamtzahl angestiegen ist.

Das ist aus mehreren Gründen eine sehr schlechte Idee. Es reduziert einzelne Opfer auf eine Prozentzahl, auf einen bloßen Anteil an einer Gesamtzahl. Es ist weder intuitiv verständlich noch anschaulich. Vor allem aber vermittelt es einen völlig falschen Eindruck vom Verlauf dieses Krieges.

Auf den ersten Blick (und ich würde wetten, für die meisten Betrachter auch auf den zweiten oder dritten) sieht es so aus, als ob der Krieg mit fortschreitender Dauer weniger tödlich wurde. Denn die Balken werden, grob gesagt, nach unten immer kürzer.

Das liegt aber daran, dass die Bezugsgröße jedes Balkens immer größer wird. Ein Zuwachs entspricht einem immer kleineren Prozentsatz, weil die Gesamtzahl der Opfer immer weiter ansteigt. Der relativ kurze Balken ganz unten steht für 193 Tote. Der lange Balken ganz oben steht für 34 Tote.

Würde man nicht den prozentualen Zuwachs zeigen, sondern den absoluten Zuwachs, also schlicht: wie viele Menschenleben der Krieg an jedem Tag gekostet hat, ergäbe sich ein ganz anderes Bild:

Der blutigste Tag war der letzte in der Grafik. Aufgrund der „Spiegel Online“-Darstellung würde man das nicht erahnen.

[mit Dank an BILDblog-Leser Johann H.]

Nachtrag, 7. August. „Spiegel Online“ hat mit einem Eintrag im „Datenlese“-Blog reagiert, der einräumt, dass sich „der Informationsgehalt der Grafik nicht ganz intuitiv erfassen“ lasse. Eine nachvollziehbare Erklärung für die bizarre Darstellung enthält er nicht.

Die „B.Z.“ lässt Roland Koch richtig gewinnen

„Überwältigender Sieg von CDU und FDP“, titelt die „B.Z.“ heute.

Ach was, auch die CDU mit ihrem winzigen Prozentzuwachs, der einem realen Wählerverlust entspricht, hat überwältigend gewonnen? Aber ja. Wenn Sie sich mal die Grafik anschauen wollen, die laut „B.Z.“ das „vorläufige amtliche Endergebnis“ darstellt:

Das ist ja wohl ein Supersprung, den der schwarze CDU-Balken gegenüber seinem grauen Vorgänger gemacht hat.

Die lustigen Experten von der kleinen Berliner „Bild“-Schwester haben sich anscheinend nicht die Mühe gemacht, die Graphen dem tatsächlichen Ergebnis anzupassen, sondern beim Malen frei improvisiert. Wie frei, sieht man, wenn man versucht, ein Raster über die Grafik zu legen. Es ist schwer, das genau zu machen, weil die Balken nicht einmal auf gleicher Höhe beginnen, aber nimmt man die 36,8 Prozent der CDU vom letzten Jahr zum Maßstab, ergibt sich folgendes Bild:

Der CDU-Balken entspricht einem Wert von über 42 Prozent. Das ist fast schon überwältigend.

Nachtrag, 22.40 Uhr. Das hatte ich ganz übersehen: Auch die Zahlenangaben sind falsch, die „B.Z.“ hat die 2008er-Ergebnisse von FDP und Grünen vertauscht. Dadurch erscheint der Zuwachs bei der FDP noch dramatischer, als er tatsächlich war.