Schlagwort: Stephan Mayerbacher

Call-TV-Ermittlungen: Formel-1-Firma entfernt Chef aus Impressum

Bei der Sport-Media-Group ist die Zahl der Köpfe pro Vision kürzlich abrupt um 25 20 Prozent gesunken.

Vorher:

Hinterher:

Dazwischen.

Auch aus den Impressen der Seiten formel1.de und motorsport-total.com, die die Sport-Media-Group betreibt, ist der Name Stephan Mayerbacher verschwunden. Die Inhalte der Seite seiner Münchner Mayerbacher-Medienbeteiligungs-GmbH („Zukunftspartner für die Medienbranche“) wurden gelöscht.

Die Sport-Media-Group konnte oder wollte mir auf Anfrage bisher nicht sagen, ob Mayerbacher wegen der Vorwürfe — die seine früheren Tätigkeiten betreffen — formell von seinen Aufgaben als CEO entbunden wurde und sich das Unternehmen von ihm getrennt hat.

Nach dem Österreichischen „Standard“ (1, 2) berichtete gestern auch das Schweizer TV-Magazin „Kassensturz“ über die Haftbefehle, die die Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs bei den früheren Anrufsendungen erlassen hat:

Drahtzieher dieses betrügerischen Systems sei, laut Vorwurf der Justiz, der Deutsche Stephan Mayerbacher gewesen. An ihn seien mehr als 2,9 Mio. Euro an Scheingewinnen zurückgeflossen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Der Schaden, den die Anrufer in den Warteschlaufen erlitten haben, wird durch einen Sachverständigen der Staatsanwaltschaft Wien auf mehr als 24 Mio. Euro geschätzt.

Nachtrag, 17:30 Uhr. Die Sport-Media-Group bestätigt, dass Stephan Mayerbacher aus dem Unternehmen ausgeschieden ist. In einer Erklärung des Unternehmens heißt es:

Hintergrund dieser Entscheidung ist ein Ermittlungsverfahren, das gegen Stephan Mayerbacher in Österreich anhängig ist. Sämtliche Vorwürfe datieren aus der Vergangenheit und deutlich vor seinem Engagement bei der smg. Sie stehen mit unserem Unternehmen in keinerlei Zusammenhang. Obwohl die Vorwürfe gegen Stephan Mayerbacher schwer wiegen, vermuten wir seine Unschuld. Die smg verdankt auch ihm den Erfolg der vergangenen zwei Jahre. Er hat viel mit der smg bewegt und sowohl die Agentur als auch die Portale nach vorn gebracht. Wir danken ihm für die geleistete Arbeit und sein Engagement. Stephan Mayerbacher hat sich dennoch dazu entschlossen in jeder Funktion aus dem Unternehmen auszuscheiden, um eine weitere erfolgreiche Zukunft der sport media group zu ermöglichen. Zudem wird er als Gesellschafter aus dem Unternehmen ausscheiden.

Neben Armin Gastl wurde Volker Glaser als neuer Geschäftsführer der sport media group GmbH benannt. (…)

In eigener Sache (2b)

Jemand, der sich als Vertreter der Firma Callactive ausgibt, hat in den vergangenen Stunden in einer Reihe von Blogs, die über meine Abmahnung durch Callactive berichtet haben, eine Stellungnahme abgegeben. Er zitiert dort einen Satz aus dem von mir gelöschten Leserkommentar in meinem Blog, um den es geht, und fügt hinzu:

Leider erwähnt dies Herr Niggemeier nicht bzw. läßt es bewußt weg.

Auf Nachfrage des Bloggers Valentin Tomaschek soll Geschäftsführer Stephan Mayerbacher bestätigt haben, dass es sich tatsächlich um eine Stellungnahme der Firma Callactive handelt. Das bedeutet: Die Firma wirft mir vor, den Satz nicht wiederholt zu haben, dessen Wiederholung sie mit dem Mittel einer Abmahnung und der Forderung einer Unterlassungserklärung vorgeblich gerade verhindern wollte.

Der Anwalt von Callactive nennt den von mir gelöschten Kommentar unter anderem „ruf- und kreditschädigend“. Offenbar dank Callactive findet er nun weite Verbreitung.

Nachtrag, 23.15 Uhr. Im Blog von Timo Heuer erklärt jemand, der sich ebenfalls „Callactive“ nennt, die vermeintliche Logik des juristischen Vorgehens gegen mich. Wenn ich sie richtig verstehe, hat mich die Firma laut dieser Erklärung abgemahnt, obwohl ich den Kommentar am Sonntagmorgen gelöscht habe, weil ich ihn ja auch erst am Montagmorgen hätte löschen können.

In eigener Sache

Die Firma Callactive, die im Auftrag von MTV dubiose Anrufsendungen produziert, die immer wieder gegen die Regeln der Landesmedienanstalten verstoßen, hat gegen mich einen juristischen Erfolg erzielt. Es geht nicht um Äußerungen von mir, sondern um zwei Leser-Kommentare, die ironischerweise unter dem Blogeintrag mit dem Titel „Callactive will Kritiker mundtot machen“ standen.

Es handelte sich zum einen um eine satirische Überspitzung, wohin die gerichtlichen Argumente von Callactive führen könnten, wenn man immer unterstellt, ein harmloser Begriff sei in Wahrheit ein Synonym für einen anderen, nicht harmlosen Begriff. Und zum anderen um eine drastische Aussage über betrügerische Veranstalter von Call-TV-Sendungen, die meiner Meinung nach nicht auf Callactive bezogen war, sondern eben ausdrücklich auf (ungenannte) Betrüger. Ich hielt beide Kommentare für zulässig und nicht beleidigend.

Die Firma Callactive und Stephan Mayerbacher haben mich wegen dieser Kommentare abmahnen lassen. Das Hamburger Landgericht erließ eine einstweilige Verfügung, die mir die in den Kommentaren gemachten Äußerungen untersagte. Diese Verfügung hat Bestand, nachdem wir in der mündlichen Verhandlung am vergangenen Freitag einen Einspruch dagegen zurückgezogen haben.

Das Ergebnis ist für mich natürlich frustrierend. Es scheint mir, wie einige andere Entscheidungen, darauf hinauszulaufen, dass die deutschen Gerichte eine offene Debatte über zweifelhafte Geschäftspraktiken für gefährlicher halten als die Geschäftspraktiken selbst.

Ich bitte Sie darum, dies zu berücksichtigen, bevor Sie von der Möglichkeit, in diesem Blog (und in anderen) Kommentare zu hinterlassen, Gebrauch machen. Und ich bitte um Verständnis, dass ich in stärkerem Maße als bisher Kommentare, die möglicherweise rechtlich problematisch sind, kürzen oder löschen werde. Weil ich im Zweifelsfall für Ihre Kommentare hafte.

[Kommentare in diesem Fall geschlossen.]

Es gibt Sachen, die gibt es gar nicht (2)

Ich hatte sie schon eine Weile, die Excel-Dateien mit den höchst detaillierten Programmbeobachtungen, die die Firma Callactive von ihrem Konkurrenten 9Live angefertigt hat. (Callactive produziert im Auftrag von MTV zweifelhafte Call-TV-Sendungen.) Ich fand diese Akribie bemerkenswert, aber natürlich an sich nicht verwerflich. Geschrieben habe ich über diese Auswertungen erst, als ich las, dass die Anwälte von Callactive ihre Existenz angeblich bestreiten.

Inzwischen hat Frank Metzing, der Anwalt des Forums call-in-tv.de, einen Einblick in die Listen gegeben, die ihm vorliegen und die direkt von Callactive-Geschäftsführer Stephan Mayerbacher stammen sollen. Es handele sich um eine Tagesauswertung des 1. April 2007 und eine vollständige Auswertung Auswertung des Monats Mai 2006 — inklusive einer Zusammenfassung der gravierendsten Regelverstöße von 9Live und dem Hinweis auf entsprechendes „Beweis“-Material.

Einen Tag, bevor ich die Auszüge aus den mir vorliegenden Listen veröffentlichte, habe ich bei Herrn Mayerbacher nachgefragt, ob er die Aussage seiner Anwälte bestätige, dass solche Listen nicht existieren. Ich habe keine Antwort von ihm bekommen.

Stattdessen wurde der Eintrag von jemandem, der sich „Journalist“ nennt, erstaunliche 41-mal kommentiert. Vieles spricht dafür, dass es sich bei dem Absender um Stephan Mayerbacher selbst handelt. Der „Journalist“ bestreitet dies. Und derjenige, der die Kommentare abgegeben hat, war schlau genug, seine IP-Adresse (die automatisch festgehalten wird und anhand man der man erkennen kann, von welchem Rechner ein Kommentar abgegeben wurde) jedesmal zu anonymisieren.

Äh, halt: fast jedesmal. Einer der Kommentare von „Journalist“ hat die gleiche (nicht öffentliche) E-Mail-Adresse, aber eine andere IP: 62.245….

Es handelt sich… richtig: um eine IP-Adresse der Firma Callactive.

Aber vermutlich bereiten die Anwälte von Herrn Mayerbacher in diesen Minuten schon ein Schreiben vor, in dem sie bestreiten, dass die Firma Callactive überhaupt existiert.

Callactive klagt

Die Firma Callactive, die für die MTV-Sender Viva, Nick und Comedy Central Anrufsendungen produziert, geht nun massiv gegen das kritische Forum call-in-tv.de vor. Sie klagt „wegen Vertragsstrafe und Schadensersatz“ auf die Zahlung von 20.693,70 Euro. Marc Doehler, der Betreiber des Forums, wird sich dagegen wehren, fürchtet aber die Schließung des Forums. Mehr über die Hintergründe bei DWDL.de und im Call-in-TV-Blog.

Es geht in dem Verfahren unter anderem darum, inwieweit der Betreiber des Forums für Beiträge haftet, die er (nach eigenen Angaben) innerhalb von Minuten gelöscht hat. In diesen Beiträgen wurde der Vorwurf erhoben, in der Sendung „Money Express“ würden immer wieder „Fake-Anrufer“ durchgestellt — Anrufer, die theoretisch viel Geld gewinnen können, aber auch auf die einfachsten Fragen falsche Antworten geben oder wieder auflegen.

Callactive streitet die Vorwürfe ab. In der Klage schreibt das Unternehmen:

Die Behauptung, in ihren Sendungen würden Fake-Anrufe lanciert, ist in hohem Maße geschäftsschädigend, mitunter existenzbedrohend.

Mein Kommentar:

Der Betrugsvorwurf gegen Callactive mag unbewiesen und somit unzulässig sein. Er kommt aber nicht von ungefähr. Wer die Sendungen häufiger sieht, kann zum Beispiel mit einer erstaunlichen Treffsicherheit vorhersagen, ob ein Anrufer, der in die Sendung durchgestellt wird, eine plausible Antwort sagen wird. Je höher die Gewinnsumme, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass ein durchgestellter Anrufer auflegt oder grotesk falsch antwortet — und das gilt unabhängig vom Schwierigkeitsgrad der Frage.

Bei call-in-tv.de lassen sich Dutzende Protokolle von Callactive-Sendungen nachlesen, die nach folgendem Muster ablaufen: Eine vergleichsweise leichte Frage wird über lange Zeit gespielt. Alle Anrufer, die in den ersten Stunden durchgestellt werden, geben falsche oder gar keine Antworten ab. Kurz vor Ende der Sendung wir die Gewinnsumme reduziert. Zehn Sekunden vor Schluss kommt ein Anrufer durch und nennt die richtige Antwort.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich diese für Callactive extrem profitablen Abläufe und Muster zufällig ergeben, ist gering. Und erstaunlich ist auch, dass zum Beispiel beim großen Konkurrenten 9live, der es mit der Transparenz und Fairness auch nicht immer so genau nimmt, solch merkwürdige Anrufe viel seltener auftreten als bei den Callactive-Sendungen.

Callactive führt die Zuschauer und die Medien systematisch in die Irre, ihr Geschäftsführer Stephan Mayerbacher verbreitet höchst unplausible Stellungnahmen, und die Sendungen verstoßen kontinuierlich gegen die Gewinnspielregeln der Landesmedienanstalten. Dennoch kann ich Callactive keinen Betrug nachweisen und unterstelle ihn der Firma deshalb auch nicht. Aber um den Verdacht zu bekommen, dass es in den Callactive-Sendungen möglicherweise nicht mit rechten Dingen zugeht, muss man meiner Meinung nach kein Verschwörungstheretiker und kein Callactive-Feind sein. Man muss sich nur die Sendung angucken und staunen.

Dass Callactive sich mit dieser Klage als Opfer darstellt und nicht als Täter, halte ich für grotesk.

(Kommentare aus naheliegenden Gründen geschlossen.)

CallActive will Kritiker mundtot machen

Es ist ja nicht nur 9Live.

Da gibt es auch noch Stephan Mayerbacher und seine Firma CallActive, die täglich im Auftrag von MTV dubiose Anrufsendungen produziert. Zu den Spezialitäten seiner Sendungen, die von Frauen moderiert werden, die man nicht „Animösen“ nennen darf, gehört es, über einen längeren Zeitraum mit sehr hohen Gewinnsummen zu locken, die später wieder reduziert werden. Während der Phasen mit hohen Gewinnsummen wird oft niemand durchgestellt. Oder, wenn doch, ist auffallend oft niemand dran, jemand legt sofort wieder auf, der Anrufer ist nicht zu verstehen oder er gibt (selbst bei leichten Rätseln) eine grotesk falsche Antwort.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich diese merkwürdigen Anrufe zufällig zu diesen für CallActive günstigen Zeiten so ballen, ist gering. Wer die Sendungen häufig sieht, kommt fast zwangsläufig auf den Gedanken, diese Anrufe würden vom Veranstalter gefälscht.

Als im Forum call-in-tv.de, das sich intensiv mit den entsprechenden Shows beschäftigt, diese merkwürdigen Anrufe aus naheliegenden Gründen „Fake-Anrufe“ genannt wurden, ging Stephan Mayerbacher aus ebenso naheliegenden Gründen dagegen vor. Marc Doehler, Betreiber des Forums, musste eine Unterlassungserklärung abgeben. Nun ja: Der Beweis, dass es sich wirklich um „Fake-Anrufe“ handelt, ist schwer und wäre wohl nötig.

Um zu verhindern, dass andere Forennutzer weiter das verbotene Wort benutzten, baute Doehler in das Forum eine Sperre ein: Begriffe wie „Fake-Anrufer“ werden von der Software automatisch in „verwirrte Anrufer“ umgewandelt.

Dennoch wurde Doehler gestern wieder von CallActive abgemahnt. Meyerbachers Anwalt schreibt:

„Inzwischen hat sich (…) auf der Website der Begriff ‚verwirrte Anrufer‘ als Synonym für ‚Fake-Anrufer‘ durchgesetzt. Jeder User weiß, dass mit ‚verwirrte Anrufer‘ tatsächlich ‚gefakte‘ Anrufe gemeint sind, und die User benutzen inzwischen den Begriff ‚verwirrte Anrufer‘ auch entsprechend.

Bei den von unserer Mandantin produzierten Programmen gibt es keine gefälschten bzw. gefakten Anrufe. Durch die bewusste Verwendung des Wortes ‚verwirrte Anrufer‘ für ‚Fake-Anrufe‘ behaupten Sie aber gerade dies.“

Doehler wird aufgefordert, es künftig zu unterlassen,

„unter Bezug auf Quizsendungen in den Fernsehprogrammen VIVA plus [gemeint ist vermutlich Viva], NICK oder Comedy Central, zu behaupten und/oder behaupten zu lassen,

dort gäbe es ‚verwirrte Anrufer‘, insbesondere wenn dieser Begriff ‚verwirrte Anrufer‘ als Synonym für ‚Fake-Anrufe‘ verwendet wird.“

Als Gegenstandswert haben die Anwälte 50.000 Euro festgelegt; allein für die Abmahnung verlangen sie daher von Doehler 1379,80 Euro.

Nachtrag: Marc Doehler wird die geforderte Unterlassungserklärung nach Angaben seines Anwaltes nicht abgeben.

Callactive: Kleiner Realitätscheck

Ich habe mit Callactive-Geschäftsführer Stephan Mayerbacher auch deshalb ein Interview geführt, weil ich gespannt war, was für Antworten jemand gibt, der so offensichtlich sein Geld damit verdient, andere Leute in die Irre zu führen. Außerdem hilft es, wenn man den Hütchenspieler-Alltag, den man täglich im Fernsehen verfolgen kann, nicht nur mit dem eigenen Rechtsempfinden, sondern auch mit den Aussagen der Verantwortlichen kontrastieren kann.

Ich habe Mayerbacher zum Beispiel gefragt, ob er sich erklären kann, warum seine Moderatoren immer wieder zu glauben scheinen, die Sendung sei deutlich vor der angegebenen Sendezeit zuende — was nicht ganz unwesentlich ist, weil der regelmäßige Zuschauer irgendwann ahnt, dass es vermutlich erst am Ende der Sendung einen Gewinner geben wird, und vielleicht nicht früher anruft. Mayerbacher antwortete mir: „Dies konnten wir so noch nicht feststellen.“

Gerade eben, um 23.52 Uhr, sagte die diensthabende „Quiz Zone“-Moderatorin den Satz: „Unsere offizielle Sendezeit ist um 12 Uhr zuende.“ Ach? Die „Quiz Zone“ endet sowohl offiziell als auch tatsächlich erst einige Minuten nach Mitternacht.

Sekunden später, also immer noch über zehn Minuten vor Ende der Sendung, scheint bei einer Gewinnsumme von 5000 Euro ein Anrufer in die Sendung durchgestellt zu werden. Um diese Zeit und zu diesem Preis gewinnt ungefähr nie jemand in der „Quiz Zone“. Jeder, der die Sendung häufiger guckt, würde deshalb größere Summen darauf verwetten, dass kein Anrufer mit der richtigen Antwort am Telefon sein wird. Und tatsächlich: Es ist niemand in der Leitung. Man bekommt als regelmäßiger „Quiz Zone“-Zuschauer fast zwangsläufig den Verdacht, dass diese Anrufe nicht echt sind und nur dazu dienen, die Illusion aufrecht zu erhalten, man habe auch um diese Zeit eine Chance durchzukommen. Aber das wäre ja Betrug, und Stephan Mayerbacher, der ein ehrenwerter Mann ist, droht jedem mit einer Abmahnung, der behauptet, es handle sich um Betrug.

Auf meine Frage, warum Callactive regelmäßig die hohen Gewinnsummen, mit denen über lange Zeit zum Anrufen verführt wird, reduziert, bevor ein Gewinner durchgestellt wird, erweckte Mayerbacher den Eindruck, Callactive reduziere den Preis nur, wenn auch die Aufgabe leichter wurde. Am heutigen Abend reduzierte Callactive die Gewinnsumme von 5000 über 3000 auf 1000 Euro, ohne dass sich am Schwierigkeitsgrad der Aufgabe oder dem Spielmodus irgendetwas verändert hatte.

23.57 Uhr. Die Moderatorin sagt, „Ich muss jetzt hier gleich raus. Denn die Sendung ist zuende. Offizielle Sendezeit ist um 12 Uhr vorbei.“

0.02 Uhr, immer noch kein Gewinner. Die Moderatorin sagt: „Eigentlich habe ich mittlerweile Feierabend. Um 12 Uhr ist die offizielle Sendezeit vorbei.“

Und Mayerbacher schreibt mir: „Wir halten alle Regeln [der Landesmedienanstalten] ein. Alle Mitarbeiter und Moderatoren kennen die Regeln und erhalten regelmäßige Schulungen. Die Sendungen und unsere internen Standards unterliegen einer strengen Prüfung.“ Jetzt wüsste ich gerne, ob er dabei gelacht hat.

Call-TV: „Wir halten alle Regeln ein“

Die Münchner Firma Callactive produziert für die MTV-Gruppe Anrufsendungen mit Methoden, die selbst 9Live als unseriös ablehnt. Andererseits: Wenn ein Hütchenspieler einen anderen anschwärzt, muss dahinter nicht unbedingt die Sorge stecken, dass Passanten übers Ohr gehauen werden.

Im Gegensatz zu 9Live hat Callactive-Geschäftsführer Stephan Mayerbacher auf meine (per E-Mail gestellten) Fragen ausführlich geantwortet. Ich dokumentiere Fragen und Antworten unkommentiert und habe nur nachträglich Links in meine Fragen eingefügt.

Stephan Mayerbacher ist Geschäftsführer der Callactive GmbH, die knapp zur Hälfte ihm und gut zur Hälfte Endemol gehört. Nach eigenen Angaben produziert das Unternehmen im deutschsprachigen täglich über 14 Stunden Anrufsendungen. Dazu gehören „Quiz Zone“ (täglich ca. zwei Stunden vor Mitternacht auf dem Kindersender Nick) und „Money Express“ (täglich drei Stunden nach Mitternacht auf Viva und Comedy Central).

Fühlt sich Callactive an die „Anwendungs- und Auslegungsregeln der Landesmedienanstalten für die Aufsicht über Fernseh-Gewinnspiele“ gebunden?

Absolut. Wir halten alle Regeln ein. Alle Mitarbeiter und Moderatoren kennen die Regeln und erhalten regelmäßige Schulungen. Die Sendungen und unsere internen Standards unterliegen einer strengen Prüfung.

Was erwarten Sie sich von dem Treffen mit den Landesmedienanstalten am 3. Mai? Welches Ergebnis wünschen Sie sich?

Eine einheitliche Regelung und Auslegung für alle Call TV Sender und Produzenten hinsichtlich Jugendschutz, Einhaltung der Mitmachregeln und transparentem und fairem Mitmachfernsehen.

Peter Widlok von der Landesanstalt für Medien NRW sagt: „Die Sender bewegen sich nah an dem, was man Betrug nennen könnte.“ Fühlen Sie sich da angesprochen?

Absolut nicht.

Betrug wird laut Lexikon folgendermaßen definiert (recht.straf.bt):

„Betrug ist die Vermögensschädigung eines Dritten durch das Hervorrufen oder Aufrechterhalten eines Irrtums mittels Vorspiegelung falscher oder Entstellung bzw. Unterdrückung wahrer Tatsachen mit Bereicherungsabsicht.“

In unseren Sendungen wird jeder Anrufer über Teilnahmemöglichkeiten, Kosten, Chancen, Schwierigkeitsgrade, Mitmachregeln permanent aufgeklärt. Die Spiele sind fair und transparent und werden von unseren Moderatorinnen anschaulich erklärt. Jeder Mitspieler hat die gleiche Chance, per Zufallsprinzip ausgewählt zu werden und die ausgelobte Gewinnsumme bei richtiger Antwort zu gewinnen.

Glauben Sie, dass es möglich wäre, profitable Call-TV-Sendungen so zu gestalten, dass der Zuschauer nicht über Gewinnchancen, Spieldauer, Spielregeln etc. in die Irre geführt wird? Oder ist diese Form von Täuschung ein notwendiger Bestandteil von Call-TV?

In unseren Sendungen liegt keine Täuschung vor und die Zuschauer werden nicht über die angegebenen Punkte in die Irre geführt. Wir haben in Deutschland insgesamt einen sehr hohen Standard an Transparenz und Fairness. Wir sind aber dennoch bemüht, die Durchführung unserer TV Gewinnspiele fortlaufend zu optimieren und noch transparenter zu gestalten, hierfür dient unter anderem der von Ihnen angesprochene Termin im Mai.

Zu den Besonderheiten der Callactive-Sendungen gehört es, die Zuschauer durch das Versprechen hoher Summen zum Anrufen zu animieren, tatsächlich aber nur deutlich niedrigere Summen auszuspielen. In vielen Callactive-Sendungen werden Anrufer erst dann durchgestellt, nachdem die höhere Gewinnsumme wieder reduziert wurde. Halten Sie es für zulässig, die Anrufer über die Höhe des möglichen Gewinns in dieser Weise zu täuschen? Müssen die Zuschauer nicht zumindest die Chance haben, wie klein auch immer, eine ausgelobte Gewinnsumme auch zu gewinnen?

Dies widerlegen eindeutig unsere täglich ausgespielten Gewinnsummen. Zuschauer werden nicht über den ausgespielten Gewinn getäuscht. Reduzierungen können sich z.B. aus folgenden Gründen ergeben:

  • ein oder mehrere Tipps werden gegeben und die Aufgabe wird somit einfacher, ergo niedrigerer Gewinn
  • anstelle mehrerer Antworten wird nur noch eine (oder weniger als vorher) verlangt
  • es wird eine 50:50 Chance gegeben
  • nach einer falschen Antwort, da sich die weiteren Möglichkeiten entsprechend reduzieren

Die Zuschauer könne auf alle Fälle immer die ausgelobte Gewinnsumme mit einer richtigen Antwort gewinnen, wenn sie per Zufallsmechanismus in diesem Moment ausgewählt wurden

Um die Transparenz weiter zu erhöhen, haben wir in die moderative Nennung der Mitmachregeln, diese erfolgt bei unseren Formaten alle 10 Minuten, folgende Formulierung mit aufgenommen:

„Die DERZEIT ausgelobte Gewinnsumme kann sich verändern!
D.h. sie kann höher oder aber auch niedriger werden. Wenn Sie jedoch im richtigen Moment als Kandidat in unsere Sendung gestellt werden und die richtige Antwort abgeben, haben Sie immer auf die aktuell ausgelobte Gewinnsumme Anspruch“

Diesen Hinweise findet darüber hinaus jeder Zuseher auch in dem unten links laufenden Band, dass während der gesamten Sendungslänge zu sehen ist.

Hierzu auch einmal ein Link zum Forum Call-In-TV, indem unsere Benmühungen um mehr Transparenz auch bereits entsprechend gutiert wurden: http://www.call-in-tv.de/viewtopic.php?p=70857#70857

Auffallend ist bei den Callactive-Sendungen auch, dass sich der Spielablauf Abend für Abend frappierend ähnelt. Dazu gehört, dass fast alle Anrufer, die bei hohen Gewinnsummen durchgestellt werden, entweder sofort wieder auflegen oder (selbst bei einfachsten Spielen) eine falsche Antwort geben. Erst nachdem die Gewinnsumme reduziert wurde und das Ende der Sendezeit erreicht ist, wird ein Anrufer durchgestellt, der die richtige Antwort weiß. Haben Sie eine Erklärung dafür, dass sich an (geschätzt) 9 von 10 Abenden die gleiche, für Callactive äußerst günstige Abfolge von Auflegern, falschen und richtigen Lösungen ergibt?

Hierauf haben wir keinen Einfluss. Wir stellen aber eine ähnliche Anzahl von Auflegern, richtigen und falschen Antworten während des gesamten Sendungsverlaufes und bei allen Spielearten (schwierig, medium, einfach) fest. Genau vor diesem Hintergrund begrüßen wir die Initiative der ProSiebenSat.1 Media AG, die Telefonverbindungsdaten sowie die Gewinnerdaten aller Call TV Anbieter an geeigneter Stelle offenzulegen außerordentlich und sind bereit, dies natürlich auch zu tun, sofern die datenschutz- und telekommunikationsrechtlichen Bestimmungen gewährleistet sind.

Welche Bedeutung hat es, wenn bei „Money Express“ oder „Quiz Zone“ ein Countdown heruntergezählt wird?

Bei einem Countdown wird zum Bespiel der Start einer Uhr eingezählt, auf das Sendungsende hingewiesen, ein Spielwechsel kommuniziert, das Ende eines festgesetzten Zeitraumes moderiert.

Bedeutet eine Einblendung wie „Letzte Chance“, dass es sich um die „Letzte Chance“ anzurufen handelt?

Das ergibt sich aus dem jeweiligen Spielzusammenhang. Es kann sich z.B. um den letzten Anrufer für das jeweilige Spiel handeln, aber auch um die letzte Chance für diese Gewinnsumme, Spielmodi ect.pp.

Können Sie sich erklären, warum Ihre Moderatorinnen und Moderatoren immer wieder zu glauben scheinen, die Sendung sei deutlich vor der angegebenen Sendezeit zuende?

Dies konnten wir so noch nicht feststellen.

Informiert Callactive im Hot-Button- oder Leitungs-Modus den Zuschauer von Beginn des Spiels an darüber, in welchem Zeitrahmen eine Durchstellung vorgesehen ist?

Da wir die Gewinnspielregeln der Landesmedienanstalten befolgen, wird auch dieser Punkt von uns erfüllt. Grundsätzlich werden in unseren Sendungen immer mehrere Zuschauer durchgestellt, es gibt in der Regel mindestens einen Gewinner pro Sendung und es gibt keine Spiele, die länger als 3 Stunden dauern.

Stellt Callactive sofort, wenn ein Zuschauer auflegt, der durchgestellt wurde, einen weitern Zuschauer durch?

Auch hier halten wir uns an die Gewinnspielregeln. Hier sind wir natürlich davon abhängig, dass entsprechend ein neuer Anrufer zur Verfügung steht. Sollte in dieser Zeit niemand in der Leitung sein, erfordert dies entsprechend eine Weile.

Inwiefern erhöhen mehrere „geöffnete Leitungen“ die Chance, in die Sendung durchgestellt zu werden? Ich verstehe das Prinzip des Hot Buttons so, dass ein Redakteur zu einem bestimmten Zeitpunkt jemanden, der gerade in der Leitung ist, zufällig auswählt. Die Zahl der durchgestellten Anrufer erhöht sich also nicht durch mehr Leitungen. Sehe ich das falsch?

Natürlich kann auch bei einem Leitungsspiel Modus immer nur ein Zuschauer durchgestellt werden und gewinnen.

Zum allgemeinen Verständnis die auch in unseren Mitmachregeln veröffentlichten Spielregeln des Leitungs-Hot-Button:

Spielmodus „Leitungs-Hot-Button“

Wie im Anrufbeantworter-Modus geht es in diesem Modus darum, die bzw. eine der durch Bildschirmeinblendungen kommunizierte(n) oder von den Moderatoren genannte(n) Gewinnleitung(en) zu erreichen. Im Unterschied zum Anrufbeantworter-Modus ist es allerdings erforderlich, die Leitung genau zu dem Zeitpunkt zu treffen, in dem die jeweilige Gewinnleitung aktiviert wurde. Der erfolgreiche Anrufer wird auch in diesem Fall direkt und unmittelbar in die Sendung gestellt und erhält die Chance auf einen Gewinn.

Für alle Fälle gilt: Anrufer, die nicht zu den ausgewählten Teilnehmern gehören, erhalten eine entsprechende Ansage. Sollte der Anrufer ein Besetzt-Zeichen hören, was in sehr seltenen Fällen vorkommen kann, findet eine Tarifierung des Anrufs nicht statt.

Zuletzt, falls Sie solche Zahlen herausgeben oder wenigstens die Größenordnungen nennen: Wieviel Umsatz macht Callactive mit den Sendungen auf den MTV-Sendern? Wieviele Gewinne schütten Sie an die Zuschauer aus?

Grundsätzlich machen wir keine Angaben zu segmentbezogenen Umsätzen mit unseren Auftraggebern, gerne nennen wir aber unsere Gewinnsummen.

Beispielhaft haben wir den Monat Februar 2007 herangezogen. Callactive hat im Format Money Express pro Stunde durchschnittlich € 2.480 ausgespielt. Zum Vergleich, nach unseren Erhebungen, waren dies bei Call TV Marktführer 9Live € 2.630 pro Stunde
(Berechnung: Gewinnsummen der jeweiligen Sender/Formate durch die Anzahl der Call TV Gesamtstunden).

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