Wenn Kinder sterben, schlägt die große Stunde der Inken Ramelow.
Im „Stern“ steht ihr Name über Artikeln wie „Die Mutter, die ihre fünf Söhne tötete“ und dem Stück „Und alle haben es geahnt…“, das von dem elenden Leben und Sterben des zweijährigen Tim handelt und mit einem großen Foto aufgemacht ist. Unter dem Bild, das Ramelow wohl besorgt hat, ist zu lesen:
Tim, nur mit Höschen und Strümpfen bekleidet, versucht, sich ein T-Shirt anzuziehen.Auf seiner linken Wange, dem Ellenbogen und dem Oberarm sind blaue Flecken zu erkennen. Die Aufnahme stammt aus der Kamera des Mannes, der ihn getötet haben soll, sie entstand drei Tage vor Tims Tod.
In „Bild“ erscheint 2005 ein Artikel von ihr: „Verhungerte Jessica — jetzt spricht ihr Bruder (15): Sperrt meine Mutter für immer weg!“. Ein echter Scoop.
Zwei Wochen später formuliert Ramelow, ebenfalls in „Bild“, über den gleichen Fall:
Jessicas Vater hat eine Säuferleber. Das heißt, er kann sich vielleicht damit rausreden, im Dauersuff gewesen zu sein, während das Kind verhungerte. Für Jessicas Mutter wird es schwieriger. Sie trinkt wenig, warum wurde sie zur Horrormutter?
Verdacht: Weil sie selber eine hatte …
Im Rest des Artikels erklärt sie die Mutter der damals Tatverdächtigen dann mithilfe exklusiver Aussagen ihres Ex-Ehemanns öffentlich zur Horrormutter.
Auch der Gerichtsmediziner in diesem Fall sprach zuerst mit Hamburg On Air, der Firma von Inken Ramelow, und dann erst im Gericht. Die „Süddeutsche Zeitung“ zitierte später den Staatsanwalt mit den Worten: „Wenn wir vorher davon gewusst hätten, wäre dieses Gespräch untersagt worden.“
Die „B.Z.“ verdankt Ramelow Artikel wie: „Irrwege der Liebe — In diesem Bad erschlug ihr Freund ihr Baby. Sie will ihn trotzdem heiraten“, für „Bild“ schrieb sie: „Mein Nachbar ist ein riesiges SEX-Ferkel — Gestern wurde er festgenommen“ — und lieferte gleich die Fotos: „Heimlich aufgenommen: So zeigte sich das Sexferkel jeden Sonntag an seinem Wohnzimmerfenster“.
Bilder sind das Hauptgeschäft von Hamburg On Air, und nach eigenen Angaben gehört nicht nur die halbe private Medienszene Deutschlands zu den Abnehmern der Firma, sondern auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen. (Ich würde mich nicht wundern, wenn das ZDF mit seinem Gaffermagazin „Hallo Deutschland“ einer der besten Kunden wäre.)
Natürlich ist es nicht immer ganz leicht, an diese tollen Aufnahmen zu kommen, die alle sehen wollen. Hier zum Beispiel versucht ein rücksichtsloser Pastor (zweiter von rechts) einfach zu verhindern, dass Inken Ramelow (rechts) und ihr Kamermann gegen den Willen der Familie auf den Friedhof gehen, um die Beerdigung der neun Monate alten Lara filmen zu können:
- Das NDR-Medienmagazin „Zapp“ hat Inken Ramelow und ihren Arbeitsmethoden einen eigenen Beitrag gewidmet.
(Inken Ramelow hat „Zapp“ übrigens mitteilen lassen, ihr Job sei das Fragenstellen und nicht das Beantworten von Fragen. Lustig, das sehen ihre Freunde vom „Stern“ genauso.)
Nachtrag, 24. April. Der NDR hat das Video aus dem Netz genommen.
Nachtrag, 28. April 2013. Nach meinem Eindruck hat sich Frau Ramelow jetzt seit einigen Jahren von dieser Form des Journalismus verabschiedet.