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„Seltsame Selbstverliebtheit und Hochmut“

Die „Tagesspiegel“-Redakteurin Tissy Bruns, die ich für ihre Bemerkungen bei einer Diskussionsrunde vor ein paar Tagen kritisiert habe, antwortet in den Kommentaren auf meine Kritik :

Lieber Kollege Niggemeier,

nach Lektüre Ihrer Kritik am letzten Medienquartett und der folgenden Kommentare zu “Blinde…” ist mir noch etwas klarer geworden, warum die FAS vor zwei oder drei Wochen danach gefragt hat, warum die Blogger in der öffentlichen Debatte noch immer nicht die Rolle spielen, die sie selbst und andere sich davon erwartet haben.

Ich kritisiere seit ewig und drei Tagen die Selbstbezogenheit meiner eigenen Berufsgruppe öffentlich – die Blogger-Szene steht uns in dieser Hinsicht leider in nichts nach, im Gegenteil. Die Unkenntnis, die Sie mir oder Herrn Bissinger aus zwei gekürzten Passagen nachweisen, um dann die Sendung abzuschalten, ist schon von einer seltsamen Selbstverliebtheit und einem Hochmut, der weder dem Anspruch noch der Wirkung der Blogger entspricht. Herr Floto hat mich nach Leserreportern und Blogs gefragt, und ich habe so geantwortet, wie durchschnittliche Leute diese Begriffe verstehen. Ist Ihnen nicht bewusst, dass „Blogs“ in strenger Definition keineswegs landläufig bekannt sind? Die meisten Leute verstehen darunter immer noch, dass es sich um Schreiber im Internet handelt; im Verhältnis zu Zeitungen eben alle, die sich Online zu Zeitungsinhalten äußern.

Selbstverständlich kenne ich die Tagesspiegel-Blogs, die der Kollegen Wergin und Fetscher schätze ich zum Beispiel sehr. Weil ich sie kenne, weiß ich auch, dass ich sie nicht täglich lesen muss. Es lohnt sich nämlich nicht immer und das ist keine Kritik an den Kollegen, sondern eine einfache Feststellung. Täglich lese ich allerdings das Online-Echo auf die Zeitung. Und ich gestehe: Mit gemischten Gefühlen.

Ich staune, dass die mediale Avantgarde so empfindlich ist, dass sie nicht einmal 45 Minuten kritische Debatte über sich selbst aushält, dafür aber umso kräftiger austeilt. Ob das ein Gewinn für den Journalismus ist, wenn ausgeteilt wird wie im Boxverein, es beim Einstecken aber zugeht wie im Mädchenpensionat ? Da glaube ich doch lieber an die Blogger, die wirklich in die öffentliche Debatte eingreifen und empfehle, nur zum Beispiel, den Artikel über die rumänischen Blogger in der FAZ vom 28. Mai 2007.

Mit kollegialen Grüßen
Tissy Bruns