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Durch die Nacht mit… Heye und Spreng

Heute Abend läuft eine neue Folge der arte-Reihe „Durch die Nacht mit…“. Diesmal treffen sich in Berlin Uwe-Karsten Heye (links, früher Regierungssprecher unter Gerhard Schröder, heute „Vorwärts“-Chefredakteur) und Michael H. Spreng (rechts, früher Berater von Kanzlerkandidat Edmund Stoiber, ganz früher „Bild am Sonntag“-Chefredakteur). Sie kaufen einander Krawatten, gehen was essen, lassen sich von StudiVZ erklären, was „Gruscheln“ ist (und nehmen davon Abstand, es mit Angela Merkel oder Frank-Walter Steinmeier zu tun), besuchen das Kreativen-Netzwerk „Platoon“, besichtigen mit Klaus Staeck dessen Retrospektive, fahren mit dem SPD-Fahrstuhl in die Reichstagskuppel, schauen sich mit Peter Frey das ZDF-Studio von „Berlin direkt“ an und trinken am Ende noch ein Bier mit Jörg Thadeusz.

Das ist ein bisschen viel Programm, nicht nur für die beiden älteren Herren, die beim Finale in der Kneipe — weit, weit nach Mitternacht — arg in den Seilen hängen, sondern auch für die Zuschauer. Doch trotz dieser Atemlosigkeit ist der Film von Edda Baumann-von Broen eine sehr unterhaltsame Stunde Fernsehen, und das liegt vor allem an Michael Spreng.

In einer kleinen Podiumsdiskussion nach der Pressevorführung behauptete der zwar, dass es nur am Schnitt liege, dass die Dokumentation den Eindruck erwecke, als würde er alle anderen an die Wand quatschen, aber vermutlich glaubt er das nicht einmal selbst. Ganz ähnlich wie in seinem Blog sprengsatz.de (aus dem er begeistert selbst seinen Lieblingsspruch von „Frau Dr. Angela Merkel, Chefärztin für politische Anästhesie“ zitiert) spürt man bei ihm immer wieder die Lust, ohne die Zwänge einer Verlags- oder Parteiräson kommentieren und frotzeln zu können. Er mag konservativ sein, vor allem aber ist er unabhängig — und genießt es, das zu beweisen. Er sagt, er blogge „gleichermaßen verletztend gegen jedermann“.

Vergnügt liest er die bösartigen Sprüche über Merkel und Steinmeier auf deren StudiVZ-Pinnwänden vor, lästert über den Starschnitt von Franz Müntefering im „Vorwärts“ und die Arschlochhaftigkeit der großen Wirtschaftsbosse und erzählt, dass Politiker in den letzten sechs Wochen „nur noch gute Nachrichten hören“ wollen.

Dann kritisiert er die blöden Plakate im Europawahlkampf, und als Christoph Frank von „Platoon“, deren Philosophie ihm sichtlich suspekt ist, sagt, dass er die aggressiven Motive der SPD ganz gelungen fand, duldet er keinen Widerspruch: Nein, das sei falsch, in einer Weltwirtschaftskrise negative Werbung zu machen, ein Fehler, falsch, falsch. Er lässt sich auch nicht darauf ein, dass man da vielleicht unterschiedlicher Meinung sein könne, und sagt dann ziemlich wörtlich den wunderbaren Satz: „Ich sage das nicht, weil ich klüger bin, sondern weil ich Recht habe.“ (Nachtrag: Naja, ich hab’s ein bisschen verkürzt.)

Mit Klaus Staeck dagegen diskutiert er gar nicht mehr, sondern setzt sich unauffällig ab. Die beiden hatten aber auch keinen guten Start: Der Künstler verwechselte ihn mit dem grobschlächtigen Hans-Hermann Tiedje, einen konservativen Strippenzieher ganz anderer Art. „Tiedje? Den Vergleich lehne ich ab“, sagt Spreng. „Da besteht ein wesentlicher kultureller Unterschied.“

Auf der Pressekonferenz erzählte er später noch, dass es von Anfang an keine glückliche Beziehung war zwischen ihm, dem „BamS“-Chef, und Tiedje, der damals die „Bild“ leitete. Sie waren essen in einem Restaurant, und „Tiedje hat erst meinen Salat genommen und dann meine Serviette“, erzählt Spreng. „Dabei hat er mir zwei Stunden lang erzählt, wie ich die ‚Bild am Sonntag‘ machen sollte.“ Wunderbare Freundschaften beginnen anders.

  • „Durch die Nacht mit Heye und Spreng“
    noch bis kommenden Donnerstag auf arte.tv.