Schlagwort: Varoufake

Was ich durch #Varoufake gelernt habe

Folgendes ist sicher wahr: Ich habe mir zu sehr gewünscht, dass die Geschichte stimmt, dass Jan Böhmermann und sein „Neo Magazin Royale“-Team die ganze Welt verladen haben und das Video, aus dem „Bild“ und „Günther Jauch“ und alle die ganze absurde Aufregung gesaugt haben, gefälscht haben. Es passte mir zu sehr in den Kram, meine Schadenfreude war zu groß, und den ein oder anderen Tweet von letzter Nacht hätte ich im Nachhinein lieber nicht abgesetzt. (Auch wenn ich, ganz unabhängig von der Frage, was nun das „Fake“ ist, tatsächlich gern die roten Flecken in den Gesichtern bei „Bild“, ARD und Co. gesehen hätte, die hektischen Anrufe: „Das kann nicht sein, oder? Ihr habt das jetzt aber wirklich nochmal geprüft, oder?“)

Ich habe zwar immer wieder darauf hingewiesen, dass ich mir überhaupt nicht sicher bin, ob die Behauptung der Fälschung nicht die eigentliche Fälschung ist, aber tatsächlich war es so, wie ich es im Blogeintrag angedeutet habe: Im Zweifel hat der Komiker, Satiriker und Berufs-in-die-Irre-Führer Jan Böhmermann bei mir mehr Glaubwürdigkeit als die komplette Medienmeute, insbesondere wenn sie von „Bild“ und „Günther Jauch“ angeführt wird. Das war so, und das ist auch heute noch so.

Ich traue Böhmermann zu, das alles von langer Hand organisiert und orchestriert zu haben. (Auch wenn inzwischen alles dafür spricht, dass er erst im Nachhinein auf den Zug aufgesprungen ist.) Denn er hat ja, wenn auch diverse Nummern kleiner, schon bewiesen, dass er es kann.

Und ich traue es dem Medienbetrieb zu, auf ein solches Fake hereinzufallen, denn dass es jeder Unsinn schafft, von vermeintlich professionellen Journalisten weitererzählt zu werden, lässt sich nun auch fast jeden Tag beweisen. Und dass weder Günther Jauch noch „Bild“ mit dem Inhalt des Videos korrekt umgegangen sind, ist eine Tatsache, ebenso wie die, dass „Bild“ es unter grotesken Verdrehungen und Auslassungen als üble Hetze benutzt.

Böhmermanns Coup ist in vielerlei Hinsicht entlarvend. Er persifliert unsere Obsession mit unwichtigen, aber griffigen Nebensächlichkeiten (mit dem fast tragisch-ironischen Nebeneffekt, dass er die Beschäftigung mit dieser lächerlichen Geste nun noch einmal intensiviert hat); er kritisiert die Skandalisierungs-Mechanismen von Menschen und Medien, den Umgang mit vermeintlichem Beweismaterial, die Kampagne gegen einen missliebigen Politiker und eine ungewünschte Politik, die Reduzierung einer komplexen Debatte auf eine Geste. Aber er zeigt auch, wie bereitwillig wir Dinge glauben, die wir glauben wollen, und das betrifft im konkreten Fall auch: mich.