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Klickdoping mit 16 Buchstaben

Ja, das wirkt sehr unspektakulär, das „gute alte Kreuzworträtsel“, das „Welt Online“ seinen Lesern täglich neu präsentiert. Der Clou ist unsichtbar: Das Spiel ist so programmiert, dass jeder einzelne Buchstabe, den ein Leser hier einträgt, als ein Seitenaufruf zählt. Eine einzelne Kniegeige verbessert die Bilanz von „Welt Online“ um fünf PageImpressions; wer das Rätsel komplett löst, produziert über 100 PageImpressions mindestens.

Das ist eine stattliche Zahl verglichen mit den Klicks, die sich durch einzelne Artikel oder sogar Bildergalerien produzieren lassen — vom minimalen Aufwand ganz zu schweigen. Und deshalb ist der Trick auch keine exklusive Erfindung von „Welt Online“. Der Online-Auftritt der „Süddeutschen Zeitung“ hat sein Sudoku genauso produziert: Jede einzelne Zahl, die in das Gitter eingetragen wird, wird als kompletter Seitenaufruf der IVW übermittelt, deren Werte die Standardwährung im Online-Werbegeschäft sind.

Dasselbe gilt für dieses Sudoku der „Zeit“:

Das Puzzle „Klick it like Beckham“, das sueddeutsche.de in immer neuen Varianten auflegt, ist sogar so programmiert, dass jeder Spielzug gleich zwei Klicks produziert:

Mit allen Mitteln versuchen die Online-Medien die Zahl ihrer PageImpressions künstlich in die Höhe zu treiben, denn diese Zahl wird gerne fälschlicherweise für eine Messgröße für Erfolg und gar Qualität gehalten. Die Vermarkter werben mit ihr, Medienjournalisten erstellen Rankings und küren Sieger und Verlierer.

Das künstliche Aufblähen dieser Zahlen durch entsprechend programmierte Rätsel und Spiele widerspricht dabei nach Ansicht der IVW nicht einmal ihren Regeln. Danach gilt als PageImpression zwar nur, wenn durch die Aktion eines Nutzers (also einen Klick oder eine Eingabe) „eine wesentliche Veränderung des Seiteninhaltes“ bewirkt wird. Aber wenn da in einem Kreuzworträtsel nicht mehr „CELL“, sondern „CELLO“ steht, sieht die IVW darin schon eine „wesentliche Veränderung des Seiteninhaltes“.

Und man kann sich nicht einmal darauf verlassen, dass die auf diese Weise massenhaft produzierten PageImpressions in der IVW-Statistik unter „Spiele“ ausgewiesen werden. Die Medien dürfen sie auch als „redaktionellen Content“ deklarieren, in der Rubrik „Entertainment & Lifestyle“, als handele es sich um journalistische Inhalte. Das Sudoku von „Zeit Online“ zum Beispiel lässt auf diese Weise das redaktionelle Angebot attraktiver erscheinen als es ist.

Hans-Jürgen Jakobs, Chefredakteur von sueddeutsche.de, mag darin kein Problem sehen: „Wie Sie wissen, bieten viele Zeitungen und Zeitschriften auf Papier Rätsel- und Sudoku-Ecken an, weil sie zurecht davon ausgehen, hier auf Publikumsinteresse zu stoßen. Sollen wir solche Formen ignorieren? Geht es nicht immer daran, eine Mischung anzubieten — aus Information, Investigation, Bildung und auch Unterhaltung?“

Per E-Mail teilte er mit mit: „Seien Sie versichert, dass wir uns — so wie die FAZ — ganz nach den Vorgaben der IVW richten.“ Nun ja: Die IVW hat angekündigt, eine frühere Version von „Kick it like Beckham“ kritisch zu überprüfen. Es handelte sich um eine Art Puzzle, das selbst dann eine PageImpression zählte, wenn das Puzzlestück, das der Leser einzusetzen versuchte, nicht passte und zurück an seinen alten Platz schnappte. Das entspricht womöglich nicht einmal nach Ansicht der IVW einer „wesentlichen Änderung“.

Auf meine Frage, ob er sich vorstellen kann, auf solches Klickdoping zu verzichten, wenn sich andere Verlage auch dazu verpflichten — analog seiner Forderung nach gemeinsamen Beschränkungen der Suchmaschinen-Manipulation — antworte Jakobs klar mit Nein: „Spiele habe ich nicht gemeint.“

In der Pressestelle der Axel-Springer-AG stellt man sich dumm, was die Problematik dieser Art von Klickdoping angeht, und erklärt, mein Anliegen „verwundere“ die Kollegen von „Welt Online“. Verlagssprecher Dirk Meyer-Bosse fügt hinzu: „Wir bewegen uns mit all unseren Angeboten auf WELT ONLINE, also auch mit Online-Spielen, voll und ganz im Rahmen der Richtlinien der IVW, mit der wir auch im engen Austausch stehen“.

Was Meyer-Bosse nicht sagt: Dieser „enge Austausch“ kann auch darin bestehen, dass die IVW die Zählung beanstandet. Neulich stellte sich heraus, dass „Welt Online“ die Klicks, die das Kreuzworträtsel generierte, als Zugriffe auf „Nachrichten“ auswies. Sicher waren die Kollegen von „Welt Online“ verwundert, als das herauskam.

Der Sprecher deutet aber zumindest begrenzte Aussagekraft der IVW-Zahlen an, indem er sagt, für „Welt Online“ sei „die wichtigste Zählgröße die AGOF“, eine repräsentative Studie, die aus verschiedenen Erfassungsmethoden die Reichweite der Online-Medien berechnet. (Das hindert Springer natürlich nicht, mit den durch groteske Klickstrecken und eben Kreuzworträtsel aufgepumpten PageImpressions regelmäßig zu prahlen.)

Im vertraulichen Gespräch räumen Verantwortliche von Online-Medien durchaus ein, dass das IVW-Verfahren Unsinn ist und die Zahlen nur noch wenig Aussagekraft haben. Auch bei der IVW sieht man die Notwendigkeit zur Reform. „Alle sind sich darüber im Klaren, dass wir daran gehen müssen“, sagt Online-Bereichsleiter Jörg Bungartz, der von einer „sich verschärfenden Problematik“ spricht. Als Beispiel nennt er auch Videos, die so programmiert sind, dass es schon als PageImpression gewertet wird, wenn der Zuschauer zwischendurch bloß die Pausetaste drückt. Immer wieder stelle sich die Frage: „Ist es das, was wir zählen wollen?“ Die IVW wolle aber nicht voreilig die Definitionen ändern, um einzelne Lücken zu schließen, sondern arbeite an einer zukunftssicheren Reform. Die ist für nächstes Jahr geplant.

Die Zeit, bis es soweit ist, können Sie ja nutzen, um bei faz.net ihr Gehirn zu trainieren, zum Beispiel mit dem Silbenrätsel. Und ärgern Sie nicht, wenn Sie Fehler machen. Jeder einzelne Klick, sogar ein falscher, zählt als PageImpression und poliert die Online-Bilanz von faz.net auf. Das ist doch auch was.

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Sollen wir die schönsten Zahlen zwischen 1 und 10 000 bringen? Oder hundert Bauchnabel? Wie der Online-Journalismus seine Autorität verspielt.

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Das erste Opfer des modernen deutschen Online-Journalismus ist die Tabelle. Sicher, das schien mal eine praktische Erfindung der Menschheit zu sein: die Möglichkeit, Informationen in Zeilen und Spalten anzuordnen, so dass man sie auf einen Blick erfassen und gut vergleichen konnte. Aber für die Online-Optimierer von heute ist schon die Formulierung „auf einen Blick“ ein klarer Hinweis, dass da etwas verschenkt wird. Klicks.

Und so sitzen in den Redaktionsräumen der großen Online-Medien jeden Tag Menschen und machen aus Tabellen Bildergalerien, notfalls auch ganz ohne Bilder. Bei „Welt Online“ sind sie besonders fleißig. In einem Artikel über angebliche „Koks-Hochburgen“ haben sie eine Übersicht gebaut, wie sich die Rückstände der Droge in den Flüssen verschiedener Städte in den vergangenen Jahren entwickelt haben. Obwohl, „Übersicht“ trifft es nicht: Auf jeder Seite steht nur eine Stadt. Die nächste Stadt erscheint nicht darunter, sondern auf der nächsten Seite. Wer versucht, hier die verschiedenen Werte miteinander zu vergleichen, wird nicht glücklich werden — aber die Vermarkter von „Welt Online“ glücklich machen: Mindestens 27 Klicks produziert er, wenn er dumm, gelangweilt oder interessiert genug ist, sich durch die ganzen Zahlen zu klicken.

Und es braucht nicht einmal eine richtige Tabelle für diese Art der Inflation. Eine bloße Liste tut es auch. Aktuell etwa die „Liste der 100 gefährlichsten Internetseiten“. „Welt Online“ hat jede Adresse, ohne jegliche weitere Information, auf eine eigene Seite geschrieben. Hundert Seiten, hundert Klicks. Man kann die „Liste“ deshalb auch nicht ausdrucken, um sie sich, was nützlich wäre, neben den Computer zu legen — es wäre ein hundertseitiges Buch mit viel Raum für Notizen.

Die Informationen sind, wie in Hunderten, wenn nicht Tausenden ähnlichen Fällen auf ähnlichen Seiten, nicht als Service aufgemacht, sondern im Gegenteil: so, dass es möglichst beschwerlich ist, an sie heranzukommen. Entsprechend laut ist das Murren in den Kommentaren unter dem Artikel. Reihenweise beschweren sich Leser, dass die (ohnehin zweifelhaften und von einer „Fachzeitschrift“ namens „Computer-Bild“ abgeschriebenen) Angaben nicht als Tabelle präsentiert wurden. Einer gratuliert zur „schwachsinnigsten Galerie des Jahres“ und regt an, als Nächstes in dieser Form „die 500 schönsten Zahlen bis 10.000“ zu präsentieren.

Die Kritik verhallt ohne Antwort. Entweder weil die Online-Leute längst verinnerlicht haben, dass sie nicht für die Leser arbeiten. Oder weil sie schon diskutieren, ob die „2192“ oder „2193“ schöner ist und man nicht besser gleich die 10 000 schönsten Zahlen bis 10 000 präsentieren sollte.

„Welt Online“ ist damit nicht allein. Aber „Welt Online“ hat Monate rasanten Wachstums hinter sich und gilt im Augenblick mit seinen Besucher- und Klickzahlen als einer der erfolgreichsten Ableger klassischer Medien. Offiziell wird das mit der „Online First“-Strategie erklärt, wonach auch Zeitungsinhalte sofort, noch vor der Belichtung, im Internet veröffentlicht werden. Doch abgesehen davon, dass die „Welt“ diese Strategie keineswegs so konsequent betreibt, wie sie behauptet, ist die Erklärung abwegig. „Welt Online“ besticht nicht durch Qualität, sondern pure Masse.

Zu den Spezialitäten gehört eine 333-teilige Bildergalerie mit wahllos aus Frauenzeitschriften und anderen dubiosen Quellen zusammengetragenen „Fakten über Sex“ sowie die vielfältige, nein: vielfache Möglichkeit, Prominente anhand ihrer Körperteile zu erkennen: „Welt Online“ zeigt erst nur das Ohr, dann den ganzen Promi, und wer sich durch Dutzende Fotos geklickt hat, kann das ganze Spiel in weiteren Bilderquizgalerien mit dem Po, den Augen, dem Busen, den Lippen, den Tätowierungen wiederholen.

Ein zentrales Argument, das immer wieder gegen eine starke Online-Präsenz von ARD und ZDF angeführt wird, besagt, dass es im Internet einen hervorragend funktionierenden publizistischen Wettbewerb gebe, der ganz ohne Öffentlich-Rechtliche genügend Qualität hervorbringe. Richtig ist, dass sich auf den Seiten deutscher Online-Medien viele kluge Kommentare, sorgfältige Recherchen, aufwendige Reportagen finden. Aber der größte Teil von ihnen stammt aus deren gedruckten Ausgaben. Natürlich ist nichts dagegen zu sagen, diese Inhalte auch online zu publizieren, im Gegenteil. Nur werden diese teuren Elemente des Journalismus nicht von den immer noch mageren Online-Erlösen bezahlt, sondern den Anzeigen und Vertriebseinnahmen der traditionellen Medien.

Weite Teile dessen, was uns wie Vielfalt und Qualität im deutschen Online-Journalismus vorkommt, sind eigentlich nur eine Zweitverwertung — und de facto durch die Zeitungen quersubventioniert. Was für online produziert und tatsächlich von den Online-Erlösen bezahlt wird, ist dagegen oft von ernüchternder bis erschütternder Qualität: unredigierte Texte von Nachrichtenagenturen; eine willenlose Aus- und Verwertung all dessen, was die internationalen Boulevardmedien täglich so an Halb-, Falsch- und Nichtmeldungen produzieren; eilig zusammengestrickte Artikel von Menschen, die sich nicht unbedingt auskennen. Zu den beliebten billigen Genres gehört auch die Fernsehkritik — bei „Welt Online“ zum Beispiel werden tagtäglich irgendwelche Sendungen vom Vortag nacherzählt, gelegentlich auf einem sprachlichen Niveau, das viele Schülerzeitungen beschämen würde.

Jenseits von „Spiegel Online“, das immerhin bewiesen hat, dass es möglich ist, ein ordentliches Boulevardmagazin mit großem Erfolg im Internet zu etablieren, gibt es in Deutschland praktisch noch kein funktionierendes Geschäftsmodell für Qualitätsjournalismus im Internet. Und der vermeintliche publizistische Wettbewerb, der hier stattfindet, ist in weiten Teilen nur ein verzweifeltes Wettrennen darum, mit irgendwelchen Mitteln die meisten Menschen auf die Seite zu bekommen und dort wiederum mit irgendwelchen Mitteln die meisten Klicks produzieren zu lassen, die dann als „Page Impressions“ der Werbewirtschaft verkauft werden — und den Fachmedien, die auf dieser Grundlage vermeintlich erfolgreiche und vermeintlich weniger erfolgreiche Online-Angebote unterscheiden.

Guter Journalismus ist leider nicht unbedingt die beste Möglichkeit, dieses Wettrennen kurzfristig für sich zu entscheiden. Das Verhältnis von Aufwand zu Klicks ist wesentlich besser, wenn man auf Bildergalerien, Spiele oder Rätsel setzt. Die bis mindestens nächstes Jahr noch geltenden Regeln der Auflagenkontrolle IVW, die online eine entscheidende Währung darstellt, lässt es zum Beispiel zu, ein Kreuzworträtsel online so zu programmieren, dass jeder eingegebene Buchstabe als ein Seitenabruf gewertet wird. Und die so generierten Klicks müssen nicht einmal unbedingt separat in der Rubrik „Spiele“ ausgewertet werden, sondern können unter bestimmten Bedingungen als redaktionelle Inhalte im Bereich „Entertainment“ gewertet werden.

Noch gravierender als das Ausweichen der Online-Medien auf nicht journalistische Inhalte ist aber, wie der Quotendruck in Verbindung mit mageren Einnahmen die journalistischen Inhalte selbst verändert. Er führt zu Formen, die man als das Gegenteil von Journalismus sehen kann. Eine klassische Aufgabe des Journalisten scheint dabei fast völlig zu verschwinden: die der Auswahl der Nachrichten. Die wäre angesichts der Informationsflut im Internet eigentlich von ganz besonderer Bedeutung. Aber jede zweifelhafte, unwichtige, abseitige Meldung, die ein Online-Medium nicht bringt, bedeutet zunächst einmal: weniger Klicks. Deshalb steht ungefähr bei allen alles. Das Filtern irrelevanter Informationen als journalistische Dienstleistung verschwindet weitgehend.

Besonders dramatisch ist das im Umgang mit Fotos zu beobachten. Während die Redaktionen früher ein besonders geeignetes Bild auswählten, um eine Nachricht zu bebildern, ist die Regel im Internet, zu jeder Meldung einfach all das auszukippen, was die Agenturen irgendwann im weiteren Sinne zu dem Thema geliefert haben. Im kopflosen Versuch, den Lesern alles zu bieten, bietet man ihnen nichts — jedenfalls nicht mehr, als eine Bildersuche bei Google auch ergeben würde. Der Wert eines Fotos ist in den Online-Medien dramatisch gesunken. Weil sich gezeigt hat, dass Artikel mit Fotos häufiger angeklickt werden als Artikel ohne Fotos, gilt oft die Regel, dass jeder Artikel ein Foto haben muss. Und wenn es kein geeignetes gibt, nimmt die Redaktion ein ungeeignetes, irgendein Symbolfoto oder ein Bild, das das Redaktionssystem automatisch auswirft. Was das dem Leser dann tatsächlich bringt, ist nicht einmal zweitrangig.

Ein besonders anschauliches Beispiel, wie die Art des Wettbewerbs im Internet den Journalismus verändert, war die Online-Berichterstattung der „Rheinischen Post“ nach dem Tod des Düsseldorfer Bürgermeisters Joachim Erwin im Mai. Es ist nicht so, dass es den Verantwortlichen an Ehrgeiz gefehlt hätte. Aber es war kein Ehrgeiz, den klügsten Nachruf oder die bewegendste Reportage von seiner Beerdigung zu bringen. Es war der Ehrgeiz, so viel billigen Content aus seinem Tod zu pressen wie möglich. Das hatte nicht nur zur Folge, dass Zitate aus der Trauerfeier in einzelne Sätze zerlegt und teils mehrfach auf Klickgalerien verteilt wurden und dass gefühlt jeder Einwohner der Stadt bei „RP Online“ kondolierte. Es führte auch dazu, dass beinahe jedes Blatt Laub, das über den Friedhof wehte, mit einem eigenen Kurzfilm gewürdigt wurde — gedreht in der Qualität von Tante Erikas Urlaubsfilmen, damals, als sie gerade die neue Videokamera geschenkt bekommen hatte, eine schlechte noch dazu. Die Berichterstattung von „RP Online“ setzte Maßstäbe, was den Verzicht auf Professionalität und journalistische Qualität angeht — aber auch die Masse. Die Zahl der Page Impressions stieg im Mai um über 26 Prozent, und Geschäftsführer Oliver Eckert phantasierte: „Das überdurchschnittliche Wachstum ist Folge unserer Investitionen in die redaktionelle Qualität.“

Zu den Praktiken von „RP Online“ gehört übrigens auch, Agenturmeldungen als Eigenberichte umzudeklarieren — oder aus einer einzigen Agenturmeldung eine „Bilderstrecke“ zu machen, in dem jeder Satz eine neue Seite bekommt und auf der ersten ein Foto steht. Wie lange solche Techniken tatsächlich erfolgversprechend sind, ist schwer zu sagen. Bislang, berichten Online-Verantwortliche, sei von einer Bildergalerienmüdigkeit nichts zu spüren. Und die Frage ist, ob junge Leute, die mit dieser Art von Nicht-Journalismus aufwachsen, je etwas anderes von einem Medium erwarten werden.

Aber der Nutzer selbst steht bei den Strategien der Online-Medien teilweise gar nicht mehr im Mittelpunkt. „Welt Online“ gilt auch deshalb als so erfolgreich, weil die Artikel darauf optimiert wurden, von Google bevorzugt ausgegeben zu werden. Als Hans-Jürgen Jakobs, der Chefredakteur von sueddeutsche.de, darauf vor kurzem hinwies und „eine Konvention über statthafte und unstatthafte Maßnahmen“ dieser Art forderte, legten viele das nur als Gejammer von jemandem aus, der diesen Teil des Geschäftes einfach selbst nicht gut genug beherrscht. Richtig ist aber, dass eine Debatte notwendig ist, wie es den Journalismus verändert, wenn zum Beispiel Überschriften nicht mehr für den Leser, sondern die Suchmaschine optimiert werden.

Es ist eine Zeit des Umbruchs, und wie gefährlich diese Phase ist, kann man an den Horrormeldungen aus den Vereinigten Staaten ablesen: Allein vorletzte Woche wurden dort in der Zeitungsbranche tausend Stellen abgebaut, viele Zeitungen kämpfen ums Überleben. Das zentrale Problem ist, dass die Zuwächse der Verlage im Internet nicht ausreichen, die Verluste im Stammgeschäft auszugleichen. Eine ähnliche Entwicklung droht auch in Deutschland. Und ohne die hochwertigen Inhalte, die durch die gedruckten Zeitungen finanziert werden, könnte die deutsche Online-Medien-Welt schnell sehr trostlos und karg aussehen. Vermutlich sind die Klickmaschinen und Journalismusattrappen, die dort entstehen, auch Verzweiflungstaten, um möglichst schnell eine Größe zu erreichen, die das Überleben in einer ungewissen Zukunft sichert. Vielleicht hat dann die Online-Seite, die am schnellsten und wahllosesten die Agenturmeldungen veröffentlicht und sie mit den großbusigsten Bildergalerien anreichert, gute Überlebenschancen. Und vielleicht erkennen einige Verlage sogar dauerhaft, dass man mit anderen Dingen als Journalismus besser Geld verdient.

Eine Demokratie braucht aber Journalismus. Und bei allen Wirren und Dramen des gegenwärtigen Umbruchs werden langfristig auch diejenigen Medien beste Voraussetzungen für die Zukunft haben, die spürbar davon getrieben sind, ihre Leser über das, was wichtig ist, gut zu informieren. Und die deshalb für ihre Leser nicht beliebig sind, sondern unentbehrlich — egal ob auf Papier oder online.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

„Welt Online“: Intel inside

Was für eine schöne Idee: Die „Welt“ schickt einen Journalisten und einen Kameramann durch die Bundesrepublik und lässt sie innovationsfreudige, kleine Unternehmen besuchen. In einem liebevoll produzierten Videoblog auf „Welt Online“ porträtieren sie die „heimlichen Champions“, die zum Beispiel wegweisende Medizintechnik entwickeln (Teil 1, Teil 2).

Nur ist es gar nicht so, wie „Welt Online“ ausdrücklich behauptet, dass die beiden Reporter „für WELT ONLINE“ unterwegs waren. Sie waren im Auftrag eines Unternehmens unterwegs. Und mit ein bisschen Geschick könnten Sie sogar dessen Namen erraten.

Genau.

Das „Projekt Deutschlandreise“ ist eine eigenständige, ganz unabhängig von „Welt Online“ gestartete PR-Aktion des Prozessorherstellers Intel. Die Firma macht daraus eigentlich auch kein Geheimnis: Auf jeder Seite von projekt-deutschlandreise.de steht unten rechts ihr Logo; im Impressum ist sie als Absender genannt, und zum Auftakt gab es eine Pressemitteilung.

Bei „Welt Online“ hingegen hat man die werblichen Inhalte von Intel zu eigenen journalistischen Leistungen umdeklariert, das „WELT ONLINE TV“-Logo auf die Filme gepappt, den eigenen „WELT ONLINE TV“-Vorspann davor geschnitten (und, warum auch immer, über dem Artikel als Autorennamen Melanie Müller angegeben, die nach eigenen Angaben „Nachrichtensprecherin bei WELT-ONLINE-TV“ ist).

Die Firma Intel wird nichts dagegen haben.

Zur Erinnerung: Zum Trennungskonzept von Redaktion und Werbung bei „Welt Online“ gehört es auch, eine Strecke mit Lidl-Eigen-PR unter der Adresse dialog.welt.de und dem Namen „Welt Dialog“ (und dem kleinen Wort „Anzeigen-Sonderveröffentlichung“) anzubieten. Die entsprechenden Werbetexte tauchten zunächst sogar über die normale Suchfunktion von „Welt Online“ auf und und waren dort von redaktionellen Texten nicht zu unterscheiden. Teil der „Welt Dialog“-Seiten ist die Möglichkeit, Fragen zu Lidl an dialog@welt.de zu schicken. Die Antworten kommen allerdings nicht von der „Welt“, sondern von Lidl selbst. Dass Redaktion und Werbung „strikt getrennt“ seien, sagte Verlagssprecher Christian Garrels gegenüber der „FAS“, erkenne man schon daran, dass die Mails an die welt.de-Adresse automatisch an Lidl weitergeleitet würden.

Zum aktuellen Fall mit den Intel-Filmen bemüht man sich bei Axel Springer derzeit noch um eine Stellungnahme.

Nachtrag, 17.45 Uhr. Ein Sprecher der Axel-Springer-AG teilt mir soeben mit:

Wir sehen das von Ihnen beschriebene Video als Grenzfall. Um auch nur den Anschein zu vermeiden, dass bei uns Werbung und Redaktionelles vermischt werden könnten, haben wir das Video von der Website genommen. Denn wie Sie wissen: Die Einhaltung unserer journalistischen Leitlinien sind unser oberstes Gebot.

Die Videos sind unverändert online.

Nachtrag, 18:20 Uhr. Anstelle der Artikel und Videos steht auf „Welt Online“ jetzt auf den beiden Seiten:

In eigener Sache
Wir haben das hier ehemals veröffentlichte Video von der Website genommen, weil es einen Grenzfall zwischen Werbung und Redaktionellem darstellte und wir den Anschein vermeiden wollen, dass es gegen unsere journalistischen Leitlinien verstoßen könnte. Wir bitten um Verständnis.

Schneewitschen und die welt.de-Zwerge

Immer mittags verschickt RTL in diesen Tagen eine Pressemitteilung, in der (mit einer Sperrfrist bis nach der Sendung) steht, was am vergangenen Tag im Dschungelcamp passiert ist und am späten Abend im Fernsehen gezeigt werden wird. Das ist ein Angebot, das von einem Qualitätsmedium wie welt.de für die eigene, äh, Nachberichterstattung natürlich dankbar angenommen wird.
 

RTL-Pressemitteilung Welt.de-Artikel
Das gab es bei der Dschungelshow noch nie. Heute lehnt erstmals ein prominenter Camper eine Herausforderung ab und schreit: „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ Das gab es bei der Dschungelshow noch nie. Nach über 40 Prüfungen lehnte in der neunten Folge erstmals ein prominenter Camper eine Herausforderung ab und schrie: „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“
Nervös kommt Julia zur Prüfung. (…) Julia: „Das hört sich eklig an, aber ich habe mir diesmal vorgenommen nicht schlapp zu machen.“ (…) Dr. Bob: „Halte den Mund zu, denn sonst kriechen die Kakerlaken rein. Und wenn sie es schaffen, dann musst Du gut kauen. Sie laufen überall hin, wo es dunkel ist. (…)“ Julia Biedermann kam schon nervös zur Prüfung. Zunächst gab sie sich kämpferisch: „Ich habe mir diesmal vorgenommen, nicht schlapp zu machen.“ Der Camp-Arzt Dr. Bob riet ihr noch: „Halte den Mund zu, denn sonst kriechen die Kakerlaken rein. Wenn sie es schaffen, dann musst Du gut kauen. Sie laufen überall hin, wo es dunkel ist.“
Sie bekommt eine Schutzbrille und legt sich in den Schneewitschensarg. Darüber krabbeln hinter einer Glasscheibe 40.000 Kakerlaken. Julia blickt hinauf in die kriechenden Küchenschaben und ist völlig fertig. (…) Julia: „Nein, ich will die Prüfung nicht machen und höre auf. Ich will die Kakerlaken nicht haben.“ Sie bekam eine Schutzbrille und legte sich in den Schneewitschensarg. Darüber krabbelten hinter einer Glasscheibe 40.000 Kakerlaken. Julia blickte hinauf in die kriechenden Küchenschaben – und war völlig fertig. Schließlich gab sie zu: „Nein, ich will die Prüfung nicht machen und höre auf. Ich will die Kakerlaken nicht haben.“
Als Julia enttäuscht und ohne Sterne ins Camp zurückkehrt, akzeptieren die Anderen noch ihre Bauchentscheidung, nicht zur Prüfung anzutreten. Doch die Stimmung kann sich auch ganz schnell ändern. Als Julia enttäuscht und ohne Sterne, die sie hätte abschrauben sollen, ins Camp zurückkehrte, akzeptierten die anderen noch ihre Bauchentscheidung, nicht zur Prüfung anzutreten. Doch die Stimmung kann sich auch ganz schnell ändern.
Es fängt am Vormittag an. Lisa kommt mit starken Magenschmerzen von der Toilette. Heulend bricht sie in Michaelas Armen zusammen. Dr. Bob und der deutsche Camparzt untersuchen Lisa. Der erste Verdacht: Blinddarmentzündung. Dann kommt Lisa von der Voruntersuchung des Arztes zurück ins Camp. Sie weint herzzerreißend (…). Es fing am Vormittag an. Lisa kam mit starken Magenschmerzen von der Toilette. Heulend brach sie in Michaelas Armen zusammen. Dr. Bob und der deutsche Camparzt untersuchten Lisa. Ihr erster Verdacht: Blinddarmentzündung. Als Lisa von der Voruntersuchung des Arztes zurück ins Camp kam, weinte sie herzzerreißend (…).
Da die Gesundheit der Stars oberste Priorität hat, wird Lisa sofort ins nächste Krankenhaus eingewiesen. (…) Von dort geht es in eine Privatklinik. Die Ärzte entscheiden, dass Lisa nicht mehr zurück ins Camp darf. Im Krankenhaus wird eine Gastritis, eine Entzündung der Magenschleimhäute, diagnostiziert. Lisa später: „Ich war deswegen schon zwei Mal in Deutschland beim Arzt. Mein Freund und meine Mutter wussten nichts davon. Ich wollte sie nicht beunruhigen. Der Arzt hat auch gesagt, dass es mit dem wenigen Essen hier nicht so toll ist.“ Lisa wurde sofort ins nächste Krankenhaus eingewiesen. Von dort ging es in eine Privatklinik. Die Ärzte entschieden, dass Lisa nicht mehr zurück ins Camp darf. Im Krankenhaus wurde schließlich eine Gastritis – eine Entzündung der Magenschleimhäute – diagnostiziert. Lisa erzählte später: „Ich war deswegen schon zwei Mal in Deutschland beim Arzt. Mein Freund und meine Mutter wussten nichts davon. Ich wollte sie nicht beunruhigen. Der Arzt hat auch gesagt, dass es mit dem wenigen Essen hier nicht so toll ist.“
Durch das vorzeitige Ausscheiden von Lisa wird in der heutigen Show niemand mehr das Camp verlassen. Wegen des vorzeitigen Ausscheidens von Lisa wird in der zehnten Folge der Show niemand mehr das Camp verlassen.
Eigentlich war es Lisas Idee im Camp eine DSDS-Show zu veranstalten, doch die verbliebenen neun Dschungelstars halten an der Idee fest. „Für Lisa“, erklärt der selbsternannte Moderator Björn zu Beginn der Camp-Recall-Show. Dann stellt er die Jury, bestehend aus Bata, DJ Tomekk und Ross vor und begrüßt die sieben Sangeskandidaten, er selbst eingeschlossen, die die Jury von ihrem Talent überzeugen wollen. Eigentlich war es Lisas Idee, im Camp eine DSDS-Show zu veranstalten. Die verbliebenen neun Dschungelstars hielten an der Idee fest. „Für Lisa“, erklärt der selbsternannte Moderator Björn zu Beginn der Camp-Recall-Show. Dann stellt er die Jury, bestehend aus Bata, DJ Tomekk und Ross, vor und begrüßte die sieben Sangeskandidaten, ihn selbst eingeschlossen. Alle mussten die Jury von ihrem Talent überzeugen.
Trotz des aufregenden Tages mussten wieder zwei VIP-Camper zur Schatzsuche antreten. Es traf diesmal Ross und Bata. Nach einem kurzen Marsch fanden sie eine Schatztruhe, die verschlossen und an einen Baum gekettet war. Der passende Schlüssel dazu musste von den beiden in unmittelbarer Umgebung gefunden werden. Eine fröhliche Suche mit anschließendem Buddeln in der Erde begann. Dann zog Bata endlich den Schlüssel aus dem Loch. Die Kiste konnte geöffnet werden. Darin war eine Plexiglas-Kiste, darin gut sichtbar neun rohe Eier. Trotz des aufregenden Tages mussten wieder zwei VIP-Camper zur Schatzsuche antreten. Es traf diesmal Ross und Bata. Nach einem kurzen Marsch fanden sie eine Schatztruhe, die verschlossen und an einen Baum gekettet war. Der passende Schlüssel dazu musste von den beiden in unmittelbarer Umgebung gefunden werden. Eine fröhliche Suche mit anschließendem Buddeln in der Erde begann. Dann zog Bata endlich den Schlüssel aus dem Loch. Die Kiste konnte geöffnet werden. Darin war eine Plexiglas-Kiste, darin gut sichtbar neun rohe Eier.
Die Eier sollten die beiden Schatzsucher möglichst unbeschadet ins Camp bringen. Doch schon nach wenigen Metern fiel Ross die Kiste aus der Hand. Fünf Eier gingen zu Bruch. Ross war untröstlich, doch die anderen im Camp fanden das nicht so tragisch. Michaela: „Dann gibt es eben Rührei!“ Besser als Reis und Bohnen, denn mehr hätte es sonst nicht gegeben – schließlich hatte Julia ihre Dschungelprüfung nicht angetreten. Die Eier sollten die beiden Schatzsucher möglichst unbeschadet ins Camp bringen. Doch schon nach wenigen Metern fiel Ross die Kiste aus der Hand. Fünf Eier gingen zu Bruch. Ross war untröstlich, doch die anderen im Camp fanden das nicht so tragisch. Michaela: „Dann gibt es eben Rührei!“ Besser als Reis und Bohnen, denn mehr hätte es sonst nicht gegeben – schließlich hatte Julia ihre Dschungelprüfung nicht angetreten.

Nicht dass hier der Eindruck entsteht, welt.de würde einfach nur Pressemitteilungen von RTL mitsamt Original-Tippfehlern als journalistische Artikel ausgeben: Die Information, dass es schon über 40 Dschungelprüfungen gab, stammt nicht von RTL (und ist falsch). Und auch die Angabe, dass in der zehnten Folge niemand das Camp verlassen muss, hat welt.de exklusiv (und ist falsch).

Nachtrag, 12:10 Uhr. welt.de hat den Artikel jetzt umgeschrieben und erheblich gekürzt.

Christoph Keeses Klima-Hysterie-Hysterie

Liegengeblieben vom Wochenende war dann noch der Kommentar von „Welt am Sonntag“- und „Welt Online“-Chefredakteur Christoph Keese über Al Gore und den Klimawandel.

Man kann ja darüber streiten (und ich meine das nicht nur als Floskel), ob Gores Rhetorik angemessen ist. Und als jemand, der bei diesem Thema im Zweifel eher auf der Seite der Mahner als der Skeptiker steht, finde ich insbesondere die Frage berechtigt, ob Gores Rhetorik der Sache dienlich ist.

Aber Keese scheint zu glauben, dass es am besten ist, hysterisch auf Hysterie zu reagieren, und schreibt:

Der Klimawandel (…) bedroht kein einziges Menschenleben direkt, auch in hundert Jahren nicht. Es bleibt selbst bei schneller Erwärmung genug Zeit, Dämme zu erhöhen, Städte zu verlegen und neue Lebensräume zu erschließen. Man kann nicht jedes Opfer eines Sturms dem Klimawandel zurechnen.

Naturkatastrophen haben immer Menschenleben gekostet. In diesem Jahr waren es 24.000. Jeder Tod ist eine Tragödie, trotzdem ist die Zahl angesichts einer Weltbevölkerung von 6,6 Milliarden äußerst gering. Es sind gerade einmal 0,00036 Prozent.

Nun hat Keese schon einmal insofern unrecht, als sich die Zahl 24.000 nicht auf dieses, sondern das vergangene Jahr bezieht. Wurscht.

Guckt man sich die Daten, die das Rote Kreuz jährlich veröffentlicht, genauer an [pdf], stellt man fest, dass diese jüngsten Zahlen ungewöhnlich niedrig sind. 2005 gab es mehr als dreimal soviele Tote durch Naturkatastrophen, 2004 sogar zehn mal soviele. Und die Zahl der Menschen, die von Naturkatastrophen insgesamt betroffen waren, war 2006 auch vergleichsweise klein, betrug aber 142 Millionen, was immerhin schon über 2 Prozent der Weltbevölkerung sind.

Aber am besten ist natürlich Keeses Aussage, der Klimawandel bedrohe kein Menschenleben direkt. Ein Leser, der sich darüber so geärgert hat, dass er eine sehr, sehr polemische Mail an Keese samt Abokündigung schrieb, bekam vom Chefredakteur eine Antwort, in der er seinen Satz so erklärt:

Es hieß nicht, dass Naturkatastrophen keine Menschenleben kosten — das ist unbestritten. Sondern dass anders als bei Aids, Krieg etc. keine direkte Gefahr für Menschenleben besteht, sondern nur in direkt. Das ist ein Unterschied.

Aha.

Aids ist ein Super-Beispiel, Herr Keese. Aids bedroht nämlich kein einziges Menschenleben direkt. Aids schwächt das Immunsystem; die HIV-Infizierten sterben nicht an Aids, sondern an anderen, sonst eher harmlosen Krankheiten. Und mal abgesehen davon, dass es mich ein bisschen erstaunt, dass Sie das nicht wissen: Können wir uns dann nicht auch das Geld für die Prävention sparen? Da gibt’s doch dann eh Medikamente gegen!

Spätes Debatten-Opfer

Das Drama um einen abrupt gelöschten Blog-Eintrag auf „Welt Online“ über Kai Diekmann (die Älteren werden sich erinnen) hatte noch personelle Konsequenzen: Der Verlag Axel Springer hat sich von Philip Steffan getrennt, der als Moderator für „Welt Debatte“ gearbeitet hat.

Grund für die Trennung, die Steffan in seinem Blog „Schattenraum“ als „Rauswurf“ bezeichnet, obwohl sie formal im „gegenseitigen Einvernehmen“ erfolgt sei, ist nach seinen Angaben ein Blog-Eintrag, den er damals geschrieben hatte. Er hatte darin die Entscheidung von „Welt“- und „Welt Online“-Chef Christoph Kesse, den pointierten Text Alan Poseners kommentarlos löschen zu lassen, kritisiert:

Poseners Artikel ist nun mal nicht mehr zu verstecken, also hätte man im Hause die Zähne zusammenbeißen und seinen Stolz herunterschlucken können und vermutlich auch noch Lob eingefahren, einen selbstkritischen Diskurs offen zu führen.

Offiziell gestoßen hätten sich die Springer-Leute aber nicht an der Kritik und Offenheit Steffans, sondern an einem Screenshot vom „Welt“-Online-Redaktionssystem, der eigentlich eine Illustration ohne inhaltliche Brisanz darstellte. Der Screenshot habe jedoch nach Ansicht von Springer einen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz dargestellt und als Grundlage für die Trennung gedient, schreibt Steffan.

Ein interessantes Detail der Geschichte ist, dass der Verlag offenbar Wochen brauchte, Steffans vermeintlich heiklen Blog-Eintrag überhaupt zu entdecken — obwohl er damals überall verlinkt worden war.

Steffans Fazit:

Es wird schwierig bleiben für Verlage im Informationszeitalter, wenn Macht und Know-how weiterhin so diametral über die Hierarchie verteilt sind.

Was Christoph Keese „für Online“ schreibt

Die Kollegen von onlinejournalismus.de haben mal beim Verlag Axel Springer nachgefragt, was denn aus dem plötzlich verschwundenen Blog von „Welt am Sonntag“-Chef Christoph Keese geworden ist. Sie bekamen folgende Antwort:

„Herr Keese schreibt nach wie vor viel für Online. Den Blog führt er hingegen nicht fort.“

Das „nach wie vor viel“ lässt sich quantifizieren:

Für das von ihm geleitete Internetangebot „Welt Online“ scheint Herr Keese seit dessen Relaunch Anfang Februar laut Archiv drei Artikel geschrieben zu haben (1, 2, 3) — der letzte stammt vom 26. April 2007. Alle anderen Artikel Keeses hier sind Übernahmen aus der Print-Ausgabe. Von den sechs Kommentaren Keeses, die sich auf „Welt Debatte“ finden, erschien nur ein Artikel nicht in der gedruckten „Welt am Sonntag“.

Wenn Herr Keese nach wie vor viel „für Online“ schreibt, muss man ihn für seine Ausdauer bewundern. Wo doch fast nichts davon veröffentlicht wird.

Auch doof

Bisschen merkwürdig ist es schon, dass die „Welt“ heute ein Interview mit dem lustigen Franzosen Alfons bringt und ihm die Überschrift
„Manchmal bin ich auch doof“ gibt.

Nicht nur, weil dasselbe Interview, anders gekürzt, gestern schon in der „Frankfurter Rundschau“ stand. Und nicht nur, weil es auch dort schon die Überschrift „Manchmal bin ich auch doof“ hatte.

Sondern vor allem, weil der Satz „Manchmal bin ich auch doof“ in der „Welt“-Version des Interviews gar nicht vorkommt.

„Welt“-Offenheit

In Dresden beschimpfen zwei Deutsche einen indischstämmigen amerikanischen Studenten als „Kanake“ und greifen ihn und seinen deutschen Dozenten, der dazwischengeht, mit Schlägen und Tritten an.

Unter einem „Welt Online“-Artikel über den Angriff stehen, teils seit gestern Abend, Kommentare wie diese:

Kennt ihr ueberhaupt die Zahlen?
Rund 1000 Verbrechen von Rechts im jahr…
Rund 100.000 von Links im jahr
und eine Million von „Migranten“ auch als Moslems bekannt.

Und dieser Inder hatte in Deutschland sowiso nix verloren.
Warum lassen uns nicht einfach alle in Ruhe…

Als wir nach dem 2ten Weltkrieg am Boden waren, sind sie nicht zu uns gekommen und haben uns geholfen, auch nicht die Tuerken.
Als wir uns aber durch UNSERE EIGENE KRAFT aus der Scheisse gerettet haben, da wollen sie uns alle ganz doll lieb haben und wir sollen ja nicht so sein..

Ja ne is’klar.

Lasst uns alle einfahc in ruhe, dann passiert so ne scheisse auch kuenftig nicht mehr.

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Ich kann es nicht mehr hören!

WARUM, in Dreiteufelsnamen, wird nicht mit der gleichen Akribie über die durch Ausländer an Deutschen begangenen Verbrechen berichtet?

Jede verdammte Ohrfeige an einem Ausländer ist ein „rassistischer Übergriff“, worüber bis zum Erbrechen berichtet wird. Über die „dummen Kartoffeln“, die so blöde waren sich ein Messer von irgendwem mit „Migrationshintergrund“ einzufangen, liest man, wenn es hochkommt, maximal zwischen den Zeilen in den Pressemitteilungen der Polizei.

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Von den vielen weisshäutigen die täglich von Nazis (früher nannte man diese Leute Schläger oder Rocker)
verprügelt werden gibt es keine Berichterstattung .
Die wenigen Fälle wo Ausländer involviert sind werden bis zum Exzess angeprangert. Komischer weise gibt es im Ausland solche Fälle auch aber keiner reagiert so kleptomanisch wie die Deutschen. Ist doch einfach lachhaft.

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…wieso fremdenfeindlich ? (VORVERURTEILUNG durch die Presse !!)
…erstaunlich,dass Amerikaner deutsch verstehen ?!
…was war der Auslöser des Ganzen- endet das so wie der Fall Potsdam ? BITTE SERIÖSE BERICHTERSTATTUNG !!

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Ich frage mich, wo der große überregionale Bericht belibt, wenn mal wieder ein weißer Inländer von einer Horde Ausländer niedergeprügelt wird, was ja in unserem eigenen Land fast täglich vorkommt!

(Plumpe Pointen darüber, dass Meinungsbeiträge von Redakteuren bei „Welt Online“ bekanntlich aus Qualitätsgründen vor der Veröffentlichung gefiltert werden, bitte verkneifen.)