Schlagwort: Welt Online

Wie nun auch Welt.de erfahren hat…

Die „Online-Offensive“ der „Welt“ rollt weiter. Ohne die Zauberworte „nach WELT.de-Informationen“ geht demnächst gerade noch der Wetterbericht raus, wenn überhaupt.

Die heutige Exklusivmeldung betrifft das Debakel um StudiVZ und geht so:

„Und nach WELT.de-Informationen ist Ehssan Dariani inzwischen von der externen Kommunikation entbunden.“

Toll. Fünf Tage haben diese Informationen nur gebraucht, um von Falk-Lüke-Informationen zu Welt.de-Informationen zu werden. Bei Falk konnte man nämlich schon am vergangenen Sonntag lesen:

„…der Jungunternehmer Dariani ist von seinen Geschäftspartnern kaltgestellt worden, ‚von der Außenkommunikation entbunden‘ heißt es in Firmenkreisen.“

Und jetzt alle zusammen: „ON-LINE-FIRST! ON-LINE-FIRST!“

Das Internet, exklusiv bei Welt.de

Am Freitag erst haben diverse Springer-Blätter „Deutschlands modernsten Newsroom“ gegründet und die Devise „Online first“ ausgegeben — heute schon feiert Welt.de einen kleinen Scoop im Zusammenhang mit dem Amokläufer von Emsdetten:

„WELT.de liegt ein Tagebuch aus den Jahren 2004/2005 vor.“

Sensationell. Und wie kamen die Kollegen daran?

„WELT.de fand das Tagebuch im Internet.“

Im Internet, na sowas.

Die Recherche war, vermutlich, nicht so schrecklich aufwendig. Es reicht, in eine Suchmaschine „resistantx“ einzugeben, den bekannten Nickname des Amokläufers. Seine Livejournal-Seiten sind dann unter den ersten Treffern.

Und sie sind noch immer da. Mit anderen Worten: Nicht nur WELT.de liegt das Tagebuch aus den Jahren 2004/2005 vor. Der ganzen Welt liegt es vor. Aber glauben Sie, der Welt.de-Artikel, der ausführlich aus diesem Tagebuch zitiert, würde irgendwo einen Link auf die Quelle setzen? Damit der Leser sich ein eigenes Bild machen kann, ungefiltert von der Auswahl des Journalisten?

Aber nein. WELT.de tut so, als sei das ein handfestes Tagebuch, das nur dieser Redaktion vorliege. Und sowas Exklusives gibt man natürlich nicht aus der Hand.

Es ist wohl auch in „Deutschlands modernstem Newsroom“ noch ein weiter Weg, bis Journalisten begreifen, wie sehr das Internet ihre Arbeit verändern wird.