Können wir noch einen Moment über Rolf Clement reden, den Korrespondenten für Sicherheitsthemen beim Deutschlandfunk, der sich einfach nicht vorstellen konnte oder wollte, dass gegen die Journalisten von netzpolitik.org wegen Landesverrates ermittelt wird, und es deshalb heute Morgen auf dem Sender schlicht abstritt?
Der Deutschlandfunk bezeichnet Clement als einen „erfahrenen und respektierten Kollegen mit einer großen sicherheitspolitischen Expertise“. Er pflege „selbstverständlich professionelle Kontakte sowohl zum Bundesamt für Verfassungsschutz wie zu den Landesämtern für Verfassungsschutz“. Ob der Sender Bedenken über eine zu große Nähe Clements zum Gegenstand hat, über den er berichtet, hat mir der DLF ebenso wenig konkret beantwortet wie die Frage, ob etwa die Moderation einer Veranstaltung für den Verfassungsschutz genehmigungspflichtig ist.*
Im Archiv finden sich interessante Artikel über Clement, zum Beispiel dieses Stück aus der „Süddeutschen Zeitung“ vom 6. Dezember 2006, schon achteinhalb Jahre alt also, aber mit einer verblüffend aktuell wirkenden Überschrift:
Clement war damals laut SZ sowohl Leiter der Abteilung Hintergrund im Deutschlandfunk, Themenschwerpunkt Verteidigungspolitik und Bundeswehr, als auch Chefredakteur der Zeitschrift „Loyal“, dem Zentralorgan der Reservisten, finanziert von der Bundeswehr. Die SZ fragte:
Sieht so die verfassungsrechtlich vorgeschriebene Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus? Handelt es sich um einen Fall von Interessenskollision?
Die Beteiligten weisen Vorwürfe zurück. Es gebe eine „offizielle Nebentätigkeitsbestätigung“ für Clement, sagt ein Sprecher des Deutschlandfunks. Dass der eigene Journalist nun Chefredakteur des Magazins ist, sei dem Sender „so noch nicht bekannt“ gewesen. Clement selbst erklärt, er sehe zwar das Problem einer möglichen Verquickung unterschiedlicher Tätigkeiten, achte aber jederzeit auf kritische Distanz zur Politik.
Die SZ hatte daran erhebliche Zweifel. Sie beschrieb die vielen Rollen von Clement, der damals auch Mitglied des Beirates für Fragen der Inneren Führung bei der Bundeswehr war. In dieser Funktion habe er mit den anderen Mitgliedern des Gremiums gutachterliche Stellungnahmen für den Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) geschrieben, der gleichzeitig gewissermaßen indirekt auch Clements Arbeitgeber in dessen Chefredakteursrolle bei „Loyal“ gewesen sei.
Und darüber hinaus ist der Verteidigungsminister ab und an Clements Gesprächspartner für Sendebeiträge im Deutschlandfunk. Am 5. Juni zum Beispiel bemerkte Clement in seinem Radio-Interview mit Jung: „Herr Minister, in Ihrem Haus gibt es den Entwurf für ein Weißbuch. Der eine oder andere hat ihn schon, der eine oder andere hat ihn offiziell gekriegt, der eine oder andere hat ihn so bekommen.“
2008 dokumentierte Uwe Krüger in der Fachzeitschrift „Message“, wie Clement vier Jahre zuvor im Deutschlandfunk einen Beitrag über Uranmunition verhindert habe.
Im vergangenen Jahr hatte Clement im Deutschlandfunk fälschlicherweise behauptet, es habe „massive“ Verletzungen des „europäischen Luftraums“ durch russische Flugzeuge gegeben, und eskalierte munter:
Noch hat die NATO diese Maschinen nicht abgeschossen, sondern eskortiert und abgedrängt. Wie lange die Allianz das aber so gestalten wird, ist offen. Denn die hier eklatante Verletzung des Luftraums würde auch schärfere Maßnahmen erlauben.
Als Reaktion auf eine Beschwerde über Clements Beitrag entschuldigte sich DLF-Intendant Willi Steul dafür, dass sich Clement im vorliegenden Fall „wahrlich nicht korrekt ausgedrückt“ hat. Das schmerze Clement selbst am meisten. Steul fügte hinzu:
Rolf Clement hat selbstverständlich nicht bewusst wider besseres Wissen gehandelt. Herr Clement ist ein versierter, profunder und sorgfältig recherchierender Kollege, dem diese Fehlleistung allerdings niemals hätte unterlaufen dürfen.
*) Nachtrag, 1. August. Inzwischen hat mir der Deutschlandfunk eine verlängerte Version seiner Stellungnahme geschickt, in der es heißt:
Im Mai hat Herr Clement im Rahmen einer Nebentätigkeit mit Genehmigung von Deutschlandradio ein Fachsymposium des Bundesamtes für Verfassungsschutz unter dem Titel „Islamistischer Terrorismus in Europa“ moderiert. Es handelte sich dabei um eine Folgeveranstaltung aus dem Jahr 2014. Deutschlandradio sieht hierin keinerlei Grund zu der Annahme, Herrn Clements journalistische Unabhängigkeit stünde infrage.