Schlagwort: Zauberwelt der Berge

Andrea Ballschuh

Es fehlen einem dann doch die Kategorien, um Qualitäten in diesem speziellen Beruf bewerten zu können. Natürlich ist es eine Form von Arbeitsverweigerung, eine Sendung „Zauberwelt der Berge“ mit dem Satz zu beginnen: „Den besten Blick hat man einfach immer von oben.“ Und natürlich müsste die Überleitungspolizei einschreiten, wenn die Moderatorin sagt, die „Klostertaler“ würden perfekt ins Salzkammergut passen, weil ihre Karriere nur einen Weg kenne: „steil nach oben – sie sind also richtige Gipfelstürmer“. Aber beim Abspann stellt sich dann heraus, dass die Texte gar nicht von ihr waren, und man weiß nicht, ob das für oder gegen sie spricht.

Das wichtigste für jemanden, der volkstümliche Musik im Fernsehen präsentiert, muss diese Teflonhaftigkeit sein: dieses Lächeln, das immer auf das gleiche Maß an interesseloser Zustimmung eingestellt ist, egal, auf was es sich bezieht, und seien es Nacktschnecken oder gar Brunner & Brunner. Die 35-jährige Andrea Ballschuh macht das schon so glatt wie einst Caroline Reiber, und das Kunststück ist, dass sie dabei jünger, frischer und moderner aussieht, ohne die Zuschauer durch Jugendlichkeit, Frische und Moderne zu verschrecken.

Man muss diese Show übrigens nicht kennen, auch wenn man gerade den Eindruck bekommen konnte, so wie ihre geplante Verlegung plötzlich ein Beleg für die angeblich seniorenfeindliche Entsorgung von Plastikmusikshows aus dem ZDF-Programm wurde. Die „Zauberwelt der Berge“ war in den vergangenen fünf Jahren exakt zweimal zu sehen. Anders als Frau Ballschuh, die sich sonst im ZDF-Vormittagsprogramm einen Wolf moderiert und im MDR ein Quiz hat. Im Osten scheint sie ein „Superstar“ zu sein, jedenfalls nennt die „Super-Illu“ sie so und verfolgt jede berufliche und private Wendung mit größter Anteilnahme und Sympathie.

Zum Konzept der Show gehört, dass Andrea Ballschuh auch Einheimische… nein, „kennenlernt“ wäre falsch. Trifft. Sicherheitshalber gibt man ihr während des, nun ja: Gesprächs aber immer etwas anderes zu tun, lässt sie töpfern mit dem Töpfer, die Krähen füttern mit der Krähen-Aufzieherin, reiten mit dem Wildparkbesitzer. Am schönsten war diese Woche nicht einmal, als eine der Krähen sie nachhaltig, mehrmals und offenkundig leidenschaftlich in den Finger biss. Sondern wie sie und der Wildparkmensch noch mehrere Sekunden noch durchs Bild ritten, aber ihr Gesprächstext schon zuende war: Da sah man allen Beteiligten (die Pferde inklusive) an, dass hier keiner die Landschaft, die Stille oder die Gesellschaft genoß, sondern alle die Sekunden zählten, bis jemand „Schnitt“ rufen würde. Es war eine Szene von frappierender Leere und vielleicht der einzig wahre Moment in der ganzen Show.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung