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E-Mail von mir an Nico Wilfer, Gründer myblog.de, 11. August 2006:

Lieber Nico,

ich werde Dir keine weiteren Auflistungen von Morddrohungen, Hasstiraden, Gewaltforderungen, schwulen- und ausländerfeindlichen Kommentaren von „Politically Incorrect“ mehr schicken [ein kleiner Ausschnitt davon steht hier]. Ich hatte Dir auf Deinen Wunsch hin solche Listen geschickt, damit Du prüfen kannst, ob etwas davon Euren AGBs widerspricht. (Das war ja, zur Erinnerung, meine ursprüngliche Anfrage: Ich wollte wissen, wie Ihr auf diese Verstöße gegen die AGBs durch „PI“ reagiert. Mein Ziel war und ist es nicht, „PI“ schließen zu lassen. Ich wollte wissen, wie Ihr als Bloghoster dazu steht.)

Ich hatte angenommen, dass Du anhand der Dutzenden Fundstellen zu einem Urteil kommst und mir entweder mitteilst, warum „PI“ den Regeln von myblog entspricht (und innerhalb der zulässigen Grenzen der Meinungsfreiheit agiert), oder wie Ihr damit umgeht, dass „PI“ diesen Regeln nicht entspricht. Stattdessen hast Du offenbar die Listen an „PI“ weitergeleitet, und „PI“ hat, soweit ich das sehen konnte, genau die Stellen, die ich mit einigen anderen zusammengetragen habe, inzwischen gelöscht — nachdem die Hasstiraden dort vorher teilweise ein Jahr lang unkommentiert, unmoderiert und unwidersprochen standen. Es ist ja auch nicht so, dass es sich da um einzelne Kommentare handelt, die vielleicht versehentlich nicht moderiert wurden. Viele der besonders hetzerischen Kommentare kommen von Leuten, die regelmäßig bei „PI“ kommentieren und von „PI“ auch immer wieder als Zuträger für eigene Einträge genannt werden. „PI“ ist ihr Forum.

In der Zwischenzeit sind natürlich neue Kommentare bei „PI“ hinzugekommen. Ein „Thatcher“ schrieb gestern abend auf die Moslems bezogen: „Natürlich wird getötet werden müssen.“ Ein „Tuotrams“ stimmte zu: „Meine Rede, im Zweifel muss man eben alle umbringen. “ Diese Kommentare standen auch heute morgen noch da. Ich habe Dir daraufhin eine Mail geschrieben mit diesen Fundstellen und Dich gefragt, was Du noch brauchst, um zu einem Urteil über den Charakter von „PI“ zu kommen. Du hast diese Fundstellen daraufhin wieder an „PI“ weitergeleitet. Jetzt sind die beiden Kommentare mit den Massenmordfantasien verschwunden.

Natürlich könnten wir diese Spiel endlos weiterspielen. Ich würde dadurch sowas wie der Aufpasser, dass bei „PI“ nur Kommentare stehen, die nur fast menschenverachtend, fast diskriminierend und fast rassistisch sind, aber nicht so menschenverachtend, diskriminierend und rassistisch, dass sie Maßnahmen fürchten müssen. Das ist nicht meine Rolle.

„PI“ ist meiner Meinung nach ein Forum für diffamierende, verleumderische, beleidigende, bedrohende, volksverhetzende und rassistische Inhalte. Meine beiden Fragen an Dich lauten: Sieht myblog das anders? Und: Wie reagiert myblog darauf?

E-Mail-Antwort von Nico Wilfer, 14. August 2006:

Wir wollen unsere Mitglieder nicht für die Beiträge der Kommentierenden bestrafen, sofern die Mitglieder selbst dafür Sorge tragen, dass eindeutig rechtswidrige Kommentare zeitnah entfernt werden. Im konkreten Fall haben wir den Blogger ausdrücklich ermahnt, dies künftig stärker zu berücksichtigen. Wir sehen gemäß unseren internen Regeln derzeit keinen Anlaß, das Blog zum jetzigen Zeitpunkt und auf Basis der Liste zu schließen. Eine Regelung, inwiefern Blogs, die mit rechtswidrigen Inhalten aufgefallen sind, zukünftig in der Liste „Meistgelesene Weblogs“ auftauchen dürfen, treffen wir noch. myblog.de wird als größte Blog-Community Deutschlands diese Woche auf über 300.000 Blogs kommen, bei denen es nicht unsere Aufgabe sein kann, vorschnell zu zensieren, insbesondere ohne dass von staatlicher Seite überhaupt ein Rechtsverstoß eines Mitglieds festgestellt worden ist. Unsere darüberhinausgehenden Regeln haben wir ja bereits beschrieben.

Tja. Meine Fragen hat er nicht beantwortet. Aber natürlich ist das eine Antwort.

Mein Eindruck ist, dass Nico Wilfer in den vergangenen Tagen versuchte, „PI“ das Leben gerade so schwer zu machen, dass die von alleine gehen, ohne dass er selbst in irgendeiner Form öffentlich Position beziehen muss. Das ist beiden Seiten gegenüber feige, aber womöglich taktisch klug für jemanden, dessen Geschäft darin besteht, eine möglichst große „Blog-Community“ aufzubauen. Aber vielleicht muss man diese kleine PR-Formulierung, die sich in seine E-Mail geschoben hat, ernst nehmen. Vielleicht muss sich einfach jeder myblog.de-Blogger fragen, ob eine „Community“, in der Rassismus und Diskrimierung erst beginnen, wenn sie „von staatlicher Seite“ festgestellt wurden, eine Gemeinschaft ist, zu der er gehören will.

Ich weiß, das ist kein befriedigendes Ende dieser Geschichte. Aber ich wüsste auch nicht, wie ein befriedigendes Ende aussehen sollte.

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