Über Abmahnungen

Ich warte auf den Tag, an dem mich jemand verklagt, weil ich ihn klagefreudig genannt habe.

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Der bekannte Berliner Medienanwalt Christian Schertz möchte nicht mit dem verstorbenen Münchner Rechtsanwalt Günter Werner Freiherr von Gravenreuth verglichen werden. Er meint, dass der Vergleich mit dem als Betrüger verurteilten und für seine umstrittenen Abmahnungen berüchtigten Gravenreuth abwegig ist — das finde ich auch. Und er meint, dass dieser Vergleich deshalb unzulässig ist — das finde ich nicht.

Woher kommt der Gedanke, dass man Dinge, die einem nicht gefallen, mit der Hilfe von Anwälten und Gerichten aus der Welt schaffen lassen kann? Wenn das nicht mit Meinungsfreiheit gemeint ist: dass Leute frei finden und sagen können, an wen ich sie erinnere, egal wie ungerecht mir das erscheinen oder wie unvorteilhaft das für mich sein mag — was denn dann?

Schertz, der sich gerne als Kämpfer für das Gute stilisiert und als Rechtsberater unter anderem die Freiheit der ARD verteidigt hat, einen plumpen Anti-Scientology-Film auszustrahlen, hat in eigener Sache eine besondere Vorstellung von den Grenzen der Meinungsfreiheit. Er hat seinen Dauerfeind, den Gerichtsreporter Rolf Schälike, wegen verschiedener Kommentare hier im Blog abmahnen lassen. Es geht dabei nicht nur um (möglicherweise falsche) Tatsachenbehauptungen. Schälike hatte u.a. kommentiert:

Beide Anwälte [Schertz und Gravenreuth]- der eine post mortal, der andere heute noch – haben einen nachvollziehbaren Grund von der Rechtsprechung enttäuscht zu sein.

Schertz‘ Anwalt forderte deshalb eine Unterlassungserklärung von Schälike:

In diesem Beitrag setzen Sie unseren Mandanten und sein rechtliches Vorgehen mit den Methoden und dem Vorgehen des verstorbenen Rechtsanwalts von Gravenreuth dar [sic]. Dies muss mein Mandant nicht hinnehmen.

Schälike hat mich aufgrund des rechtlichen Vorgehens von Schertz gegen ihn gebeten, alle seine Kommentare unter den entsprechenden Einträgen zu löschen. Doch das ist nicht nur eine Privatfehde. Schertz meint es auch von anderen nicht hinnehmen zu können oder zu müssen, mit Gravenreuth verglichen zu werden.

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Ich hatte in den vergangenen Wochen mehrfach wieder Kontakt zu dem Anwalt von Stephan Mayerbacher, einem Geschäftsmann aus der Call-TV-Branche, der bereits mehrfach juristisch gegen mich vorgegangen ist. Diesmal bekam ich keine Abmahnungen, sondern wurde „im Guten“ auf Kommentare in diesem Blog hingewiesen, die Herr Mayerbacher für unzulässig hält.

Unter anderem wurde ich aufgefordert, den von einem Kommentator geäußerten Verdacht zu löschen, „Herr Mayerbacher durchsuche Internetforen und -blogs nach abmahnfähigen Beiträgen“, denn das sei unwahr.

Man kann das für eine Form von Ironie halten, wenn jemand seinen Anwalt damit beauftragt, den Betreiber eines Blogs darauf hinzuweisen, dass die Behauptung, er durchsuche Blogs nach abmahnfähigen Beiträgen, abmahnfähig ist. Es ist nur nicht so witzig, so lange man davon ausgehen muss, dass das Hamburger Landgericht darüber nicht lachen kann, sondern im Zweifel einen Beweis dafür will, dass Herr Mayerbacher tatsächlich Blogs und Foren durchsucht und sie nicht vielleicht durchsuchen lässt oder, ganz ohne Suche, zufällig immer wieder auf diese abmahnfähigen Beiträge stößt. Weil ich tatsächlich nicht weiß, was Herr Mayerbacher so in seiner Freizeit macht (aktuell weiß ich nicht einmal, was er beruflich macht), habe ich den entsprechenden Kommentar gelöscht.

Der Anwalt hatte mich auch gebeten, einen Kommentar zu löschen, in dem jemand schreibt, dass Mayerbacher seinen Sitz im Verwaltungsrat des Schweizer Fernsehsenders Star TV „abgegeben hat bzw. abgeben durfte“. Die Formulierung suggeriere, Mayerbacher habe seine Verwaltungsratstätigkeit unfreiwillig aufgegeben, was unwahr sei. Das tut sie meiner Meinung nach nicht, weshalb ich den Kommentar nicht gelöscht habe. Wenn selbst eine solche Formulierung nicht erlaubt wäre, eine bloße Umschreibung des „keine Ahnung, warum der gegangen ist, ob’s freiwillig war?“ schon unzulässig wäre, könnten wir’s wirklich gleich lassen mit der Meinungsfreiheit.

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Mayerbachers Anwalt sieht in ein paar kryptischen Beiträgen tief in den Kommentarspalten dieses Blogs ein „Kesseltreiben“ gegen seinen Mandanten, das der sich nicht gefallen lassen müsse. Und er fügte den bemerkenswerten Satz hinzu: „Ich sehe auch nicht, worin der Wert für Ihren Blog liegen soll.“

Diese Leute — nicht nur dieser Anwalt oder sein Mandant, sondern viele andere — haben das elementare Prinzip der Meinungsfreiheit nicht verstanden. Sie haben nicht verstanden, dass sie ein Wert an sich ist. Dass sie auch Beiträge schützt, die nach irgendwelchen subjektiven oder objektiven Maßstäben wertlos sind. Artikel 5, Absatz 1, Satz 1 des Grundgesetzes lautet nicht: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten, solange es sich um ein wichtiges Thema handelt und ein Interesse der Öffentlichkeit an dieser Meinung besteht.“

Man kann diesen Leuten das Missverständnis nicht einmal verübeln, denn die Hamburger und Berliner Gerichte, vor die sie in einer langen Karawane ziehen, um ihre vermeintlichen oder tatsächlichen Ansprüche durchzusetzen, sind dem gleichen Missverständnis erlegen. Seit einigen Wochen haben sie das sogar schwarz auf weiß, formuliert vom Bundesverfassungsgericht. Es erklärte den Berliner Richtern, dass das Persönlichkeitsrecht eines Menschen

seinem Träger keinen Anspruch darauf vermittelt, öffentlich nur so dargestellt zu werden, wie es ihm selbst genehm ist (…).

Das Bundesverfassungsgericht fürchtete,

dass die Gerichte den Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 GG grundlegend verkannt haben. Zwar handelt es sich bei dem — hier als gering erachteten — öffentlichen Informationsinteresse um einen wesentlichen Abwägungsfaktor in Fällen einer Kollision der grundrechtlich geschützten Äußerungsinteressen einerseits und der Persönlichkeitsbelange des von der Äußerung Betroffenen andererseits. Dies bedeutet aber nicht, dass die Meinungsfreiheit nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt wäre und von dem Grundrechtsträger nur gleichsam treuhänderisch für das demokratisch verfasste Gemeinwesen ausgeübt würde.

Das Bundesverfassungsgericht erklärte schließlich,

dass die Äußerung wahrer Tatsachen, zumal solcher aus dem Bereich der Sozialsphäre, regelmäßig hingenommen werden muss.

Adressat dieser Grundrechts-Nachhilfe waren formal die Berliner Gerichte, de facto aber auch Christian Schertz, der ursprünglich geklagt und zunächst gewonnen hatte. Auf der langen Liste von Dingen, die er glaubt, trotz Meinungsfreiheit nicht hinnehmen zu müssen, steht nämlich auch das wahrheitsgemäße Zitieren aus einer E-Mail, die er als Antwort auf eine bissige Presseanfrage geschrieben hatte und in der er — wie es seine Art ist — gleich wieder mit juristischen Konsequenzen drohte.

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Nun ist es eine schöne Sache, dass die obersten deutschen Gerichte der systematischen Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit durch die Hamburger und Berliner Pressekammern zunehmend widersprechen. Aber der Weg zu diesen obersten Gerichten ist weit und teuer.

Ende vergangenen Jahres hat Stephan Mayerbacher beim Hamburger Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen mich erwirkt, die mir praktisch untersagt, eine Verbindung herzustellen zwischen ihm und Vorwürfen, die gegen bestimmte Firmen erhoben werden, für die er in verschiedenen Formen gearbeitet hat. Es bestand aufgrund eines Urteils des Bundesgerichtshofes zwar eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass ich diese Auseinandersetzung in letzter Instanz gewinnen könnte. Aber in der ersten und zweiten Instanz in Hamburg waren meine Aussichten gleich null, so dass ich auf den langen, teuren Rechtsstreit (mit natürlich ungewissem Ausgang) verzichtet, den Blogeintrag gelöscht, die einstweilige Verfügung akzeptiert und die Anwalts- und Gerichtskosten von deutlich über 2000 Euro gezahlt habe.

Am ärgerlichsten daran ist, dass das jeden Kommentar zu dem Thema in meinem Blog oder jede künftige Berichterstattung von mir über Mayerbachers Geschäfte äußerst heikel macht. Nicht ohne Grund hängt sein Anwalt an die Mails, die er mir „im Guten“ schickt, immer mal wieder das PDF mit der einstweiligen Verfügung.

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Nun gibt es sicherlich schwerwiegendere Fälle als die hier genannten, in denen irgendwelche mächtigen oder jedenfalls finanzkräftigen Gruppen oder Unternehmen versuchen, Berichterstattung über sich zu verhindern. Aber gerade die Alltäglichkeit, die Abmahnungen und einstweilige Verfügungen geworden sind, finde ich beunruhigend.

Für erstaunlich viele Menschen, Gruppen und Unternehmen scheint es ganz normaler Bestandteil des Repertoires einer Auseinandersetzung zu sein, anderen ihre Äußerungen zu verbieten. Das ist nicht nur ein juristisches Problem, sondern auch ein gesellschaftliches und kulturelles.

Ein Beispiel.

Vor kurzem beklagte sich Alexander Görlach in seinem konservativen Online-Magazin „The European“, dass der neue Chefredakteur Michael Naumann das konservative Print-Magazin „Cicero“ nach links rücken wolle. Görlach war früher selbst bei „Cicero“ und schien sehr, sehr aufgeregt über das, was da bei seinem alten Blatt passierte, das offenbar — unbemerkt von der Öffentlichkeit — bislang eines der erfolgreichsten und wichtigsten Medien der Republik war. Die „Cicero“-Mitarbeiter flüchteten massenhaft vor Naumann und seinen linken Meinungsdiktaten, hyperventilierte Görlach: „Cicero ist erledigt.“ Außerdem habe Naumann einen Dienstwagen erwartet, aber keinen bekommen, was sicher irgendwas beweisen sollte.

Naumann antwortete, dass das „alles Quatsch“ sei, sponn, dass das ein „schlechtes Licht auf den Online-Journalismus“ werfe, und widersprach auch der Sache mit dem Dienstwagen. Aber er beließ es nicht dabei. Er schickte über seinen Anwalt auch eine teure Abmahnung. Der „Berliner Zeitung“ erklärte er: „Geht man gegen solche Artikel nicht juristisch vor, bleiben sie ewig an einem hängen.“

Was für ein Irrsinn. Der Artikel auf „The European“ ist zwar jetzt gelöscht. Aber die Zitate aus ihm in den Fachmedien wirken nun viel überzeugender als in ihrem ursprünglichen, von merkwürdiger persönlicher Gekränktheit durchweichten Gesamttext. Glaubt Naumann wirklich, dass die Menschen nun seiner Version der Dinge glauben, weil Görlach eine Unterlassungserklärung unterzeichnet hat? Hat Görlach das getan, weil er eingesehen hat, dass Fakten falsch waren, oder doch nur, weil er eine noch kostspieligere Auseinandersetzung vor Gericht vermeiden wollte?

Naumann glaubt womöglich, dass er den Anwalt einschalten musste, um zu beweisen, dass die Behauptungen wirklich falsch sind. Als würden Anwälte nicht gerade dann gerne eingeschaltet, wenn Behauptungen wahr sind.

Vielleicht wollte er aber auch nur das gute Gefühl haben, jemandem gezeigt zu haben, wo der Hammer hängt. Das ist als psychologisches Moment sicher nicht zu unterschätzen, diese Genugtuung, dass jemand einem schwarz auf weiß gibt, etwas nicht mehr behaupten zu wollen — und dafür sogar Geld zahlen muss.

Zu einer gerichtlichen Entscheidung kam es in diesem Fall gar nicht mehr, weil Görlach die geforderte Unterlassungserklärung abgab. Aber auch die hätte vermutlich keine Klarheit in der Sache gebracht. Natürlich lässt sich so eine einstweilige Verfügung gut verkaufen. Und womöglich gibt es sogar noch zwei, drei Ahnungslose, die glauben, einer solchen Entscheidung läge eine Art Beweisaufnahme zugrunde, in der die Richter gründlich prüfen, womöglich noch Zeugen anhören und dann quasi ein fundiertes, offizielles Urteil darüber abgeben, welche Version der Wahrheit die richtige ist. (So ist es nicht.)

Es ist traurig, das einem alternden Publizisten wie Naumann erklären zu müssen, aber es gibt etwas, das viel überzeugender ist als die (Fehl-)Urteile komischer Richter: Argumente.

Mir will nicht in den Kopf, warum ausgerechnet Journalisten und Medien, die selbst beste Möglichkeiten haben, ihre Widersprüche zur Darstellung anderer zu veröffentlichen, falsche Tatsachenbehauptungen gerade zu rücken und ungerechtfertigte Unterstellungen zu entkräften, glauben, sie müssten zu einem Gericht rennen. Selbst ein Henryk M. Broder, der ein gewaltiges Arsenal sprachlicher Waffen und Knallkörper zur Verfügung hat und auf sein Recht pocht, davon ohne Rücksicht auf Verluste Gebrauch zu machen, hat keine Hemmungen, anderen mit Hilfe von Anwälten und Richtern den Mund verbieten zu wollen.

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Angenommen, jemand schreibt, „der Niggemeier ist schlimmer als Hitler“. Bestimmt müsste ich das nicht hinnehmen. Aber warum sollte ich dagegen vorgehen? Spricht angesichts eines solchen Vergleichs nicht alles dafür, darauf zu vertrauen, dass auch andere Leute ihn für abwegig halten — und der Vergleich nicht mir schadet, sondern demjenigen, der ihn macht?

Wenn es völlig abwegig ist, die Anwälte Schertz und Gravenreuth miteinander zu vergleichen, muss Schertz nicht dagegen vorgehen. Dadurch, dass er es doch tut, demonstriert er paradoxerweise nicht nur seine Macht, sondern auch fehlendes Selbstbewusstsein. Er könnte den Vergleich sonst einfach aushalten. Oder glaubt er ernsthaft, dass er, sobald er erfolgreich jeden dieser Vergleiche aus dem Internet geklagt hat, von niemandem mehr für so ähnlich wie Gravenreuth gehalten wird? Dass sich Meinungen genauso verbieten lassen wie Meinungsäußerungen? (Ganz abgesehen natürlich von dem schönen Paradoxon, dass er mit jeder dieser Klagen dem Mann ähnlicher scheint, dem er nicht ähnlich sein will.)

Was genau hat sich jemand wie der DFB-Chef Theo Zwanziger davon erhofft, Jens Weinreich zu verklagen, weil der ihn in einem konkreten Zusammenhang als „Demagogen“ bezeichnet hat? Glaubt er, dass seine Kritiker ihn nicht mehr für einen „Demagogen“ halten würden, wenn er ihnen verbietet, ihn öffentlich so zu nennen?

Natürlich schadet es einer Debatte, wenn sie Grenzen überschreitet, wenn Beleidigungen oder Verleumdungen überhand nehmen. Aber im Moment sehe ich unser Diskussionskultur nicht von den Auswüchsen falsch verstandener Meinungsfreiheit bedroht, sondern von den Exzessen einer ausartenden Abmahnunkultur. Im Zweifel ist mir eine Welt lieber, in der zuviel herumkrakeelt wird, als eine, in der jeder damit rechnen muss, dass ihn jedes falsche Wort (und viele wahre) viel Geld kostet.

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Natürlich gibt es Fälle, in denen es legitim ist oder sogar notwendig sein kann, Veröffentlichungen verbieten zu lassen (und es haben nicht einmal alle dieser Fälle mit der „Bild“-Zeitung zu tun). Aber müsste das in einer freiheitlichen Gesellschaft nicht das letzte Mittel sein? Eine drastische Maßnahme für besonders drastische Fälle — anstatt ein Routinewerkzeug in jeder Auseinandersetzung? Es ist völlig das Bewusstsein dafür abhanden gekommen, was für ein einschneidender Schritt das ist: jemandem zu verbieten, etwas zu sagen.

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Vielleicht ist das bei Leuten wie Christian Schertz auch eine berufliche Deformation. Der Anwalt käme gar nicht mehr auf den Gedanken, dass er einer falschen oder irreführenden Aussage einfach widersprechen und damit Menschen überzeugen könnte. Er lässt sie löschen. Sie muss verschwinden, als hätte es sie nie gegeben.

Es geht diesen Leuten nicht mehr darum, sich Gehör zu verschaffen. Es geht ihnen darum, die anderen zum Schweigen zu bringen.

Das ist eine nachvollziehbare Vorgehensweise bei dubiosen Geschäftemachern, deren Abzockmodelle von jeder öffentlichen Debatte über ihre Hintergründe und Funktionsweisen bedroht sind. Für alle anderen müsste sie sich verbieten.

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Durch den Gang zum Anwalt und zum Gericht wird aus einer Auseinandersetzung um Wahrheit zu einer, in der regelmäßig nicht derjenige gewinnt, der Recht hat, sondern der sich die Auseinandersetzung leisten kann. Der Mächtige gewinnt.

Mich hätte sehr interessiert, wie Springer oder die „Welt“ ihre Abmahnung gegen BILDblog neulich öffentlich begründet hätten. Der Kampf um die Wahrheit oder das Recht auf eine korrekte Darstellung kann es ja nicht sein, dafür hätte es ein Anruf oder eine E-Mail getan. Natürlich war das eine reine Machtdemonstration.

Und so wunderbar es ist, dass unsere Leser uns in einem solchen Maß unterstützt haben, dass uns auch vor weiteren Machtdemonstrationen erst einmal nicht bange sein muss, und so sehr ich mich freue, dass auch Stefan Aigner von regensburg-digital.de für seinen Kampf gegen das Bistum Regensburg viele Tausend Euro bekommen hat — das kann es doch auf Dauer nicht sein, dass die Blogger und ihre Fans und Leser diesen Wahn auch noch selbst finanzieren.

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Dieser Text hat keinen Schluss. Das liegt daran, dass er in den nächsten Tagen weiter geht.

173 Replies to “Über Abmahnungen”

  1. „..Durch den Gang zum Anwalt und zum Gericht wird aus einer Auseinandersetzung um Wahrheit zu einer, in der regelmäßig nicht derjenige gewinnt, der Recht hat, sondern der sich die Auseinandersetzung leisten kann. Der Mächtige gewinnt…“

    Mindestens keinen Zwanziger muss man in der Tasche haben, um am Rechtsgeschäft teil zu nehmen.

  2. Sehr guter Beitrag. Hoffentlich trägt er auch dazu bei, den Wahnsinn des Abmahnens, Verklagens und Unterdrückens von Meinungen zu beenden.

  3. Großes Lob für diesen Artikel! Die Argumentation um den Schertz-Gravenreuth-Vergleich ist sehr schlüssig.

  4. „…das kann es doch auf Dauer nicht sein, dass die Blogger und ihre Fans und Leser diesen Wahn auch noch selbst finanzieren. ..“

    paid content durch die Hintertür.

  5. O Mann, ist das schlimm. Das muss alles aufhören, sofort. Und deshalb muss langsam mal mehr passieren als nur Rumjammern oder Betteln für Blogger. Es ist, ich sage das bewusst mal so total platt, eine Schande für unsere Demokratie und unser Land, dass so etwas möglich ist und von keinem Politiker oder Richter abgestellt wird.

  6. Ich hätte ja schon irgendwie Lust, auch mal wegen sowas verklagt zu werden. (Ich weiß, das zeugt von einem ganz merkwürdigen Sinn für Humor und mag ein Indiz dafür sein, dass ich mit meinem Geld in Streit lebe, aber ich bin eben manchmal ein Prinzipienreiter.) Leider ist mein Blog dafür wohl (bis auf Weiteres) nicht bekannt genug, und hier in den Kommentaren eine passende Behauptung aufzustellen, würde auch den Betreiber treffen, deshalb wäre es wohl eher unhöflich.
    Vielleicht kommt ja irgendwann meine Gelegenheit… All good things come to those who wait.

  7. Vielleicht erleben wir noch die Zeit, wenn die besten deutschen Journalistinnen und Journalisten englischen Vorbildern (re libel/defamation law) folgen und in die Vereinigten Staaten flüchten, um von dort aus täglich unverklagt über deutsche Angelegenheiten berichten zu können.

    Sind unsere Spenden für gerichtliche Auseinandersetzungen das einzige Hindernis zwischen diesem Szenario und jetzt? Das sollte uns — mindestens — zu denken geben.

  8. Mittlerweile werden missliebige Kritiker ja vermeintlich mundtot gemacht, indem auf dubiose Weise die entspechende Seite gekapert wird. Man wird sehen, was die handelnden Personen davon haben. Meiner Meinung nach ist das eindeutig zu kurz gedacht, offenbart aber eine gewisse (eingeschränkte) Weltsicht, wie sie Stefan ja dargestellt hat. Dies Vorgehen kann man auch als Eingeständnis sehen, seine Kritiker unterschätzt zu haben.
    Was man braucht ist ein finanzielles Polster, um die erwähnten ersten Instanzen zu überstehen, mit der Gewissheit, am Ende zu siegen, und der Hoffnung, dass sich auch in Hamburg etwas tut.
    Es empfiehlt sich die Anschaffung eines Vogels, denn postalisch zugestellte Abmahnungen bieten eine preisgünstige Möglichkeit, Käfige auszulegen. Der furchtlose Geselle zeigt so im Auftrag seines Herrn, was von derlei Schriftstücken zu halten ist.

  9. @8./Muriel: Es wäre auch interessant zu erfahren, was passiert, wenn man sich dem ganzen Spiel verweigert, sich also nicht einmal einen Rechtsbeistand sucht usw. Man vergleicht also zwei Anwälte miteinander oder schreibt „Silberstreifs Blog ist besser als Hitler“ und lässt alles weitere an sich abtropfen. Man hat sie schließlich nicht eingeladen, die Abmahner, und die einstweiligen Verfüger schon gar nicht. Kommt man dann in den Knast?
    @Niggemeier: „Es geht diesen Leuten nicht mehr darum, sich Gehör zu verschaffen. Es geht ihnen darum, die anderen zum Schweigen zu bringen.“ Ich würde sogar noch weitergehen als einfach nur Schweigegebot und Machtdemonstration oder Rechthaberei zu unterstellen – diese Leute sehen sich in einer anderen Welt, einer höheren Klasse wollen explizit zum Ausdruck bringen, dass ihre Kritiker Unterlinge sind sowie andere Unterlinge davon abhalten, die Chefs auch zu kritisieren.

  10. Greift bei sowas eigentlich eine Rechtsschutzversicherung nicht?

    Falls nein: Wäre eine Versicherung für genau solche Fälle nicht eine große Marktlücke? Da die Prozesse in den meisten Fällen zu gewinnen sind (wenn man genug Geld hat sie bis zum Schluss auszufechten), dürfte es sich für eine Versicherung durchaus lohnen.

    Außerdem: Wie oft müssen Urteile, die Richter getroffen haben, von höheren Instanzen zurückgewiesen werden, bis der entsprechende Richter wegen offensichtlicher Inkompetenz entlassen wird?

  11. „Spricht angesichts eines solchen Vergleichs nicht alles dafür, darauf zu vertrauen, dass auch andere Leute ihn für abwegig halten — und der Vergleich nicht mir schadet, sondern demjenigen, der ihn macht?“

    Nein. Das setzt vorraus dass sich der Leser aktive mit dieser Aussage beschäftigt, überlegt, nachdenkt. Das ist nicht unbedingt der Fall bei einem Großteil der Leute.
    Wenn man nur oft genug wiederholt „Niggermeier ist wie Hitler“ dann glauben es am Ende die meisten (zumindest werden sie in die Richtung tendieren – „Niggermeier? Ist das nicht der Rechte?“). Genau darauf baut doch unsere Gesellschaft auf, sonst gäbe es keine Werbung und keine Wahlplakate mit ein-zwei Wörtern. Oder um bei Hitler zu bleiben – keinen totalen Krieg.
    Von daher ist die Taktik solche Meinungen zu verbieten ansich nicht nutzlos, auch wenn sie im Internet nicht als zu viel bringt und einige negative Nebeneffekte haben kann (wie dieser Beitrag hier ;) ). Das macht es natürlich nicht richtig dass einige Gerichte ihre Privatfantasien von Meinungsfreiheit ausleben und ich stimme dem Beitrag ansonsten auch zu – aber das es komplett sinnlose Aktionen sind ist nunmal nicht wirklich der Fall.

  12. Wir müssen uns doch hier alle zusammen endlich Gedanken machen, wie wir das stoppen können!
    Herr Niggemeier spricht einen wichtigen Teil unserer Grundrechte an, die Meinungsfreiheit. Aber täglich stehen weitere dieser Recht unter Beschuss, wie die Versammlungsfreiheit (man beachte die neuen Versammlungsgesetze in den Ländern!) oder auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
    Wir brauchen eine neue, handlungsfähige Bürgerrechtsbewegung!

  13. Ich glaube, dass sich das alles auf die Geltungssucht und Überheblichkeit der Klagenden zurückführen lässt. Woher sollte (wie Stefan ja schon richtig ausführt: das Hitler-Beispiel trifft es sehr prägnant) sonst diese „Lust“ an der anwaltlichen/gerichtlichen Verfolgung irgendwelcher Äußerungen in mal mehr mal weniger bekannten Blogs, Foren etc. kommen? Schade nur, dass es sich diese Leute eben leisten können …

  14. Es gab gar nicht genügend ‚like‘-Knöpfe im Reader, um auszudrücken, wie sehr mir der Artikel gefallen hat – trotz aller Zweifel, dass sich etwas ändert.

  15. Das Bundesverfassungsgericht erklärte schließlich,

    „dass die Äußerung wahrer Tatsachen, zumal solcher aus dem Bereich der Sozialsphäre, regelmäßig hingenommen werden muss.“

    Das ist natürlich richtig. Aber es ist auch unvollständig. Ich muss mehr „meinen“ dürfen als lediglich wahre Tatsachen. Ich muss auch spekulieren dürfen, und assoziieren. Solange ich etwas nachvollziehbar begründet meine, muss ich mich auch irren dürfen, ohne sofort ruiniert zu sein, erst recht als sprichwörtlicher kleiner Blogger. Blogger sind gemeinhin Normalbürger mit dem Budget eines Normalbürgers. Die Rechtsprechung darf nicht so aussehen, dass die Kostenverteilung unwägbare Risiken birgt, nur weil man sein verfassungsmässiges Recht der garantierten Freiheit der Meinungsäusserung wahrnimmt.

    Und nicht nur dort gibt es ein Missverhältnis zum Schaden des Rechts einzelner Menschen (und damit zum Schaden des Geistes unserer Verfassung). Natürlich hat jeder Mensch auch Persönlichkeitsrechte, die gerne geschützt werden dürfen. Aber der Abmahnwahnsinn geht ja inzwischen sogar schon soweit, dass Firmen, Verbände oder Organisationen gegen unliebsame Meinungen juristisch vorzugehen versuchen, so als seien sie selbst eine Person. Das ist etwa so, als würden Graffiti-Sprayer wegen Körperverletzung angeklagt, weil sie beim besprühen einer Mauer erwischt wurden.

    (Und ja, ich weiss, der Vergleich hinkt – Sprayen ist kein von der Verfassung garantiertes Recht…)

  16. Was wirklich nicht in meine (beschränkte?) kleine, logische Welt passt, ist dass die die ehrenwerten Herren Richter in Hamburg und Berlin einfach so weiter machen dürfen, obwohl eine höhere Instanz die Meinungsfreiheit gestärkt hat.

  17. @Daniel G: Eine Rechtsschutzversicherung übernimmt in der Regel die Prozesskosten nach vorheriger Absprache und Genehmigung. Wenn es aber zu keinem Prozess kommt (etwa bei einer Abmahnung), dann stehen die Chancen schlecht.

    Es dürfte (ähnlich wie bei einer Vergewaltigung) beim Abmahnwahn weniger um’s Recht haben als mehr um Machtausübung gehen. Und für die Anwälte um’s pure Geld scheffeln, für manche wohl so eine Art Sex-Ersatz.

    Im Endeffekt ist es halt nur das steinzeitliche „Wer hat den längsten (Knüppel)?“

  18. früher, in seligen zeiten, gab es mal rechtshilfefonds. z.b. bei blockaden von kasernen etc. pp.

    warum wird nicht solch ein rechtshilfefonds initiiert? weil es mit arbeit verbunden ist, klar. aber es würde sich doch lohnen, oder?

    geld ließe sich da sicher schnell sammeln, zur zeit würde doch sogar der thierse zahlen ;-) paar parteien währen sicher auch sofort dabei (linke, grüne, piraten).

    in heutigen zeiten wäre ja auch die kontrolle und die transparenz viel leichter herstellbar. man müßte wohl wie immer in deutschland anfangen: einen verein gründen LOL

    aber, im ernst jetzt, warum nicht einen rechtshilfefonds gründen?

  19. herr niggemeier….solche einträge braucht das demokratisch-freiheitliche land….
    der einst gut gedachte weg, seine persönlichkeit gegen unlautere behauptungen zu schützen ist zu einer maschinerie der weicheier und verkappten pervertiert….
    die abmahnung und/oder einstweilige verfügung hat den schritt ins internet nicht mitgemacht und genau da sind auch verschiedene gerichte, hervorzuheben das lg hamburg, am start stehen geblieben….
    so wird das nix mit dem internet 2.0, wenn jeder berufs- und/oder hobbyblogger mit mondpreisen mundtot gemacht wird….
    weiter so….!!

    gruß
    jonas

  20. Ich arbeite im wissenschaftlichen Bereich und das beste, was einem passieren kann ist, dass aufgrund einer Publikation Organisationen, Personen etc. anfangen Gegenartikel zu schreiben oder sogar mit ‚weiteren Schritten‘ drohen. Ansonsten wuerde der kritische Artikel naemlich in der Flut von Publikationen einfach untergehen. Das frustrierenste ist, wenn man einen ganz tollen, ganz kritischen Artikel geschrieben hat-und, salopp gesagt, kein Schwein interessiert sich dafuer. Ich kenne die hier geschilderten Personen und Sachverhalte nur deshalb, weil sie oeffentliche juristische Auseinandersetzungen nach sich zogen. Das paradoxe ist, dass ich die Einblicke in Privatsphaere, Beruf etc. erst dadurch bekommen habe, weil jemand einen anderen verklagt hat ueber Privatsphaere, Beruf etc nicht berichten zu duerfen. Ob sich die hier geschilderten Personen nicht bewusst sind, dass sie ihre Privatspaehre usw. am besten dadurch schuetzen koennten, indem sie Kommentar #73 in einem Niggemeier-Artikel ignorieren, anstatt ihn durch juristische Auseinandersetung eine Bedeutung geben, die er nicht hat? Merken das die Gerichte nicht auch?

  21. Ein wirklich schöner und treffender Artikel über „die Abmahn-Seuche“, die schon so viele betroffen hat.

  22. Ich werde mal der Reihe nach meine Erffahrungen hier wiedergeben, ohne Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit.

    @7 Muriel:

    Melden Sie sich bei mir. Ich kann Ihnen sichere Tips geben und Artikel zusenden, die justiziabel sind. Sie werden bekannt und finden mehr Leser.

    @ 11 jokahl Es wäre auch interessant zu erfahren, was passiert, wenn man sich dem ganzen Spiel verweigert, sich also nicht einmal einen Rechtsbeistand sucht usw.

    Man bleibt auf den Kosten sitzen und das wärs.

    Interessanter ist, was passiert, wenn man keinen Anwalt findet, der einen vertritt. Wir haben ab LG Anwaltszwang. Kann man dann noch Verfassungsbeschwerde einreichen nach den Versäumnisurteilen?

    Dieses Szenario wäre mir fast passiert. Ich habe das mit einem klugen Richter diskutiert. Zunächst wollte er nicht glauben, dass das passieren kann. Dann habe ich hn überzeugt, dass das einem schon passieren kann, wie in den politischen Prozessen in der DDR.

    Diese Diskussion wird wahrscheinlich zur einer Doktorarbeit bei einem seiner Referendare führen.

    Hat nicht irgend ein Ekel unter uns Lust, das auszuprobieren. Man kann ja die Anwälte beleidigen, als bescheuert finden und das denen auch sagen, nicht bezahlen wollen oder auch nicht können.

    Wäre doch eine nette praktische Ergänzung für einen Doktoranten. Lässt sich bestimmt organisieren.

    Fortsetzung folgt

  23. Guten Tag!

    Dieser sehr gute Text hat einen Kernsatz: „Es geht diesen Leuten nicht mehr darum, sich Gehör zu verschaffen. Es geht ihnen darum, die anderen zum Schweigen zu bringen.“

    Und dabei geht es nicht nur um die „großen Fälle“ wie Herr Niggemeier zurecht bemerkt – die werden kaum bekannt.

    Trotzdem grassiert auch hier der Abmahnwahn.

    Aktuell warten wir wegen einer Berichterstattung über die GEZ auf eine Abmahnung – der SWR-Datenschutzbeauftragte scherte sich unserer Ansicht nach herzlich wenig um das vermeintliche Fehlverhalten eines GEZ-Beauftragten, machte aber umfassend Gebrauch von Hinweisen auf Gesetze und Urteile in unserer Richtung.

    Danach feuerte er drei „Gegendarstellungen“ ab.

    Wir haben das als „Warnung“, vielleicht sogar als „Drohung“ verstanden.

    Mal schauen, was folgt.

    Jedenfalls sind wir hier in unseren kleinen Redaktion gespannt auf die Fortsetzung des Niggemeier-Textes.

    Einen schönen Tag wünscht
    Hardy Prothmann
    Das heddesheimblog

  24. Vielleicht müsste man mal eine Art positiven Schauprozess zum Thema inszenieren, mit ordentlich öffentlichkeitswirksamem Rummel drumherum. Also: Man verfasst einen großen Beitrag, der mal schön alles zusammenträgt und meinungsfreudig ausdrückt, was diese Schertzens, Mayerbachers, Bischof Müllers, Schröders, Naumanns und viele mehr so alles nicht über sich hören und lesen wollen. Und dann sucht man sich einen Hartz4-Empfänger mit viel Zeit und Interesse daran, sich zum Märtyrer der Meinungsfreiheit zu machen, bis hin zur Ordnungshaft.

  25. @jokahl
    Genau. Ich habe zwar eigentlich Besseres zu tun, aber wenn sonst keiner es macht! Mein Impressum sollte schon mal ein Anfang in der Richtung sein.

    Ich habe übrigens den Verdacht (bin nur wegen des Äußeren des einen Hamburger Scharfrichers drauf gekommen), daß die Richter genau sowas provozieren wollen: Paradoxe Intervention.

  26. Der passende Artikel zum internationalen Tag der Pressefreiheit. Er zeigt auch, warum Deutschland den 18. Rang (Quelle: Reporter ohne Grenzen) belegt. Die deutsche Pressefreiheit wird durch die Rechtssprechung bedroht, wie die Welt heute in Ihren Artikeln noch einmal grundsätzlich darstellte. Allerdings ist ja auch hier die Axel Springer Presse groß im Abmahngeschäft beim ehemaligen Bildblogger Niggemeier.

    Da die skandinavischen Länder das scheinbar besser können, wäre kritischen Journalisten und Bloggern das nordschleswigsche Dänemark zu empfehlen, wo man als deutsche Minderheit sicher gut unterschlüpfen kann, sollte die aktuelle Überzahl an Juristen sich weiter mit ungerechtfertigten Abmahnungen und Nichtigkeiten vor der eigenen Arbeitslsoigkeit schützen.

  27. Sehr geehrter Herr Niggemeier,
    danke für Ihren Kommentar, in dem Sie die Entscheidung des BVerfG vom 18.2.2010 zitieren, an der ich für die NRhZ mitgewirkt habe. Noch deftiger fällt allerdings die Entscheidung des BVerfG vom 9.3.2010 aus, die nicht über die Webseite des Gerichtes wohl aber über Juris und mittlerweile auch bei Herrn Schälike
    http://buskeismus-lexikon.de/1_BvR_1891/05_v._9._M%C3%A4rz_2010_-_Meldung_%C3%BCber_ein_strafrechtliches_Ermittlungsverfahren
    erreichbar ist. Das BVerfG vertieft die Kritik am LG und OLG Hamburg, hebt insbesondere die Rechte von juristischen und journalistischen Laien hervor, relativiert den Eingriff in Persönlichkeitsrechte bei Berichterstattung über Gerichtsverfahren und zweifelt ernsthaft daran, dass es tatsächlich immer der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bedarf um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Da nach meiner Erfahrung die Entscheidungen des BVerfG in Abstimmung mit dem VI.Senat des BGH erfolgen, müssten die die Gerichte jetzt endlich merken, dass sie mit ihren Entscheidungen auf dem Holzweg sind. Weiteres kommentiere ich dazu am 5.5.2010 in der NRhZ.
    Mit freundlichen Grüssen
    Eberhard Reinecke

  28. @13 Daniel G

    Greift bei sowas eigentlich eine Rechtsschutzversicherung nicht?

    Meine Erfahrungen sind die folgenden:

    Bei der Klägern greift die Rechtschutzversicherung, bei den Beklagten nicht.

    Mann sollte sich bewusst sein, das die meisten Äußerurungsprozesse Honorar/Anwaltsgebührenprozesse sind. Auch die Beklagten-Anwälte des NDR, der Bild-Zeitung, des rbb, der Berliner Zeitung, des Hessischen Rundfunks, des Bauer Verlages, der taz … …. zeigen kein Interesse an der Gerichtsberichterstattung über die Zensurverhandlungen. Man fuscht rein in deren Geschäfte. Geschäfte haben einen hohen Vertraulichkeitsgrad. Die Vertraulichkeit wird gestört.

    Zu den Honorarverhandlungen mit den Richtern gehört auch die Tatsache, dass Versicherungen in der Äußerungs-Rechtsrechung de facto erhebliches Mitsagen haben. Die Urteile und die Protokollformulierungen berücksichtigen das.

    Insofern sind an der Rechsprechung der Zensurkammern Fremde, von der ZPO nicht vorgesehene Entscheidungsbevollmächtigte, beteiligt.

    Diese konkrete nicht zu vernachlässigende Fremd-Einflussnahme auf das Prozessgeschehen widerspricht dem Grundgesetz. Ich habe noch nirgends die Thematisierung der Rolle der Versicherungen im Bereich von Zensur gefunden.

    In den Schriftsätzen einer Anwältin wird sogar, in der Hoffnung den Richter zu überzeugen, argumentiert, dass die Rechtschutzversicherung den Kläger unterstützt.

    Falls nein: Wäre eine Versicherung für genau solche Fälle nicht eine große Marktlücke? Da die Prozesse in den meisten Fällen zu gewinnen sind (wenn man genug Geld hat sie bis zum Schluss auszufechten), dürfte es sich für eine Versicherung durchaus lohnen.

    Diese Marklücke wird keine Rechtsschutzversicherung abdecken wollen. Die Rechtsschutzversicherungen gehören zum System Buskeismus.

    Außerdem: Wie oft müssen Urteile, die Richter getroffen haben, von höheren Instanzen zurückgewiesen werden, bis der entsprechende Richter wegen offensichtlicher Inkompetenz entlassen wird.

    Gekippte Urteile haben manchmal lediglich Einfluss auf die Karriere. Einen Grund, abgesetzt zu werden, bilden diese nicht. Es gibt auch keine Garantie, dass die Nachrücker besser sind als z.B. Buske oder Mauck.

  29. „Man kann diesen Leuten das Missverständnis nicht einmal verübeln, denn die Hamburger und Berliner Gerichte, vor die sie in einer langen Karawane ziehen, um ihre vermeintlichen oder tatsächlichen Ansprüche durchzusetzen, sind dem gleichen Missverständnis erlegen.“

    Das ist meiner Meinung nach die Kernaussage des ganzen Beitrages. Denn diese Gerichte verlangen nicht etwa von demjenigen, der klagt, zu beweisen, daß gemachte Aussagen eben nicht zutreffen – nein Sie verlangen von dem Beklagten, schlüssig und für jeden 10-Jährigen verständlich darzulegen oder gar zu beweisen, daß die gemachten Aussagen stimmen. Noch perfider wird die Angelegenheit aber dann, wenn man die gemachten Aussagen des Kommentators so auslegen kann, daß dabei der Eindruck einer Persönlichkeitsrechtsverletzung interpretierbar wird. Ich erinnere dabei nur zu gerne an die Entscheidung des Münchener Oberlandesgerichts, welche die Entscheidung des Landgerichts dahingehend kassierte und entschieden hat, der Ausdruck „verwirrter Anrufer“ sei gleichzusetzen mit dem Begriff „Fakeanrufer“. War das Landgericht München I noch der Auffassung, diese Praxis sei rechtlich sauber, zumal es bei den Sendungen der Callactive tatsächlich Anrufer gebe, die einen verwirrten Eindruck machten, so sieht das Oberlandesgericht in dieser Praxis eine Gefahr. Und genauso sieht es doch jetzt ebenfalls wieder aus: sollte man hier hartnäckig bei den von Herrn Niggemeier gemachten Äußerungen bleiben, so hat der Beklagte hier den Beweis zu erbringen, daß die getätigten Aussagen richtig sind. Dabei scheinen die gemachten Äußerungen jedoch zumindest in soweit schlüssig, als das sich a) ein Herr Schertz als auch b) ein Herr Mayerbacher nur dadurch zu wehren wissen, indem beide entweder den Kommentator selbst (sofern dessen Identität bekannt ist), oder aber den Blogbetreiber sofort anwaltlich zur Reson bringen. Und dabei übersieht das Gericht dann auch gerne mal, daß durch dieses „zur Reson bringen“ eigentlich beide Aussagen nur bestätigt werden.

    Aber warum haben dann die in den Beispielen aufgeführten Personen nicht den Mut, ebenfalls als Kommentator und unter deren Realnamen Stellung zu den gemachten Aussagen zu beziehen? Warum müssen sie immer gleich demonstrieren, daß sie durch ihre finanziellen Umstände am deutlich längeren Hebel sitzen? In beiden oben genannten Fällen sieht man doch, was wirklich passiert, selbst wenn sie vor Gericht Recht bekommen: die Meinung der anderen Leser solcher Blogs oder Kommentare ändern Sie mit einer solchen Aktion nicht. Im Gegenteil. Ich bin sogar der Meinung, daß der überwiegende Teil sich denken wird, mit solchen Aktionen habe sich der geäußerte Kommentar doch bloß bewahrheitet. Nur nützt das dem Beklagten dann auch nichts mehr, denn dieser hat den Prozess längst verloren oder die womöglich verlangte Unterlassungserklärung bereits abgegeben. Und eine Wideraufnahme des Verfahrens, in der man diese Aktion als Beweis dafür nennen könnte, daß die gemachte Äußerung wohl doch nicht soooo falsch war, gibt es hier nicht.

    „Es bestand aufgrund eines Urteils des Bundesgerichtshofes zwar eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass ich diese Auseinandersetzung in letzter Instanz gewinnen könnte. Aber in der ersten und zweiten Instanz in Hamburg waren meine Aussichten gleich null, so dass ich auf den langen, teuren Rechtsstreit (mit natürlich ungewissem Ausgang) verzichtete, den Blogeintrag gelöscht, die einstweilige Verfügung akzeptiert und die Anwalts- und Gerichtskosten von deutlich über 2000 Euro gezahlt habe.“

    Noch so ein Punkt, mit der diese Leute, die immer gleich die Keule schwingen, rechnen. Womöglich würden manche Urteile anders ausfallen, wenn beiden Parteien die selben Mittel zur Verfügung stünden. Da dies aber in den seltensten Fällen der Fall ist, gewinnt in Deutschland eben meist der, der den finanziell längeren Atem hat. Ob er dabei Recht hat oder nicht, spielt dann meist keine Rolle mehr. Ich betone es noch einmal: nicht der Kläger muss beweisen, daß gemachte Aussagen unwahr oder unzutreffend sind. Er muss dem Gericht in erster Linie glaubhaft machen, daß seine Persönlichkeitsrechte durch die gemachten Aussagen verletzt wurden. Und angesichts solcher Gerichte wie denen in Hamburg ist das für den Kläger oftmals einfacher, als für den Beklagten dem Gericht darzulegen, daß die gemachten Aussagen so falsch aber auch nicht sein können. Vor allem, wenn man sieht, wie einfach es für manche Personen ist, mal eben eine Einstweillige Verfügung zu bekommen.

    @9
    „Vielleicht erleben wir noch die Zeit, wenn die besten deutschen Journalistinnen und Journalisten englischen Vorbildern (re libel/defamation law) folgen und in die Vereinigten Staaten flüchten, um von dort aus täglich unverklagt über deutsche Angelegenheiten berichten zu können.“

    Ein jüngster Fall hat doch gerade erst wieder gezeigt, daß man auch dort nicht sicher ist. Gut, hier betraf es keine Journalisten, sondern allenfalls nur Hobbyschreiber. Aber dennoch zeigt doch der Fall, daß diese kleine Gruppe um meine Person vielleicht doch nicht so unbedeutend ist, wie nach aussen hin immer behauptet wird, wenn man dieser Gruppe ihr ach so unbedeutendes Werkzeug wegnimmt, indem man mal eben die Domains dieser „Spielwiese“ übernimmt. Auf die Frage, wie man denn daran gekommen sei, kann man ja ersteinmal behaupten, sie wurde einem zum Kauf angeboten. Sollte nun jemand etwas anderes behaupten, rennt man einfach zum nächstbesten Gericht, besorgt sich eine Einstweilige Verfügung und sorgt somit dafür, dass derjenige darlegen muss, dass seine Aussage auch korrekt ist. Kann derjenige das jedoch nicht, wird er dazu verdonnert, dies in Zukunft nicht mehr zu behaupten. Man selbst muss nicht beweisen, wie man tatsächlich daran gekommen ist und weil jedem mittlerweile klar ist, was passiert, wenn man etwas anderes behauptet, interessiert es ein paar Tage später auch niemanden mehr. <— Das ist jedoch keine Tatsachenbehauptung, sondern lediglich ein Szenario, wie soetwas aussehen könnte. Nicht daß das gleich wieder missinterpretiert wird und sich wieder jemand gezwungen sieht, blaue Briefe zu verschicken. Soll ja in der Vergangenheit schon vorgekommen sein.

  30. @34: Herr Reinecke,

    darf man da hoffen, dass es im OLG Hamburg mittelfristig personelle Konsequenzen gibt? Dieses Gericht ist zur willfährigen Anlaufstelle von Zensurfreaks geworden, eine Karikatur einer juristischen Entscheidungsinstanz.

    Außerdem bin ich jetzt selber verunsichert. Sollte ich mit meinem Anwalt reden, sollte ich die RSV ausdehnen?

    Beste Grüße,
    Clemens Gleich

  31. @muriel….da kann ihnen geholfen werden…schreiben sie doch einmal einen blog über bestimmte gewinnspielsendungen, erwähnen zwei, drei öffentlich nachzulesende fakten und erwähnen zwei, drei namen und – rubbeldiekatz – sind sie mittendrin statt nur dabei….
    es klappt so sicher wie das amen in der kirche…

    grüße nach münchen
    jonas

  32. @ Wolfgang #21: Leider stimmt nicht, was Sie so pauschal zu Rechtschutzversicherungen schreiben. Ich finde ja, auch das ist ein Problem, und wenn ich noch ein bisschen hinzu fantasiere, kommt es mir fast so vor, als würden die Versicherungen vor Abmahnanwälten und Berliner und Hamburger „Presse“kammern kapitulieren.

    @ Wolfgang Michal #26: Wer ist nicht teamfähig? Wo sind Ihre Vorschläge zur Teamfähigkeit? Ich bin ganz Ohr, habe leider in dem von Ihnen verlinkten Beitrag keinen gefunden. So lange muss ein Zwanziger, den ich desöfteren auch selbst überwiesen und nicht nur empfangen habe, als Beweis der Teamfähigkeit herhalten. Aber es stimmt schon, das Geld geht meist an die Falschen. Ich glaube im Übrigen auch nicht an Gesetzesinitiativen – denn die Herrschaften, die über derlei Gesetze zu beraten und zu befinden haben, sitzen doch eher mit jenen am Tisch, die die Meinungsfreiheit einschränken wollen. Um das mal so pauschal zu sagen. Beispiele nur per Email, um SN weitere Abmahnungen zu ersparen.

    Ich finde, dass Öffentlichkeit meist ein wenig hilft. Insofern wäre es vielleicht ein erster Schritt, den Streisand-Effekt zu forcieren und es damit jedem Abmahnanwalt schwerer zu machen – denkt der juristische Laie. Aber die Fälle sind zu verschieden und mitunter zu kompliziert, Pauschalveröffentlichungen in hunderten Blogs, eine Art Abmahn-Alert, können deshalb kaum die Lösung sein.

    Vetter, handeln Sie!

  33. @26 Wolfgang Michal

    Vielleicht müssen die tapferen Einzelkämpfer da ein bisschen teamfähiger werden.

    Der deutsche Intellektuelle ist bekannt dafür, dass nur er allein recht hat und die andere eben Pech hatten bzw. Fehler gemacht haben, die man selbst nicht machen würde.

    Diese Besonderheit der deutschen Intellektuellen hat auch seine Vorteile. Es wird erst gründlich nachgedacht, man lässt die Widersprüche sich entwickeln.

    In dem Abmahn-Unwesen kommt noch die Besonderheit dazu, dass die eigenen Anwälte den Kontakt zu potentiellen Mitstreitern, möglichen Teampartnern erfolgreich zu verhindern versuchen.

    Die Anwälte und die Richter verstehen es, die Betroffenen zu isolieren, alles als Einzelfall zu sehen und die Differenzen auszuspielen. Besonders aktive „Einzelkämpfer“ werden zu Querulanten stilisiert oder gar zu Cyber-Stalkern.

    Möglicherweise ist die Zeit jetzt dank Gravanreuth und Schertz und den vielen anderen reif, sich mal zu einer Konferenz zusammen zu raffen.

    Ich hatte es mit meiner Buskeismus-Fete versucht, Erfahrungen auszutauschen, über mögliche Netzwerke zu diskutieren etc.

    Siehe http://www.buskeismus.de/berichte/bericht_080912-14_Buskeismus-Fete.htm

    Ein halbes Hundert Verfügungen folgten prompt. Irgendjemand muss erkannt haben, dass es gefährlich wird.

    Inzwischen gibt es schon einige funktionierende Teamsund Netzwerke.

  34. @42 Jens Wenreich
    Ich finde, dass Öffentlichkeit meist ein wenig hilft. Insofern wäre es vielleicht ein erster Schritt, den Streisand-Effekt zu forcieren und es damit jedem Abmahnanwalt schwerer zu machen – denkt der juristische Laie.

    Der Streisand-Effekt hilft nur bei Klägern und Anwälten, welche sich um ihr Image bemühen. Gravenreuth war es egal. Bei Schertz wissen wir es nicht.

    Am gefährlichsten sind die, denen es nur ums Geld bzw. zweifenlhafte Prinzipien geht. Diese Anwälte finden immer wieder Mandanten ihres hemmungslosen Schlages. Sie repräsentieren eine Geisteshaltung und haben Macht. Sie sind nicht allein.

  35. Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Abmahner Angst davor haben, dass eine Äusserung ewig an ihnen hängenbleibt. Die Betonung liegt hier auf ‚ewig‘. Das gibt es doch wirklich einen Unterschied zwischen den Papiermedien und der Blogsphäre. Von allen unziemlichen Kommentaren, die Herbert Wehner seinen Kontrahenten im Parlament über Jahrzehnte an den Kopf warf, sind nur die besten Sotissen überliefert. Da hat tatsächlich die Auslese funktioniert, nur was traf oder zutraf wurde zitiert und weitererzählt und nur das kennt man heute noch. Was aber in einem Blog steht können Sie theoretisch bis zum Ende des Digitalzeitalters wiederfinden und niemand erklärt Ihnen dann den Kontext dazu.
    Wir werden und wohl daran gewöhnen müssen und Informationen aus dem Netz immer mit Vorsicht sehen. Wenn die Öffentlichkeit gelassen reagiert und sichergestellt ist, dass die digitale Meinungsfreiheit niemandem beruflich oder sozial das Genick bricht, werden die Abmahner vielleicht wieder gelassener.

  36. @21 (Wolfgang) Wenn es aber zu keinem Prozess kommt (etwa bei einer Abmahnung), dann stehen die Chancen schlecht.
    Ich dachte, es käme (mehr oder weniger) „automatisch“ zum Prozess, wenn man die Abmahnung nicht akzeptiert, bzw die zugehörige Unterlassungserklärung nicht unterzeichnet oder sowas?

    @36 (Rolf Schälike)
    Bei der Klägern greift die Rechtschutzversicherung, bei den Beklagten nicht. Ideal, die, die es nicht brauchen, werden auch noch unterstützt. Irgendwie widerspricht es doch auch dem Sinn einer Rechtsschutzversicherung, sich zwar fürs Klagen (die eher ein „Angriff“ sind und wo man somit absichtlich in eine gerichtliche Auseinandersetzung gerät) aber nicht fürs „verklagt werden“ (wo man Schutz bräuchte und nicht freiwillig vor Gericht ist) zuständig zu fühlen

    Gekippte Urteile haben manchmal lediglich Einfluss auf die Karriere. Einen Grund, abgesetzt zu werden, bilden diese nicht.

    Was, wenn nicht offensichtlich verfassungsfeindlich urteilen (d.h. das Verfassungsgericht Urteilt entgegengesetzt und schreibt auch noch in die Begründung, dass der Richter „offensichtlich“ falsch lag, wie z.B. in http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32511/1.html ), kann ein Richter denn tun, um abgesetzt zu werden?
    Kann man als Richter urteilen wie man will und ist dabei nicht an gültige Gesetze oder wenigstens die Verfassung gebunden?
    z.B. wird einem Arzt, der absichtlich und offensichtlich falsch behandelt und dem Patienten dadurch Schaden zufügt doch auch seine Zulassung entzogen, um mal ein willkürlichen Vergleich zu ziehen.

  37. „das kann es doch auf Dauer nicht sein, dass die Blogger und ihre Fans und Leser diesen Wahn auch noch selbst finanzieren. “

    Das finde ich auch. Nur warum sage alle „Stefan hat recht“ und unternehmen nichts. Sammelt Fallbeispiele, bei denen mit simplen Abmahnungen Meinungs- und Pressefreiheit unterdrückt wird/wurde (nicht Filesharing- oder Beleidigungsfälle bringen, das hat mit GG Artikel 5 in Zweifel nichts zu tun) und stellt das Problem Euren Bundestagsabgeordneten vor.

    Und das alle halbe Jahr mit neuen Fällen – das Brett, das da zu bohren ist ist, ist zwar ein dickes (Max Weber-Zitat) aber ohne eine Regelung, die Unterlassungsansprüche bei Presse- und Meinungsfreiheitstreitgkeiten definitiv ausschließt, wird Presse- und Meinungsfreiheit eine Freiheit der Reichen bleiben.

  38. @Jens Weinreich (42): Darüber berichten & spenden ist sicher (kurzfristig) richtig. Doch so lange Abmahnungen lukrativ sind, wird die Nerverei weitergehen. Vor kurzem habe ich mit Till Kreutzer von iRights.info darüber gesprochen – auch er meinte, dass sich ein netzpolitischer Kreis bilden müsste, vielleicht ein AK Abmahnung.

  39. Noch etwas zu Thema Rechtsschutzversicherungen. Hintergrund ist folgendes: Nach allen Rechtsschutzbedingungen zahlt die Versicherung die Geltendmachung von gesetzlichen Haftpflichtansprüchen nicht hingegen die Verteidigung gegen Haftpflichtansprüche. Ein einfaches Beispiel: Stossen zwei Fahrradfahrer zusammen, so kann jeder der beiden, wenn er eine Rechtsschutzversicherung hat, seinen Schaden beim Gegner mit seiner Versicherung geltend machen. Verteidigt er sich aber gegen den Anspruch des anderen, zahlt dies nicht die Rechtsschutzversicherung sondern die private Haftpflichtversicherung (wenn man eine hat). Für die Verteidigung gegen Ansprüche in Äusserungsverfahren müsste man also eine Haftpflichtversicherung haben, in der Schäden aus Äusserungen versichert sind. Gibt es leider nicht. Grosse Zeitungen haben aber wohl solche Versicherungen, unter bestimmten Voraussetzung bietet auch verdi Rechtsschutz für seine Mitglieder in solchen Fällen
    Eberhard Reinecke

  40. Ich kam vor ein paar Tagen an dem Haus vorbei, an dem unten das schicke Schild der Kanzlei des Herrn Schertz prangt (Mahnt er mich nun ab, weil es nicht „prangt“ sondern „festgeschraubt“ ist?). Das war am Ku-Damm.
    Herr Niggemeier dagegen sitzt im schmuddligen Kreuzberger Kiez in einem ehemaligen Fleischerei-Laden; und „so einer“ erlaubt sich, jemanden, der am Ku-Damm ’ne florierende Kanzlei betreibt und mit der Prominenz auf (sprichwörtlich:) Du+Du ist, zu kritisieren?
    Ist es nicht menschlich, dass der Herr Jurist da empfindlich ist und überreagiert? Zumal N. auch noch ein „entfleuchter“ Mandant ist und das – samt der Gründe – öffentlich machte.
    Und sowieso haben Juristen ein manchmal komisches Weltbild; sogar mir nicht unsympathische Anwälte wie z.B. der Herr vom Lawblog vertritt manchmal Meinungen, die mir doch arg weltfremt erscheinen.

  41. Stefan, ist der Beitrag selbst nicht abmahnwürdig? Ist es klug Aussagen zu wiederholen, für die andere Unterlassungsklagen erhielten?

  42. @ 52: ist hochriskant!

    Ich vertrete gerade jemanden, der wahrheitsgemäß über eine einstweilige Verfügung des LG Hamburg berichtete, die gegen eine Bloggerin erlassen wurde.

    Die Bloggerin erweckte zuvor nach Meinung der Richter durch Äußerungen einen angeblich unwahren Eindruck. Mein Mandant hat die ihr verbotenen Äußerungen nicht einmal wiederholt, sondern nur den insoweit verkürzten Unterlassungstenor mit dem angeblichen Eindruck.
    Zusätzlich berichtete mein Mandant jedoch, ihm lägen schriftliche Aussagen von Zeugen vor, welche den verbotenen Eindruck bestätigen.

    Mein Mandant hat nichts Unwahres geschrieben, auch nicht, ob er den Zeugen mehr glaubt und was diese genau sagen. Er hatte auch nicht einmal gesagt, dass er das zutreffend berichtete Gerichtsverbot für falsch hielte (und wenn, wäre es sein gutes Recht auf Meinungsfreiheit).

    Trotzdem hat das Landgericht Hamburg auch meinem Mandanten gegenüber eine einstweilige Unterlassungsverfügung erlassen, weil seine unbestritten wahre Berichterstattung den Eindruck erwecke, den man der Bloggerin verboten hatte. Der Mandant hat dann sogar einen höheren Streitwert aufgebrummt bekommen!

    Der größte Witz: In der mündlichen Verhandlung konnte jedermann die Zeugen sehen und hören, welche den verbotenen Eindruck bestätigten. Eigentlich müsste sich jetzt das LG Hamburg selbst verurteilen, denn nun ist es das LG Hamburg, das den verbotenen Eindruck erweckt … ;-)

  43. @52 DaRing
    Stefan, ist der Beitrag selbst nicht abmahnwürdig? Ist es klug Aussagen zu wiederholen, für die andere Unterlassungsklagen erhielten?

    Für diese Äußerung wurde ich nur abgemahnt, aber noch nicht verklagt bzw. bei mir ist noch nichts Klagendes angekommen. Ich rechnete sogar mit einer vierzigsten guten Entscheidung.

    Siehe http://www.buskeismus.de/schoene_entscheidungen.html

    Manchmal klappt das bei meinen Experimenten mit den Juristen, ohne dass es mich etwas kostet, außer Bauchschmerzen beim langandauerndem Lachen im Team.

    Ich bat Niggemeier um Herausnahme, um Schertz das Klagen juristisch zu erschweren. Ich habe Maßnahmen ergriffen – mich zwar nicht stafbewehrt unterworfen wie ein Hund, was ja Schertz de facto begehrt. Ich hatte wohl geschrieben, dass ich Schertz seine Hinweise beachtet habe und mich für diese bedankt. Genau weiß ich es nicht mehr. Immerhin habe ich good will gezeigt. Das hilft manchmal. In solchen Schreiben sollte man nicht das Wort Abmahnung verwenden. Das hat etwas mit dem Ticken der Zensurrichter zu tun. Fehlt das Wort Abmahnung, dann kommen die Richter etwas durcheinander, weil ja nicht klar dasteht, dass man keine Unterwerfungserklärung abgeben möchte und das Ganze als Abmahnng empfindet. Tickt ungewöhnlich, nicht mehr wie gewohnt. Überfordert so manchen Zensoren. Ist wie beim Militär, wenn die Befehle nicht wie gelernt gegeben werden. Die Untergebenen kommen durcheinander und snd nicht mehr so richtig einsatzbereit.

    Außerdem wollte ich Niggemeier etwas schützen vor unsinnigen Abmahnungen und Stress. Wenn Niggemeier das jetzt veöffentlicht, dann habe ich zumindest ein reines Gewissen, einen guten Mann nicht missbraucht und mit in den Zensurwahn hineingezogen zu haben.

  44. Danke Stefan, den Beitrag habe ich sehr gern gelesen, und weil er nicht der erste zum leidigen Thema war, werden wir die Sache aufarbeiten und mit in unser Programm aufnehmen. So wie es jetzt läuft kann es jedenfalls nicht bleiben. Ein bisschen mehr (Mit)Menschlichkeit muss einfach drin sein. Ein Anruf oder eine kurze E-Mail zur gegenseitigen Verständigung wäre wohl nicht zu viel verlangt, bevor kostenpflichtige Abmahnungen verschickt werden dürfen. In die Richtung sollte es gehen. P.S.: Wer uns einen brauchbaren Entwurf zukommen lassen möchte, sehr gern …

  45. @51 Ku´Damm ist aber schon sehr muffig-gestrig. Da gefällts mir in Kreuzberg besser. Insofern stimmig.
    Wird Stefan jetzt vom Ku´Damm verklagt?

  46. @52: Ich halte es für plausibel, dass Herr Niggemeier dieses Risiko bewusst eingeht und darauf vorbereitet ist, dieses Mal notfalls den Weg durch die Instanzen zu beschreiten. Da dies den potenziellen Abmahnern auch klar sein dürfte, werden sie sich dreimal überlegen, ob juristische Mittel gegen den Text klug sind.

  47. Ich frage mich bei diesem Thema auch häufiger, wo da eigentlich die Großmedien bleiben – die könnten doch auch einmal mit einer Antiabmahnkampagne den vielbeschworenen Qualitätsjournalismus fördern.

  48. @Rolf Schälike (29), Jonas (39): Vielen Dank. Es geht weniger darum, dass ich keine Ideen hätte, ich warte eher auf eine passende Gelegenheit. Außerdem befürchte ich schon ernsthaft, dass die Mühe trotzdem vergebens wäre. Mich liest ja kaum jemand.
    Trotzdem nehme ich bei Interesse aber natürlich gerne Vorschläge entgegen.

  49. @60 Du musst nur einen Text schreiben über jemand, der bekanntlich in seiner Freizeit NICHT seinen Namen googelt, und ich garantiere Dir, dass Du gar nicht so ungelesen sein kanst, dass Du nicht eine Abmahnung bekommst.

  50. Danke,
    sehr schöner „Beschrieb“ der Gesamtsituation.

    Ich habe mal irgendwo gehört, das die Abmahngeschichten und
    der Anwaltszwang erst ab so 1933 so direkt in den Gesetzbüchern gelandet sind, um primär die „Reinheit in Dt.“ einzuführen und zu sichern…
    Leider konnte ich dazu nichts genaueres im www finden, wäre aber irgendwie so nicht verwunderlich…

  51. @59 jokahl
    Ich frage mich bei diesem Thema auch häufiger, wo da eigentlich die Großmedien bleiben – die könnten doch auch einmal mit einer Antiabmahnkampagne den vielbeschworenen Qualitätsjournalismus fördern.

    Das dachte ich auch vor vier Jahren und wunderte mich, dass die Medienanwälte und Chefredakteure auf die Buskeismus-Kritik nicht eingehen, nur sehr vorsichtig über die Prozessbeobachtungen bei den Zensurkammern berichten. Die meisten Creme de la Creme Medienanwälte meiden den Kontakt, schauen verbissen weg vom Berichterstatter. Mein früherer Anwalt Helmuth Jipp klagt sogar seit Jahren immer wieder gegen mich und hat unlängst seine Rechte für seine Abmahnjung aus dem Jahre 2006 an die Kanzlei Schertz abgetreten. Sie hatten damals vergessen, die Abmahngebühren mit einzuklagen. Wird nun drei Jahre später nachgeholt. Geil. RA Helmuth Jipp kann es nicht lassen, und wird unterstützt von der Kanzlei Schertz.

    Die Meanstreammedien sind Unternehmen. Die Zensurprozesse sind interne Versammlungen, in denen die unterschiedlichen Ideen und Zensuranliegen verhandeklt werden. Man diskutiert über die Zensurregeln, die kein Meansteream missen möchte. Man entwickeln diese immer weiter und entfernt sich immer mehr vom gemeinen Volk.

    Typisch war doch der Kai Diekmann-Blog. Diekmann ging RA Eisenberg an, aber weder RA Prof. Prinz noch RA Schertz, die gegen BILD viel häufiger klagen, wuren von Kai Diekmann angegriffen.

    Es ist auch gut zu wissen, dass in den Diktaturen (DDR, Sowjetunion, bei den Nazis weiß ich es nicht) die Presseerzeugnisse Traumauflagen hatten und Traumgewinne enbrachten, von denen auch BILD heute noch träumt. Die rentabelste Industrie war in der DDR die Buch- und Pressendustrie. Die Journaisten waren angesehene Bürger im System. D.h. den Meanstreammedien dürften geschäftlich keine große Furcht vor dem Abgleiten in eine Dikatatur haben. Sie müssen nur aufpassen, dass das gleichmäßig alle großen Medienerzeugnisse trifft.

  52. Warum nur muss ich immer an den Witz mit den 500 Anwälten auf dem Meeresboden denken?

  53. @34: dank für den link und an schälike für das einstellen der entscheidung des bundesverfassungsgerichts.
    die begründung ist eine derart harte klatsche für das hanseatische olg – ein absuluter genuss, das zu lesen. der vorsitzende papier sollte eigentlich in verlängerung gehen, so gut wie er ist.
    über einen satz komme ich nicht hinweg:
    Die Erwägung des Oberlandesgerichts,…., deutet auf ein grundlegendes Fehlverständnis des Gewährleistungsgehaltes der Meinungs- und Pressefreiheit hin.
    yo.

  54. Warum braucht ein Anwalt wie Dr. Schertz einen Anwalt? Kann der seine Abmahnungen nicht selber diktieren?

  55. Fände die Einführung eines Rechtshilfefonds für Blogger als „Erste Hilfe“ gegen die aktuelle Rechtsprechung auch am praktikabelsten.

    Alleine das Wissen, dass es nun leichter ist bis zur obersten Instanz zu gehen, sollte doch einige von voreiligen Abmahnungen abhalten und jeder gewonne Prozess schafft einen neuen Präzedenzfall.

  56. @ 69/Philip: Erste Hilfe im Sinne einer Orientierung findest Du hier: http://buskeismus-lexikon.de/Kategorie:Glossar

    Ein „Rechtshilfefonds“ für LG Hamburg-Geschädigte wird tatsächlich gegenwärtig diskutiert.

    Deinen Optimismus bzgl. Präzedenzfällen teile ich nicht. Es ist den Richtern der ZK 24 und ZK 25 weitgehend egal, was Karlsruhe sagt. Und den Anwälten auch. Wenn man über fünf Jahre warten muss, um seine Rechte aus Art. 5 GG wahrzunehmen, ist das nicht wirklich prickelnd.

  57. Niggemeier vergleicht Vergleich mit Anwalt Schertz mit Vergleich mit Hitler. Skandal!

  58. Schon seit längerem trage ich mich mit der Entscheidung herum, das WamS-Abo (das ich seltsamerweise immer noch habe… ) zu kündigen. Jetzt habe ich den triftigsten aller Gründe – ich möchte kein Geld an Leute bezahlen, die wg. einer Unwesentlichkeit eine Abmahnung gegen Bildblog lancieren – und das werde ich explizit so formulieren und das auch im Bekanntenkreis weitergeben!

  59. Lieber Stefan Niggemeier,

    von Euch geschätzten „Journalisten der neuen Zeit stammt“ doch das Internet-Manifest (http://www.internet-manifest.de/). Dort findet sich der kluge Satz „Das Internet ist ein Medienimperium in der Jackentasche“. Manche haben Euch deswegen kritisiert – ich aber stimme der These jedenfalls zu: Wir erleben seit 15 Jahren einen der tiefgreifensten Umbrüche in der Welt der Medien! Ich behaupte, der bild.blog und diese Seiten haben am Tag inzwischen gleichviele, vielleicht sogar schon mehr Leser wie manche Tageszeitung meiner schwäbischen Heimat.

    Das bedeutet: Euch Alpha-Bloggern wächst meinungsbildende und damit (massen-) mediale Macht zu. Mag sein, dass Ihr (noch?) nicht soviel Geld verdient, mit dem was ihr da tut – aber an Eurem steigenden publizistischen Einfluß ändert es nichts!

    Wer die Macht zur Meinungsbildung auszuüben vermag – selbst wenn er sich vielleicht subjektiv gegen diese Zuschreibung mit Händen und Füßen wehrt und lieber auf immer der „David“ sein will, der mag sicherlich überrascht sein, wenn er auf einmal merkt, dass er durchaus heftige Reaktionen bei denjenigen auslöst, über die er schreibt und kommentiert. Und das sich auf einmal die in der Rolle des „David“ sehen, selbst wenn sie so mächtig und einflußreich scheinen. Angesichts eines vielköpfigen „Meinungs-Goliath“, der ihnen vielstimmig in Foren, Blogs oder Twitter mit (tatsächlichen oder vermeintlichen) Verleumdungen und Schmähungen entgegen tritt, rufen sie den Staat in Form des Richters um Hilfe. Und weil tatsächlich oft nichts anderes mehr hilft, wenn keine ernstliche Sanktion droht.

    Bei BILD und Co. findet man das mit der „bösen Meinungsmache“ ja auch sofort nachvollziehbar – aber bei einem Eintrag in Wikipedia, im Forum, im Blog? Hier ist die Haltung gern: „Ich fühle mich doch nur als armer Amateur, daher darf ich bzw. dürfen die anderen Kommentarschreiber doch folgenlos jeden Unsinn verbreiten und jeder muß mich halt ertragen…!“

    Aber: „Die neue Pressefreiheit heißt Meinungsfreiheit“! Steht auch ganz richtig im Internet-Manifest. Der Wegfall der Notwendigkeit teuerer Investitionen und der ettlicher anderer Hürden bedeutet dann aber auch: Die Grenzen der Meinungsfreiheit lassen sich nicht (mehr) anhand eines Mediums bestimmen. Die Regeln der journalistischen Sorgfaltspflicht gelten eben nicht nur für Print-Produkte. Oder die „versteckte Kamera“ mit der hilflose Menschen vorgeführt werden, was wir beim „Unterschichtenfernsehen“ schnell als modernen Pranger verurteilen, wird für das Opfer nicht akzeptabler, wenn so ein Video auf YouTube läuft – oder gar auf YouPorn…

    Zugestanden, ich will hier nicht über unberechtigte (äußerungsrechtliche) anwaltliche Abmahnungen reden – diese gibt es sicher zu Genüge. Auch nicht darüber, dass ich vielleicht öfter als manche Kollege meinen Mandanten dazu rate, erst einmal den Dialog zu versuchen, bevor eine Anwaltsrechnung mitgeschickt wird. Nur: Gerade weil die Meinungsfreiheit so wichtig ist und immer bedeutsamer wird, wird es immer wichtiger, die (neuen) Grenzen zu definieren – und für Alle, sie auch zu achten. Und da Recht nicht beliebig verhandelbar sein darf, wenn der Schwache nicht unter die Räder kommen soll, muß das manchmal eben eine autoritäre Instanz entscheiden – im Rechtsstaat sind das dann die Gerichte.

    Ich vermag daher in die Generalkritik über die „bösen Hamburger/ Berliner Richter“ nicht einstimmen. Auch nicht, dass es so viele „klagefreudige“ Kollegen geben würde – selbst wenn man bei dem einen oder anderen vielleicht tatsächlich den Eindruck bekommen kann, dass hier Persönliches inzwischen das Professionelle überwiegt.

    Wenn schon, dann ist es m.E. angemessener darüber zu klagen, dass „die Politik“ bislang noch keine vernünftigen Gesetze und Strukturen der Streibeilegung geschaffen hat, sondern die Betroffenen zu den Gerichten zwingt und die Richter zu immer ausgreiferenderen Urteilssprüchen – weil es eben tatsächlich oft an flexibleren aber verlässlichen (staatlichen?) Systemen, an passenden Gesetzen der Konfliktlösung für das (grenzüberschreitende) Internetzeitalter fehlt.

    Ich jedenfalls finde es nicht befriedigend, wenn bspw. so etwas wie eine „Wiki-immunity“ entstehen kann, in der selbst dann kein Richterspruch mehr zählen soll, wenn es sich um eigentlich rein innerdeutsche Tatbestände handelt. Denn, was ist denn die vorhersehbare Gegenreaktion? Richtig: So Ideen wie #Censilia und #Zensursula. Moderne Ausprägungen der „Maschinenstürmerei“. Die Forderung nach „Re-Territorialisierung“, „Begrenzung“ oder „Sperren“ des „free flow of Information“ im Internet. Oder gleich die Klage gegen die „Gottlosen“ und der Versuch einer totalen Kommunikationskontrolle.

    Da hilft übrigens auch nicht der getrübte Blick in die USA weiter, auf die angeblich so tolle „freedom of speach“: Wer sich damit näher beschäftigt, dem klären sich die Augen schnell. Weil dort die (weiteren) Haftungsprivilegien für die Verbreiter erkauft sind mit einem weitgehenden Auskunftsanspruch gegen den „primarily liable“ Autor. Das Prinzip: Der Intermediär wird privilegiert, der Autor dafür enttarnt. Und an Äußerungen verboten ist in den USA übrigens auch eine Menge – die Behauptung des Gegenteils ist lediglich amerikanische Propaganda ;-). Und das Schmerzensgeld, das einem droht, kann – anders als die Abmahnkosten – wirklich Existenzen vernichten…

    Wer in dieser Form Datenschutz mit Meinungsfreiheit aufwiegen will, der wird bald feststellen, dass dann zwar der Intermediär ruhiger schlafen oder sogar bessere Geschäfte machen kann, dass das außer Google, Ebay & Co. am Ende aber nichts nützt – jedenfalls nicht der Meinungsfreiheit dient. Meine Tendenz ist daher:

    Liebe Alpha-Blogger – lebt doch damit, dass Ihr mit dem Internet-Manifest völlig Recht habt: Ihr seid einflußreiche Meinungsbildner und müßt Euch künftig auch mit harter Kritik, Gerichten und Anwälten rumschlagen, genauso wie „Spiegel-TV“ oder die „taz“ auch. Nur seid Ihr halt Chefredakteur und Verleger in einem und kriegt den Streß daher ungefiltert mit, der sonst von der Verlagsgeschäftsführung abgefedert wird. Doch, dafür könnt ihr freier, schneller und billiger produzieren. Und ihr werdet damit noch wirkmächtiger werden. Und am Ende vielleicht auch mal echtes Geld mit Meinung verdienen – so wie die meisten Verleger es immer noch tun.

    Erkennt Eure (mindestens begrenzt vorhandene) politische Macht und geht mit Eurer gesellschaftlichen Verantwortung entsprechend um. Macht Euch stark für neue, vernünftige, internationale Regeln, die der Meinugsfreiheit nachhaltig nützen. Aber kommt bitte langsam raus aus der „die bösen Anwälte haben mich 2.000€ gekostet“ Schmoll-Ecke. Wenn man doch eines von Menschen wie Rolf Schälike lernen kann, dann ist das doch sein professioneller (und durchaus erfolgreicher) Umgang mit solchen Risiken und Konflikten, trotz kontroverser, abweichender Meinungen und geringem finanziellen Spielraum.

    Bei dem Spiel würde ich auch viel lieber mitspielen – notfalls dann auch in der Rolle des „bösen Abmahnanwalts“, wenn es dem Fortschritt dient ;-)

    Beste Grüße,
    Jan Mönikes

  60. @Jan Mönikes:
    Das Recht auf Meinungsfreiheit betrifft nicht einfach die Freiheit der „Alpha-Blogger“, sondern das Recht jedes Menschen. Ob €2000 viel Geld für einen Alpha-Blogger ist oder nicht, hat niemand von uns zu entscheiden. Der Punkt ist aber, dass es keineswegs nur die Alpha-Blogger (gott der Begriff ist so bescheuert…) trifft oder treffen kann, sondern buchstäblich jeden, unabhängig von dessen Vermögenslage. Es reicht im Grunde, irgendeinen Text bei einem Bloghoster einzustellen und ihn von Suchmaschinen indizieren zu lassen – sobald er auffindbar ist und von findigen willig-Beleidigten auch gefunden ist, wird Reichweite angenommen und es geht fix um sechsstellige Summen, mit denen das Gesicht des Autoren finanziell in den Matsch des Ruin getreten werden könnte.

    Sonstige Reaktion spare ich mir um diese Uhrzeit mal. Dafür sind mir die länglichen Ausführungen entschieden zu weitschweifig und am Thema vorbei, um auf jeden Fehlgedanken vollständig einzugehen. Aber gut, dafür sind diese Kommentarspalten ja nach unten sehr weit offen…

  61. @74 Jan Mönikes: Wie kann ich „gute“ von „bösen“ Abmahnungen, einstweiligen Verfügen und Klagen unterscheiden?

  62. @74 (Jan Mönikes): Zugestanden, ich will hier nicht über unberechtigte (äußerungsrechtliche) anwaltliche Abmahnungen reden – diese gibt es sicher zu Genüge.

    Genau darum geht es aber. Es geht nicht um wirkliche Beleidigungen o.ä., die man sich auch als „große Zeitung“ nicht leisten könnte (oder es kann, weil man die entstehenden Kosten in Kauf nimmt).
    Es geht darum, dass rechtlich zulässige Meinungsäußerungen, die einem nur von entsprechenden Rechtsanwälten und einschlägigen Gerichten verboten werden – diese Verbote würden aber von höheren Instanzen aufgehoben werden, wenn man denn das Geld und die Ausdauer hat, sich notfalls bis nach Karlsruhe durchzuklagen.
    Und es geht darum, dass der Durchschnittliche Blogger sich eben dies nicht leisten kann (im Gegensatz z.B. zu großen Zeitungen).
    Es geht darum, dass man aus Angst vor diesem finanziellen Aufwand die Abmahnkosten zahlt und sich selbst zensiert, anstatt sein gutes Recht durchzusetzen. Und sich und „seine“ Kommentarspalten in Zukunft präventiv zensiert – nicht weil man wirklich gegen geltendes Recht verstossen würde, sondern weil es eben so teuer und aufwändig ist, auch Recht zu bekommen.
    Es geht darum, dass dadurch im Endeffekt derjenige „Recht hat“, der mehr Geld hat.

  63. @74 (Jan Mönikes):

    Ich bin wirklich ein schlechtes Beispiel. Denn das, was mir passiert, ist unverhältnismäßig, und keinesfalls nachahmenswert. Falls jemand meint, es wäre dumm, was ich da so mache, dann kann ich fast zustimmen.

    Ich kann einfach nicht anders. Was da alles in Kauf genommen werden muss, geht auf keine Kuhhaut. Ich möchte es nicht offenlegen. Die Anwälte Dr. Christian Schertz, Dominimk Höch und Helmuth Jipp mit ihren Prominenten aber auch zum Teil maralisch zweifelhaften Mandanten sowie Dr. Alexander Stopp mit seinen Archiv-Gegnern aus der kriminelllen Szene würden sich freuen und vielleicht ermutigt fühlen, noch mehr draufzuhauen.

    Die materielle Seite des Ganzen ist furchtbar interessant, und wohl die einzige Chance, Paroli zu bieten.

    Es hat wirklich wenig mit Meinungsbildung zu tun. Gerade die vielen Prozesse binden Zeit, Geld, Nerven, um sich gründlich Gedanken zu machen und ordentlich forschen zu können, was ist los in Deutschland Heute mit der Zensur, der Meinungsfreiheit, der Rolle der Meanstream-Medien, dem Gesetzgeber und den Anwälten samt Richter.

    Auch die Wissenschaftsfreiheit wird bei Buske mit Füssen getreten. Darüber kann z.B. Dr. Georg Herbstritt mit seiner wissenschaftlichen Arbeit „Bundesbürger im Dienst der DDR-Spionage“ ein Lied singen. RA Helmuth Jipp vertritt bis jetzt erfolgreich die Zensoren mit den Stasi-Akten IM „Perta“ und IM „Bob“. Es fehlt der Nachweis, dass die Zensoren wissentlich und willentlich sich mit den Stasileuten getroffen und denen wissentlich und willentlich Informationen geliefert haben, obwohl es fast ein halbes Tausend Berichte gibt. Auch hier wird wahrscheinlich bis zum BVerfG durchgeklagt werden. Das Ergebnis bleibt offen. Es ist Politik.

    Darüber zu berichten fehlt mir dank Schertz und den anderen die Zeit. Außerdem gibt es seitens einer dieser Stasi-Kontakteure ein Verbot beim LG HH, ZK 25 mit dem Vors. Richter Schulz. Profilaktisch wird verboten, namentlich und identifiierend zu berichten. Damit wird verhindert, über das Internet und anders wissenschaftlich zu arbeiten, Material zu erhalten, Kontakte aufzzubauen, um den Zensoren Paroli zu bieten, und die DDR-Geschichte samt deren Getreuen im Westen aufzuarbeiten.

    Zur Klarstellung: Stasi-Agenten haben vielleicht den Frieden mit gerettet. Das ist nicht das Thema. Main Thema: Man darf daran nicht öffentlich arbeiten dank RA Helmuth Jipp und den anderen rabiaten Zensuranwälten und ihren Geschäftsmodellen.
    Für mich ist das finsteres Mittelalter.

  64. Es gibt ein sehr altes Lied vom damals jungen Hannes Wader, ich weiß auch nicht, warum mir eine Zeile daraus einfällt, nämlich diese: Recht zu haben, wie weh das tut …

  65. Das Problem wird wesentlich verschärft durch den „fliegenden Gerichtsstand“. Es ist mir weiterhin ein Rätsel, warum offenbar noch niemals von einem der schrotflintenartig verklagten Medien ein Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. I GG) gerügt wurde. Dieses gilt schließlich nicht nur für Angeklagte in Strafverfahren, sondern auch für Beklagte in Zivilstreitigkeiten. Wenn Kläger sich ihr Lieblingsgericht aussuchen können, ist es kein Wunder, wenn selbst in Fällen, in denen weder „Promi“ noch Verlag oder Redaktion in Hamburg oder Berlin sitzen, eben dort einstweilige Verfügungen beantragt werden. Es gab schon einmal Überlegungen im Bundesjustizministerium, die ZPO insofern zu ändern; leider waren Anwaltsverein wie Richterbund dagegen. Nun hoffe ich auf das BVerfG. Und auch am BGH scheint sich die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass es für die Pressefreiheit unabdingbar isr, dass aktuell arbeitende Journalisten nicht jeden Satz vor der Veröffentlichung einem Justiziar oder Rechtsanwalt vorlegen müssen, damit sie nicht anschließend wegen einer böswilligen Verdrehung ihrer Formulierungen abgemahnt werden können. Dies stößt langsam auch an die Kapazitätsgrenzen der Rechtsabteilungen von Verlagen, zumal in Zeiten der ökonomischen (Zeitungs-) Krise. Da ist auch die Kostenkeule der Anwaltsrechnungen auf beiden Seiten nicht ganz zu vernachlässigen.

  66. Schönes Beispiel für den Missbrauch des fliegenden Gerichtsstandes durch RA Schertz ist die Sache 28 O 721/09, welche morgen, Mittwoch, den 05.05.2010, um 12:10, Saal 0222, Köln, Luxemburger Str. 101 bei der Zersonrin Frau Reske gegen mich verhandelt wrid.

    Es geht um den Bericht, in dem unter Corpus Delicti unter

    Gründe:

    aus der mit dem EV-Beschluss verbundenen Antragsschrift die Kurzbegründung veröffentlicht wurde.

    Es war nicht Mal ein halbe Seite primitivster Text im schlechten Deutsch, wie in fast allen Anträgen der Kanzleiein Höch & Höch (ehemaliger Sozius bei Schertz) bzw. Schertz Bergmann..

    RA Dominik Höch, vertretren von der Kanzlei Schertz stellte zunächst den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Berlin. Der Richter am LG Berlin Dr. Liebau verlangte in der Sache 15 O 345/09 vor Erlass rechtliches Gehör und äußerte seine Bedenken schriftlich. Die Berliner Kanzlei Schertz nahm daraufhin den Antrag am 31.08.09 zurück und beantragte für ihren Berliner Mandanten noch am gleichen Tage mit einer 1:1 Begründung den Erlass einer einstweiligen Verfügung in Köln gegen mich als Hamburger. Die Vors. Richterin erließ am 03.09.09 mit den weiteren Zensoren dieser Kammer, den Herrn Büch und Dr. Ingendsee die Verfügung 28 O 598/09 gemäß § 937 ZPO ff. 916 ff. ZPO, § 97 UrhG.

    Wie gesagt, morgen ist die Hauptsacheverhandlung.

    Diese fiel schon einmal aus, weil Dr. Schertz, wie uns mitgeteilt wurde, in Tegel wegen Schneesturm im Flugzeug festsaß.

    Bin gespannt, ob morgen Dr. Schertz im Köln persönlich versuchen wird, seine wegschmimmenden Fälle zu retten.

    Vertreten werde ich vom Anwalt Eberhard Reinecke aus Köln. Bin auch selbst in Köln, um in diesem juristrischen Theater mitzuspielen.

  67. Hallo,

    Es kommt ja öfters vor, das in einem Blog um spenden gebeten wird (und das ist auch richtig so. Wenn alle Blogs weggeklagt sind haben wir ein großes Problem), aber das hilft in diesen Fällen immer nur diesem einen Blog.

    Einfacher wäre es doch, wenn es eine Art Foundation (unterstützt und evtl auch gegründet von den großen Blogs in Deutschland) geben würde. Hier könnten dann alle Spenden unter einem Dach gesammelt und verwaltet werden und wenn dann mal wieder ein Blog abgemahnt werden soll könnte ein Antrag auf Unterstützung an die Foundation gestellt werden.

  68. Ich fand den Scientology-Film ja gar nicht so plump. Er hat mir zwar nichts Neues über L. Rons Erben erzählt, aber für Leute, die sich mit dem Thema nicht so auskennen, war er wohl eine Offenbarung. Zumindest habe ich das von verschiedenen Freunden und Bekannten gehört, die vorher immer nur mit den Achseln gezuckt hatten, wenn es um das Thema ging – und die jetzt, nach diesem Film, schockiert sind, was wirklich dahinter steckt. Insofern hat er mir und manchen anderen eine Menge Aufklärungsarbeit im privaten Kreis abgenommen.
    Das nur als kleine Anmerkung zu einem Halbsatz in Ihrem Essay, Herr Niggemeier.

  69. […] Über Abmahnungen und man sollte sich tatsächlich einmal die Zeit nehmen, den ganzen Beitrag zu lesen und darüber nachzudenken, um dann vielleicht zu verstehen, aus welchen Gründen irgendwelche Appelle von Raubkopiermördern, adressiert an bekannte Abmahnkanzleien, schlicht und ergreifend sinnlos sein dürften. […]

  70. @75 nona: Mit Stefan Niggemeier beschwert sich aber ein Alpha-Blogger. Aber ja, da ist sie schon gleich wieder, die „ich bin doch nur ein kleiner Blogger“ Haltung: „Es reicht im Grunde, irgendeinen Text bei einem Bloghoster einzustellen…“ Ja, eben. Das ist in unserer Zeit halt rechtlich und tatsächlich genauso, wie ein Flugblatt in einer belebten Fußgängerzone zu verteilen. Für dessen Inhalt muß man genauso gradestehen, wenn sich einer auf den Schlips getreten fühlt. Warum also nicht, wenn man den Inhalt des Flugblatts gleich in die ganze WWWelt verstreuen will?

    @74 Mango: Kann man nicht – ist ja gerade die falsche Fragestellung, daher kritisiere ich das. Die Diskussion sollte sich daher nicht um das Mittel (Abmahnung, EV), sondern um das Motiv drehen. Und/oder eben neue Mittel (mit-) entwickeln/anbieten, die weniger Kolateralschäden verursachen. Abmahnen (vulgo=anpinkeln) kann jeder jeden – das kann kein Gesetz verhindern. So wie jeder täglich irgend einen Unsinn erzählen oder fordern darf. Das ist nervig, aber unschädlich. Der Richter jedenfalls darf (und wird in aller Regel) dem Recht nach nur Äußerungen untersagen, bei denen die massenkommunikative (!) Verbreitung einer rechtswidrigen, falsche Tatsachenbehauptung oder Schmähung vom Betroffenen glaubhaft gemacht wird. Ob sich das am Ende eines Streits über mehrere Instanzen als zutreffend erweist, ist das (auch kostenmäßige) Risiko der beteiligten Parteien. Zum Lebensrisiko dagegen gehören (leider) aber auch manchmal schlechte Richter und (Staats-) Anwälte. Da wäre sicherlich mal wieder über Ausbildungsstandards und die Methoden der Personalauswahl und Qualitätssicherung der Justiz zu diskutieren.

    @77 Daniel G: Wenn es nur um „rechtlich zulässige Meinungsäußerungen“ ginge, würde ich die Kritik nachvollziehen können. In meiner anwaltlichen Praxis erfahre ich es aber jede Woche so, dass hier oft munter drauflos beleidigt, verdächtigt und falschbehauptet wird und man schlicht oft nicht zur Kenntnis nehmen will, dass a) das im Massenmedium Internet eine andere Wirkung hat, als am Küchen- oder Stammtisch, b) selbst ein vermeintliches Opfer eben auch das Recht haben muß, sich zu wehren, c) weil schädliche Äußerungen im Internet eben auch im realen Leben beim Opfer Schaden anrichten können.
    Richtig ist aber auch: Im Zivilrecht trägt der wirtschaftlich Schwächere ein höheres Risiko und das kann mißbräuchlich eingesetzt werden. Aber, dann wäre doch vielleicht die politische Forderung nach einer Kostenbegrenzung für solchen Verfahren oder andere Strukturen der Prozesskostenhilfe, andere Verfahrensarten oder Ähnliches die treffendere Forderung, als die nach Abschaffung der Möglichkeit (anwaltliche und) gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen zu können?!

    @79 Rolf Schälike: Dem möchte ich überhaupt nicht widersprechen. Nur von außen betrachtet finde ich schon, dass bei Ihnen der Satz stimmt: „Viel Feind, viel Ehr“ und Sie selbst mit ganz viel dieser Ehre offenbar irgendwie und sehr bemerkenswert zurechtzukommen scheinen :-) Und, dass Sie dabei auch Versuche des Mißbrauchs des Rechts öffentlich machen, finde ich persönlich sehr in Ordnung und spricht eher für die Existenz von Meinungsfreiheit in unserem Lande, als dagegen.

    @82 jja: Warum nicht – statt „fliegender Gerichtsstand“ dann eben einige spezialisierte Schwerpunktkammern in 4-5 Gerichtsbezirken schaffen, statt wie heute faktisch nur 2 oder 3, die sich „zufällig“ herausgebildet haben. Am Kern der Debatte ändert es für mich aber nichts: Warum bitte, soll bei einer schädlichen Falschbehauptung immer das „Opfer“ die Belastung tragen müssen und der „Täter“ kein Risiko? Die meisten Betroffenen sind in Wahrheit gar keine „Promis“, über deren Fälle aber allein die Presse immer berichtet. Mir begegnen jede Woche Beispiele, in denen selbst die Kollegen in den Rechtsabteilungen der Medien die Augen verdrehen vor dem Ausmaß unprofessioneller, schlampiger und schädlicher Recherche ihrer Redakteure. Nur, wieso sollen die Opfer sorgfaltspflichtwidriger Berichterstattung die Strukturprobleme des deutschen Medien- und Verlagswesens (wie Arbeitsüberlastung, schrumpfende Werbeeinnahmen, Outsourcing etc.) und die sich daraus ergebenden Qualitätsprobleme ertragen müssen? Sicherlich fordern auch Sie kein Menschenrecht auf Auflage. Das aber wäre die Folge, wenn selbst Äußerungen, die von der Meinungsfreiheit gar nicht mehr gedeckt sind, zum Schaden eines Anderen medial verbreiten dürfte und der Betroffene gar keine Chance mehr hätte, sich dagegen zu wehren.

  71. Und darum würde ich mir die Meinungsfreiheit so wünschen, we sie in den USA in der Constitution festgelegt und zumindest bis etwa 1990 vom Supreme Court auch ausgelegt wurde (dass es bei denen drüben heutzutage da auch Probleme gibt ist mir klar, darum diese Einschränkung). Naja, aber immerhin werden Meinungen da auch heutzutage (kaum) abgemahnt.

    Aber so wird das wohl kein Teil dieser Welt jemald (wieder) erleben :-(

  72. In einer kleinen Anfrage haben SPD-Abgeordnete den
    „Abmahnmissbrauch im Onlinehandel“ thematisiert.

    http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/014/1701447.pdf

    Vielleicht sollte man der SPD mal erzählen, daß durch Abmahnmissbrauch nicht nur „kleine und mittelständische Betriebe“ verunsichert werden, sondern auch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit Schaden nimmt?

  73. @91 Jan Mönikes

    Und, dass Sie dabei auch Versuche des Mißbrauchs des Rechts öffentlich machen, finde ich persönlich sehr in Ordnung und spricht eher für die Existenz von Meinungsfreiheit in unserem Lande, als dagegen.

    Kleiner Irtum, oder liegt die Betonng auf eher?

    Auch in der DDR und in der Sowjetunion konnte ich mir wesentlich mehr erlauben, als die meisten anderen, was Äußerungen, Diskussionen, Meinungsbildung, Bücherverbreitung, Kontakte zu Bürgerrechtlern, Geldverdienen etc. betrifft.

    Daraus zu schlussfolgern, dass wäre ein guter Bewesie dafür, dass in DDR Meinungsfreiheit herrschte, wäre ein historischer Fehler.

    Alledings muss ich präzisieren, eine gewisse Meinungsfreiheit gab es auch in der DDR und in der Sowjetunion. Diese gbt es auch in China und Iran; viel mehr als wir uns das hier so vorstellen.

    Auch bei uns in Deutschland Heute müssen Blogger wegen Meinungsäußerungen mit wahren Tatsachen in den Knast. Es wird einfach entschieden, das sei eine Beleidigung und schmähend.

    Mir ist z.B. verboten, im Gericht einen nachweislich lügenden Hamurger Anwalt als Lügner zu bezeichen. Ich darf auch meine Meinung, dass er psysisch krank sei, weder in den Schriftsätzen noch in den beschränkt öffentlichen Verhandungen – auch wenn kein Zuschaur dabei sind – äußern. Es droht mir Ordnngsgeld bzw. Ersatzhaft.

    Mein Problem, was ich tun soll, wenn lügende und kranke Anwälte mich angehen, existentiell ruinieren, bleibt auf der Strecke Ich darf das mit den Richtern nicht diskutieren, meine Befürchtugnen nicht äußern, geschweige denn öffentlich im Internet um konkreten Rat mit Namen und Adresse bitten.

    Abstrakte Hinweise nutzen mir gar nichts. Lügner und Kranke gewinnen in diesem Fall rechtliche Oberhand.

  74. @Jan Mönikes: Das Problem ist doch, dass man trotz sorgfältiger Berichterstattung abgemahnt werden kann, weil dem Beschriebenen das Geschriebene nicht passt.

    Also auch hier nochmal mein Lieblingsbeispiel, was die Absurdität zeigt, die durch Abmahnungen möglich ist:

    Ich schreibe, dass die Erde eine Kugel ist (jaja, sie ist ein Geoid) und werde dafür von der “Flat Earth Society” abgemahnt, weil ich sie damit beleidige. Selbst bei diesem klaren Sachverhalt sollte ich lieber einen Anwalt nehmen, der die entsprechenden Antwortbriefe schreibt. Und wenn das dann abgewehrt ist, will mein Anwalt sein Honorar. Und ob ich das von der Gegenseite einklagen kann, kostet auch wieder Geld, mit dem ich in Vorlage treten muss, ist mehr als unsicher.

    Wenn die „Flat Earth Society“ genügend Geld hat klagt die mich durch die Instanzen bis ich pleite bin. Die aktuelle Möglichkeit mit Abmahnungen ermöglicht unliebsame Gegner wirtschaftlich zu vernichten. Eine Abmahnung ist da deutlich attraktiver als eine Gegendarstellung.

    Ich hätte nichts gegen einen einfacheren Weg zur Gegendarstellung. Und auch gegen Lügen und Beleidigungen sollte man natürlich Möglichkeiten haben.

    Nur: Abmahnungen wegen Meinungsäußerungen oder Tatsachenberichten dürften nicht Zivilrecht sein. Meiner Meinung nach sollte das ins Strafrecht gehören. Mit Anzeige wegen Beleidigung (bei Meinungsäußerung) und Verleumdung (bei angeblichen Tatsachen) bei der Staatsanwaltschaft (wo das verbreitenden Medium seinen Hauptsitz hat.) Da ist das Thema dann auch weg von der willkürlichen und einseitigen Streitwertfestsetzung durch den abmahnenden Anwalt (der daraus ja auch seinen Honoraranspruch ableitet) und des Mandaten.

  75. Das einzige, was gegen Schertz und Co. hilft, ist, sie soweit zu reizen, dass sie Fehler machen, und sie dann mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Welch eine Schmack müsste es für Leute dieses Schlages wohl sein, selbst erfolgreich abgemacht (und abgewatscht) zu werden…

  76. Das Wort heißt „abgemahnt“ und nicht „abgemacht“… Da haben meine Finger doch einen völlig anderen Kontext generiert, für den man schon äußerst viel Phantasie haben müsste. Oder schreibt man’s „Fantasie“. Fanta? Pepsi? Was? Wo? Ich bin verwirrt…

  77. Lieber Herr Kollege Mönnikes,

    Ihre Einlassung „Warum bitte, soll bei einer schädlichen Falschbehauptung immer das „Opfer” die Belastung tragen müssen und der „Täter” kein Risiko?“ halte ich für Polemik, da Sie es als Anwalt der medienrechtlich bekannten Kanzlei Schalast&Partner besser wissen.
    Selbstverständlich muss man sich gegen Verleumdung und üble Nachrede zur Wehr setzen können.
    1.
    Doch in Hamburg werden durch die „Stolpe-Rechtsprechung“ und „Eindrucks-Rechtsprechung“ regelmäßig Behauptungen untersagt, die man nie aufgestellt hat. Damit lassen sich viele (prinzipiell zulässige) Meinungsäußerungen in (leicht zu verbietende) Tatsachenbehauptungen umdeuten.
    2.
    Aufgrund der Beweislastumkehr im Äußerungsrechtsrecht müssen Blogger, die einen Verdacht äußern, diesen beweisen, als ob sie die Mittel der Staatsanwaltschaft hätten, während sich der Abmahner entspannt zurücklehnen darf. So können kritische Presse und Bloggerei nicht funktionieren. Demokratie und kultureller Fortschritt leben von Kritik.
    3.
    Das seitens Karlsruhe vehement von Hamburg eingeforderte Korrektiv „Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht zur Meinungsfreiheit“ wird praktisch gar nicht praktiziert.
    4.
    Aufgrund der Eigenheiten des Eilverfahrens werden Blogger mit einstweiligen Verfügungen geradezu überfallen und unter erheblichen Kostendruck gesetzt.
    5.
    Es gibt kein überzeugendes Argument dafür, dass sich zwei Parteien aus Bayern nach Hamburg bemühen müssen, nur weil man zufällig auch da einen Internetanschluss hat. Das Landgericht Regensburg beschäftigt zweifellos gestandene Juristen, denen fähige Anwälte notfalls unter die Arme greifen können.
    6.
    Es ist eine logische Reaktion, dass gegängelte Blogger in Anonymität und/oder ins Ausland ausweichen. Damit haben Sie bzw. Ihre Kanzlei Schalast & Partner ja auch schon vergleichbare Erfahrungen gemacht: http://www.wipo.int/amc/en/domains/decisions/html/2008/d2008-0987.html

    Ungleich sinnvoller wäre es daher, mit Bloggern auf Augenhöhe zu reden und die Angelegenheiten auf dem kleinen Dienstweg zu regeln, wo dies möglich ist.

  78. @95./Marc: Genau so isses. Und genau so sollte es sein. Volle Zustimmung.

    Ich ernenne Dich hiermit zum Chef der Kommission, die, mit diktatorischen Befugnissen ausgestattet, diesen Saustall ausmisten wird.

    Damit es künftig nicht mehr heißen muss: Die Meinungsfreiheit in Deutschland ist ein Schertz.

  79. Lieber Herr Niggemeier,

    da haben Sie zu Recht Ihrem Unmut über die Welle von Abmahnungen und einstweiligen Verfügungen gegen Online-Medien Luft gemacht. Sie appellieren dabei an die Einsicht der „klagenden“ Parteien. Ob das hilft? Mir kommt es vor, wie ein Appell an die Banken, doch bitte beim Geldmachen Maß zu halten.

    Wer seine Interessen durchsetzen möchte, der tut das in unserer Konkurrenzgesellschaft – hungrige Anwälte (USA: „a hungry lawyer is a dangerous animal“) und das LG Hamburg weisen den Weg.

    Letztlich kann hier nur das Recht einen Riegel vorschieben. Als Jurist kann ich nicht verstehen, welcher Kobold in den Gehirnen der Hamburger ihr Unwesen treibt, eigentlich müsste spätestens auf Bundesebene diesem Treiben Einhalt geboten werden. Die Aushöhlung der Meinungsfreiheit zugunsten eines echten oder vermeintlichen Individualrechtsschutzes schreit zum Himmel. Gleiches gilt für die Politik, die den Gerichtsstand auf den jeweiligen Geschäftsort des Verantwortlichen festlegen sollte, so dass da wieder mehr Ausgeglichenheit reinkommt.

    Ich kann die Betroffenen und ihre Anwälte nur immer wieder bitten, hier alle Rechtsmittel auszuschöpfen, damit BGH oder BVerfG endlich mal ein paar Pflöcke Rechtssicherheit zugunsten von Art. 5 GG einschlagen. Aber es geht nicht nur um die Meinungsfreiheit, sondern auch um die Kultur in diesem Land. Was wäre Auseinandersetzung und Streit – überlebenswichtig für die demokratische Zivilgesellschaft – ohne Polemik, ohne Übertreibung, ohne Stil?

  80. @101 Schwede

    Ich kann die Betroffenen und ihre Anwälte nur immer wieder bitten, hier alle Rechtsmittel auszuschöpfen, damit BGH oder BVerfG endlich mal ein paar Pflöcke Rechtssicherheit zugunsten von Art. 5 GG einschlagen.

    Das Ausschöpfen des Rechtsweges hilft meistens nicht. Das BVerfG nimmt die meisten Beschwerden nicht an. Bei mir liegen gegenwärtig 3 BVerfG-Beschwerden in Bearbeitung . Vier wurden nicht angenommen. Das BVerfG glaubt und verlässt sich auf die Provinzgerichte, auch bei eidesstatlich lügenden Anwälten. Das ist Politik.

    Die Ausschöpfung des Rechtsweges ist notwendig, aber nicht ausreichend.

  81. @Schwede/101.: Ihren Hinweis auf eine sich verändernde Kultur der Auseinandersetzung und des Streits, die in einem direkten Zusammenhang mit dem Meinungsfreiheitsthema steht, finde ich sehr wichtig und aufschlussreich. Das macht umso deutlicher, dass es hier, unterstützt durch Recht und Rechtsprechung auch um Hierarchiefragen geht und von selbsternannten Eliten gar keine Auseinandersetzung auf Augenhöhe gewünscht wird.

  82. @Rolf Schälike/103.: Ich sehe auch eher ein systematisches Problem, welches weder mit klagefreudigen Einzelkämpfern noch mit Spendenaktionen für meinungsfreudige Opfer, besserer Rechtsberatung oder Nothilfefonds gelöst werden kann. Sondern nur entweder durch den Gesetzgeber oder durch die Richter. Was ist denn eigentlich mit dem Richterbund, warum interessiert die das nicht?

  83. 104…Was ist denn eigentlich mit dem Richterbund, warum interessiert die das nicht?

    Die Antwort steckt in 105:

    …unterstützt durch Recht und Rechtsprechung auch um Hierarchiefragen geht und von selbsternannten Eliten gar keine Auseinandersetzung auf Augenhöhe gewünscht wird.

    Die derzeitige globale Umstrukturierung von Wertschöpfungsquellen und die damit verbundene gesellschaftliche Neuformierung innerhalb der westlichen Welt, führen zwangsläufig zu Interessenkonflikten, welche sich dann zB. wie in Kommentar 102. mit dem Ruf nach „Auf ins feudale Mittelalter“ sehr deutlich zeigen.

    Das sieht dann so aus: Das wohlhabende Schlitzohr schickt den besten Kämpfer in den Ring, den man für Geld kaufen kann.

    Das Kreuz mit der Demokratie zeigt sich zunehmend innerhalb der Medienlandschaft, sind doch die tragenden Nicht-Säulen-Medien, welche auch noch bildend von ALLEN MENSCHEN kostenlos konsumiert werden können, ein unberechenbarer Störer alter Konstrukte und eben dieser Neuformierung. Man könnte es auch ganz klar formulieren:

    „Das Internet ist der wahre Demokratiefeind“

  84. Heute geht es im Kabel1 Magazin auch um Abmahnungen, jedoch lediglich um Abmahnungen bei Filesharing. Dürfte aber trotzdem interessant werden.

  85. @105 jokahl
    Was ist denn eigentlich mit dem Richterbund, warum interessiert die das nicht?

    Die Richter machen alle nur ihren Job, wie die Waffenbauer und Kernkraftswerker oder Autobauer, Flugzeugführer, Polizisten, wie wir alle.

    Der Richgterbund interessiert sich hauptsächlich um die Arbeitsbedingungen der Richter, ähnlich wie die Gewerkschaften sich nicht um die Arbeitslosen kümmern, sondern um die Arbeitsplätze, unabhängig davon, was da prodiziert wird.

    Gesamtgesellschaftliche Probleme werden über die widersprüchlichen Interessen gelöst, wie z.B. bei uns wegen den Abmahnungen. Ich habe einfach keine Lust, Schertz sein Leben für Unsinn zu finanzieren und deswegen auf meine Annehmlichkeiten zu verzichten.

    Politisch hat die Tätigkeit des Einzelnen wenig Folgen, denn auf das Wahlergbeniss, d.h. darauf, welche Politiker gewäht werden, hat all das was wir hier posten keinen Einfluss.

    Gibt es zu viel kaputt Geklagte, in den Selbstmord Getriebene, Informationen über unsere Zensur und das Eingesperrtwerdenkönnen z.B. im Ausland, dann kann das schon Folgen für das Ansehen unserer Elite und das Wahlergebnis sowie für die Bereitschaft, mit den Eliten gemeinsam zu wirtschaften, haben.

    Ganz so schlimm ist es aber tatsächlich mit der Gleichgültigkeit der Richter nicht. Viele Richter haben Drogen- und Alkoholprobleme, nicht wenige steigen vorzeitig aus. Auch in Hamburg und Berlin.

  86. @97 JJ Preston

    Das einzige, was gegen Schertz und Co. hilft, ist, sie soweit zu reizen, dass sie Fehler machen, und sie dann mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Welch eine Schmack müsste es für Leute dieses Schlages wohl sein, selbst erfolgreich abgemahnt (und abgewatscht) zu werden…

    Provozieren, kann strafrechtliche Folgen nach sich ziehen. Vorsicht!

    Ich arbeite wissenschaftlich. Haben zwar die Richter und Anwälte auch nicht gern, Objekte wissenschaftlichen Untersuchungern – wie Kanienchen – zu sein. Die Gesetze erlauben das.

    So habe ich z.B. einen fiktiven Anwalt am Tag des offenen Wortes an einer Fachhochschule einen Vortrag halten lassen. Der Vortrag bestand nur aus den Wörtern Schertz, Schertz,… Schertz, auf acht Seiten. Zum Schluss gabe es mehrere Links auf das Wort Schertz, wie dises Wort im Mitteklalter verwendet wurde.

    Mich hat interesiert, wie weit die Rechtsprechung zum Schutz des Persönlichkeits- und Namensrechts geht, und wie die Richter ihre beliebten Paragrafen an diesen „Vortag“ anpassen, um diesen aus dem Internet zu verbannen.

    Schertz hat – wie im Experiment vorgesehen – eine einstweilige Verfügung beantragt, die er nicht erhalten hat, das Kammergericht hat die sofortige Beschwerde ebenfal.ls zurückgewiesen.

    Das Experiment hatte ein positives Ergebnis, zumal Schertz in seinen anderen Schriftsätzen mit seinem Antrag prahlte und siwegessicher „bewies“, das ich ein Stalker bin.

    Ich musste leider zum Artz wegen meine wochenlangen Lachkrämpfe. Muskelkater habe ich heute noch.

    Holt Euch die Beschlüsse 27 O 11/09 / 9 W 33/09 beim LG oder KG.
    Aber im Ernst:

    Schertz beleidigt, bringt Unwahrheiten, droht in seinen Schrfitsätzen und bei Gericht, d.h. in der beschränkten Öffentlichkeit der Gerichte, oder er lässt seine anwaltliche Vertreter dies tun. Das ist nicht justiziabel, nicht abmahnfähig.

    Schertz hat es leichter, denn Artikel im Internet können weltweit aufgerufen werden. Auch wenn der Schaden, den er erleidet, wesentlich geringer ist, den er bei den Prozessgegnern durch seine Anträge und Klagen sowie Auftritte vor Gericht und Drohbriefe anrichtet, so ist es sehr schwer in dieser asymentrischen Kraftverteilung mit erlaubten Gegenschlägen sich zu wehren.

    Schertz darf sich selbts vertreten, wir müssen Anwälte beauftragen und bezahlen. Schon da fehlt es am Gleichgewicht. Diese Rechtslage missbraucht Schertz ausgiebig.

  87. @Jan Mönikes/#91:
    Es geht hier aber nicht um das „geradestehen“ für irgendwas verwerfliches, illegales oder sonstwie justiziables. Oben genanntes Beispiel mit der Flat Earth Society ist ein prima Beispiel, aber um das mal an konkreteren Beispielen der jüngeren Vergangenheit zu illustrieren, z.B. dem Fall Jako./.Trainer Baade:
    Wenn ich der Meinung bin, die Fussballtrikots des Herstellers XY seien billiger Schund, dann hat es gefälligst legitim und unantastbar zu sein, dass das (a) meine persönliche Meinung ist und (b) ich sie auch frei äussern kann. Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch Trikothersteller XY das im Grunde weiss, trotzdem gibt es eine Wahrscheinlichkeit grösser 0, dass Trikothersteller XY versuchen wird, meine für sie unbequeme Äusserung zu entfernen indem sie mir juristisch an den Karren fahren. Und zwar nicht, weil sie im Recht wären, sondern einzig und allein weil sie es sich entschieden länger leisten könnten als ich. Wie man so „schön“ sagt, Recht haben und Recht bekommen sind zweierlei Dinge.

  88. Hallo,

    kann mich nur anschließen. Sehr schöner Artikel über den Abmahnwahnsinn. Was mir dazu ergänzend einfällt:

    1) Man erkennt deutlich, dass Internet ist _kein_ rechtsfreier Raum, wie oft behauptet. Wäre er rechtsfrei, gäbe es diesen Unsinn nicht.

    2) Habe ich es hier im Blog gelesen? Könnte sein: Ein Vergleich ist doch kein Gleichsetzen!

    Gruß und weiter so, Dirk!

  89. Interessanter Artikel! Mich würde mal interessieren, wie sehr du diese Argumentation auf andere Bereiche ausweiten würdest. Daher frage ich Dich – inspiriert von einer Stelle im Artikel:

    Was genau hat sich der Gesetzgeber davon erhofft, die Holocaustleugung unter Strafe zu stellen? Glaubt er, dass die Leugner ihn für eine Tatsache halten, wenn er ihnen verbietet, ihn öffentlich zu leugnen?

    (Godwin’s Law gilt nicht, der Hitlervergleich kam ja schon von dir.)

  90. Eine Gesellschaft, die es sich erlaubt, das wichtigste Grundrecht durch Gesetze einzuschränken, darf sich nicht über die vorhersehbaren Ergebnisse beschweren. Hier von Aushöhlung der Meinungsfreiheit zu sprechen ist lächerlich, denn was nicht existiert kann nicht ausgehölt werden.Abs.2 / Art5 GG müsste einfach ersatzlos gestrichen werden, und schon würden enorme Ressourcen frei. Herrn Niggemeier würde das eher nicht gefallen, denn er möchte bestimmte Meinungen lieber auch zensiert sehen. Nur das Abmahnunwesen muss weg. Bieder.

  91. @113/Dirk
    Vergleich: Man muss zunächst versuchen, etwas miteinander vergleichen, um eventuell später festzustellen, dass es nicht miteinander vergleichbar ist. Insofern ist Vergleichen immer auch die Vorstufe zur Feststellung des Unvergleichbaren.

    Im übrigen glaube ich im Gegensatz zur Mehrheit der Kommentatoren hier nicht, dass es um eine systematische Aushöhlung der Meinungsfreiheit geht. Es geht darum, dass einige Leute im Moment sehr schlecht damit zurecht kommen, dass divergierende Meinungen ohne grosse Probleme in Windeseile einem vielleicht grossen Publikum nahegebracht werden können. Sie haben mit dem Abmahnwesen einen Weg gefunden, dies eventuell zu verhindern. Die Gerichte / Richter spielen teilweise mit, weil sie von „Internet“ kaum Ahnung haben und dieses Medium derzeit noch ein Schmuddel-Image hat. In Wirklichkeit mangelt es den Abmahnern an Souveränität; es ist meist ein Ausweis von Hilflosigkeit gepaart mit dem Versuch, seine Macht zu zementieren (meist kann das als letztes Mittel nur noch mit Geld geschehen).

    Die Aktivitäten von Herrn Schälicke sind mir genau so suspekt wie die der beschriebenen Anwälte. Irgendwie ziehen sich die Gegner hier fast magnestisch an; auch sprachlich. Wohl dem, der soviel Zeit hat.

  92. Irgendjemand hat ein Interesse, die interessante Diskussion abzubrechen.

    In der Physik gibt es die Möglichkeit, jedes Gesetz mit dem Unendlichkeits- bzw. Nullwertgedanken ad absurbum zu bringen.

    Mann kann z.B. behaupten, das Ohmsche Gesetz gilt nicht, mach bräuchte nur den Strom sehr groß – notfalls unendlich zu machen -, dann gilt das Ohmsche Gesetz offensichtlich nicht.

    Diese unerlaubte Argumentation funktioniert auch, wenn man den Drahtdruchmesser gegen Null tendieren lässt.

    Absolute, unter allen Bedingungen geltende Gesetze gibt es nicht. Das weiß jeder.

    Man braucht nicht zu untersuchen, was bei Null oder Unendlich passiert. Das sind ganz andere physikalische -in unserem fall juristische – Erscheinungen und gehen am Thema vorbei.

  93. Herr Keuschnig, das ist ja eine prima Argumentation. Wer soviel Zeit hat, darf sich also mit allem beschäftigen, nur nicht mit den Abläufen an deutschen Gerichten, ansonsten erscheint er ihnen suspekt.

    Führen sie doch bitte mal aus, inwiefern Herr Schälike mit seinem Hobby versuchen würde, Geld zu verdienen? Oder welchen anderen Verdacht haben sie?

  94. @Gregor Keuschnig: Es geht hier wohl kaum nur ums Internet, das Problem hätten Sie genauso, würden Sie ein Flugblatt tippen oder ein Buch (etwa mit dem Protagonisten G.K.) veröffentlichen. Da gab es in der Vergangenheit schließlich schon genug Fälle. Durchs Internet wird so etwas inzwischen aber eben leichter öffentlich. Übrigens auch durch Herrn Schälike, der pro Tag in etwa genauso viel Zeit haben dürfte wie Sie, Christian Schertz oder wir alle.

  95. @ 116 Keusching

    Bei Buske und Mauck geht es nicht nur ums Internet und auch nicht nur um Schertz und ihm ähnliche Anwälte.

    Es geht um dem Umgang mit unserer Geschichte – alle Stasi-Verhandlungen -, um die Mehrdeutigkeit von Äußerungen (Stolpe und Babyhaust-Entrscheidhjng), den fliegenden Gerichtsstand, Freiheit der Wisenschaft und der Kunst, ums Fernsehen. Filme (Contergan) und vieles mehr.

    Schertz hat sich lediglich vorgedrängt mit dem Versuch, die Gerichtsderichterstattung zu verhindern. Er überschätzt einfach seine Bedeutung in der Gerichtberichterstattung.

    Es gibt andere auffallende Anwälte, z.B. Johannes Eisenberg. Dieser klagt nicht gegen die Berichterstattung, auch Prof. Prinz klagt nicht, obwohl auch er bestimmt Probleme mit seinen Mandanten wegen der Grichtberichterstattung hat.

    Das Internet und die angeblich mangelnden Kenntnisse der Richter über dieses neue Medium macht lediglich einiges deutlicher. Es demonstriert die Absurdität unserer Rechtssprechung und vieler Gesetze, die mangelnde Qualifikation unserer Richter, die Geschäftstüchtigkeit der Anwälte auf Kosten der eigenen Mandanten und einer ausgeglichen das Grundgesetz berücksichtigenden Rechtsprechung.

    Das gab es schon alles vor dem Internet und wird auch ohne Internet heute praktiziert: besonders hart im Familienrecht, bei allen Prozessen gegen Banken und gegen sonstige Wirtschaftkriminelle, auch ohne Nutzung des Internets.

  96. Die Demokratie ist eben kein Geschenk, sie muss jeden Tag auf´s neue erkämpft werden. Dafür danke ich Stefan Niggemeier und allen anderen, die dafür ständig ihren Kopf hinhalten. Und dafür gebe ich auch jederzeit gern wieder einen „Zwanziger“.

  97. große klasse, herr niggemeier. journalism strikes back. bin sehr gespannt, wie das weiter geht.

  98. zum hinweis, dass man vergleiche auch mal aushalten können muss, fällt mir, ganz zufällig und ohne bezug auf einen konkreten fall ein altes sprichwort ein:

    getroffene hunde bellen

  99. Gott den Titel kapier‘ ich ja jetzt erst. Das ist kein Text „über Abmahnungen“ sondern über „Über-Abmahnungen“… sehr subtil…

  100. Als großer Freund der subtilen Kunst der Ironie muss ich sagen, dieser kleinen komische Dreh der hier geübt wurde begeisterte mich sehr, würde meine Begeisterung nicht getrübt werden ob der offensichtlichen Unabsichtlichkeit eben ihrer Ausübung seitens des Objektes dieses Artikels.

    PS: Affengeiler Titel!

  101. Tja, das alles ist Zensur, und es ist gewollt!

    Wieso darf man als Journalist sein Privatleben und die Zugangsdaten zu seinem privaten Amazon- und Ebay-Account nicht vor einem ach so gemeinnützigen öffentlich-rechtlichen Sender geheimhalten, wieso darf einen dessen Jurist gar noch beschimpfen, wenn man ihm sagt, diese Dinge gängen ihn nichts an – und wieso sind dafür gewisse geschägftlich genutzte Fakten um diesen Call-in-Papst Mayerhofer so schützenswert, daß niemand darüber schreiben darf?

    Also sprich: Wieso gilt der Schutz der Privatsphäre in Deutschland nur für Leute mit Geld? Wieso heißen Richter das sogar noch gut, daß man sich so Recht kaufen kann – oder halt (als Kleiner ohne Geld) nicht?

    Achja, der Gravenreuth-Vergleich…es gab genügend Juristen, denen das nichts ausgemacht hat, die es sogar genossen haben, mit ihm verglichen zu werden, solange Gravenreuth nicht verurteilt war. Obwohl es über Jahre bekannt war, was Gravenreuth tat.

    Und wer weiß, wo Herr Schertz sich noch hin entwickelt? Vom gegenwärtigen Zustand handelt der Vergleich nicht.

    Gravenreuth galt einst für viele Etablierte durchaus als tüchtiger Jurist. Nur bei so ein paar komischen Teenagern nicht, die mit so merkwürdigen schwarzen Vierecken mit Loch in der Mitte hantierten. Solchen Bloggern Computerspinnern, also niemand Ernstzunehmendem….

    Daß die Netiziens nun auch noch über Spenden die Anwälte finanzieren, darüber hat sich Gravenreuth zu Lebzeiten bereits diebisch (und öffentlich) gefreut…weil er wußte, am Ende bekommt ja er das vermeintlich für einen anderen gesammelte Geld.

    @Muriel: Du weißt nicht, was Du Dir da antust. Die Mehrheit der Mitmenschen wird sich auf die Seite des Berühmteren, Reicheren stellen. Du wirst reihenweise aus Jobs fliegen, keine Aufträge mehr bekommen etc. Und gepfändet. Außer, Du haust rechtzeitig nach Südamerika ab. Aber das dann auch noch ohne die Millionen, wegen denen man das normalerweise tut.

    Ok, wenn man das beabsichtigt, kann man sich absichern (anyonymes Blog, Hartz-IV-Empfänger ins Impressum ect.). Nur das hilft unsereins nicht weiter, die eben mit ihme Namen zu ihren Äußerungen stehen – und sogar wegen dem verklagt werden…

    Sollte das, was der Richter in Köln in meinem Fall sagte, wirklich die Lösung sein? „Sie können doch als Journalist unter Pseudonym arbeiten, Sie müssen doch nicht Ihren bürgerlichen Namen benutzen!“. Sollen wir jetzt alle unter Pseudonym schreiben? Und das Honorar geht dann auf ein Nummernkonto in die Schweiz, oder wie?

    Daß die Abmahner sich ihr Image versauen, spielt keine Rolle. Die befriedigt es, ihr Opfer finanziell und nervlich zu schädigen. Und sie mögen das Image, ein A… zu sein. Man kann sie auch da nicht an ihrer Ehre packen, denn sie haben keine.

  102. Was mich so traurig macht ist die Tatsache das man als Journalist mit einer fundamentalen Liebe zur freien Meinungsäusserung auch ein Jurastudium absolviert haben muss um sich gegen all die Leute durchzusetzen, die meinen die Schalthebel der Demokratie für sich instrumentalisieren zu können, was leider häufig funktioniert.

  103. Dies ist einer der besten und interessantesten Artikel, die ich in letzter Zeit gelesen habe. Die Möglichkeiten gegen alles und jeden vorzugehen sobald der eigene Name in einem Artikel fällt ist verständlich und wohl in vielen Fällen angebracht. Allerdings erstaunt es mich immer wieder in welchen Fällen die Kläger Recht bekommen. Ich bin leider kein Jurist und in der Bewertung eingeschränkt. Speziell bestimmte Vergleiche betreffend verstehe ich die Rechtssprechung nicht. In der Sozialwissenschaft vergleiche ich alles und jeden mit dem Ziel herauszufinden, welche Unterschiede oder Gemeinsamkeiten bestehen. Wieso dürfen Journalisten keine Hypthesen aufstellen und somit einen Beitrag zur Wahrheitsfindung leisten. Das Ergebnis an sich wird zeigen, ob es richtig, falsch oder nicht herauszufinden ist.

    Die Personen in den aufgeführten Beispielen wurden meines Erachtens stets in der Ausführung einer Rolle außerhalb des privaten Rahmens erwähnt, sozusagen in einer öffentlichen Funktion.

    Die Beweispflicht lässt sich leicht ad absurdum führen, theoretisch ist sehr viel möglich. Beweise mir jemand, dass es keine rosa Elefanten gibt!

    Leider läuft es wohl bald darauf hinaus, dass man seine Meinung nur mit genug Geld im Hintergrund äußern darf. Das mag vielleicht juristisch einwandfrei sein, widerspricht jedoch allen bekannten demokratischen Grundsätzen. Demokratie ist nicht gleichbedeutend mit einer hohen Wahlbeteiligung, Demokratie findet genau hier statt!

    Vielen Dank dafür Herr Niggemeier! Oliver Nagel hat es mit „Medienjournalismus pur und vom Feinsten“ sehr treffend formuliert.

    PS: Inwiefern hilft eigentlich der Konjunktiv oder eine Änderung der Namen um bestimmten Anwälten aus dem Weg zu gehen?

  104. Sehr, SEHR geehrter Herr Niggemeier!
    Was mich bei Ihren Blog fasziniert, ist, mit welcher sachlichen Ruhe, mit welchem klaren Blick sie diese Abmahn- SCH… und SCHW.. analysieren, und, obwohl (finanziell) schmerzhaft betroffen, doch zornesfrei argumentieren können.
    Ich weiß nicht, ob diese emotionsfreie Schreibe ihrer Gesundheit nicht abträglich ist, bei mir muss sowas raus, und meinem Magen geht´s gut, aber dennoch – ich verehre Sie dafür.
    Wäre ich van Gaal, würde ich sie dafür küssen, aber so..
    mag ich Sie einfach. (Was meinem Magen auch gut tut)
    Auch wenn Sie im gegnerischen politischen Lager sind: machen Sie weiter so.
    Jemand noch nen Tee? Abmahnfrei?
    TF

  105. @jokahl: Man erhob Anspruch auf Übergabe von Domain und damit E-Mail aufgrund eines Mißbrauchs des Markenrechts. DPMA und KEF sprachen sich ausdrücklich gegen diese Aktion aus.

    Daß damit eben interne Dinge meines Arbeitegebers, Zugang zu Ebay und Amazon (und damit meiner Kreditkarte), private Dinge und die E-Mails Unbeteiligter an eine öffentlich-rechtliche Sendeanstalt gegangen wären, wurde von den Juristen (darunter der mittlerweile als jemand, mit dem andere nicht verglichen werden wollen, geschmähte Gravenreuth, der aber damals schon derselbe Mensch war) als „hinzunehmende Kollateralschaden“ bezeichnet. Also man darf klauen, wenn man dabei „höhere Werte“ (sprich: einen Markennamen) verteidigen will.

    Der Richter meinte dann dazu eben nur, wenn mein Name Ursache der Kollision sei, müsse ich halt unter Pseudonym schreiben. Weshalb ich dies ja nun auch tue.

    Im Zweifelsfall googeln, will die Kommentarspalte damit nicht weiter belasten. Nur ist es so absurd. Damals galt Gravenreuth bei etlichen seiner Kollegen viel, oder sie trauten sich zumindest nicht, sich von ihm zu distanzieren, heute distanzieren sie sich plötzlich von ihm, weil er verurteilt wurde und sich umgebracht hat. Er war aber damals schon derselbe Charakter wie in seinen letzten Jahren.

  106. „Ich warte auf den Tag, an dem mich jemand verklagt, weil ich ihn klagefreudig genannt habe.“

    Das ist doch noch gar nichts, letzte Woche hat einer meiner Kunden die Abmahnung eines Anwaltes des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks erhalten, der folgendes abmahnt (Zitat, Rechtschreibfehler beibehalten):

    ‚Auf Ihrer Internet Seite http://www…de werben Sie bezüglich Ihres renovierungsangebotes mit der Aussage „Dach“‚.

    Das ist natürlich eine äußerst verwerfliche Aussage(!), die dringend abgemahnt werden muss!!

  107. Anwälte und ihr Auftreten sind ein großes Problem für unsere Gesellschaft: man kann weder mit noch ohne Anwälten rechtssicher auftreten heutzutage. Und egal, wie es läuft, diese Typen verdienen so oder so.

    Darüber habe ich auf meinem Blog mehrmals geschrieben (http://denkpass.de/2010/04/anwalte-behindern-die-wirtschaft-3-beispiele/ und auch hier http://denkpass.de/2010/04/der-korrosive-effekt-von-anwalten-auf-die-gesellschaft/)

    Schön, wenn es mit Stefan Niggemeier auch mal jemand schreibt, der bekannter ist. Ich hab das satt – und die Lösung ist erstmal total einfach:

    Weg mit der kostenpflichtigen ersten Abmahnung. Kosten erst ab einer zweiten Abmahnung. Das führt doch zu mehr Dialog, oder?

  108. […] Lesetipp. Obwohl: so klein ist er doch nicht. Stefan Niggemeier hat seine Gedanken zum Thema Abmahnungen und das Internet niedergeschrieben. Darunter finden sich wirklich denkwürdige Sätze: Oder glaubt […]

  109. Es gibt in Deutschland Menschen, die von der Öffentlichkeit „in Schach“ gehalten werden und welche die bislang keine Öffentlichkeit fürchten mussen. Spitzenpolitiker, Top-Manager, Fernseh-Promis etc. – alle diese müssen fürchten, dass die Presse sich um sie kümmert, wenn Sie sich dreckig verhalten. Unterhalb dieser Spitze beginnt dann das Geschummel, die Kumpanei, die Machtanwendung, die Korruption und Schieberei, die nie öffentlich werden und die eben deshalb so erfolgreich praktiziert werden können. Was sich z.B. in Deutschland ein typischer Landrat erlauben kann, ist schon ziemlich gediegen. Und dann gibt es dieses Milieu der para-kriminellen Rechtsausbeuter. Auch die konnten Jahrzehnte lang quasi unbemerkt von der Öffentlichkeit Dinge drehen, bei denen sie ihre Rechtskenntnis dazu ausnutzten, sich selbst oder ihren Klienten rechtsfeste, aber illegitime Vorteile zu verschaffen. Per Vertragsrecht, per AGB, usw. Typisch eben auch das Rechtskapitel „Abmahnung“, das sich eben prima von einem Schutzrecht zu einer Angriffswaffe umfunktionieren lässt. Was diese Leute im Halbschatten der Gesetze jetzt aber spüren, ist die Bedrohung durch die neue Web-Öffentlichkeit. Niemandem, der in Deutschland ein Fitzelchen Macht hat, gefällt das. Die sind alle dagegen. Und je mehr sie merken, dass ihre Macht über die Öffentlichkeit erodiert, desto mehr werden sie abmahnen. Und da ist es besonders effizient, sich mit einer Schaltstelle wie „dem Niggemeier“ anzulegen. Nicht weil das so wahnsinnig beleidigend wäre, was du schreibst, sondern weil du und einige andere sich besonders gut als Exempel eignen. Das spricht sich schnell herum – und das ist startegisch wahrscheilich auch gewollt, um diese diese Web-Öffentlichkeit wieder mundtot zu kriegen. Gerade die Belanglosigkeit des Fall Sch. wirkt besonders angsteinflößend und verunsichernd auf die Blogger. Vernünftig argumentieren kannst du deshalb mit denen nicht, glaube ich. Das Ganze wird letztlich ein Kampf ums Recht sein müssen, daher auch eine Finanzierungsfrage. Es gibt eine Art Guerilla-Krieg derer, die bislang vor der Öffentlichkeit geschützt waren, gegen die neu auflebende Gegenöffentlichkeit, die das Veröffentlichen von Schweinereien endlich so viel leichter macht.

  110. Apropos Abmahnung…große Welle durchs Netz macht gerade folgender Fall:

    Schwalbe (Fahrradreifenhersteller) mahnt Händler ab, weil sie in ihren Online-Shops Bilder von der Schwalbe-Seite nutzen, um deren Produkte zu verkaufen.
    Hier nachzulesen: http://www.mtb-news.de/forum/showthread.php?t=460417

    Rechtlich soweit alles super – aber wie krank muß ein Hersteller sein, die Händler, die seine Produkte verkaufen, wegen ebendieser abzumahnen?

    Langsam erreicht das ganze eine Stufe, da würde Monty Python nicht drauf kommen…

  111. […] Stefan Niggemeier zeigt an ein paar Beispielen den ganzen Wahnsinn der Praxis von Abmahnungen in Deutschland, die dem Prinzip der Meinungsfreiheit oft völlig zuwider läuft. Woher kommt der Gedanke, dass man Dinge, die einem nicht gefallen, mit der Hilfe von Anwälten und Gerichten aus der Welt schaffen lassen kann? Wenn das nicht mit Meinungsfreiheit gemeint ist: dass Leute frei finden und sagen können, an wen ich sie erinnere, egal wie ungerecht mir das erscheinen oder wie unvorteilhaft das für mich sein mag — was denn dann? (…) […]

  112. @Schwalbe:

    Ich habe die Firma Schwalbe „abgemahnt“ die Abmahnungen binnen 14 Tagen zurückzunehmen und sich bei den betroffenen Händlern zu entschuldigen.
    Ansonsten wechsele ich auf Produkte der Konkurrenz und werde versuchen meinen Fahrradhändler zu überzeugen, die Geschäftsbeziehung mit der Firma Schwalbe einzustellen.

    Ihr könnte gerne alle mitmachen; die Firma Schwalbe und eine Kontaktmail findet Ihr bequem im Internet :-)

    Man muß den Leuten ja eine Chance geben, ihren Irrtum einzusehen ;-)

  113. @153 peter18

    Erfolgreich abmahnen kann nur jemand, der berechtigte Interessen besitzt. Als Käufer und sonst interessierter Bürger besitzt man dieses berecchtigtren Interesse nicht. So ist die Rechtsprechung.

    Der Abgemahnte kann fordern, dass die Abmahnung zurückgenommen wird. Juristisch heißt es: man soll von der Berühmung Abstand nehmen. Nimmt man die Abmahnung nicht zurück, kann der Abgemahnte eine negative Feststellungklage einreichen und man bleibt auf den Kosten sitzen.

    Die Forderung nach einer Entschuldigung ist nicht abmahnfähig. Denn eine Abmahnng richtet sich auf Verbote möglicher Verstöße in der Zukunft. Bei einer Entschuldigung gibt es keine möglichen zukünftigen Verstöße.

    Außerdem gibt es weder im Äußerungs- noch im Marken- oder Urheberrecht etwas zur Entschuldigung. Diese kann nicht eingeklagt werden.

    Eine Entschuldigung kann positiv bei einer Gerichtentscheidung berücksichtgti werden.

  114. Das Beste, das ich seit langer Zeit lesen durfte. Ich habe nicht nur wegen der juristisch unverfänglichen Formulierung lauthals gelacht.

    Zitat: „Ich hatte in den vergangenen Wochen mehrfach wieder Kontakt zu dem Anwalt von Stephan Mayerbacher, (…) der bereits mehrfach juristisch gegen mich vorgegangen ist. Diesmal bekam ich keine Abmahnungen, sondern wurde „im Guten” auf Kommentare in diesem Blog hingewiesen, die Herr Mayerbacher für unzulässig hält.

    Unter anderem wurde ich aufgefordert, den von einem Kommentator geäußerten Verdacht zu löschen, „Herr Mayerbacher durchsuche Internetforen und -blogs nach abmahnfähigen Beiträgen”, denn das sei unwahr. “ — Zitat Ende

    Preiswürdig.

  115. […] *Stefan Niggemeier über Abmahnwahn *Freelense: dpa-bild des Jahres *Augsburger Allgemeine: Anonyme Kommentare oder nicht? *dctp-tv interviewt Prothmann *Star Wars nach Hawking *Nachrichten aus der Provinz *Frankfurter Tag des Online-Journalismus *Du bist Terrorist. *Fanpost *Frau Görlitz und ich *Irak-Krieg… *Abmahnkeule *Süddeutsche Zeitung interviewt Prothmann zum Lokaljournalismus […]

  116. […] *Stefan Niggemeier über Abmahnwahn *Freelense: dpa-bild des Jahres *Augsburger Allgemeine: Anonyme Kommentare oder nicht? *dctp-tv interviewt Prothmann *Star Wars nach Hawking *Nachrichten aus der Provinz *Frankfurter Tag des Online-Journalismus *Du bist Terrorist. *Fanpost *Irak-Krieg… *Abmahnkeule *Süddeutsche Zeitung interviewt Prothmann zum Lokaljournalismus *Prothmann auf posterous *Geschmäckle *ZDFblog: Warum Netzsperren sinnlos sind. *Dilemma der Nachrichtenagenturen *ifp-Gespräch: Der Wert der Nachricht. *detektor.fm interviewt Hardy Prothmann *Begehbarer Schrank für Männer *SZ: Wir sprechen nie offen über Sexualität. *Alex Gajic interviewt Hardy Prothmann *Diener des Mainstream *Sex-Dienst im Pflegeheim *Bildungsverlierer *Ortsblog-Ökonomie *WDR5 berichtet über unsere blogs *Jeff Jarvis über die Zukunft des Journalimus *Journalisten des Jahres 2009 *Detlev Brechtel über Lokaljournalismus *Pfenning kommt in Hirschberg an *Oeddinscher toks inglisch ) *Jeff Jarvis im Focus Mit anderen Teilen var a2a_config = a2a_config || {}; a2a_localize = { Share: "Share", Save: "Save", Subscribe: "Subscribe", Email: "E-mail", Bookmark: "Bookmark", ShowAll: "Show all", ShowLess: "Show less", FindServices: "Find service(s)", FindAnyServiceToAddTo: "Instantly find any service to add to", PoweredBy: "Powered by", ShareViaEmail: "Share via e-mail", SubscribeViaEmail: "Subscribe via e-mail", BookmarkInYourBrowser: "Bookmark in your browser", BookmarkInstructions: "Press Ctrl+D or ⌘+D to bookmark this page", AddToYourFavorites: "Add to your favorites", SendFromWebOrProgram: "Send from any e-mail address or e-mail program", EmailProgram: "E-mail program" }; a2a_config.linkname="Fundstelle"; a2a_config.linkurl="http://ladenburgblog.de/2010/03/09/fundstelle/&quot;; […]

  117. Anwalt Schertz stellt über seinen Anwalt Höch schriftlich klar:

    Der Kläger [Rechtsanwalt Dr. Christian Schertz]] kann bestens damit leben, wenn über seine berufliche Tätigkeit kritisch berichtet wird. Dies geschieht auch des häufigeren, ohne dass der Kläger juristische Schritte anstreben muss oder dies ggf. auch nicht kann, weil ein Vorgehen keine Aussicht auf Erfolg hätte.

    Möchte jemand behaupten, dass man aus der Formulierung:

    … oder dies ggf. auch nicht kann, weil ein Vorgehen keine Aussicht auf Erfolg hätte.

    nicht schließen darf, dass Anwalt Dr. Christian Schertz von der Rechtsprechung punktuell durchaus enttäuscht sein dürfte.

    In den uns bekannten Prozessen verliert seine Kanzlei als Kläger mehr als 30 Prozent der Fälle, in den letzten Monaten noch häufiger.

  118. #147 Brett
    #148 Stefan Niggemeier

    Für die Betroffenen ist die Nummer eher zu klein.

    Die gewollte ggf. geduldete Abmahnindustrie dient der Disziplinierung der Untertanen und Aufrechterhaltung der heutigen krissenbehafteten Strukturen.

    Sorgen tut dafür eine mit staatlich geschützten Sonderrechten ausgerüstete Gruppe, die Gruppe der Anwälte.

    In jedem Staat gibt es eine solche
    – mitr Sonderrechten ausgerüstete
    – zu mehr oder weniger großem Teil im Geheimen arbeitende
    – die Öffentlichkeit scheuende
    – rabiat vorgehende
    – das Leben durchgehend bestimmende
    – in sich zerstrittene aber nach außen zusammenhaltende
    – sich elitär fühlende und gebende
    Gruppe.

  119. Mensch, Herr Schälike, so früh (oder spät?) am Morgen schon wieder im Dienste der guten Sache unterwegs, und auch noch in einem alten Kommentarthread! Das sind ja Schertze! Aber Sie haben ja Recht. Ich ziehe den Hut vor Ihnen und wünsche weiterhin alles Gute.

  120. Gegen die journalistische Sensationsmaschinerie: Brauchen wir eine Aufsichtsbehörde für die Presse?…

    Es gibt Situationen, da scheinen Presse und Rundfunk sämtliche Regeln über Board zu werfen. Die Berichte über Loveparade oder Jörg Kachelmann sind nur zwei der prominenteren Beispiele. Zwischen dem Papiertiger “Presseratsr……

  121. tja vielleicht sind solche Rechtsstreite für die die es sich leisten können einfach zu preisgünstig. wenn der Markt etwas anziehen würde und die kosten/die honorare einfach in % vom vermögen und einkommen berechnet würden, käme es vllt seltener zu Klagen. vllt aber auch nicht… eher nicht, aber nicht mehr von den gleichen Leuten und damit wäre anscheinend schon einigen geholfen^^

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