Ulrich Reitz erklärt die Pressefreiheit


Quelle: „Bild“, 17.04.2009

71 Replies to “Ulrich Reitz erklärt die Pressefreiheit”

  1. Da bin ich ja froh, noch nie eine WAZ gekauft zu haben.

    Finde übrigens erstaunlich, wie abfällig der Begriff „Promis“ in diesem Zusammenhang wirkt.

  2. Das ist noch gar nichts gegen Lutz Heukens Kommentar in der Printausgabe. Da wird der „Fall Nadja“ mit den Fällen Zumwinkel oder Althaus gleichgestellt.

  3. Wie charakterlich verkommen muß man sein, um eine solche Aussage formulieren zu können – und dies offensichtlich auch ernst zu meinen?

  4. „Wir sind immer da!“

    Für mich klingt das wie die Drohung des Interessenverbandes der Stalker.

  5. lol

    Wenn ich mal unter Ausblendung der Auswirkungen eines solchen Verständnisses kurz einfach über die Dämlichkeit lachen darf.

  6. Oder einfach mit Dummdreist. Solche Personen verstehen die Difinition von Anstand und Würde nicht.

  7. Die allgemeine Sprachlosigkeit erzeugt kurze, knappe Kommentare.

    „Engel-Status“, wie (blöd)sinnig.

  8. Jaja, erst der dpa kündigen, dann dreist im TV rausposaunen, dass man die dpa-Inhalte eben aus dem Netz zieht und jetzt das …

  9. Ach du scheiße! Wenn der das wirklich ernst meint steht es sehr schlecht mit dem Journalismus in Deutschland!?!?

    Achso: der meint das ja ernst und es steht wirklich sehr schlecht mit dem deutschen Journalismus. Qualität kann man bei solchen Aussagen echt nicht mehr erwarten! Solche Spinner, wie der Herr Reitz, haben in der deutschen Medienlandschaft nix mehr verloren.

  10. plötzlich erinnere ich mich an den film NATURAL BORN KILLERS… da fällt der satz… „ihr gehört den medien“…

    Reitz hat im grunde nichts anderes gesagt. das finde ich in der ekelhaft.

  11. Jetzt hat Frau B. also keinen „Engel-Status“ mehr, da jetzt bekannt wurde, dass sie krank ist. Na, als Kranke ohne Engel-Status hat sie es ja nicht besser verdient, als dass man so über sie schreibt. Gut, dass die Presse endlich Partei ergreift für die armen Männer, die man alle gezwungen hat, sich beim Sex mit einer Unbekannten nicht zu schützen…

  12. das mit dem kein engel-status mehr ist ja auch so ein total doppelbödiger wortwitz zum aktuellen anlass — aber man muss seine wortwitze eben dort bringen wo sie hinfallen…

  13. Und ich hatte immer gedacht, die Freiheit des einen endet da, wo sie die Freiheit des Nächsten einschränkt oder bedroht.
    Aber anscheinend ist sich der Chefredakteur immer selbst am nächsten / nahesten. Da paßt keiner mehr dazwischen, der stören könnte.

  14. Nun sei doch mal offen und ehrlich die Frage erlaubt, ob der gute Mann so Unrecht hat. Schieben wir doch alle mal unsere gesellschaftlich wertvoll propagierte Moral bei Seite und fragen uns, ob wir es nicht sind, die nach ständig neuen Meldungen lüstern? Oder sind da die Leserinnen und Leser dieses Blogs die natürlich rühmliche Ausnahme?

    Niemand von uns fährt an frisch Verunfallten am Straßenrand vorbei, niemand von uns würde bei einem Hausbrand 2 Straßen weiter den Gaffer mimen, niemand von uns schaut Formate wie das Dschungelcamp weil es ja unterstes Niveau ist. Aber wenn dann die Presse (mit der ich aus beruflicher Sicht absolut nichts zu tun habe) einen Menschen öffentlich scheinbar demontiert, dann ist die Presse eiskalt, emotionslos, nur auf Gewinne aus, zeigt keinen Funken Menschlichkeit.

    Und was bitte stellen die so genannten Promis denn an um prominent zu werden, prominent zu bleiben? Beim „Supertalent“ waren Schicksalsschläge wie HIV, auf der Straße leben oder Vollwaise sogar hilfreich um kurzfristig auf den medialen Olymp zu steigen. In Formaten wie DSDS gibt`s jeden Tag eine andere Geschichte um die vermeintlichen Superstars… der erste Sex, Geheimnisse aus dem Privatleben von Uschi, intime Geständnisse von Klaus-Dieter und so viel mehr.

    Das alles ist willkommen, wird hingenommen – hauptsache, man wird irgendwie prominent, bleibt im Gedächtnis der Menschen, kann mit dieser Bekanntheit im besten Fall auch noch gute Kohle verdienen. Aber wehe dem, es brechen negative Zeiten an: Dann bitte die Tür zu lassen, nix berichten, den vorher aufgebauten Ruf nicht ruinieren.

    Und wer von uns Wohnzimmervoyeuren entscheidet denn jetzt bitte, wann ein Mensch zerlegt werden darf und wann nicht? Darf eine Frau Verona P. öffentlich in Frage gestellt werden – aufgrund eventuell dubioser Steuergeschäfte? Darf man ihren Lebensparnter Monatelang bis ins Detail zerpflücken? Der feine Herr düst noch mit dem dicken Geländewagen rum – dem kann es ja so schlecht nicht gehen. Ohh, der feine Herr mit Ehefrau im Pool im Urlaub: Na, woher kann der sich das leisten?

    Wir schreien im Großen auf, freuen uns diebisch im Kleinen und gegenüber allen anderen nehmen wir gerne die moralisch wertvollste Haltung an – aber diese Haltung bitte ich doch dann beim nächsten Beschiss der Versicherung, beim nächsten Gemauschel auf irgendeinem Amt, beim nächsten Gaffen auf der Autobahn nach einem Unfall und der nächsten, direkt in der Nachbarschaft verwahrlosten Omi die seit 3 Monaten tot auf der Couch liegt ein klein wenig hinterfragen.

    Vielen Dank!

  15. Man könnte ja mal sagen: Pass auf, Star, leider kann ich deinen Aufstieg nicht öffentlich begleiten, denn du machst dich damit so sehr zum Affen, dass du selbst deine Persönlichkeitsrechte verletzt. Das können wir unmöglich verbreiten.

  16. @Darian van Dark: Also hat Reitz Recht, wenn er die Allanwesenheit der Presse als Pressefreiheit bezeichnet? Pressefreiheit ist also, den Menschen das zu geben, was sie wollen: Möglichst detailliert über Sachen informiert zu werden, die sie nichts angehen. Sie haben Recht, neugierig, meist auch über Gebühr hinaus, sind tatsächlich fast alle Menschen in solchen Dingen.

    Im dritten Absatz ihres Kommentars klingt außerdem mit „Und was bitte stellen die sogenannten Promis denn an um prominent zu werden, prominent zu bleiben?“ ein Argument an, dass ich nicht nachvollziehen kann: Wenn man in der Öffentlichkeit steht, muss man damit rechnen, das sowas berichtet wird. Ja, muss man. Aber das macht es nicht richtig, dass es auch passiert.

  17. 27: Es geht weniger um die Tatsache über die hier berichtet wird sondern mehr um die Tatsache wie viele sich hier darüber aufregen. Und ob dieses Aufregen nicht vielleicht den Ansatz einer Doppelmoral erfüllt: Das gilt es bei jedem zu hinterfragen..

  18. @28: Welche Doppelmoral? Die Neugier, die man in sich trägt und aus der die Lust an solchen Geschichten erwächst, vielleicht ist die den meisten Menschen wirklich zu eigen. Moral ist aber, das zu wissen und entgegen der eigenen Neugier zu entscheiden: Das sollte mich nichts angehen, es ist falsch, was und wie hier berichtet wird.
    Nur weil jeder Mensch sowas im Kern irgendwo doch interessant findet, kann man nicht den Leuten, die über genügend Selbstkontrolle und Selbsterkenntnis verfügen, manch eigenes Verlangen abzulehnen, Doppelmoral unterstellen.

    Ich halte auch nicht als Gaffer beim Unfall, obwohl ich es gerne würde. Ja, mich interessiert, was da passiert ist und wie es da wohl aussieht. Aber ich halte nicht an und fahre weiter. Das ist Moral. Doppelmoral wäre, wenn ich anhalte und anderen Gaffern sagen würde, sie hätten hier nichts zu suchen.

    Wer so einen Scheiß nicht liest und nicht gut findet, hat das Recht, sich darüber aufzuregen. Und Reitz Formulierung der Pressefreiheit ist eine bodenlose Frechheit!

  19. „wir sind immer da!“?
    hört sich an wie eine drohung. vor allem wo ist die presse immer? im café? im schlafzimmer? „da“, wie ein pilz am den primären geschlechtsorganen? beim penis von kai diekmann hört die pressefreiheit ja bekanntlich auf. ob herr reitz, obwohl er mittlerweile eine gewisse prominenz erreicht hat, den persönlichkeitsschutz den diekmann für seinen penis von der taz verlangte, auch für seinen penis in anspruch nehmen würde? die primären geschlechtsorgane und -praktiken von prominenten sängerinnen sind ja, wenn ich das zitat und den zusammenhang richtig verstehe, quasi im namen der pressefreiheit, vogelfrei.

    kann natürlich auch sein, dass er das „da sein“ gar nicht als drohung gemeint hat, sondern als resignierte bestandsaufnahme des journalismus. die presse ist so frei, alles zu machen was ihr genehm ist, sie ist da im sinne von unumgehbar. sie ist da und macht was ihr gefällt, weil sie es kann und immer zur stelle ist, immer am vermeintlichen tatort. und dieser tatort, egal ob es ein schulhof in winnenden ist, das schlafzimmer einer sängerin oder die unterhose eines prominenten, ist immer news und deshalb für die immer anwesende presse, frei. frei, wie in freibier. obwohl das ja auch wiederum als drohung zu verstehen ist.

  20. Hier wird dauernd davon ausgegangen, dass in jedem ein kleiner Voyeur stecke, es also bestenfalls eine Frage der Selbstbeherrschung sei, diesem niederen Begehrungsvermögen nicht nachzugeben und seine Handlungen mittels Vernunft nach höherwertigen Maximen auszurichten. Aber in Wirklichkeit will man´s halt schon wissen, was die anderen in ihren Betten treiben, wie die abfackelte Bude ausschaut oder sie sich weinend in den Armen liegen!
    Moment mal! Ich will das nicht! Und zwar nicht nur aus Vernunftgründen, sondern aus unmittelbar emotionalen. Ich fühle mich peinlich berührt, wenn sich Menschen mehr oder willentlich von anderen vorführen lassen oder gegen ihren Willen vorgeführt werden. Wenn Grenzen der Intimsphäre anderer überschritten werden, die in der Öffentlichkeit nicht überschritten werden dürfen, erfassen mich Abscheu und Übelkeit nicht heimlicher Nervenkitzel. Das kann aber auch daran liegen, dass ich selbst als Beteiligte eines Unfalls die Gaffer ertragen musste. Danach weiß man immerhin, wie sich das anfühlt.

  21. Man könnte „Promis“ auch mit „Politiker“ ersetzen.

    Ich hatte leider in der Vergangenheit ein paar Einblicke in die Kommunalpolitik. Dort sind die Verbrechen zwar meist etwas kleiner als auf G20-Augenhöhe, aber dafür sind die Protagonisten nicht weniger ekelerregend. Was deren Verhältnis zur Presse angeht:
    Ein Redakteur einer Lokalzeitung „hält“ sich gewissermaßen ein ganzes Rudel Politiker an der langen Leine (oder umgekehrt: das Rudel hält den Redakteur, je nach „Charakter“). Wenn es den Politiker juckt, den unliebsamen Konkurrenten im Ortsverein platt zu machen: Anruf genügt. Wenn der „Journalist“ eine seiner Foto Love Stories plant und wissen will, wie der schwule Freund des FDP-Fraktionsvorsitzenden heißt: Anruf genügt. Wenn der Müllskandal doch für zu viele Stadtverordnete brenzlig wird, und man die Berichterstattung ein wenig „dämpfen“ muss: Anruf genügt.
    Man kennt sich. Aber nur so lange man in den Bergen ist. Stürzt einer ins Tal ab oder ist bockig und gibt keine Infos mehr, ist schnell Schluss mit der Seilschaft.

    Ich bin mir sicher, dass Strunz das kennt. So wie der auf dem Foto grinst, so grinsen die von der Seilschaft.

  22. Prinzipiell hat Reitz meiner Meinung nach recht. Nur ist im Einzelfall Fingerspitzengefühl gefragt. Wie eigentlich immer.

    Nur sollte man sich selber mal prüfen, ob man nicht mit zweierlei Maß misst.

    Wenn ich an den Chef der lokalen städtischen Marketinggesellschaft denke, der seine Erfolge mit seinem Namen breit publiziert wissen wollte, dann musste er auch ran, als er wegen Veruntreuung vor Gericht stand (und verurteilt wurde). Und wenn ich erzähle dass der über sein Parteibuch den Job bekam, dann wird sich das Mitleid über die Gerichtreportagen über ihn hier in Grenzen halten.

    Oder wie sieht das die liebe Gemeinde beim Herrn Hartz, als die ganzen Geschichten mit Prostituierten und Veruntreuung breitgetreten wurde. Ha, böser Manager, der muss das aushalten, werden die meisten sagen.

    Und je nach politischer Präferenz werden auch die Sympathien für Herrn Tauss sehr unterschiedlich sein.

    Man hätte besser die Verhaftung der Sängerin mit „Verdacht auf Körperverletzung“ erklärt und gut ist. Da noch draufhalten wie in Winnenden beantwortet keine Frage, die man sich stellt.

    Die Leser wollen aber Wölfe anstatt Pudel. sagte neulich Don Alphonso bezüglich der Leserwünsche an Journalisten. Ich glaube, er hat recht. Das bedeutet aber auch Journalisten, die immer auf dem Sprung sind. Oder wer will die Kuschelreporter, die dann auch bei Peter Hartz oder dem Stadtmarketingmenschen die Augen zudrücken und das – „weil’s nur menschlich ist“ – auslassen und lieber über den Karnevalsverein und die sieben Kinder der Bundesursula schreiben.

  23. 28 et al.: Gaffer beim Unfall auf der Gegenspur. Das ist eine spannende Sache.

    Einerseits will man nicht halten, warum auch. Andererseits zwingt einen der Impuls dazu, weil auf der anderen Seite was Ungewöhnliches geschieht. Nur Betonköpfe bleiben auf dem Gas, denn schon das Ereignis sorgt dafür, dass alle bremsen. Also bremst man mit. Und wie Staus entstehen, wissen wir alle.

    Vom Gas gehen, habe ich in der Fahrschule gelernt, wenn etwas Besonderes geschieht, und es entspricht dem Reflex. Als Vielfahrer bin ich froh darüber, dass die Leute nicht bei ihrem Bleifuß bleiben, wenn auf der Gegenseite Trümmer liegen. Es wäre schweinegefährlich. Man muss abbremsen, weil die Aufmerksamkeit nicht mehr beim Fahren liegt.

    Ich halte daher die Gaffer-Theorie der Polizei und des Verkehrsfunks mit ihrem belehrenden Impetus für kapitalen Blödsinn. Es ist richtig und gut, dass man langsamer wird, und es ist normal, dass es sich dann staut.

    Schade, dass das hier nicht das Blog der ADACmotorwelt ist. :-)

  24. Stell Dir vor es wäre Bild und keiner liest.

    Schon wäre ein Großteil der Diskussionen im gesamten Medienblog reif für die Freigabe wertvoller Speicherkapazitäten.

  25. Es ist einfach ekelhaft wie schlimmste Exploitation, und nichts anderes ist solch eine Berichterstattung, mit dem Recht auf Pressefreiheit gerechtfertigt wird. Jede Kritik an ihr mit dem Szenario des Untergangs der Demokratie begegnet wird. Das Foto der Sängerin groß auf der Titelseite der WAZ mit der Überschrift „No Angel“. Das ist in Anbetracht der menschlichen Tragödie, die dem Fall zugrundeliegt, nichts weiter als Zynismus. Und wenn Herr Rietz glaubt, daß es auch nur ein einziger Promi durch Hilfe seines mittlerweile nur noch als Bildzeitung im Schafspelz zu bezeichnendes Printirgendwas nach oben geschafft hätte, dann glaubt er auch an die Scheibenhaftigkeit der Erde. Ich habe die WAZ täglich von meinen 14. Lebensjahr an gelesen, sie war die lesenswerteste Regionalzeitung im Ruhrgebiet. Irgendwann bin ich weggezogen. Als ich vor drei Jahren zurück ins Ruhrgebiet kam und wie gewohnt wieder die WAZ abbonierte, traute ich meinen Augen nicht. Es ist einfach nur traurig wie man so ein etabliertes Blatt zugrunde richten kann. Auf Deibel komm raus.

  26. @Darian van Dark: Och Gottchen. Stell Dir vor, es wäre McDonald’s und keiner isst’s. Stell Dir vor, es wäre Modern Talking und keiner hört’s. Stell Dir vor, es wäre DSDS und keiner guckt’s.

    Und trotzdem hat es Sinn, all das zu diskutieren und darüber zu streiten und seine Folgen zu bedenken.

    (Außerdem ist Herr Reitz, auch wenn man’s ihm nicht anhört, nicht Chefredakteur von „Bild“, sondern von der „WAZ“.)

  27. Was hier bloß wieder los ist. Unabhängig vom Kontext, den ich nicht genauer untersucht habe: Das Reitz-Zitat stimmt doch. Das Argument dahinter ist alt, aber es ist richtig.

  28. @40 Dag: Welches Argument steht denn dahinter? Doch das, dass jemand, der seinen Erfolg unter anderem den Medien verdankt, die ihn und sein Schaffen einer breiten Öffentlichkeit präsentieren, den Medien im Gegenzug auch bitteschön Zugang zur Privatsphäre gewähren soll. Quid pro qou. Der Leser will es doch. Der selbe Leser, der einen erst zum Prominenten macht. That’s the Game!

    Und das finden Sie richtig?

  29. Diese Unsitte ein Paßfoto dessen, der einen Text produziert hat, dazu zu stellen, das doch Jahre alt ist, und ein Gesicht zeigt, das nicht zum Text passt, rächt sich hier besonders schön.

    Das schelmische Grinsen wirkt einfach nur deplaziert und peinlich – passend zum Text.

  30. Man sollte Presse- bitteschön nicht mit Narrenfreiheit verwechseln. Ganz davon abgesehen, dass zu grundsätzlich geltenden Rechten natürlich auch notwendige Pflichten gehörten.

  31. Was Herr Reitz (WAZ) sagt, ist der Bild angemessen. Es ist arrogant und überheblich und böswillig zugespitzt. Dennoch hat er im Kern Recht.

    Im konkreten Fall geht es nach offenbar monatelangen Ermittlungen um den Tatvorwurf der schweren Körperverletzung, und nicht nur die Staatsanwaltschaft sieht den Vorwurf als so erheblich an, dass die Sängerin jetzt in U-Haft sitzt, sondern auch der Richter, der die U-Haft anordnet.

    Wenn der Vorwurf jetzt lautete, die Sängerin sei mit einem Baseballschläger auf einen anderen Menschen losgegangen, und der Vorwurf lautete infolgedessen auf schwere Körperverletzung, würde man darüber schweigen sollen? Kaum.

  32. Schieben wir doch alle mal unsere gesellschaftlich wertvoll propagierte Moral bei Seite […] [Darian van Dark]

    Darf ich darauf hinweisen, dass diese alberne postmodernistische Haltung längst aus der Mode ist. Schon als die noch en vogue war, habe ich die Prämisse, die dahinter liegt, in Frage gestellt: Moral und Ethik sind nicht primär kulturabhängig, sondern tief in uns verwurzelt.

    Im Grunde läuft es immer auf das hinaus, was der christlich geprägte in etwa ‚Tu anderen nicht an, was du nicht willst, dass man es dir tut‘ formuliert. Der gebildet aufgeklärte spricht vom ‚kategorischen Imperativ‘.

    Moral zu Gunsten von, ja, von was eigentlich außen vor zu lassen spricht günstigstenfalls für Denkfaulheit. Meistens von viel Schlimmerem.

    Nur ist […] Fingerspitzengefühl gefragt. [Marc]

    Eben, und genau das ist offensichtlich vielen „Journalisten“ verloren gegangen. Möglicherweise, weil viel zu selten [und viel zu spät] über den schmalen Grat zwischen sinnvoller Berichterstattung und sensationsgeiler Wichsvorlage diskutiert wird.

    Glücklicherweise bildet sich langsam auch in D eine aktive Blogger-Gemeinde heraus, die mehr als nur Kochrezepte austauscht.

    Auch die Medienwelt ist nun mal nicht einfach binär aufgeteilt, es ist eben selten eine einfache Entscheidung ob A oder B zu tun ist. Daher sind Kritik und Diskussion notwendig. Leider stellen sich viele Menschen ungerne der Kritik, versuchen sie wegzubügeln [Stichwort: Totschlagargument], reagieren gereizt, decken zu, verschleiern. Großer Fehler.

    Es sollte nach Gladbek und jetzt Winnenden auch deutlich geworden sein, dass die Diskussion niemals abgeschlossen sein kann, sondern immer wieder neu geführt werden muss.

  33. @Darian van Dark #22, #37: Wie, erst einen ellenlangen Kommentar schreiben, der natürllich eine Diskussion lostritt und dann als nächstes einen, der sich spöttelnd auf medienblogdiskussionen bezieht?

    Oder ist eh alles egal, weil in allen Kommentatoren auch der Impuls besteht, gaffreflexgleich, uns wegen unserer Hilflosigkeit bezüglich der Qualität der Presse verzweifelt zu fühlen? Und sie lassens halt raus durch widersprüchliches, geradezu „doppelmoraliges“ Diskussionsverhalten?

    Nylonzahn, versicherungsbeschiss-, mauschelei, gaff- und tote-omi-frei seit 1981.

  34. Ärgerlich ist hier doch, dass mit der Pressefreiheit argumentiert wird. Ersetze „Pressefreiheit“ durch „Boulevardpresse“ und das Ganze stimmt – und ist eben keine Soll-, sondern bloß noch eine Ist-Beschreibung.

  35. zu 39, Niggermeier:

    Herr Niggemeier,

    „Bild“ war nur ein stellvertredendes Beispiel für alle Sensationsblättchen. Mir fällt halt insgesamt nur auf, das Sie sich mit einem fragenden „Moralzeigefinger“ an Ihre Leserschaft wenden – das wiederum könnten Sie aber nicht, wenn es derart moralische Verfehlungen nicht gäbe. Ergo empfinde ich diese Vorgehensweise irgendwie als ein in Text gefasste Paradoxon.

    Denn auch mit ihren Artikeln sorgen Sie dafür, dass eine Person X noch weiter stigmatisiert wird, dass noch mehr vom Pöbel „da draussen“ informiert wird, sorgen durch Links und Backlinks auf Ihren Blog für eine zusätzliche Verbreitung. Ob man sich da immer nur mit „Ich schreibe doch nur darüber was andere schreiben“ immer aus der Verantwortung ziehen kann?

  36. 48:

    Ich suche mir schlicht und ergreifend aus, was mich anspricht, was mich aufregt und was nicht. Und einfach nur da zu sitzen und zu flennen wie schrecklich doch alles ist: Ändert das was? Nein. Es ändert nichts. Da können wir hier noch tagelang bei Brennesseltee und Ökokornkeksen beisammen sitzen: Es bleibt wie es ist. Entweder ich arrangiere mich damit, lasse es mir am fluffigen Hintern vorbeigehen oder ich stehe auf und steure mit eigenem Engagement dagegen.

    Ich lasse mir das am Hintern vorbeiziehen. Und ziehe sogar was Positives (huch, gemeines Wortspiel zum Thema HIV) daraus, denn: Durch die mediale Ausschlachtung von Frau B. wird das Thema HIV wieder präsent, kommt wieder in Erinnerung – das so etwas sein muss, weil viele Menschen scheinbar nicht an ihrem Leben und dem anderer hängen: Ist schlimm, sehr schlimm. Aber auch das werde ich mit nur darüber meckern nicht ändern. Mein Beitrag dazu: Immer eine handbreit Lümmeltüten im Täschchen.

    Darian, Lümmel seit 1975.

  37. Zu 47:

    Ich passe meine Haltung nicht der Mode an sondern meiner Empfindung. Sie haben Ihre, Du hast Deine, Er hat seine, ich habe meine.

  38. @darian van dark:

    meine vorstellungskraft davon, was es heißt, an ihrem fluffigen hinterteil vorbeizuziehen, reicht nicht aus, um zu verstehen, wie viele worte sie machen, um ihrer indifferenz ausdruck zu verleihen. besonders hübsch ist der moralische zeigefinger, mit dem sie herrn niggemeier einen moralischen zeigefinger vorwerfen.

    .~.

  39. 55:

    Ich schwinge nicht den moralischen Finger gegenüber Herrn Niggemeier – ich nutze Herrn Niggemeier gegenüber nur das, was Herr Niggemeier gegenüber dem von ihm thematisiertn nutzt: Die freie Äusserung der eigenen Meinung. Dabei erhebt meine Meinung niemals den Anspruch richtig sein zu müssen, es ist meine Empfindung – diese passe ich niemals einer Mode an oder verfolge damit die „Verbesserung der Welt“ – ich bringe sie nur zum Ausdruck und stelle mich einer Diskussion gern.

    Und seien Sie versichert: Ihre Vorstellungskraft muss exorbitant gross sein um sich meinen fluffigen Popo vorstellen zu können inklusive der Dinge, die daran vorbei ziehen ;)

    Darian, fluffig seit 1975.

  40. @Darian van Dark: Zitat:

    „[…] das wiederum könnten Sie aber nicht, wenn es derart moralische Verfehlungen nicht gäbe. Ergo empfinde ich diese Vorgehensweise irgendwie als ein in Text gefasste Paradoxon.“

    Den moralischen Zeigefinger auszustrecken ist also per se ein Paradoxon. Denn immer, wenn das jemand tut, tut er es aufgrund Verfehlung eines anderen. Keine Verfehlung, kein Zeigefinger. Das ist Kausalität, das gegenteil eines Paradoxons.

    Ob eine Diskussion über gewisse Sachen und das Mahnen mit dem moralischen Zeigefinger irgendwann irgendetwas ändert, weiß man erst hinterher. Das sich nichts ändert, wenn man nichts sagt oder tut, das weiß man allerdings schon vorher.

  41. Zu 59. Hansman:

    Ich habe derartiges in der Art und Weise des Drumherums schon erlebt – zwar nicht mit einer in der gesellschaft immer noch nicht akzeptierten Krankheit, aber mit Umständen, die mir privat durchaus nicht wenig geschadet haben – der Ursprung war vielleicht eigenes Verschulden, das Fazit daraus allerdings nicht. Und richtig, ich wollte alles und jeden meinen Anwalt auf den Pelz hetzen, habe nach Vergeltung geschrien – aber was hätte es gebracht? Die Menschen hätten nur noch mehr zum Thema erfahren, das Thema wäre noch länger in der Diskussion geblieben. Ich entschied mich für eher die Zungeabbeissen als eine ganze Zukunft verwerfen…

  42. @52: Mir fällt immer wieder auf, dass Sie sich mit einem auf andere Leute gerichteten Zeigefinger über deren Taten echauffieren, ohne deren moralische Zeigefinger Sie sie selbst auf Niemanden mit Ihrem Zeigefinger zeigen könnten. Mir fällt da einfach dieses Paradox im Rahmen ihres Fingerzeigs auf, auf was ich ja nur mal mit dem Finger gezeigt haben möchte.

    Anonymous

  43. @52: Versteh ich jetzt überhaupt nicht! Natürlich würde Niggemeier nicht über diese oder jene Verfehlungen in den Medien schreiben wenn es sie nicht geben würde… Hä?!

    Ich würde in Liebesbriefen auch nicht über Liebe schreiben wenn ich nicht verliebt wäre….pffft!

  44. noch mal zum thema, paraphrasiere ich mal mein eindruck obiger reitzworte:

    „diejenigen, die menschen erst zu promi-engeln machen, sind immer noch wir. wenn wir sie in den staub stoßen wollen, haben sie uns natürlich auf einmal nicht mehr lieb. pressefreiheit heißt aber: wir dürfen zerstören, wen wir wollen.“

    qualitätsjournalismus ahoi. in zeiten, in denen technische und juristische grundlagen für zukünftige zensur gebaut werden, ist es wichtig, prioritäten zu setzen: soll pressefreiheit gewährleisten dass die mächtigen straffrei kritisiert und beobachtet werden können, oder verteidigt hier jemand die definitionshoheit über gesellschaftliches oben und unten?

    da wird die gute alte pressfreiheit zur erpressfreiheit. das ist mir wirklich widerlich.

    .~.

  45. „Mit uns nach oben“? Mit der „WAZ“?!

    Ach so, vermutlich meint Reitz: „Wir sind beide ganz unten und könnten es gemeinsam schaffen …“

  46. Das kann ich nur dann nachvollziehn (und auch dann nur eingeschränkt) wenn die Promis intensiv mit der Zeitung zusammen gearbeitet hat um ihren Status zu erreichen, aber die meisten werden ungefragt in guten Zeiten zum Thema gemacht (was sie sicher nicht stört, klar), aber in „schlechten“ Zeiten hätten sie dann auch gern ihre verdiente Ruhe und Privatssphäre.

    Anscheinend muss man es so wie Raab machen, die Zeitung ignorieren um sicher zu gehn dass nichts giftiges über einen rauskommt. Traurig traurig…

  47. Und ihr seid sicher, dass Reitz nicht gesagt hat: „Viele Promis wollen mit uns nach oben. Aber wir wollen sie nachher auch runterschubsen.“

  48. Apropos Doppelmoral:

    Da werden also intime Details aus der Privatsphäre einer Frau, die eine gewisse Prominenz hat und vermutlich an einer schweren Krankheit leidet, in die Öffentlichkeit getragen. Details, von denen man meinen könnte, dass sie niemanden etwas angehen.

    Vor nicht allzu langer Zeit war so ein Artikel Herrn Niggemeier noch eine Empfehlung wert. Aber wahrscheinlich war das ja ganz etwas Anderes – nur was?

  49. Also für mich ist Ulrich Reitz ein sehr großer Mann.
    Er ist ein Vorbild für mich. Ich habe tierischen Spaß daran Artikel zu schreiben und möchte irgentwann einmal genau das erreichen was Ulrich Reitz erreicht hat. Ich denke auch über ein Praktikum bei der WAZ nach, doch es ist schwer daran zu kommen.
    Naja, ich werde nicht aufgeben..

Comments are closed.