Wie „Bild“ versucht, „Focus Online“ in die Bezahlschranken zu weisen

Eine tolle Sache, dieser Streit zwischen „Bild“ und „Focus Online“. Seit Wochen schon kann man auf Twitter eine größere Zahl von Wut-Rülpsern von „Bild“-Leuten vernehmen. Sie ärgern sich schwarz, dass „Focus Online“ mit großer Konsequenz ihre exklusiven und für die Leser kostenpflichtigen „Bild plus“-Geschichten übernimmt und gratis anbietet.

Gestern hat sich Bild.de-Chef Julian Reichelt dann in den Branchendienst turi2 übergeben. Er bezichtigt den „Focus Online“-Chef Daniel Steil des Diebstahls und der Hehlerei. Steil hat früher in leitender Position bei „Bild“ gearbeitet, weshalb Reichelt ihm nachtrauert: „Er ist auf die dunkle Seite gewechselt.“ (Reichelt meint vermutlich: auf die andere dunkle Seite.)

Die „Bild“-Zeitung ist übrigens das Blatt, das vor drei Jahren 60.000 Euro Schadensersatz an die Zeitschrift „Lettre International“ zahlen musste, weil es ohne Genehmigung lange Passagen aus einem Interview mit Thilo Sarrazin abgedruckt hatte, aber das nur am Rande.

Um die Aufregung der „Bild“-Leute zu verstehen, muss man sich ansehen, wie hemmungslos „Focus Online“ die fremden Inhalte ausschlachtet. Nehmen wir den gestern veröffentlichten „Focus Online“-Artikel „TV-Moderatorin streitet versuchten Mord ab“. Er beruht auf zwei „Bild plus“-Artikeln („Staatsanwalt ermittelt gegen ‚Big Brother‘-Star“, „Jetzt spricht das Unfall-Opfer“). Ich habe dem kompletten „Focus Online“-Artikel mal die entsprechenden Original-Passagen gegenüber gestellt:

„Focus Online“

„Bild“

Der Unfall liegt schon eine Weile zurück, doch für einen Lastwagenfahrer hatte er schreckliche Folgen: Der 47-Jährige erlitt lebensgefährliche Verletzungen an der Halswirbelsäule und den Beinen. Zudem wurde er von den bleibenden Schäden berufsunfähig. Was ist passiert? Wie konnte das geschehen? Die Polizei ermittelte und glaubt nun die Täterin gefunden zu haben. Nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung, soll es sich um eine TV-Moderatorin handeln. Demnach soll die 32-Jährige nicht nur die Verursacherin des tragischen Autounfalls zu sein, sondern auch Fahrerflucht und einen Vertuschungsversuch begangen haben.

Der Unfall ist fast ein Jahr her.

Der Lkw-Fahrer kam mit lebensgefährlichen Verletzungen an der Halswirbelsäule und an den Beinen ins Krankenhaus.

Jetzt will die Polizei die kaltblütige Unfall-Fahrerin ermittelt haben!
Nach BILD-Informationen soll es sich um die TV-Moderatorin und „Big Brother“-Star […] handeln.

Der Unfall ereignete sich am 26. Juli 2013. An diesem Morgen war ein Lkw-Fahrer kurz vor sechs Uhr früh dabei, seinen Lastwagen an einer Straße im Berliner Stadtteil Altglienicke zu überprüfen. Damals sei der 47-Jährige von einem unbekannten Fahrzeug erfasst worden, berichtet ein Polizeisprecher „Bild“ gegenüber. Der Autofahrer flüchtete jedoch und ließ den schwerverletzen Mann auf der Fahrbahn liegen.

Es war in den Morgenstunden des 26. Juli 2013. Der Lkw-Fahrer (47) war kurz vor 6 Uhr dabei, seinen Lastwagen an der Straße Am Falkenberg im Berliner Stadtteil Altglienicke fahrbereit zu machen.

Ein Polizeisprecher: „Der 47-Jährige wurde von einem damals unbekannten Fahrzeug erfasst. Der Autofahrer flüchtete und ließ den schwerverletzen Mann auf der Fahrbahn liegen.“

„Als ich aufgewacht bin, konnte ich mich nicht mal mehr an meinen Namen erinnern“, erzählte der Mann jetzt der „Bild“-Zeitung. Er müsse immer noch fünf Mal in der Woche zur Reha und Schmerzmittel nehmen. „Ich kann heute mit meinen Wunden leben. Aber kann das der Täter mit seinem schlechten Gewissen?“

Der LKW-Fahrer zu BILD: „Als ich aufgewacht bin, konnte ich mich nicht mal mehr an meinen Namen erinnern.“ Sein rechtes Bein war 18-mal gebrochen. Bis heute muss er fünfmal wöchentlich zur Reha, dreimal täglich Schmerzmittel nehmen. Die nächste OP steht im Herbst an. Er sagt: „Ich kann heute mit meinen Wunden leben. Aber kann das der Täter mit seinem schlechten Gewissen?“

Ähnlich äußert sich ein Polizeisprecher. „Die Behandlungen dauern bis heute an. Zudem ist von bleibenden Schäden und Berufsunfähigkeit infolge des Tatgeschehens auszugehen“, sagte er dem Blatt. „Der Fahrer hatte das Opfer mit lebensgefährlichen Verletzungen seinem Schicksal überlassen.“ Der Unfallort sei eine wenig befahrene Straße. Deshalb werde wegen versuchten Mordes ermittelt.

„Die Behandlungen dauern bis heute an. Zudem ist von bleibenden Schäden und Berufsunfähigkeit infolge des Tatgeschehens auszugehen“, sagt der Polizeisprecher.

Der Unfallort ist eine wenig befahrene Straße. „Der Fahrer hatte das Opfer mit lebensgefährlichen Verletzungen seinem Schicksal überlassen“, sagt der Polizeisprecher.

Deshalb wird wegen versuchten Mordes ermittelt.

Den Informationen von „Bild“ zufolge sei es Kriminaltechnikern erst mehrere Monate nach dem dramatischen Unfall geglückt, das Fahrzeugmodell zu bestimmen. Laut einem Beamten sei ein Fahrzeug in den Fokus der Ermittlungen geraten, das zwei Tage nach der Tat in Sachsen als gestohlen gemeldet worden war. „Der Wagen wurde wenig später in Polen mit Unfallspuren sichergestellt und steht im Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchungen als unfallverursachendes Fahrzeug zweifelsfrei fest“, erklärte ein Polizeisprecher.

Monate nach dem Horror-Crash gelang es den Kriminaltechnikern, das Fahrzeugmodell zu bestimmen.

Der Beamte: „Es geriet ein Fahrzeug in den Fokus der Ermittlungen, was zwei Tage nach der Tat in Sachsen als gestohlen gemeldet worden war.“

„Der Wagen wurde wenig später in Polen mit Unfallspuren sichergestellt und steht im Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchungen als unfallverursachendes Fahrzeug zweifelsfrei fest“, sagt der Polizeisprecher.

Der Mercedes konnte schließlich einer deutschen Fersehmoderatorin zugeordnet werden. Mittlerweile geht die Staatsanwaltschaft nach Informationen der „Bild“-Zeitung davon aus, dass der angezeigte Diebstahl als „ein Versuch des Vertuschens der Unfallbeteiligung“ zu werten ist. Deshalb werde gegen […] nun wegen versuchten Mordes ermittelt. Auch ihr 41 Jahre alter Verlobter geriet angeblich ins Visier der Polizisten. Er soll dem Ex-„Big-Brother“-Star geholfen haben, das Unfallauto nach der Tat aus dem Land nach Polen zu schmuggeln. Gegen ihn werde wegen Betruges zum Nachteil einer Versicherung und Vortäuschen einer Straftat ermittelt.

Es ist der Mercedes der TV-Moderatorin […]!

Die Staatsanwaltschaft geht mittlerweile davon aus, dass der angezeigte Diebstahl als „ein Versuch des Vertuschens der Unfallbeteiligung“ zu werten ist.

Deshalb wird gegen […] jetzt wegen versuchten Mordes – und gegen ihren Verlobten (41) wegen Betruges zum Nachteil einer Versicherung und Vortäuschen einer Straftat ermittelt.

Ihr Verlobter soll […] geholfen haben, dass Unfallauto nach der Tat nach Polen zu bringen.

Die TV-Moderatorin dementiert den Verdacht. Sie äußerte sich gegenüber „Bild“: „Wir waren das nicht. Wir haben damit nichts zu tun. Ich habe zu diesem Zeitpunkt gearbeitet.“ Ein Ermittler aber glaubt die Wahrheit zu kennen: „In den Vernehmungen zeigt sie sich eiskalt und ohne Anflug von Reue“, zitiert ihn „Bild“.

Die TV-Moderatorin am Dienstag zu BILD: „Wir waren das nicht. Wir haben damit nichts zu tun. Ich habe zu diesem Zeitpunkt gearbeitet.“

Ein Ermittler zu BILD: „In den Vernehmungen zeigt sie sich eiskalt und ohne Anflug von Reue.“

Das entspricht einer quasi-vollständigen Übernahme der Informationen aus den beiden „Bild“-Artikeln. Jedes Zitat eines der Beteiligten wurde verwertet. Wer auf einen der Links zu „Bild“ klickte, erführe dort nichts Wesentliches, was nicht schon bei „Focus Online“ steht.

(Lustigerweise haben die „Focus Online“-Leute beim Kopieren an einer Stelle sogar den Namen der Beschuldigten übernommen, den sie sonst aus ihrem Text getilgt hatten. Man unterschätzt sie leicht, die Tücken des Copy & Paste.)

„Focus Online“ kopiert alles. Nicht nur aus „Bild“-Artikeln, aber natürlich ist „Bild“ eine besondere Fundgrube für ein solches konsequent auf Reichweitenmaximierung angelegtes Online-Angebot.

Wenn Uli Hoeneß vor seinem Haftantritt noch einmal kurz einen „Bild“-Mann zurückruft und ihm ein paar Sätze sagt, steht all das hinterher nicht nur (kostenpflichtig) auf „Bild plus“, sondern auch (frei) auf „Focus Online“, mit ausführlichsten Original-Zitaten, gekürzt nur um das unwesentlichste Drumherum und ein paar eitle Belanglosigkeiten. Wenn ein angeblicher „WhatsApp“-„Insider“ mit „Bild“ über die Probleme und Pläne bei dem Nachrichtendienst spricht, pickt sich „Focus Online“ daraus nicht die vermeintliche Nachricht oder ein, zwei knackige Zitate, sondern erzählt den kompletten Artikeln, fast ohne Auslassung, nach.

Das wird nicht besser dadurch, dass „Focus Online“ immer und immer wieder die Quelle nennt und geradezu übertrieben oft darauf verlinkt — es gibt ja tatsächlich keinen Grund, auf den Link zu klicken.

Das alles ist, ohne Frage, extrem dreist.

Es scheint aber, erstaunlicherweise, nicht rechtswidrig zu sein. Zumindest räumt Julian Reichelt das ein, was ihn nicht daran hindert, „Focus Online“ zu bezichtigen, Straftaten zu begehen. In der Logik eines „Bild“-Menschen geht das problemlos: Jemanden, der etwas tut, was nicht strafbar ist, einer Straftat bezichtigen und auf Nachfrage auch darauf beharren.

Dass das umfangreiche, fast vollständige Kopieren von Inhalten, wie es „Focus Online“ betreibt, laut „Bild“ rechtlich nicht angreifbar ist, ist aber auch deshalb erstaunlich, weil man jahrelang so getan hatte, als ob es gegen genau das doch ein Mittel gebe: Ein Leistungsschutzrecht.

Nun ist dieses Leistungsschutzrecht da — und es hilft doch nicht gegen „Diebe“ und „Hehler“? Sollte es etwa so sein, dass es bei dem Leistungsschutzrecht gar nicht um den Schutz vor solchen Leuten ging, die sich systematisch an eigenen, womöglich teuer erstellten Inhalten bedienen und darauf ein eigenes Geschäftsmodell aufbauen? Sondern dass das nur ein Vorwand war, um ein Gesetz zu bekommen, mit dem sich (womöglich, bestenfalls, wie auch immer) ein Teil der Einnahmen von Google abzwacken lässt?

Okay, das ist gar keine überraschende Erkenntnis. Aber schön, dass das gerade in dieser Anschaulichkeit der Öffentlichkeit vorgeführt wird. Und das auch noch am Beispiel von „Focus Online“, einem Unternehmen aus dem Hause Hubert Burda, dem Präsidenten des Verbandes deutscher Zeitschriftenverleger, der an vorderster Front für das Leistungsschutzrecht gekämpft hat und dabei Sätze formulierte, die vor dem Hintergrund des „Focus Online“-Geschäftsmodells nachträglich ganz besonders schön schimmern:

[…] wer die Leistung anderer kommerziell nutzt, muss dafür bezahlen. Dieses ökonomische Grundprinzip muss auch im digitalen Zeitalter mit seiner „Link-Ökonomie“ gelten. Sonst sehen wir der schleichenden Enteignung der Inhalte-Produzenten tatenlos zu.

Der Zorn der „Bild“-Leute über die Ausbeutung ihrer Inhalte ist nachvollziehbar. Sie sind besonders wütend, weil sie so machtlos sind und weil der Gegner einer der ihren ist (die Möglichkeit, dass Verlage die Ausbeuter sind und nicht die Ausgebeuteten, war in der ganzen Leistungsschutzrecht-Debatte irgendwie gar nicht vorgesehen). Und besonders auf die Palme muss sie treiben, dass der Gegner so gut ist.

Im Interview mit turi2 beklagt Bild.de-Chef Reichelt ausdrücklich, dass „Focus Online“ die ausgeschlachteten „Bild“-Inhalte „durch die berüchtigte Focus.de-Google-Optimierung laufen“ lässt. „Berüchtigt“ ist diese Optimierung aus Bild.de-Sicht natürlich nur, weil sie so gut funktioniert. Als ob Bild.de nicht selbst gerne seine Inhalte, zumindest die freien, so optimiert hätte wie „Focus Online“. Reichelt und seine Kollegen nehmen dem „Focus“ nicht nur übel, dass er ihnen etwas wegnimmt, sondern dass er auch noch das meiste daraus macht.

Im Gegensatz dazu hat „Bild“ mit seiner selbstgewählten Paid-Content-Strategie dafür gesorgt, dass seine Inhalte für den flüchtigen Suchmaschinenbenutzer unsichtbar sind. Reichelt sagt im Turi2-Interview: „Paid-Inhalte werden von Google nicht angezeigt.“ Tatsächlich stimmt das — auf „Bild plus“-Inhalte bezogen. Paid-Inhalte zum Beispiel vom „Hamburger Abendblatt“ werden durchaus von Google angezeigt, und zwar sowohl in der Web- als auch in der News-Suche. Letzteres liegt daran, dass das „Abendblatt“ der „Erster Klick gratis“-Vorgabe folgt und Besuchern, die auf diesem Weg kommen, einen Blick hinter die Bezahlschranke gestattet. Aber selbst die britische „Times“, die das nicht tut, wird mit ihren Paid-Inhalten bei Google und Google News gelistet.

Vielleicht kann Herr Reichelt mal erklären, warum „Bild“ das mit seinen „Plus“-Inhalten nicht gelingt — und so zur Profitmaximierung der angeblichen „Hehler“ noch beiträgt.

Vermutlich sind sie bei „Bild“ aber ohnehin noch mit dem Auswechseln all der Sicherungen beschäftigt, die ihnen in den vergangenen Wochen im Streit mit „Focus Online“ durchgebrannt sind. Neulich haben sie sich sogar ganz besonders darüber aufgeregt, dass der, äh, Mitbewerber es wagte, eine „Bild“-Exklusiv-Nachricht nicht nur selbst zu melden, sondern sogar als „Eilmeldung“ an seine App-Nutzer zu verschicken. Anscheinend gilt: Über Dinge, die „Bild“ rauskriegt, darf nur „Bild“ seine Leser mit der gebotenen übertriebenen Dringlichkeit informieren.

71 Replies to “Wie „Bild“ versucht, „Focus Online“ in die Bezahlschranken zu weisen”

  1. Ein Argument leuchtet mir nicht ein: Selbst wenn das Leistungsschutzrecht als Google-Steuer gedacht ist — was hält Springer davon ab es hier anzuwenden?

  2. Die Schwierigkeit wird immer sein: Wenn’s der eine nicht abschreibt, tut’s der andere… Damit ist Paid Content für solche Inhalte nicht geeignet. Das ist schade, aber nicht so wirklich zu ändern. Meiner Beobachtung nach gilt das für viele BILD-Plus-Geschichten, dass man Alternativtexte ergooglen kann. Und nein, Focus Online ist es nicht immer.

  3. @1
    Gute Frage. Womöglich möchte man dem in der Hinsicht Verbündeten (noch) nicht ans Bein pinkeln. Das wäre die nächste Eskalationsstufe. Sehr amüsant, das alles. Wirds zu dem Streit hier nen Live-Ticker geben?

  4. @Torsten: Ich nehme an, dass das Leistungsschutzrecht nicht greift, weil es keine Wort-für-Wort-Übernahmen sind, sondern (wenn auch nur minimal) umgeschriebene Texte.

  5. Wer Journalismus wie die BILD nur vom hörensagen kennt, kann natürlich andere Blätter leicht dafür kritisieren, dass sie sich vom Journalismus entfernen. So wie ich das sehe, streiten sich hier zwei Medien, die weder mit gutem Journalismus noch mit vernünftiger Berichterstattung viel am Hut haben und die sich beide sehr gerne an fremden Inhalten bedienen. Das Lustige für Außenstehende ist dabei: Die öffentliche Kritik beider Seiten am jeweils anderen Angebot läuft ins Leere, weil sie für Dritte keine sinnvolle Funktion erfüllt. Beide Angebote können keinen Ruf verlieren, was ihre journalistische Reputation angeht. Und moralisch verurteilen kann man die Handlungen auch nicht richtig, solange sie ein Unternehmen treffen, das ähnlich agiert.

    So gesehen: Von mir aus können sich beide Seiten bei dem Streit die Köpfe einschlagen. Ein großer Verlust für die deutsche Medienlandschaft wäre es nicht.

  6. Durch das Leistungsschutzrecht ja gerade Verlegerleistungen wie die Zusammenstellung von Artikeln geschützt werden. Das nicht-wörtliche Zitieren hätte demnach auch Grenzen. Wenn Focus.de wirklich so vollständig übernimmt, sollte das LSR hier eigentlich greifen. Abr wenn Springer eine Verwertungsgesellschaft damit beauftragt, müsste Focus eigentlich nur eine Gebühr zahlen.

    Sind zwei Fachanwälte Anwälte mit drei Einschätzungen greifbar? :-)

  7. @Torsten (6)

    Die reine Idee bzw. hier die Information an sich kann weder urheber- noch leistungsschutzrechtlich geschützt sein, sondern immer nur ihre konkrete Ausformung (= der Artikel oder Teile davon). Deshalb ist es schon fraglich, ob das LSR bei (auch nur leicht) abgewandelten „Kopien“ greift. Eine Information kann man durch Worte ja auch nur sehr bedingt unterschiedlich rüberbringen. Und je eingeschränkter die Möglichkeiten sind, etwas Ähnliches anders aussehen zu lassen, desto weniger hoch können die Anforderungen an die „Andersartigkeit“ sein.

    Dazu kommt auch noch § 87g Abs. 4 UrhG. Wenn man Focus Online also nicht als Suchmaschine oder suchmaschinenähnlichen Aggregator klassifiziert (die Originalauszüge kopieren), dann sollte die Übernahme selbst von (etwas (!)) größeren Ausschnitten durch diese Schranke möglich sein, ohne dass gegen das LSR verstoßen wird (das Urheberrecht bleibt davon natürlich unberührt).

    Mit diesen beiden Argumenten würde ich zumindest gegen eine Verletzung des LSR argumentieren, wenn ich bei Focus Online arbeiten würde. :)

  8. Andererseits verhält sich FOCUS hier völlig korrekt, wenn man die Erwerbsregeln der Ferengi bedenkt:
    Nr. 21 Niemals Freundschaft über Profit stellen.
    sowie
    Nr. 239 Hab‘ keine Angst davor, ein Produkt falsch zu etikettieren.

  9. Ich frage mich schon, warum sich darüber unnötig ärgert, statt dieses Abschreiben als kreative Werbemaßnahme zu nutzen. Ich würde eine groß angelegte Werbekampagne machen: seht alle her! Wir haben so tolle Inhalte, dass Focus Online sie abschreibt.

  10. @10,Jochen: Ja, aber dann gibt es immer noch für den Leser keinen Grund das „Original“ zu lesen und dafür auch noch Geld hinzublättern. Die dortigen „Neuigkeiten“ sind dermaßen lächerlich, so dass die Bild zurecht versucht diese vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Denn ich kann mir kaum vorstellen, dass viele den Quatsch kaufen, wenn sie wüssten was ihnen dafür geboten wird. Es ist ja Quasi eine Wundertüte die man da kauft. Das wird ein entscheidender Punkt in der Kalkulation sein: Bei 80 Mio. Bürgern gibt es bestimmt genug Idioten, um das „Angebot“ zumindest einige Zeit durch Einmalkäufer zu finanzieren.

  11. Bravo Stefan, Nagel auf den Kopf getroffen. Die Nutzlosigkeit des Leistungsschutzrechtes hast Du brillant vor Augen geführt. Verkehrte Welt.

  12. Rechtlich liegt es an der berüchtigten „Schöpfungshöhe“, bzw. am Paragraphen 24 des Urheberrechts.

    § 24
    Freie Benutzung
    (1) Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden.

    Dass die Focus-Artikel eine eigene Schöpfungshöhe erreichen, kann man durchaus abstreiten. Und wenn Burda die Urheberrechte Springers verletzt, dann zwangläufig gewerbsmäßig, was durchaus eine ziemliche Strafe nach sich ziehen könnte. Von daher kann ich mir die Zögerung des Axel-Springer-Verlags, es auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ankommen zu lassen, nur dadurch erklären, dass man bei BILD genug eigene derartige Leichen im Keller hat – das Beispiel mit Lettre wurde ja schon erwähnt.

  13. „Er ist auf die dunkle Seite gewechselt.“
    Ich bin immer wieder über die fehlende Selbstreflexion der in der Medienbranche arbeitenden Leute erstaunt. Scheint irgendwie Einstellungsvoraussetzung zu sein. Einem Menschen mit diesem Nachnamen hätte ich eindeutig mehr Grips zugetraut. Zum Glück bin ich mit dem Typen weder verwandt noch verschwägert!

  14. Àpropos dunkle Seite: Ich finde es auch bezeichnend, dass dieser Springer-Mensch dieses Witwenschütteln aus obigem Beispiel, dieses Hervorzerren eines privaten Unglücksfalls als Journalismus bezeichnet. Und dann noch dafür Geld haben will!

  15. @15 (freiwild): Nein. Die BILD hat den Fall anscheinend vernünftig geprüft. Eine Idee selber ist urheberrechtlich nicht geschützt. Gegen die Schöpfungshöhe beim Focus-Artikel zu argumentieren, nur weil der komplette Informationsgehalt bereits in einer BILD-Meldung enthalten ist, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Bei solchen Texten ist ab einer bestimmten Länge fast immer die notwendige Schöpfungshöhe erreicht und damit urheberrechtlicher Schutz gegeben, zumal sich die Formulierungen im Focus von dem BILD-Text deutlich unterscheiden. Übernommen wurden Aufbau und Informationsgehalt. Für eine Urheberrechtsverletzung reicht das nicht aus.

    (Ist auch gut so, sonst bekäme jeder bei Buch- oder Filmzusammenfassungen urheberrechtliche Probleme)

  16. Ich vermute, dass das LSR hier einfach nicht greift. in §87g (4) UrhG heisst es:
    (4) Zulässig ist die öffentliche Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen oder Teilen hiervon, soweit sie nicht durch gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen oder gewerbliche Anbieter von Diensten erfolgt, die Inhalte entsprechend aufbereiten.

    http://www.gesetze-im-internet.de/urhg/BJNR012730965.html#BJNR012730965BJNG004400140

    Aus der Begründung:
    „Erforderlich ist ein Schutz nur vor systematischen Zugriffen auf die verlegerische Leistung durch die gewerblichen Anbieter von Suchmaschinen und gewerbliche Anbieter von solchen Diensten im Netz, die Inhalte entsprechend einer Suchmaschine aufbereiten. Denn deren Geschäftsmodell ist in besonderer Weise darauf ausgerichtet, für die eigene Wertschöpfung auch auf die verlegerische Leistung zuzugreifen. Erfasst sind also unabhängig von ihrer technischen Ausgestaltung auch entsprechende Dienste, die nicht das gesamte Internet durchsuchen, sondern lediglich einzelne, ausgewählte Bereiche hiervon, also auch so genannte News-Aggregatoren, soweit sie nach Art einer Suchmaschine ihre Treffer generieren oder ihre Ergebnisse darstellen.“

    http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/114/1711470.pdf

    Das bindet nicht unbedingt ein Gericht, wie die gewerblichen Dienste aus dem Gesetzeswortlaut auszulegen sind, die die Inhalte „entsprechend aufbereiten“. Ich sehe das aber so, dass das LSR ein Anti-Suchmaschinen- und Anti-Linksammelgesetz ist. Und diese Dienste stellt der Focus ja nicht bereit.

  17. Bei aller Sympathie für die Thematik: Kann Niggemeier nur polemisch-hämisch? Das geht doch sicher auch auf höherem Niveau.

  18. @20 (Medienmensch): Ich glaube, bei diesem auf jeder möglichen Ebene von sich aus grotesken Sachverhalt führt jeder Versuch, ihn zu beschreiben, zwangsläufig in etwas, was wie Polemik aussehen mag. Diese nach der großen Tüte Popcorn verlangende Schlacht des unsagbar Bösen gegen das unsagbar Böse lässt sich doch anders gar nicht in Worte fassen. :)

  19. …ich erinnere mich dunkel, beim Frisör meines Herzens mal ein „Focus“-Magazin in der Hand gehalten zu haben. War aber schon ein dreivierteljahr alt. Mittlerweile liegt dort nur noch die, von einem Kunden vergessene und zerfledderte, Bild aus, weil der Lesezirkel sich nicht mehr lohnt. Ich glaube aber, dass da noch eine „Frau im Bild“ rumliegt. Deren Inhalte sind ja zeitlos.
    Ich wüsste zu gerne, wovon Stefan schreibt, offenbar bin ich nicht auf dem neuesten Stand!

  20. Schön fand ich die Stelle (frei zitiert) wo sich der Bildmensch beschwert, das der Focus-Mensch ohne Gewissensbisse klaut, obwohl er doch weiß wie mühsam die Erstellung der Inhalte was.

    Vielleicht klauen sie bei Focus-Online ja auch so hemmungslos weil sie wissen wie (nicht!) mühsam die Erstellung der Inhalte war?

  21. Das Leistungsschutzrecht erfasst erstens nur Suchmaschinen und Aggregatoren. Zweitens nur den systematischen Zugriff auf die Server von Verlagen. Drittens nur die Kopie, nicht die Paraphrase. Punkt 3 gilt nicht nur für das Leistungsschutzrecht für Presseverlage, sondern für alle Leistungsschutzrechte im Urheberrechtsgesetz. Paraphrasen sind immer schon eine Lücke von Leistungsschutzrechten gewesen, die in der Logik des Gesetzes aber auch nicht einfach geschlossen werden kann. Stefan Niggemeiers Ausführungen im Haupttext sind daher so widersinnig wie gegenstandslos. Seine Anmerkung in den Kommentaren ist treffender. Dann hätte er sich die Absätze im Haupttext aber auch sparen können. Dass das Leistungsschutzrecht nicht einschlägig ist, heißt aber nicht, dass man sich gegen notdürftig paraphrasierte Übernahmen wie von Focus nicht wehren sollte. Sie sind nicht akzeptabel.

  22. @Christoph Kesse: Mir leuchtet schon ein, dass das Leistungsschutzrecht hier nicht greift. Ich habe im Gegensatz zu Ihnen und den von Ihnen geführten Verbänden und Verlagen aber auch nicht im Vorfeld den Eindruck erweckt, ein solches Recht könne die Verlage umfassend davor schützen, dass andere ihre Inhalte und Leistungen „gewerblich ausnutzen“ (wie es „Focus Online“ zweifellos tut). Vgl. zum Beispiel diese Broschüre, Seite 4/5: http://www.presseschauder.de/wp-content/uploads/2013/01/Brosch%C3%BCre-Leistungsschutzrecht.pdf

    (Unbedingt auch das Foto beachten.)

  23. Nachtrag:
    Irgendwo habe ich mal gelesen, dass sich unterschiedliche Typen mal gerne mochten, und sich dann auf einmal Spinnefeind waren. Im Privaten wie auf Staatsebene.
    Diese, menschliche, Geschichte wiederholt sich, jeden Tag mehr oder weniger agressiv…

  24. Hat da doch tatsächlich ein Stinktier einem anderen vorgeworfen, daß es stinke. Sauerei auch. Ganz großes Damentennis.

  25. @Christoph Keese Informationen dürfen hierzulande noch frei zirkulieren, auch wenn es ausgerechnet Vertreter der Presse zu ärgern scheint. Andere betrachten es als einen Wert. Der Focus tut nichts anderes als von der Bild notdürftig abgesperrte Informationen zirkulieren zu lassen. Dafür muss man ihm ja geradezu dankbar sein.

  26. …ich bin gelernter Betriebsschlosser. Unter anderem habe ich auch, ein wenig, Schmieden gelernt
    Diese Biegsamkeit der angesprochenen Vertreter: Das hätte mir ein „1+“ eingebracht.

  27. Jahrzehntelang war das Zitiertwerden die härteste Währung im Journalismus und ein Beleg für die Relevanz des eigenen Angebots: Je häufiger andere Zeitungen die Meldungen der eigenen Zeitung aufgriffen und unter Nennung der Ursprungszeitung nannten, desto besser. Journalisten sammelten es wie Trophäen, wenn andere einen Bericht von ihnen aufgriffen. Die Redaktionen verschickten – und verschicken bis heute – Pressemitteilungen in eigener Sache an die anderen Redaktionen mit solchen Vorabmeldungen: Fertig formuliert zum kostenlosen Abdruck. Der Spiegel zum Beispiel veröffentlicht sonntags immer seine Meldungen aus dem Montagsheft und freut sich, wenn die Montagszeitungen voll davon sind: http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/

    Ich verstehe den Unterschied nicht. In beiden Fällen kann ich doch dann in einem Medium die Inhalte aus dem Ursprungsmedium lesen, ohne das Ursprungsmedium zu kaufen. Ob ich die Inhalte in meiner bezahlten Lokalzeitung lese oder auf einem kostenlosen Internet-Portal, macht ja für das Ursprungsmedium keinen Unterschied: In beiden Fällen bekommt das Ursprungsmedium kein Geld.

    Warum fördern manche Redaktionen das Abschreiben bei ihnen und freuen sich, während es andere ärgert und sie das als „klauen“ bezeichnen?

  28. @Achim:
    Den „Stern“ zu lesen, das hat einige Auseinandersetzungen gegeben. Könnte ich jetzt, wie andere auch, einen Roman schreiben.
    Mit den „Tagebüchern“ war von jetzt auf gleich Schluss. Bis dahin war mir der „Spiegel“ eher intellektuell nicht lesbar. Hat sich dann geändert und es wurde sportlich, noch nach dem „Tatort“ zum HBF zu laufen und den „Spiegel“ zu bekommen, Sonntags.
    Das ist lange her und wann ich einen gedruckten „Spiegel“ zuletzt in der Hand gehabt habe: k.A.
    Morgen fruh soll es eine kostenlose „Bild“ geben,
    Ich will sie nicht…
    Mal sehen, ob der Hinweis auf meinem Briefkasten wirkt.
    Im übrigen: Auch von anderen mag ich keine Webung….

  29. Bild gegen Focus?
    Prima, dabei kann es ja nur Gewinner geben. Zurücklehnen und genießen ;)

  30. […] Wenn “focus onlein” die kostenpflichtigen inhalte der bildzeitungswebseit abschreibt und…, tja, werte kwalitätsjornalisten, dann wäxt inhaltlich und metodisch zusammen, was schon so lange zueinander strebt. Und das leistungsschutzrecht… ach, das leistungsschutzrecht, das machte in der bimbesrepublik abmahnistan nur ein paar kleine blogs und private projekte kaputt; damits nicht auf das gegenseitige abschreiben der zwischenablage-jornalisten angewendet werden kann (denn damit würden die scheißzeitungen und drexzeitschriften nur noch ein viertel so dick), wurde eigens § 87g, Absatz 4 UrhG formuliert. Schon scheiße, wenn man sich bei seiner lobbyarbeit selbst ins knie schießt, blutzeitungsmacher! :mrgreen: […]

  31. Sehr schön!
    Was mir dabei auffiel: Ohne Twitter wäre dieser kleine „Kampf auf dem freien Medien-Markt“ vermutlich nicht so offensichtlich und nachvollziehbar herausgekommen.

    Und, woran ich noch denken musste: Was mag wohl aus dieser „intelligenten Verschränkung“ der zehn großen Verlage für ein wirtschaftliches Überleben (Paywall) geworden sein, die Giovanni di Lorenzo seinerzeit anregte?
    http://bit.ly/1mi6zpD

  32. …kann sein, dass die „Bild“- Leutchen sich gerade einen Ast lachen: Sollen sie.
    Ich habe mal eine aus so einer Redaktion gekannt. Nachdem klar geworden war, dass wir da irgendwie nicht zusammenkommen…
    Naja, andere Mädels haben auch attraktive Mütter

  33. @meykosoft: Wer oder was ist „Giovanni di Lorenzi“? Vielleicht spieltt mir hier meine Suchmaschine einen Streich?
    Ich finde nur was mit „doppelter Staatsbürgerschaft“ und so,
    Stimmt der Suchbegriff?

  34. […] Stefan Niggemeier | Wie “Bild” versucht, “Focus Online” in die Bezahlschranken zu weisen “Nun ist dieses Leistungsschutzrecht da — und es hilft doch nicht gegen „Diebe“ und „Hehler“? Sollte es etwa so sein, dass es bei dem Leistungsschutzrecht gar nicht um den Schutz vor solchen Leuten ging, die sich systematisch an eigenen, womöglich teuer erstellten Inhalten bedienen und darauf ein eigenes Geschäftsmodell aufbauen? Sondern dass das nur ein Vorwand war, um ein Gesetz zu bekommen, mit dem sich (womöglich, bestenfalls, wie auch immer) ein Teil der Einnahmen von Google abzwacken lässt?” […]

  35. Der Bezug zum Leistungsschutzrecht ist absolut plausibel und drängt sich geradezu auf. Da haben die Verlage unfassbar viel Geld, Energie und nicht zuletzt auch Reputation in ein völlig sinnloses Gesetz gegen vermeintliche Schmarotzer investiert – um sich dann gegenseitig zu ruinieren. Nach dem Motto: Warum am Tropf der Aggregatoren dahinsiechen, wenn man den Tod doch viel spektakulärer durch eigene Hand herbeiführen kann?

  36. Wo sind wir nru hingekommen.. jetzt haben wir schon Nicht-illegale Straftaten.
    Demnächst dürfen wir uns auf offizielle Straftaten-Planungen einstellen

  37. Wer in diesem Zusammenhang von „Diebstahl und Hehlerei“ spricht, hat sich schon vollkommen disqualifiziert:
    – Diebstahl kann man nur an „beweglichen Sachen“ begehen (§ 242 I StGB).
    – Es ist logisch nicht möglich, an der selben Sache Diebstahl und Hehlerei begehen (§ 259 I StGB: „Sache, die ein anderer […] gestohlen“).

  38. Das Lustige ist, dass „Focus Online“ gar nicht in Gefahr geraten kann, das Urheberrecht zu verletzen, auch wenn das beim Paraphrasieren mit copy&paste sonst eine Falle ist. Schon das Deutsch in BILD macht eine versehentliche Übernahme von Text unmöglich.

  39. Hm, soviel Mitleid mit BILD? Davon abgesehen: klar man kann das als „dreist“ betrachten, wenn man auf der Quellseite steht. Aber eigentlich ist es eben nur eine Vollparaphrase, und eine gute dazu, mMn. Das ist und muss immer (noch) erlaubt sein. Auch wenn ich selbst z.B. versuche davon soweit weg zu bleiben wie möglich. Der ganze Krieg ist uralt ( http://www.sueddeutsche.de/digital/leistungsschutzrecht-vs-urheberrecht-der-igel-frisst-keine-artikel-1.1372377 )
    Aber die Information selbst zu schützen wäre absurd, egal wie oft man es versucht hat und versuchen wird.
    Das einzige was noch angreifbar ist, ist die Reihenfolge der Nachbildung, der „Plot“ wäre sozusagen kopiert ohne dass es zwingend wäre.
    Eine wichtige Frage ist hier: welche anderen Quellen hätte der Focus hier noch beiziehen können? – Das diskutiert der Artikel nicht, ist aber entscheidend.
    Ansonsten kann man es nicht anders machen – wenn man den vollen Umfang der Information wiedergeben will. Würde man noch freier abschreiben, würde man zwangsläufig Fehler machen bzw. müsste spekulieren.
    Übrigens sieht das Urheberecht es, wenn ich es richtig sehe, vor dass einfache Nachrichtenartikel sowieso vollständig kopiert werden dürfen! Und da könnte der Artikel noch darunterfallen.
    Man muss sich auch mal überlegen dass schon der BILD-Artikel zu vielleicht 20% aus Zitaten besteht. Wo liegt denn hier die urheberrechtliche oder schöpferische Leistung? – Bei den befragten Protagonisten,etc. Und es ist wirklich gut dass die im Regelfall keine Vergütung bekommen für ihre Beiträge.

    So what?

  40. Ganze Morgenshow-Redaktionen im Radio leben davon, daß sie aus der Bild vorlesen (was ja ansich schon völlig absurd ist :D ) . Und Markwort hat doch auch Radio gemacht…

  41. @karpatenhund #18

    (Ist auch gut so, sonst bekäme jeder bei Buch– oder Filmzusammenfassungen urheberrechtliche Probleme)

    Bekommen sie ja bisweilen auch – fragen Sie mal bei Thiery Chervel nach, der dankbarerweise hier mitdiskutiert (#32)

    Bei solchen Texten ist ab einer bestimmten Länge fast immer die notwendige Schöpfungshöhe erreicht und damit urheberrechtlicher Schutz gegeben, zumal sich die Formulierungen im Focus von dem BILD-Text deutlich unterscheiden. Übernommen wurden Aufbau und Informationsgehalt. Für eine Urheberrechtsverletzung reicht das nicht aus.

    Ist eine Doktorarbeit lang genug? Ich frage für Verteidigungsminister a.D. Herrn Dr. von und zu.

  42. Auch verschlossene Paidinhalte kann man von Tante Google indizieren lassen. Wo ist das Problem? Im Fall von Bild.de wird jedoch auch sehr deutlich, dass offen zugängliche und kostenlose Inhalte langfristig für die Medienhäuser vielleicht doch lukrativer sind (besonders dann, wenn der Content via copy’n paste generiert wird).

  43. #56 bringt das Thema gut auf den Punkt:

    Das Verhalten von Focus Online mag in diesem Fall nun „dreist“ sein. Aber es gibt weder eine juristische Handhabe dagegen, noch sollte eine geschaffen werden: eine Nacherzählung, wo auch noch die Zitate gekennzeichnet werden, kann und darf nicht verboten werden.

    Denn stellen wir uns mal vor, Bild Plus würde nicht diesen Boulevard-Quatsch posten, sondern wirklich wichtige News – angenommen ein Bild-Reporter würde Putin interviewen, und der würde sagen dass er nächste Woche ein paar Atomraketen zündet, wenn der Zirkus mit der Ukraine nicht bald aufhört.

    Sollte da nun der Rest der Welt ein Mitgliedschaft bei Bild Plus kaufen, um an diese Information zu kommen? Weil niemand von diesem Interview berichten darf, weil es ja von einem Bild-Reporter geführt wurde?

    Letztlich sind Boulevard-Inhalte einfach nicht für eine Paid-Content-Strategie geeignet. Wirklich unterhaltsam bei der Geschichte finde ich übrigens, dass nun nicht einer der „bösen Onliner“ die Bild-Leute so vorführt (irgendwelche Klatsch-Seiten a la promiflash oder so), sondern der ehrwürdige Burda-Verlag den Springer-Kollegen lustvoll in die Suppe spuckt. Das hat was.

  44. *ROFL*, wie geil! sollen die sich nur mal gegenseitig anwichsen, wie oben schon jemand meinte, da kanns nur gewinner geben, muhahaharharhar *hämischLach*. „dunkle seite“, *wegschmeiss*

    @ekkehard#48: wie wärs mal, die wikipedia zu konsultieren? nix für ungut, oder willst du grundsätzlich alles hinterhergetragen bekommen? oder ist das deine art, auf nicht ganz korrekte „suchbegriffe“ hinzuweisen?

    http://de.wikipedia.org/wiki/Giovanni_di_Lorenzo

  45. ach, herr keese erläutert *nochmal* für uns unwissende die LexGoog…sorry, das!LEISTUNGSSCHUTZRECHT! gell, herr keese?

    mannmannmann.

  46. tschuldige ekkehard, da hatte *ich* wohl gerade ne äusserst lange leitung…manchmal hab ich echt n talent für riesentöppe.

  47. Noch ein Hinweis zur SEO-Optimierung, lieber Stefan Niggemeier:
    Bild.de hat einen Suchmaschinen-Anteil von unter 10% am Gesamttraffic.
    Bei Foucus Online sind es über 60%.
    Insofern: berüchtigt, in der Tat, in der gesamten Branche; von Bild.de aber sehr viel weniger zu fürchten als von allen anderen.

    Bonus: Bei Focus Online hat man bereits in früheren Jahren, analag zum Fall Bild.de jetzt, es so gemacht, dass Studenten jede (wirklich: jede) Agenturmeldug per Copy&Paste und ohne redaktionelle Bearbeitung ins Focus-CMS hineinhievten, um eine kritische Masse zu erreichen. Mengenmäßig. Sie verstehen.

  48. […] Wie "Bild" versucht, "FocusOnline" in die Bezahlschranke zu verweisenHerr Niggemeier nimmt genüsslich einen Kleinkrieg zwischen Bild und FocusOnline auseinander. Letztere übernehmen nämlich einfach Artikel, die Bild hinter der Bezahlschranke exklusiv anbietet, schreiben sie ein wenig um und stellen sie kostenlos online. Findet "Bild" blöd und spricht von Diebstahl, ist wohl aber rechtlich in Ordnung. Leider reicht offenbar das Leistungsschutzrecht nicht weit genug, um die kommerzielle Fremdverwertung von journalistischen Inhalten zu verhindern. […]

  49. Moment mal – aber zählt es nicht auch zum Geschäftsmodell der BILD-Zeitung, fremden Content zu klauen? Etwa, indem sie fremdsprachige Regional- und Boulevardzeitungen ausschlachten, was ihnen schon so manchen Fehler beschert hat, weil sie einfach falsch übersetzt oder die Information nicht geprüft haben? Beispiele hierfür lassen sich zur Genüge etwa auf „Bildblog“ finden. Ich wundere mich über die Empörung.

  50. @58 (freiwild)

    Ich bin mit der Antwort spät dran, aber sei’s drum: Bei der Perlentaucher-Sache handelte es sich nicht um reguläre Rezensionen von Büchern oder irgendwelchen Zusammenfassungen; sondern um Zusammenfassungen von Zusammenfassungen, bei denen zudem zum Teil Textpassagen der ursprünglichen Zusammenfassung übernommen wurden (wenn ich den Rechtsstreit richtig in Erinnerung habe; man möge mich berichtigen, wenn das nicht stimmt). In solchen Fällen gibt es natürlich schnell urheberrechtliche Streitigkeiten, das ist nicht die Situation, die ich angesprochen habe.
    Und zu Guttenberg: Mit seiner Doktorarbeit dürfte er ein eigenständiges Werk geschaffen haben. Darum ging es im Fall Guttenberg aber auch nie. Vielmehr hat er wissenschaftliche Standards in eklatanter Weise verletzt und damit die Voraussetzungen für die Verleihung des Doktortitels nicht erfüllt.

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