Wie saul ist Kai Diekmann?

Bei der „taz“ gibt es ein Pro und Contra zur Zusammenarbeit einiger großer Umweltverbände mit „Bild“, und Marlehn Thieme, Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung, argumentiert dafür:

Darf man sich als kritische Organisation mit einem Massenblatt einlassen, das bislang nicht gerade als Umweltschützer aufgetreten war? Manche Kritiker erinnerten an die Anti-Ökosteuer-Stimmungsmache der Zeitung: „Ökosteuer? – Ich hup euch was“. Kann der Feind wirklich zum Freund werden?

Ich meine ja. Es ist gut, wenn Saulus zum Paulus wird, gerade wenn es bequemer wäre, im eigenen Saft zu schmoren. Auch dem „Meinungsgegner“ muss man einen Gesinnungswandel zugestehen. Der Grundsatz „in dubio pro reo“, im Zweifel für den Angeklagten muss auch für die gelten, an deren Motivation manche zweifeln — und verborgene Hintergedanken wittern. Das gilt auch für Medien wie die Bild-Zeitung. (…)

Aber wenn die Bild-Zeitung ihre Leser dazu auffordert, das Klima zu schützen, dazu beizutragen, dass Energie gespart wird, dass nachhaltiger mit Ressourcen umgegangen wird, dass darüber nachgedacht wird, ob der nächste Urlaub wirklich mit dem Flieger gemacht werden muss – was ist dagegen einzuwenden?

Man könnte über diese Fragen ja kontrovers diskutieren, wenn denn die Voraussetzung stimmen würde: Die Annahme, dass „Bild“ sich verändert hat. Ich wüsste nur gerne, wie Frau Thieme oder die Umweltverbände darauf kommen, dass „Bild“ vom Saulus zum Paulus geworden sei. Das ist ein lustiger logischer Kurzschluss: Wenn „Bild“ mit Greenpeace zusammenarbeiten will, muss sich „Bild“ so verändert haben, dass Greenpeace mit „Bild“ zusammenarbeiten will. Außer der Kooperation selbst und ihrem unbestreitbaren PR-Effekt für „Bild“ sehe ich kein Indiz für eine veränderte grundsätzliche Haltung von „Bild“ in dieser Frage.

Um die Paulushaftigkeit der Zeitung richtig einzuschätzen, lohnt es sich, das Buch ihres Chefredakteurs zu lesen — das Kapitel „Unser täglicher Weltuntergang“, in dem Kai Diekmann vor allem mit den Grünen abrechnet, aber auch mit dem angeblichen „Selbst-Betrug“ der Deutschen insgesamt:

Ein Katastrophenszenario jagt das nächste – die Religion des Ökologismus braucht neue Heilige. Waldsterben, Killerstürme, Feinstaub, CO2 – fast ist es ein Wunder, dass es uns noch gibt. In Wirklichkeit geht es meist um anderes. Man will dem Auto ans Leder, oder genauer: dem Autofahrer ans Portemonnaie. (…)

Vor allem bleibt in der Hysterie um den „Klimawandel“ der Einfluss Deutschlands auf die weltweite CO2-Produktion so gut wie außer Betracht. (…) Schon heute ist China gemeinsam mit den USA für mehr als ein Drittel der 30 Milliarden Tonnen Kohlendioxid verantwortlich, die jährlich in die Luft geblasen werden. (…)

Die Klima-Schlacht wird also nicht in Deutschland geschlagen oder in Europa. Sondern vor allem in Asien und Lateinamerika, also in der Zweiten und Dritten Welt. Und auch in den USA. Selbst bei optimistischen Berechnungen machen daher alle deutschen Anstrengungen zur Senkung der CO2-Emmissionen [sic!] allenfalls einen Rundungsfehler im Steigungswinkel aus. Auch hier sollten wir daher von der trügerischen Autosuggestion Abschied nehmen, dass an unserem Gewese die Welt genese: Selbst wenn ganz Deutschland nachts im Dunkeln auf die Toilette ginge, hätte das nicht den Hauch eines Einflusses auf den Klimawandel. (…)

Klimaschutz funktioniert nur als globale Lösung, wenn alle an einem Strang ziehen. Doch wir Deutschen stehen auf einsamem Posten, wenn es um die Reduzierung der CO2-Emissionen geht (…). Nicht zufällig ist Deutschland das einzige Land auf Erden, das seinen Ausstoß von Treibhausgas in den zurückliegenden Jahren reduzieren konnte (…).

Selbst wenn Deutschland sämtliche Produktion stilllegen, den Individualverkehr abschaffen und auf jegliches Heizen von Häusern und Wohnungen verzichten würde, hätte dies kaum einen positiven Einfluss. Dennoch tritt Bundesumweltminister Gabriel auf, als könnten seine Vorschläge die Welt retten.

Das soll keineswegs heißen, dass man nicht tun sollte, was möglich ist – aber möglich allein reicht nicht. Es muss auch sinnvoll sein, vor allem verhältnismäßig. (…)

Wie vieles andere in der deutschen Politik hat auch der Ausstieg aus der Atomenergie eine eindeutig irrationale Seite. Man steigt aus, weil der Begriff „Atom“ den Deutschen Angst macht – er erinnert an Atombombe, Atomschlag, Atomkrieg. Dabei wissen alle: Angesichts der Zahl der Reaktoren in unmittelbarer Nachbarschaft sinkt das Risiko nicht um einen [sic!] Jota. (…)

Ich wüsste gerne, wie Diekmann darauf kommt, dass Deutschland „das einzige Land auf Erden“ sei, das den Ausstoß von Treibhausgas reduziert hat. Diese Daten der UNO widersprechen seiner Behauptung jedenfalls (bei aller Ernüchterung) sehr deutlich. Und ich wüsste auch gerne, was Mathematiker zu Diekmanns Wahrscheinlichkeitsrechnung sagen, dass sich das Gesamtrisiko nicht vermindert, wenn man ein (egal wie kleines) Teilrisiko eliminiert. Das wär auch ein schönes Experiment: Man setzt den „Bild“-Chefredakteur in die Mitte von zwanzig kleinen Sprengkörpern, die alle mit einer gewissen, kleinen, aber unbekannten Wahrscheinlichkeit explodieren und ihn verletzen können. Er hat die Möglichkeit, zwei dieser Sprengkörper ganz auszuschalten. Verzichtet er darauf, weil er sagt, das macht doch eh „keinen Jota“ Unterschied?

Vor allem aber wüsste ich gerne, wie die organisierten Umweltschützer darauf kommen, dass die „Bild“-Zeitung bereit sei, von ihren Lesern Opfer und einen Beitrag zum schonenden Umgang mit Ressourcen zu verlangen, wenn ihr Chef davon überzeugt ist, dass ihr Tun und Lassen global gesehen eh egal ist.

61 Replies to “Wie saul ist Kai Diekmann?”

  1. Mal abgesehen von der inhaltlichen Stimmigkeit des Textes – es ist eine Freude zu sehen, dass dir „Emmissionen“ und „der Jota“ erstens auffallen und du es zweitens auch noch für markierenswert hältst. Online wie offline hat man solche Erlebnisse immer seltener. Ich gehöre nämlich zu der bornierten Fraktion, die glaubt, mit der Sprache geht auch das Denken flöten, oder umgekehrt.

  2. @Maik: Markieren muss ich die Sachen schon deshalb, um sie von den Fehlern abzusetzen, die ich beim Abtippen zusätzlich noch hinzugefügt habe ;-)

  3. Bild-Leser sind eine Zielgruppe, die von Umweltverbänden üblicherweise kaum erreicht wird. Ich verstehe die Verlockung für die Verbände. Eine derartige Kooperation ermöglicht es ihnen, an diese Gruppe heranzukommen und grundlegende Informationen und Werte zu vermitteln.

    Was ist der Nachteil? Dass die Kernzielgruppe der Verbände sich angeekelt abwendet? Der Effekt dürfte vernachlässigbar sein. Nur ein winziger Anteil ist so Bild-kritisch eingestellt, dass sie sich aus solchem Grund von einen ihnen am Herzen liegenden Verband abwenden würden. Mit Sicherheit gibt es ein paar kritische Leserbriefe in den Vereinszeitungen, aber mehr ist nicht zu erwarten.

  4. Die „Bild“ und Hr. Diekmann sind genauso wenig vom Umwelt-Saulus zum Paulus geworden wie George W. Bush oder GE oder oder oder. Sie haben nur inzwischen erkannt, dass Umweltschutz in vielen Ländern nach und nach ein enorm großes Thema im öffentlichen Bewusstsein geworden ist. Und von großen Themen kann man immer profitieren, monetär oder zumindest durch Aufmerksamkeit. Wäre doch schade den ganzen Themenbereich den Umweltschutzheinis von Greenpeace & Co. zu überlassen, dachte sich die Industrie, und die Politik nickte dazu.

    Hr. Diekmann wird auch keinen inneren Konflikt zu seinen Buchthesen bekommen, da die große „Bild“ Aktion für ganze 5 Minuten das Licht auszumachen um „nachts im Dunkeln auf die Toilette“ zu gehen wirklich nichts bewirken wird und kaum als symbolische Geste ausreicht. Vielleicht bekommen wir am nächsten Tag ein schönes Satellitenphoto vom dunklen Deutschland in der Bild (aus dem Archiv?), inklusive Auflistung der bösen Regionen die nicht genügend mitgemacht haben.

  5. Man will dem Auto ans Leder, oder genauer: dem Autofahrer ans Portemonnaie.

    Ich Idiot. Jetzt reg ich mich schon seit Jahren über die Zerstörung der Ökosysteme auf, ohne dadurch je einem Autofahrer ans Portemonnaie gekommen zu sein. Alles umsonst.

  6. Mal davon abgesehen was man persönlich von dem Herren hält, seine Grundaussage ist nicht von der Hand zuweisen. Wir können die Welt nicht allein retten und solange die großen Verschmutzer sich keinen Deut darum scheren, ist alles was wir machen, (fast) egal.
    In einem hat der Herr Diekmann absolut recht: „.. Klimaschutz funktioniert nur als globale Lösung … „

  7. @ Minimales Teilrisiko: Würde es dann dem Klima nicht doch zuträglich sein, für 5 min. den Strom abzuschalten?…

    … vielleicht ja. In der diskutierten Aktion geht es ja nur darum, das Licht auszuschalten.

  8. Keine Frage: Die Wahrscheinlichkeit, dass BILD sich geändert hat, ist gleich null – und das kann man auch aus jeder einzelnen Ausgabe ohne jegliche Anstrengung selbst herauslesen: „Anbetung“ Ressourcen verschlingender „Lifestyle“-Autos, Autofahrer als Leid Tragende der Umweltpolitik…

    Aber: Was haben die Inhalte des Buchs von Herrn Diekmann mit den Inhalten der BILD zu tun – steng genommen? Sollte man nicht trennen, was Diekmanns Redaktion dem Volk vor die Füße wirft und dem, was Diekmann ein paar wenigen Lesern seines Buchs auf dem Tablett serviert?

    Ich halte die Gleichsetzung BILD-Diekmann für unangebracht, ja beinahe BILD-typisch und auch (aber nicht deshalb!) fast „diekmann“esk

    Außerdem: Diekmann hat Recht. Obwohl er BILD-Chefredakteur ist. So etwas soll vorkommen. Nicht immer ist alles nur schwarz oder nur weiß. Gerade im Bereich der (Boulevard-)Kournalismuskritik sollte man das nicht nur wissen, sondern auch anwenden.

  9. @12/Christian
    ein paar wenigen Lesern seines Buchs
    Das Buch ist aktuell immerhin auf Platz 17 der „Spiegel“-Beststellerliste. So „wenige Leser“ hat’s offensichtlich nicht.

    Im übrigen ist es m. E. ein bisschen naiv anzunehmen, Diekmanns redaktionelle „Arbeit“ sei von seinen „privaten“ Ansichten zu trennen. Ich glaube in Bezug auf Diekmann sehr viel, aber nicht das er schizophren ist.

  10. Mir kommt da der SPD-Mann Herbert Schmalstieg in Wallraffs Aufmacher in den Sinn (s. 100ff). Auch vor dreisig Jahren schon mussten sich politische Gegner der bild dazu durchringen, mit dieser Zeitung zusammenzuarbeiten.
    Auch damals konnte Schmalstieg nur verlieren: arbeitet er nicht mit bild zusammen, bekommt er eine (noch) schlechtere Presse, tut er es doch, ist die Presse zwar weniger schlimm – aber er macht sie glaubwürdig, er Hilft bild, nicht sich selbst.
    Man denke nur an Michael Naumann, der Diekmanns Buch vorstellen musste, sonst hätte bild seinen Namen nicht mehr erwähnt – schlechte Voraussetzungen für einen Bürgermeisterkandidaten.

    Mit Greenpeace und Co. sieht es nicht anders aus. sie glauben, bild zu brauchen, weil ihre Aktion sonst wohl kaum Erfolg hätte. Am Ende werden auch sie verlieren – mit bild kann man nicht gewinnen. Leider ein neues, drastisches Beispiel für Macht und Einfluss eines Revolverblatts

  11. Die minus 18.4 % von Deutschland zwischen 90 und 05 müssen aber auch mit Einbezug der bereits vorher erreichten Einsparungen betrachtet werden. Wer noch x Kohlekraftwerke schliessen kann, wird wohl auch den Ausstoss reduzieren können (so stelle ich es mir vor, im Übrigen muss ich sagen, dass ich in alle diese Zahlen nicht besonders grosses Vertrauen habe, auch wenn oder gerade weil sie von der UNO kommen – noch mehr aber, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass man sowas derart exakt messen kann). „Das einzige Land auf Erden“ wird aber wohl schon Blödsinn sein. Dennoch: Was für einen Sinn machen die fünf Minuten Lichtausschalten in Deutschland, wenn „die chinesischen Kohlekraftwerke größtenteils veraltet, ineffizient und schlecht gewartet“ sind? Sollte man nicht eher da ansetzen als an den deutschen Lichtschaltern (deren Ausschaltung eher eine moralistische Heldentat ist)?

    Bei der Kooperation zwischen Bild und Greenpeace geht es jedenfalls für beide Seiten um kommerzielle Ziele. Bild hat ein Trendthema und Greenpeace bringt seine Botschaft zu Leuten, die sie bisher nicht erreichen konnte. Wer da Saulus ist und wer Paulus, ist gleichgültig. Ebenso gleichgültig, ob die Mitteleuropäer nach der Sportschau 5 Minuten den TV und das Licht ausschalten. Diekmann sagt richtig: „Die Klima-Schlacht wird also nicht in Deutschland geschlagen oder in Europa. Sondern vor allem in Asien und Lateinamerika, also in der Zweiten und Dritten Welt. Und auch in den USA.“ Und geregelt wird es über den Markt. Solange Mitteleuropäer freudig spottbillige Spielzeuge einkaufen, die mittels spottbilligen Strom aus ineffizienten Kohlekraftwerken hergestellt wurden, wird sich daran nichts ändern. Wenn man schon was beitragen möchte, dann sollte man umweltschonend einkaufen (bzw. wenn man mit solchen Ländern direkt verhandelt, auf umweltschonend hergestellte Produkte pochen). Bisher ist aber Geiz noch geil und das Weltretten nicht mehr als eine Geste.

  12. „Und ich wüsste auch gerne, was Mathematiker zu Diekmanns Wahrscheinlichkeitsrechnung sagen, dass sich das Gesamtrisiko nicht minimiert, wenn man ein (egal wie kleines) Teilrisiko eliminiert.“

    Jetzt bin ich zwar kein Mathematiker, aber um ein Risiko zu _minimieren_ muss man es so klein machen, dass es nicht mehr kleiner geht, d.h. es muss ein Minimum erreichen. Wenn man nur ein sehr kleines Teilrisiko eliminiert, hat man das Risiko zwar sicher verkleinert, aber eher nicht minimiert.

  13. 1.) @Augusten: Das Risiko so klein machen, dass es nicht mehr kleiner geht usw. -> vgl. Schäuble. Hurra.

    2.) @Stefan: Sehe ich das richtig, dass du Fördermitglied bei Greenpeace warst, jener Organisation, die schon immer darauf stand, medienwirksame Auftritte durchzuziehen und kaum eine Möglichkeit ausgelassen hat, besonders spektakulär etc. aufzufallen, ja auch -ich meine mit boulevardesken Mitteln- zu polarisieren? Und nun, nachdem Greenpeace mit der BILD gemeinsame Sache macht, trittst du (im öffentlichen Rahmen) aus und führst nun deine persönliche kleine Kampagne…gegen den neuen Freund deines Feindes…?

  14. In komplexen Systemen, die mehr sind als nur die Summe ihrer Einzelteile, kann man leider nicht einfach so davon ausgehen, das Gesamtrisiko nähme ceteris paribus ab, nur weil ein Teilrisiko eliminiert wurde.

  15. Das Beispiel von Stefan hinkt ein wenig, weil es sich nicht um ein Teilrisiko handelt, sondern um eine graduelle Absenkung des durch den CO2-Ausstoß gegebenen Einzelrisikos.

    Stellen wir uns vor, der Probant wäre nicht von zwanzig Sprengkörpern sondern von einer Wand umgeben,die von 20 Flammenwerfern bestrahlt wird. Der Probant weiß nicht, ob die Wand den Flammen standhält, er glaubt eigentlich, dass sie hält, aber er dürfte einen Flammenwerfer (am 8.12. 20:00 Uhr für 5 min) ausschalten. Würde er es tun?

  16. Jörg Friedrich: Stefans Beispiel mit den Sprengkörpern bezieht sich nicht auf den CO2-Ausstoß, sondern auf den letzten Abschnitt des zitierten Teils, in welchem vom Atomausstieg die Rede ist.

  17. Als hätte in der BILD aus freien Stücken ein Umschwung stattgefunden. Schon gar nicht weil dort etwa ein Erkenntnisgewinn stattgefunden hätte. Die Bild kann nicht gegen eine Teilschwarze Bundesregierung agieren und schon gar nicht gegen Merkel.

    Und was die Klimadiskussion angeht, überlasst das bitte den Wissenschaftlern. Es ist wriklich nicht angenehm ständig irgendwelche Hypothesen aus dritter Hand zu lesen. Das Phänomen Global- / Climate Change ist äußerst komplex und längst noch nicht ausreichend erforscht.

  18. Wie wäre es eigentlich mit einer Gegenaktion für den 8.12.? Einen ganzen Tag lang, 1440 statt fünf Minuten: keine Bild lesen, kein Google benutzen, kein ProSieben schauen.

  19. @Klimamann: Gibt es vielleicht weitere uns alle betreffende Themen, die Sie exklusiv für sich reklamieren möchten? Politik, Wirtschaft, Gesellschaft vielleicht, die ja auch komplex und unzureichend erforscht sind? Nur zu! Nichts ist schließlich der Wahrheitsfindung abträglicher als eine kritische Öffentlichkeit.

  20. Vielleicht sollte mal jemand dem Herrn Diekmann sagen, dass Deutschland die umweltschonenden Autos produzieren bzw. erfinden könnte, die in ein paar Jahren in China fahren und schon alleine deshalb etwas mehr Einfluss auf den Klimawandel hat, als behauptet.
    Und vielleicht sollte dem mal jemand sagen, dass man auch deshalb aus der Atomenergie aussteigt, weil man bis heute nicht weis, wohin mit dem radioaktiven Müll, der dabei entsteht.
    Vermutlich weis das Herr Diekmann selber ganz genau. Deshalb frage ich mich, warum der ein Zeug dahinklatscht …

    Das Diekmann-Buch muss echt ein grausames Geschreibsel sein. Mein Beileid an alle Leser.
    Vermutlich macht die Bild unter Diekmann bei dieser ‚5 Minuten Licht aus‘-Aktion nur deshalb mit, weil man das ggf. nächsten Buch so schön ins Lächerliche ziehen kann. (Falls das noch nötig ist.) Die Umweltverbände sollten sich von Bild wirklich fern halten.

  21. @22

    Sehr richtig.
    Genausogut aber könnte durch die Verminderung eines kleinen Teilrisikos das Gesamtrisiko ceteris paribus dramatisch sinken, gar vollständig eliminiert werden. Dies dürfte nach allen Regeln der Vernunft selbst bei völliger Unwissenheit über die Gesamtdynamik des Systems jedenfalls wahrscheinlicher sein als ein Steigen des Gesamtrisikos.

  22. Ich bin wohl der einzige, dem der Hauch einer Kenntnis über die Existenz eines „Rates für Nachhaltigkeit“ irgendwie entgangen ist. (*schäm*)
    Ohne die Objektivität solch einer,
    von der Regierung berufenden, Versammlung
    anzweifeln zu mögen:
    Was genau ist nun die Qualifikation der Teilnehmer, bzw. der Ablauf der Berufung? (Sicher mag man über unqualifierte Äusserungen eines unweisen Mitglieds eines Quatschvereins mal herzlich lachen. Aber die dazu führenden Mechanismen stimmen mich doch sorgenvoll)

  23. Seit Brent Spar kann man wissen, dass Greenpeace auch gern mal fünf gerade sein lässt, wenn der PR-Effekt stimmt.

    Da auch die Bild mittlerweile beim lustigen Apokalypsen rund ums Klima mit macht, war es nur noch ne Frage der Zeit wann sich Greenpeace‘ PR-Leute nicht mehr zurückhalten könnten und es eine Neuauflage von Die Schöne und das Biest geben würde. So ne Plattform wie Bild kann man sich als Weltenretter nicht entgehen lassen.

    Wenn die Bild jetzt auch noch ein bisschen mehr auf die Genhysterie einschwenkt, knallen in Hamburg die Korken und wir haben eine neue Traumhochzeit.

  24. @32
    wobei sich hierbei die Frage aufdrängt, wer von beiden welche Rolle bekommt. „Das Biest und das größere Biest“ wäre wohl treffender.

  25. @ 28
    Ja es kränkt das eigene Selbstwertgefühl sowas lesen zu müssen. Das hat aber nichts mit Elitedünkel zu tun. Die bittere Wahrheit ist doch, das wir eigentlich nur auf unseren Spezialgebieten einigermaßen mitreden können. Mehr ist zeitlich und/oder interlektuell nicht drin.

    Und natürlich dürfen sie ihre Meinung zu dem Thema haben. Ich hoffe dann aber sehr, das sie sich gut informiert haben – und zwar mit der wissenschaftlichen Primärliteratur und nicht mithilfe von irgendwelchen Artikelchen aus Bild, Spiegel o.ä. Emotionen, Pauschalisierungen und Verdrehungen gibt es nämlich schon zur genüge – der Diekmann von oben ist dafür ein exzellentes Beispiel.

  26. @Klimamann

    Was geht Sie es an, wie gut sich jemand informiert, bevor er/sie eine Meinung hat? Meines Erachtens ist es geradezu ein Wesenszug eines demokratischen Systems, dass viele Menschen sich zu vielen Punkten äußern müssen – und sei es durch Wahlen – ohne sich vorher tiefgehend zu informieren. Die müssen nämlich nebenbei auch noch ihren Lebensunterhalt und indirekt das gesamte demokratische System finanzieren.

    Deshalb maße ich mir – ohne viel Recherche – an: Standortinteressen gehen immer (!) vor Umweltinteressen, weil wir im Zweifel auf ein in Deutschland verbliebenes Unternehmen einen (wenn auch kleinen) Einfluss haben, auf ein abgewandertes nicht mehr. Und: Dass wir paar Deutsche in Sachen Umweltschutz höchstens symbolisch und vielleicht, vielleicht ideell etwas bewegen können, aber in Sachen Emissionsmengen keine Rolle spielen, ist nun wirklich auch ohne ihr Fachwissen (???) jedermann verständlich.

  27. @Klimamann: Ihren Aufruf, sich gut zu informieren, bevor man irgendwelche Thesen verbreitet, unterstütze ich voll und ganz. Aber die Forderung „überlasst das bitte den Wissenschaftlern“ ist antidemokratisch, anti-aufklärerisch und anmaßend. Es bleibt die von mir angedeutete Konsequenz, dass man nach dieser Logik über nichts Wichtiges mehr sprechen dürfte, weil es für alles Wichtige irgendwelche Experten gibt – die übrigens auch eine Menge Unsinn reden.

    Und die kleine Spitze in Richtung angeblicher Regungen meines Selbstwertgefühls überrascht mich von jemandem, der soeben argumentiert hat, die Diskussion solle unterbleiben, weil sie sei ihm „nicht angenehm“ sei.

  28. an Klimamann (#34):
    Sie sprechen eine Grundsatzfrage an, die ich mir vom ersten Augenblick an hier stelle, und nicht nur erst hier. Harm (#31) nennt es Quatschverein. Wo er recht hat, hat er recht. Sebastian (#28) hat auch recht, wenn er ihn trotzdem verteidigt. Und Sie haben mit Ihrer bitteren Wahrheit auch recht. Wir sind hier eben nicht beim Jahrestreffen der Nobelpreisträger.

    Jedoch: Ich stelle mir gerade vor, jeder redete nur noch über das, worüber er tatsächlich fundiertes Wissen hat. Wer legt denn fest, was fundiertes Wissen ist? Derjenige, der wissenschaftliche Primärliteratur schreibt? Was heißt das denn? Daß er der erste ist, der etwas behauptet und wie auch immer zu belegen versucht. Wissenschaftlich belegen. Was heißt das? Das Wort ‚wissenschaftlich‘ ist nichts und alles, für sich allein völlig wertungsfrei und kann nicht einmal wortgeschichtlich zurückverfolgt werden. Auch der Hexenhammer ist so gesehen wissenschaftliche Primärliteratur. ‚Dianetik‘ ist wissenschaftliche Primärliteratur. Das Alte Testament auch. Und Schäubles Visionen auch. Alles begründet. Wissenschaftlich. Und das heißt erst mal gar nichts. Glaub’s oder laß es bleiben.
    Die einzige exakte Wissenschaft ist die Mathematik, und die kann nicht einmal den Umfang eines blöden Kreises exakt bestimmen, obwohl ein beliebiger Punkt auf dem Kreisbogen sowohl seinen exakten Ausgangs- als auch seinen exakten Endpunkt darstellt. Einfacher geht’s ja wohl nicht. Andererseits konnten wir schon vor fast 40 Jahren zum Mond fliegen. Irgendetwas läuft da schief.

    Muß ich jedem glauben, den ich nicht widerlegen kann? Weiß ich, ob ein Klimagutachten von RWE oder von GP in Auftrag gegeben wurde oder neutral ist (was immer das denn auch wieder heißen soll, denn letzten Endes steckt nur ein Mensch dahinter. Neutral ist tot. Solange ein Mensch lebt, hat er auch ein Interesse.)? Und wenn ich es wüßte, müßte ich mir dann dabei etwas denken oder könnte ich der Sache blind trauen?

    Sind wir uns im klaren: Niemand weiß über irgendetwas wirklich so viel (letztlich alles), als daß er sich eine endgültige Meinung leisten könnte. Und dennoch habe ich zu fast allem, wovon ich nichts verstehe, eine Meinung. Ich habe so viele Meinungen, daß ich gar nicht weiß, wohin damit. Im alten Rom oder in Pompeji hätte ich sie vielleicht in die Klowände geritzt. Auf irgend so einer Wand steht seit 2000 Jahren (ich glaube im Colosseum, weiß das aber nicht mehr genau und habe jetzt keine Lust, in der wissenschaftlichen Primärliteratur nachzuschlagen) – da steht also seit 2000 Jahren eingeritzt: „Der Sowieso ist schön“. Schrieb ein anderer dazu: „Sagt wer?“ Schon damals konnte man es keinem recht machen.

    Was Sie beklagen können, ist der Lapsus der Evolution, dem Homo Sapiens Sprache verliehen zu haben, weit noch ehe das Gehirn auf einer akzeptablen Entwicklungsstufe angekommen ist.

    Und Sie können die Einsamkeit des Genies beklagen, das nur von intellektuellen Tieffliegern umgeben ist.

    Aber ich weiß nicht, was beispielsweise ich mit Ihrem Selbstwertgefühl zu tun hätte. Eher Sie mit meinem. Sie machen mir Angst. Ich möchte nicht in meiner Haut stecken, wenn bei mir eines Tages der Groschen fallen sollte und ich erkennen müßte, daß ich ein genauso exzellentes Beispiel bin wie Diekmann. Diekmann würde das nichts ausmachen, der lebt ja davon. Aber ich wäre völlig am Ende.

    Vielleicht sollte ich mein Jodeldiplom machen. Da wüßte ich, was ich hab‘ und könnte dann auch irgendwo mitreden.

  29. @mokirikom

    Sie haben recht, kaum steht ein Thema zur Diskussion, quatschen alle durcheinander. Entgegen Ihrer Annahme sind aber echte Nobelpreisträger von diesem Leiden genau so betroffen, wie die Amateurpreisträger im Blog. Auch fundiertes Wissen ist als bevorzugtes Kriterium zur Wahrheitsfindung untauglich. Der Beweis dafür ist leicht zu erbringen; nirgends wird so häufig geirrt, wie in der Wissenschaft, und dazu noch kräftigst.
    Wenn man Dieckmanns Erkenntnisse oberflächlich betrachtet, sind diese nicht besser und nicht schlechter als das, was uns angeblich unfehlbare Fachleute täglich als absolute Gewißheit verkaufen.
    Untersucht man seine Erkenntnisse genauer, stellt man vielleicht einige Ungereimtheiten fest, oder auch nicht. Was das jetzt genau mit Dieckmanns Schaffen bei BILD zu tun hat, und was es über ihn als Menschen aussagt, das überlasse ich gerne allen versammelten Nobelpreisträgern. Ob sie recht haben? Das müssen wieder andere Nobelpreisträger bewerten.

  30. Ich schätze, was Klimamann meint sind Leute, die sich voller Inbrunst über ein Thema ereifern, obwohl sie sich offensichtlich nicht im mindesten zu eben jenem Thema kundig gemacht haben. So wie die Leute, die die Relativitätstheorie für falsch erklären, ohne ihren Inhalt verstanden zu haben.

  31. @mokirikom:
    Versteh ich nicht. Die Relativitätstheorie kann ein simpler Rechner mit einem einfachen Programm durchrechnen und visualisieren.
    Komplexe, rückgekoppelte Systeme wie das Klima erfordern da m.E. deutlich mehr Sachverstand.

  32. Bei solchen Kommentaren fragt man sich, warum Stefan die überhaupt noch offenlassen sollte. grey, wie hier schon merhfach gesagt: Im Zweifel ist Stefan der gearschte wegen solchen Aussagen. Hier reisst Du gleich zwei Firmen rein, denn die Firma nachzurecherchieren sollte kein Ding sein. Völlig unabhängig davon, ob es stimmt: Habe wenigstens die Eier, das auf Deinem Blog auszubreiten. Aber ich nehme an, Du willst Deinen Job behalten.

  33. @Sebastian Sachse
    Dieser Firma kann nichts passieren, nicht wegen sowas, da reisst gar nichts ein. Ich dachte auch, Stefan löscht das sofort. Eier habe ich, und auch einen Anwalt, falls Du das meinst. In meinem Blog… hmm, wer interessiert sich da für Greenpeace? Aber, Du hast Recht: Stefan, würdest Du Beitrag #45 bitte löschen?

  34. Zu #41-44:

    Au fein! Die Latte ist wieder ganz unten, da darf ich wieder.

    [Klima wird immer eine Theorie bleiben. Im Prinzip simple Rechenaufgabe, nennt man es System und völlig überflüssigerweise noch komplex und rückgekoppelt dazu, weil die Anzahl seiner Elemente und leider besonders die der Unbekannten, die man zur Berechnung kennen müßte, gegen Unendlich geht. Würde man alle Unbekannten kennen, käme man zu einem simplen, exakten Ergebnis. Theoretisch.

    Die Relativitätstheorie heißt ehrlicherweise schon von vornherein Theorie, und zwar nicht deshalb, weil es Probleme beim ‚Durchrechnen‘ gäbe, sondern weil das Ergebnis selbst erst die eigentliche Frage aufwirft, was denn da alles berechnet wurde: Während die Komplexität des Klimas durch das Rechenergebnis greifbar dargestellt werden soll, läßt genau umgekehrt das greifbare Rechenergebnis der Relativität erst ihre Komplexität erahnen. Nichts für Rechenprogramme. ‚Theorie‘ ist hier nicht nur ehrlich, sondern auch unglaublich tief gestapelt. Hierher gehört ein Begriff weit jenseits von ‚gewaltig‘.

    Für die Berechnung des Klimas braucht man genausoviel Sachverstand wie dafür, den Sand der Sahara zu sieben. Nur: Mit dem Sieben ist man irgendwann einmal fertig. Mit dem Zusammentragen aller Unbekannten, die zur Klimaberechnung nötig wären, nie, weil ständig neue hinzukommen.]

    Machen wir uns nichts vor. Die zivilisierte Welt, ein Zehntel der heutigen Weltbevölkerung, hat den Karren in den Dreck gefahren. Jetzt wollen die anderen neun Zehntel auch noch drauf, und wir machen mal kurz das Licht aus, damit wir sie wenigstens für fünf Minuten nicht kommen sehen oder sie im Dunkeln vielleicht am Karren vorbeilaufen.

    Mit ein bißchen Lichtausknipsen wollen wir einem jungen Chinesen klarmachen, daß seine Familie nie ein Auto haben darf, weil wir pro Familie zwei brauchen? Wenn jede deutsche Familie ihren Zweitwagen einem Chinesen schenken würde, könnte selbst das nur ein Zeichen sein. Und auch nur vielleicht.

    Man sollte in Baumschulen investieren. Apfelbäumchen werden schwer in Mode kommen.

    (Finis opusculorum. Danke!)

  35. @grey²³ #48

    Keine Panik wir sind doch hier unter uns, deine Story #45 ist aber so was von mutig, Respekt.

    Mein Mitleid hast du sicher.

  36. Abgesehen von der Räuberpistole von grey – völlig indiskutabel – stellt sich mir die Frage, wer, abgesehen vom Blogautor Stefan, hat das Buch komplett gelesen? Ich nicht und bin daher sehr vorsichtig, denn: Einzelne Passagen aus dem Gesamtkontext heraus zu fragmentieren, geht schwanger mit der Gefahr, ein falsches „Bild“ an die virtuelle Wand zu projezieren. Andererseits kann man schlecht das komplette Buch hier einstellen. Und bis ich es gelesen habe, ist die Debatte hier vermutlich „Schnee von gestern“ sofern der Klimawandel noch Schnee zulassen wird.

  37. @grey: Was war denn an der Kampagne so schlecht? Diese Studenten in Fußgängerzonen sind doch angeblich die besten Geldeintreiber für solche Organisationen überhaupt.

  38. Man, man, man, kaum ist man einen Abend auf dem Kindergartenelternabend – auch ein hübsches Stück Basisdemokratie – schreiben hier geschätzte Kommentatoren Kommentare, deren Löschung sie später selbst wünschen. Und ich kriege wieder mal nichts davon mit.

    Egal, zurück zum Thema.

    Selbst wenn Diekmann 1 + 1 = 2 schreiben würde, was meiner Meinung nach unzweifelhaft richtig ist, kann, soll und darf man deshalb noch lange keinen „Gesinnungswandel“ daraus ableiten und schreiben, dass er und/oder Bild ein bekentniss zur Wahrheit b

    Über das Klimawandelphänomen habe ich – als melancholische Optimist – ja schon öfters geschrieben, dass ich mir wünschen würde, dass es nicht so schlimm kommen täte, wie die Pessimisten meinen, wir aber trotzdem mehr dagegen (oder dafür?) tun, als die Optimisten meinen.

    Wobei, ganz realistisch betrachtet, die Erde gab es bevor es den Menschen gab und sie wird es geben, wenn der Mensch nicht mehr ist. Fatalistisch gesehen kann es uns heute egal sein, ob der Mensch noch 1.000 oder 10.000 Jahre vor sich hat – das sind Zeiträume, die ich jedenfalls mir beide nicht wirklich vorstellen kann.

    Nicht das ich falsch verstanden werde, ich liebe das Leben, meines und das meiner Familie im Besonderen, aber auch das meiner ärgsten Feinde (habe zwar keine echten Feinde, will nur im Bild bleiben), sehr. Und ich bin auch ein Freund der intakten Natur, sowohl Fauna als auch Flora. Nur die Ratten in Nachbars Garten, die Feldhasen auf dem Friedhof, die Flechten an der Fassade unterm Giebel, die Pilze im Rasen und der Löwenzahn zwischen den Gehwegplatten, die brauche ich nicht ;-))

  39. Ich rate allen mal in Dieckmanns kürzlich erschienenes Buch ein Blick zu werfen dann erkennt ihr schnell die grotesken politischen Wahrnehmung diese ‚gebildeten‘ Zeitgenossen.

  40. Es ist mir persönlich völlig egal, ob Diekmann ein 100% Arschloch oder ein 150% Arschloch ist und wieviele Penisverlängerungen die TAZ ihm andichtet.

    Jeztt haben die Ökos 20 Jahre gegen den Klimawandel gekämpft, endlich hört ihnen mal jemand aus der Nicht-Öko-Ecke zu, oder besser: ist gezwungen, ihnen zuzuhören – darf man das dann gar nicht nutzen?

  41. @Stefan (#0),
    ich entschuldige mich (vorsichtshalber eigenhändig), wenn ich jetzt noch auf den Startbeitrag eingehe, aber wo’s doch sonst keinem aufgefallen ist ….

    Zunächst stelle ich fest, daß Ihr Kommentar zu den Buchauszügen gleich mit einer unheimlich kleinkarierten Beanstandung anfängt: Deutschland sei nicht das einzige Land usw. Das ist billig, aber nicht preiswert, weil es am sozusagen idealtypischen Sinngehalt von Diekmanns Aussage nichts ändert. Und an der Feststellung, daß auch der radikalste deutsche Klimaschutzbeitrag im globalen Rahmen irrelevant bleiben muß, gibt es nichts zu deuteln

    Ebenso interessant, daß Sie sich anschließend nicht mit Diekmanns Thesen zur Klimaschutzproblematik befassen, sondern mit seinem doch eher beiläufigen Exkurs zur Kernkraftthematik, womit man natürlich beim deutschen Publikum mit seiner ziemlich singulären Kernkraft-Angstneurose jederzeit punkten kann. Abgesehen davon, daß es wohl selbst einem BLIND-Chefredakteur nicht einfallen würde, die Risiken der Kernkraft gleich Null zu setzen, abgesehen davon, daß „kein Jota“ im gängigen Sprachgebrauch (so auch hier) eben nicht unbedingt gleichbedeutend mit „nichts“ ist (man nennt das dann rhetorische Übertreibung) – trotz der lobenswerten polemischen Absicht geht das Beispiel mit den Sprengkörpern sozusagen metaphorisch nach hinten los: Die Wahl und die ‚Parametrisierung‘ solcher Beispiele sagen wenig über das Problem, aber viel über die manipulativen Absichten des ‚Beispielenden‘ aus. Bei mir könnte so ein Beispiel höchstens die ohnehin klare Pro-Kernkraft-Einstellung verstärken.

    Aber eigentlich wollten Sie doch den deutschen Klimaschutzbeitrag gegen böse Menschen wie diesen Zöllner hier in Schutz nehmen? Irre ich mich, oder ist die Klimaschutzdebatte überhaupt noch ein wenig mit dem Schlüpfen aus den Denkstereotypen der Vorgängerin ‚Atomhysterie‘ beschäftigt? Die Schnelligkeit, mit der dieser Humbug zur religiösen Massenbewegung wurde, spricht dafür. Jedenfalls ist jenseits des eintönigen Om-Mani-Padme-Hum der CO2-Glaubensbekenntnisse und dazugehöriger Katastrophenprojektionen nichts zu entdecken, was Ähnlichkeit mit Diskussion hätte. Wie auch hier wieder zu sehen: Der Erleuchtete will nicht argumentieren, er will bekehren. Und im Fall der Fälle ausgrenzen.

    Also, die Linie ist klar: Von den Auffassungen des Vorredners Diekmann müssen wir uns auf das entschiedenste distanzieren, weil, oha! so eine häßliche Krawatte, das geht aber nicht!

  42. @händeringend

    Zu den Beiträgen von Herrn Diekmann betreffs Klima:
    Der idealtypische Sinngehalt der Aussagen von Herrn Diekmann lautet doch, unser Beitrag, egal wie hoch, ist global gesehen vernachlässigbar. Dieses Argument, auf die einzelne Person runtergebrochen, begründet prinzipiell jede Handlung, da sie, global gesehen, gegenüber den Handlungen von mehr als 6 Mrd. anderen Menschen wirklich unbedeutend ist. Z. B. Geld für Hilfsorganisationen spenden, da spielen meine 10€ keine Rolle, Plastikmüll hinterm Haus verbrennen, egal, Farbabfälle in die Kanalisation, egal. Problematisch wird diese Haltung, wenn sie von Millionen bis Milliarden Einzelpersonen eingenommen wird, da liegt dann auch der Trugschluß. Übrigens wäre Deutschland durchaus in der Lage, einen nennenswerten Beitrag zur UMWELTVERSCHMUTZUNG zu leisten, wenn wir alle Umweltstandards abschaffen, 30-Liter-Autos ohne Katalysator fahren und endlich die Energieversorgung ganz auf ungefilterte Kohlekraftwerke umstellen.

    Letztendlich läßt sich jedes Engagement für eine vernünftige Sache auf Einzelengagements runterbrechen, die, insgesamt gesehen, „vernachlässigbar“ sind. Und damit läßt sich dann die Sinnlosigkeit von absolut allem begründen.

  43. @Schnuff,

    das Argument der Folgenlosigkeit begründet keineswegs jede Handlung oder deren Unterlassung; aber es zeugt oft von gesunder Rationalität zu überlegen, ob die Folgen überhaupt eine Handlung rechtfertigen oder vielleicht sinnlos machen.

    Niemand wird – na ja: sollte – Sie hindern, Ihre Klimaverantwortung intensiv zu leben, egal wie winzig die meßbaren Auswirkungen sind und was der Rest der Menschheit tut. Das ist dann echte Gewissensethik: Auch wenn’s keiner sieht und es keinem schadet, ich bohre nicht in der Nase, denn meine unsterbliche Seele nähme sonst Schaden (Sokrates, Apologie). Die Luthersche Variante mit dem Apfelbäumchen bekommt jetzt eine ganz neue ökologische Dimension.

    Diese fundamentalistische Position hat allerdings ein paar Schönheitsfehler.

    1. Realitätsfremdheit. In der Wirklichkeit sind unsere ethischen Entscheidungen das Ergebnis mehr oder weniger erfolgreicher Abwägungsprozesse, und zwar häufig zwischen unseren moralischen Prinzipien und dem gesunden Eigennutz. Wie die Mehrzahl der Zeitgenossen tendiere ich dazu, auch nach dem Nutzeffekt des Handelns zu fragen.
    In unserem Fall ist das klar: Dem (fraglichen) Nutzen einer einseitigen CO2-Reduktions-Politik stehen massive Einschränkungen und weltwirtschaftliche Wettbewerbsnachteile gegenüber. Und zwar so massiv, daß man schon etwas mehr Rendite haben möchte als Ihr bescheidenes „Ich gehöre jedenfalls zu den Guten“.

    Die Schleifung des deutschen Sozialsystems, die neoliberale Reformpolitik bei Beschäftigung und Lohnniveau (in Richtung 19. Jahrhundert) wurden und werden mit der Kostenkonkurrenz im globalen Markt begründet: Die deutsche Wirtschaft sei nur mit Kostensenkungen etwa beim berühmten ‚Faktor Arbeit‘ (nicht beim Faktor Kapital – witzig, nicht?) oder den Sozialkosten konkurrenzfähig. Wie soll man die einseitige Steigerung der Produktionskosten durch Klimaschutzaufwendungen gegenüber denen rechtfertigen, die gerade im Vollzug von ‚Umstrukturierungen‘ ihren Arbeitsplatz an den globalen Markt verloren haben oder sonstwie an den Kostensenkungen teilhaben dürfen?

    2. Inkonsequenz. Wenn es auf die Folgen von Handlungen und ihr Ausmaß nicht ankommt, stellt sich die Frage, wo die Grenze zwischen Witz und Aberwitz liegt. Nicht nur der Spaßvogel, der zur Zeit den Umweltminister gibt, fährt üppig Auto, jettet privat. Konsequenterweise müßte man auf sämtliche CO2-produzierenden Fortbewegungsmittel vom Trabi bis zum Kutschengaul verzichten und zu Fuß laufen oder radfahren. Ja, man müßte, um nur noch ein Beispiel zu nennen, die Leistung sämtlicher Heizungen auf maximal 18 Grad zwingend begrenzen. Oder besser 16 Grad? Oder 10 Grad? Sie erkennen wohl selbst, daß Ihr Ansatz im Absurden endet. Das Gute um seiner selbst willen tun, ich glaub‘, das ist was für Masochisten.

    3. Intoleranz. Die blöde Selbstgewißheit, mit der die Umweltrettungssekte das Selbstbestimmungsrecht ihrer Mitbürger im Namen der höheren Einsicht außer Kraft setzt, artikuliert sich etwa so: „Seit wann sind vernünftige Entscheidungen eine Freiheitseinschränkung?“ (Joschka Fischer).

    Man kümmert sich schon lange um die Bäume in Nachbars Garten, so als ginge das wirklich jemand anderen außer den Besitzer was an.
    Man schützt voll inniger Empathie die Straßenbäume vor Streusalz, so als seien sie unersetzlich, und nimmt andererseits ohne Wimperzucken Hunderte von Glatteis-Unfalltoten, Querschnittgelähmten als notwendige Kollateralschäden dieses Wahnsinns in Kauf.
    Man verbietet den Leuten, sich einvernehmlich und ggf. ohne die Gesellschaft von Nichtrauchern (bin ich auch) in der Kneipe vollzuqualmen, so als hätten die Nichtraucher einen bedingungslosen naturrechtlichen Anspruch auf auf den Platz an jedem Tresen.
    Man zwingt Leute, auf ihren Dächern Photovoltaikanlagen zu installieren, die das gar nicht wollen und auch keinem was schuldig sind.
    Na und jetzt die neueste Sau im Dorf, der Klimaschutz. Wie ich schon sagte, @Schnuff: Ich respektiere Ihre Einstellung vollkommen. Nur, wenn diese Einstellung mit ihren Folgen Beschränkungen, Kostensteigerungen, noch mehr Arbeitslose usw. – alles das mit Nano-Wirkung auf das Weltklima – auch für uns andere zwingend umgesetzt werden soll, dann ist das unerträglich.

    Ich wollte eigentlich früher antworten, aber – s’ist Weihnacht, und ich begehre, nicht schuld daran zu sein, sorry…

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