Wutmäander zur Qualitätsdebatte

Ich bin kein investigativer Journalist. Mir fehlen dafür nicht nur die Kontakte, sondern vor allem Ausdauer und Disziplin. Als mir das „SZ-Magazin“ in der vergangenen Woche angeboten hat, hier einen Beitrag aus dem Heft über die Probleme deutscher Blogger zu veröffentlichen, wollte ich mir vorher nur kurz einen Eindruck von dem Autor machen und habe seinen Namen schnell mal gegoogelt. Nach einer Minute wusste ich immer noch nicht viel über diesen Felix Salmon, aber immerhin schon mehr als das „SZ-Magazin“, das behauptete, er betreibe das außerordentlich erfolgreiche amerikanische Wirtschaftsblog portfolio.com. („Portfolio“ ist kein Blog, es wird mangels wirtschaftlichem Erfolg gerade eingestellt, und Salmon bloggt da seit Wochen nicht mehr.)

Das herausgefunden zu haben, ist nichts, worauf ich stolz sein könnte. Ich hätte dieses Nachschlagen, das man kaum „Recherche“ nennen mag, für einen selbstverständlichen Reflex gehalten, bevor man einen Artikel von jemandem auf seiner Seite veröffentlicht, den man nicht kennt.

Ist es aber nicht. Das „SZ-Magazin“ hat denselben Beitrag auch anderen Medien angeboten, die ihn — im Gegensatz zu mir — veröffentlicht haben. Bei taz.de hat man die falschen Autorenangaben erst übernommen, aber inzwischen korrigiert. „Spiegel Online“ verlinkt immer noch sinnlos auf das „Wirtschaftsblog portfolio.com“; der Online-Auftritt der „Financial Times Deutschland“ behauptet nach wie vor den Unsinn, den das „SZ-Magazin“ über Salmon verbreitet hatte.

Man mag das für einen unwesentlichen Fehler halten, wie man jeden einzelnen Fehler für unwesentlich halten kann, aber ist das nicht erstaunlich? Das sind alles Online-Angebote, die sich bestimmt für Qualitätsmedien halten, und wenn sie so ein kostenloses Text- und PR-Angebot bekommen, reicht das eigene Engagement exakt dafür, mit einer schwungvollen Mausbewegung den Artikel aus dem Mailprogramm ins Redaktionssystem zu ziehen und auf „Veröffentlichen“ zu drücken? Es ist ihnen ganz egal, wer den Text geschrieben hat? Und es klickt nicht einmal jemand probeweise auf den selbst gesetzten Link unter portfolio.com und stutzt?

Mein flüchtiges Googlen war für diese Medien schon zu viel verlangt (schnellebiges Internet / Redaktionsstress / ist doch egal)?

Man müsste keine Zeile darüber verlieren, wenn nicht immer noch und gerade wieder mit zunehmender Heftigkeit dieser publizistische Krieg der etablierten Medien gegen die neue Konkurrenz tobte. Im Mittelpunkt steht fast immer die Behauptung, dass nur der professionelle Zeitungsjournalismus die Qualität garantiere, die Voraussetzung für eine informierte Debatte und eine aufgeklärte Gesellschaft sind.

Es sind die schlichtesten Gegensatzpaare, die da aufgestellt werden: Etablierte Medien recherchieren, informieren, prüfen und sind unbestechlich, Blogger plappern nach, krakeelen und fallen auf jede PR-Finte herein. Auch durch viele Texte der Sonderausgabe des „SZ-Magazins“ zur Krise der Tageszeitung, die sich selbstkritisch und nachdenklich geben, wabert das Gefühl eigener Überlegenheit oder, schlimmer: Das Gefühl, dass diese Überlegenheit selbstverständlich ist.

Im Kapitel „F wie Fakten“ behauptet Andrian Kreye, dass die „neuen Medien die Generierung von harten Fakten“ erschwerten. Das halte ich für schlicht falsch. Kreye fügt hinzu:

Emotionen (Angst, Wut, Lust) und Glaube (an Religionen, politische Meinungen, das eigene Rechthaben) spielen im Netz mindestens eine so große Rolle wie Fakten.

Da möchte ihm nicht widersprechen, aber empfehlen, in dem Satz versuchsweise die Wörter „im Netz“ durch „in den Zeitungen“ zu ersetzen. Er verliert nichts an Wahrheit. Im Gegenteil, die schöne Formulierung vom Glauben an das eigene Rechthaben gewinnt erst richtig an Anschaulichkeit.

Auch Kurt Kisters Plädoyer unter „H wie Haltung“, dass Journalisten recherchieren, berichten und klug einordnen sollen, degeneriert am Ende zu einem plumpen Herabreden dessen, was Nicht-Journalisten publizieren:

Weder das Finden noch das Erklären von Dingen ist die Sache der berühmten 2.0-Bürgerjournalisten. Die können am besten kommentieren, was andere schon aufgeschrieben, schon kommentiert haben. (…) Eine Vielzahl der Blogs, Chatrooms und was es an Gezwitscher mehr gibt, besteht aus solchen Kommentaren der Kommentare anderer. Das ist oft einfach, befriedigend für alle und außerdem völlig in Ordnung. Es ist nur kein Journalismus, sondern eine manchmal durchaus interessante Mischung aus Meinungsäußerung, Stammtischgeschwätz und Laut-auf-dem-Bürgersteig-vor-sich-Hinschimpfen. Für die, die es mögen, ist es das Höchste. Die einen essen eben gern Vogelnester, die anderen fahren mit dem Fahrrad durch Nepal, und die Dritten schreiben irgendwo in der weltumspannenden Virtualität, dass Zeitungen Holzmedien sind und Journalisten moribund, altmodisch sowie wahnsinnig arrogant.

Das ist natürlich die hohe Kunst der Arroganz, es arrogant als Spleen abzutun, für arrogant gehalten zu werden. Aber das Problem ist nicht die Geringschätzung dessen, was im Netz passiert. Das Problem ist die eigene Selbstüberschätzung. Wieviele Journalisten erfüllen mit ihrer Arbeit Kisters Definition dessen, was Journalismus ist?

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Viele Journalisten, die sich in diesen Debatten über die Folgen der digitalen Revolution äußern, haben die Verklärung des zu verteidigenden Status-Quo perfektioniert: Es vergeht gerade kein Tag, in dem nicht irgendein Blatt voller Pathos zur Verteidigung des Urheberrechts gegenüber irgendwelchen „Piraten“ oder Google aufruft. Sie fordern, als sei es ein Menschenrecht, dass Autoren selbst entscheiden dürfen müssen, was mit ihren Texten geschieht, wo sie veröffentlicht werden, wer an ihnen verdient. In der aktuellen „Welt am Sonntag“, um nur ein Beispiel zu nennen, gipfelte das in der — zugegeben: tollen — Überschrift: „Mein Buch gehört mir.“

In diesem Empörungsgetöse fast vollständig ausgeblendet ist, dass die meisten freien Journalisten schon deshalb nicht von Google enteignet werden können, weil die Verlage das längst erledigt haben. Viele Zeitungsverlage verlangen von ihren Mitarbeitern, „Total-Buy-Out“-Verträge zu unterzeichnen, mit denen sie die Rechte an ihren Texten inhaltlich, räumlich und zeitlich unbeschränkt abgeben, inklusive der Rechte, diese Rechte an Dritte zu übertragen. Ist es nur der Gipfel der Heuchelei, wenn Zeitungen diese eigene Praxis beim Kampf gegen Google ausklammern, oder schon eine Form von Schizophrenie?

Marc Felix Serrao schrieb in der „Süddeutschen Zeitung“ über den skandalösen Umgang des „Nordkurier“ mit seinen freien Mitarbeitern, die „das unbeschränkte Nutzungsrecht“ an ihren Leistungen abtreten müssten: „Das ist zwar Usus für Festangestellte, aber nicht für Freie, die sich finanziell von Auftrag zu Auftrag hangeln.“ Ich fürchte, er glaubt das wirklich.

Überhaupt, die „Nordkurier“-Geschichte. Die SZ berichtete am Freitag, dass sich dort unter dem Regime des berüchtigten Geschäftsführers Lutz Schumacher freie Mitarbeiter neuerdings in einer Online-Börse um Termine und Themen bewerben müssen. Der Autor schrieb wörtlich:

Der Nordkurier vergibt keine Aufträge mehr an Freie oder nimmt deren Text- und Bildangebote an, sondern schreibt die von ihm gewünschten Fotos und Artikel in einer Art Online-Börse aus. Wer will, kann sich dann bewerben und ein Honorarangebot abgeben. Allerdings muss er erst der Rahmenvereinbarung zustimmen.

Soweit die Formulierungen der „Süddeutschen“. Und hier zum Vergleich die Formulierungen, die der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) vier Tage zuvor in einer Pressemitteilung gewählt hatte:

Der Nordkurier vergibt keine Aufträge mehr an Freie und nimmt auch keine Text- und Bildangebote mehr von ihnen an, sondern schreibt die gewünschten Fotos und Artikel in einer Online-Börse aus. Die freien Journalisten können sich dann um das Thema bewerben und ein Honorarangebot abgeben. Voraussetzung dafür ist, dass sie vorher einer Rahmenvereinbarung zustimmen, mit der sie Rechte “für alle Nutzungsarten” an den Verlag abtreten.

Immerhin hat die SZ nicht nur die Formulierungen der Gewerkschaft ungekennzeichnet in ihren Artikel kopiert, sondern auch mit Schumacher gesprochen und zitiert ihn mit dem Satz, der Honoraretat seiner Zeitung werde nicht gesenkt. Die Frage der Honorare ist ohnehin eher ein Nebenaspekt in dem Artikel. Zur Hauptsache machte ihn der Branchendienst „turi2“. Aus der SZ-Formulierung, dass die Freien beim Nordkurier „sich bewerben und ein Honorarangebot abgeben“ müssen, wird bei turi2:

Drei, zwei, eins — dem billigsten seins: Der „Nordkurier“ aus Neubrandenburg schreibt sämtliche Text- und Bildaufträge auf einer Ebay-ähnlichen Plattform im Web aus. In der Onlinebörse „Nordost-Mediahouse“ sollen Journalisten ihre Honorarangebote zu Berichten vom Kaninchenzüchterverein und Co machen — und der billigste Anbieter bekommt den Zuschlag.

Hahaha, „dem billigsten seins“. Inzwischen ist das meiste davon durchgestrichen, denn nach den Worten Schumachers gibt es beim „Nordkurier“ feste Honorarsätze — es gehe keineswegs um den Preis. (In der Korrektur gibt turi2 natürlich nicht sich, sondern der „Süddeutschen“ die Schuld. Sie hätte behauptet, die Texte würden an den Journalisten mit dem niedrigsten Angebot vergeben. Es muss sich um eine Halluzination handeln.)

Aber „turi2“ war nicht das einzige Medienangebot, das alle Energie in die Maximierung der Lautstärke investierte, und keine in die Recherche. Auf „Meedia“ schrieb sich Chefredakteur Georg Altrogge in Rage und beklagte wort- und wutschaumreich das Lohndumping. Über die genaue Regelung beim „Nordkurier“ wusste er allerdings so wenig wie über die Lage der Stadt Neubrandenburg, die er von Mecklenburg-Vorpommern nach Brandenburg verlegte.

(Dass die Honorare, die der „Nordkurier“ seinen Freien zahlt, erbärmlich sind, steht außer Frage. Und Schumachers Argument, die meisten freien Mitarbeiter seiner Zeitung seien eh Studenten, Hausfrauen und pensionierte Lehrer, merken wir uns dann für die nächste Diskussion der „Nationalen Kommission Printmedien“ darüber, wie wichtig der Erhalt dieses hochwertigen Lokaljournalismus für unsere Gesellschaft ist.)

Auch „Spiegel Online“ übernahm ungeprüft die Behauptung von der Versteigerung der Aufträge und musste sich hinterher berichtigen.

Bis hierhin sind an der Produktion, Verbreitung und Verschlimmerung einer Falschmeldung ausschließlich hauptberufliche Journalisten beteiligt. An welcher Stelle dieser Geschichte, Herr Kister, finden wir den viel beschworenen Journalisten, der prüft und wägt, recherchiert und einordnet?

Ich ahne schon, welcher Einwand jetzt von den Turis, Meedias und SpOns kommt: Sollen wir denn jede Meldung prüfen? Müssen wir uns nicht auf eine Quelle wie die „Süddeutsche Zeitung“ verlassen können? Ich glaube, dass die Frage die falsche ist. Denn die entscheidende Perspektive ist nicht die der Macher, sondern der Leser. Welchen Nutzen hat es für ihn, wenn immer mehr Journalisten damit beschäftigt sind, dieselben wenigen Inhalte zu vervielfältigen, ungeprüft, aber verzerrt durch immer weitere Erhöhung der Lautstärke? Welchen Wert hat für ihn ein System, das Falschmeldungen inflationiert?

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Miriam Meckel schreibt heute in der F.A.Z.:

Bislang ist es der Journalismus, der die Menschen mit Neuigkeiten aus der Welt versorgt, sie durch gut recherchierte und erzählte Geschichten interessiert und fasziniert.

Ist es nicht faszinierend, wie in all diesen Qualitätsjournalismus- und Zeitungsverteidigungsartikeln das einfach immer als gegeben hingestellt wird, dass unser real existierender Journalismus seine gesellschaftliche Aufgabe erfüllt? Die Wörter „gut recherchiert“ stehen einfach in diesem Satz herum, gucken unschuldig und versuchen, nicht weiter aufzufallen. Im Gegensatz dazu:

Das Internet hat dem professionellen Qualitätsjournalismus einen bunten Strauß an publizistischen Aktivitäten an die Seite gestellt, bei dem Amateure zu Autoren werden, die eine subjektive, volatile und momentorientierte Berichterstattung praktizieren.

Sie meint das nicht böse, aber wir können gerne einmal gemeinsam eine durchschnittliche Tageszeitung, vermutlich auch eine überregionale Tagespresse, durchblättern und schauen, wie viele Filzstifte wir brauchen, wenn wir alle subjektive, volatile und momentorientierte Berichterstattung darin durchstreichen wollen.

Meckel geht noch weiter und malt sich eine Zukunft ohne Journalisten aus:

Wie in einer Dienstleistungsgesellschaft, in der sich alle nur noch gegenseitig die Haare schneiden, bereiten wir am Computer die Informationen der anderen aus dem Netz neu auf, gefangen in einer Zeit- und Inhaltsschleife der fortwährenden Reproduktion und Rekombination des immer Gleichen.

Wie kommt dann das Neue in die Welt? Gar nicht. Es wird lediglich simuliert als Ergebnis der innovativen Verlinkung von Altbekanntem.

Das ist ein süßer Gedanke, wenn man weiß, dass es reicht, eine Pressemitteilung im Abstand von mehreren Monaten noch einmal zu schicken, damit sie von Journalisten als neue Nachricht verkauft wird, aber im Ernst: Ich möchte in keiner Welt ohne professionellen Journalismus leben, aber diese Dystopie entbehrt jeder Grundlage. In einer Welt ohne Journalisten gingen uns die Neuigkeiten nicht aus, und wir würden einander auch nicht alle dasselbe erzählen. Die Lawblogger würden uns Neuigkeiten aus den Gerichtssälen erzählen, Parteimitglieder über neue Gesetzesentwürfe streiten, Foodblogger neue Restaurants erkunden, Medizinprofessoren kritisch neue Medikamente bewerten und chinesische und iranische Blogger uns mit Einblicken in ihr Leben bereichern.

Was fehlen würdem in einer Welt ohne Journalismus, ohne Massenmedien, wäre neben den großen Plattformen für einen Diskurs der Gesellschaft vor allem das Sortieren und Gewichten, die Systematik und Kontinuität. Fehlen würde eine Struktur, die dafür sorgt, dass die Berichterstattung über wichtige Themen nicht davon abhängt, ob sich zufällig ein Blogger für sie interessiert oder sie sich unmittelbar rechnet, und die die größtmögliche Chance bietet, dass diese Berichterstattung professionell und unabhängig geschieht.

Meckel schreibt:

Wir brauchen Menschen, die von ihrem Schreibtisch aufstehen und sich von ihrem Computer lösen, um zu beobachten, was in der Welt geschieht. Wir brauchen Menschen, die unter Recherche mehr als die Eingabe eines Begriffs in eine Suchmaschine verstehen. Die mit anderen Menschen sprechen, um zu verstehen, was sie bewegt und ihr Leben bestimmt. Wir brauchen Menschen, die diese Geschichten so erzählen können, dass andere sich für sie interessieren.

Ja! Aber wir brauchen Menschen, die unter Recherche schon einmal mindestens die Eingabe eines Begriffs in eine Suchmaschine verstehen. Und ist es nicht eine bizarre Verklärung, die relativ kleine Elite professioneller Journalisten mit Draußen und In der Welt gleichzusetzen, die vielen Menschen, die aber dort sind, wo die Journalisten erst hingehen sollen, als Stubenhocker zu beschreiben, die den Blick nicht vom heimischen Computer nehmen?

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Wir brauchen professionellen Journalismus, und wenn ich es mir aussuchen kann, dann bitte auch in Zukunft nicht nur online, sondern auch auf Zeitungspapier. Aber wir brauchen ihn nicht als verklärtes Ideal, das seine Unverzichtbarkeit behauptet, sondern einen Journalismus, der ganz konkret täglich seine Zuverlässigkeit beweist. Einen Journalismus, der transparent ist, seine Unzulänglichkeiten offenlegt und seine Fehler korrigiert, der hingeht, wo es wehtut, sich die Zeit nimmt, die nötig ist, der recherchiert statt kopiert und Verantwortung für die Folgen seiner Arbeit übernimmt.

Wenn der Zeitungsjournalismus so wäre, wie er in den vielen Zeitungsjournalismus-Verteidigungstexten beschrieben wird, dann müssten Zeitungen zum Beispiel in der gegenwärtigen Auseinandersetzung um die Zukunft des Urheberrechts der Ort für die gepflegte Debatte sein, allen begründeten Standpunkten ihren Raum geben, abwägen und differenzieren und die eigenen Interessen deutlich machen. Ich sehe stattdessen an vielen Stellen Zeitungen als Propagandainstrumente in eigener Sache, die einseitig und penetrant Stimmung machen und dabei grotesk übertreiben. Es ist das Gegenteil einer vertrauensbildenden Maßnahme.

Wie überzeugend sind all diese Plädoyers für die Großartigkeit, die Einzigartigkeit des Zeitungsjournalismus, den wir haben, wenn die Menschen im Alltag das Gegenteil erleben? Wie sehr würde sie, zum Beispiel, die Leute überzeugen, die gegen den Weiterbau einer Autobahn demonstrieren und feststellen müssen, dass die lokale Monopolzeitung, die für den Weiterbau ist, ihre Aktion bewusst so fotografiert hat, dass sie viel winziger wirkt als sie war?

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Das „SZ-Magazin“ hat für seine „Wozu Zeitung“-Ausgabe auch auf „turi2“ Anzeigen geschaltet. Sie führen zu einer Selbstbeschreibung, in der der Verlag dem Magazin „kreativen Journalismus auf höchstem Niveau“ bescheinigt. Ist es nicht ironisch, dass dieses sensationell anspruchsvolle Magazin in einer Ausgabe, in der er fast auf jeder Seite um Faktenliebe und Qualität und den gedruckten Journalismus als Garant von beidem geht, es nicht einmal schafft, den Hintergrund seines Gastautor Felix Salmon zu recherchieren? Und, schlimmer, seinen Text, der sich im Original mit dem (angeblichen) Fehlen spezieller Wirtschaftsblogs in Deutschland beschäftigt, flugs zu einer Analyse der deutschen Blogs schlechthin umdeklariert?

Überhaupt ist es interessant, sich die Form des Heftes genauer anzuschauen. Fast alle Texte sind Mini-Essays, die ohne all das auskommen, was angeblich den Zeitungsjournalismus so auszeichnet: die Vor-Ort-Recherche, das Neue-Fakten-Schöpfen. Es sind nette Artikel dabei, keine Frage, viele sind klug und gut geschrieben und manche sehr lesenwert. Aber eigentlich ähneln sie verblüffenderweise: Blog-Einträgen. Es sind aus persönlicher Betroffenheit geschriebene Kommentare. Das ist nichts Schlimmes (sagt ja auch Kister), bleibt aber doch verblüffend hinter den behaupteten eigenen Möglichkeiten zurück.

Aber die Autoren sind dann doch keine Blogger. „SZ“-Chefredakteur Hans-Werner Kilz schreibt unter „Q“ wie „Qualität“ zwar:

Wer schreibt, braucht kämpferisches Temperament, eine polemische Bereitschaft, eine Freude an Kontroversen.

Aber wenn ich es richtig gesehen habe, hat sich an keiner Stelle einer der Autoren dazu herabgelassen, tatsächlich mitzudiskutieren. Das „SZ-Magazin“ hat die Texte breit gestreut, damit andere über sie diskutieren können. Manche Kritiker haben positiv bemerkt, dass das „SZ-Magazin“ auf all diese Debatten verlinkt, und das muss man tatsächlich würdigen, weil die Online-Ableger der klassischen Medien gerade erst ganz langsam lernen, dass es im Internet die Möglichkeit gibt, Links zu setzen, die auf andere Seiten als die eigenen führen. Aber das reicht nicht.

Es ist natürlich auch eine Folge des Gefühls der eigenen Überlegenheit, dass viele Journalisten nicht im Traum auf die Idee kämen, mit Lesern in den Kommentaren über ihre Artikel zu diskutieren. Den Abstand zwischen dem, der etwas publiziert, und denen, die das lesen und — neuerdings — öffentlich darüber diskutieren dürfen, muss doch bitte gewahrt bleiben.

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Wir brauchen guten Journalismus und gute Journalisten. Aber wenn die Diskussion darüber, wie wir beides auch in Zukunft gewährleisten können, irgendwie konstruktiv sein soll, muss sie sich endlich von den falschen Gegensätzen verabschieden. Die Front verläuft nicht zwischen Profis und Amateuren oder Redakteuren und Freien oder Verlagen und Einzelkämpfern oder zwischen Print und Online. Sie verläuft zwischen gutem Journalismus und schlechtem Journalismus. Es ist wirklich so einfach.

235 Replies to “Wutmäander zur Qualitätsdebatte”

  1. Stefan… neee, das ist zu plump. Herr Niggemeier, was für ein Text. Ein Meisterstück, ein journalistisches. Kompliment, und vielen Dank für die Lektüre.

  2. Was für ein Artikel! Chapeau! Lange, ja, aber zielgenau auf den Punkt geführt. DAS ist für mich Qualitätsjournalismus wie ich ihn mag. Danke!

  3. Das nicht ganz unanstrengende Verfolgen des Mäanders hat sich gelohnt. Tatsächlich wird die notwendige Qualitätsdebatte durch das wiederholte Vorbringen unzutreffender bzw. widerlegter Argumente diskreditiert.

  4. Fakten werden nicht generiert, Fakten sind. Nur weil nicht jeder alle auf einmal kennt, also immer wieder neue Fakten entdeckt werden, bedeutet dies nicht, dass sie nicht existieren. Ja, der fallende Baum im Wald macht ein Geräusch, auch wenn niemand dabei ist, es zu hören.

    Und von einem Journalisten erwarte ich – neben der Analyse und Einordnung -, dass er [im Falle Frau Meckels: sie] Neues berichtet – nicht schafft. Außerdem erwarte ich halbwegs lesbares Material, meint Frau M. nun, dass Neues von Journalisten geboren wird oder weitergetragen?

    Komisch, ich heb noch nie erlebt, dass sich Werbetexter und deren Auftraggeber über Urheber- und Nutzungsrechte unterhalten. Allerdings würde der Texter [oder die Agentur], der dem Auftraggeber unmissverständlich nur eingeschränkte Nutzungsrechte zur Verfügung stellte, schlicht kein Geld mehr bekommen.

  5. Diese sachliche, vergleichsweise auffällig ausgewogene und gut nachvollziehbare Darstellung der eigenen Ansichten zum Thema stellt meiner Laien-Einschätzung nach eine treffende Analyse der tatsächlichen Situation dar.
    Ich würde jedoch Meckel, obwohl ihre Formulierungen zu vereinfacht und auch übertrieben sind, zumindest der Idee nach zustimmen, wenn sie von einer „Zeit- und Inhaltsschleife der fortwährenden Reproduktion und Rekombination des immer Gleichen“ spricht. Die technischen Möglichkeiten/ Bedingungen des Internets führen meiner Ansicht nach tatsächlich zu Phänomen, die eine (ja auch provokante) Aussage wie die von Meckel nicht ganz abwegig erscheinen lassen. Doch selbst bei einem Konsens über diese zunächst wie ein Negativum wirkende Eigenheit des Internets (der natürlich nicht besteht) könnte daraus keine Überlegenheit der Printmedien abgeleitet werden. Genauso ließen sich nämlich sehr leicht Aussagen zum grundsätzlichen Charakter des Internets machen, die als Vorteile gegenüber den Printmedien interpretiert werden könnten. Will sagen: Eine hart wertende oder eigentlich sogar verurteilende Haltung dem „Online-Schreiben“ gegenüber ist doch bei einer Grundlage, die lediglich aus einer eher oberflächlichen, unausgewogenen und intuitiven Analyse „aus dem Bauch heraus“ besteht, nicht angebracht.

  6. Ein guter Text sei Kino im Kopf, sagte mal ein kluger Mensch. Ich meine, es war Cordt Schnibben. Dieser Text hier ist ganz großes Kino …

  7. Seit vielen Jahren habe ich auf diesen Artikel gewartet, wissend, dass er irgendwann irgendwo kommen müsste. Als ich dann diesen Blog entdeckte, wusste ich zumindest, wo es passieren würde. Was bleibt zu sagen? Nur dass sich das Warten gelohnt hat. Und: Danke.

  8. niggemeier im teppich von katia kelm find ich klasse. ich möcht sie aber nicht eingerollt wissen. dann könnten sie ja nicht mehr schreiben!

  9. Ein schönes und sehr differenziertes Stück, dem ich eigentlich vollständig beipflichten möchte.

    Doch mir fehlt ein Aspekt: Guter Journalismus kostet Zeit. Zeit ist Geld, er kostet also auch Geld. Der Journalist (bin selbst einer, hoffe ich) muss schließlich von irgendwas leben.

    Die Verlage, pardon: Medienhäuser haben aber zurzeit alle dasselbe Problem: Die Werbung wandert zunehmend ab ins Internet. Nur hat man leider verpasst, dort die gleichen Preise dafür zu verlangen wie im Print — eigentlich hätte man sogar deutlich mehr verlangen können, da sich der Erfolg jeder Kampagne im Internet minutiös zählen und nachverfolgen lässt…

    Aber der Zug ist längst abgefahren. Fatale Folge: Die Umsätze gehen zurück, die gewohnten Kostenstrukturen lassen sich nicht mehr aufrechterhalten, es wird an allen Ecken und Enden gespart und entlassen. Noch dazu sollen die angestellten, berufsmäßigen Journalisten plötzlich multi- und crossmedial arbeiten, egal ob ihnen das nun taugt oder nicht. Immer mehr (und immer weniger kontinuierliche) Arbeit verteilt sich auf immer weniger Schultern.

    Ein Ende der Abwärtsspirale ist mangels wirklich tragfähiger Online-Geschäftsmodelle für des Journalisten Arbeitgeber nicht in Sicht. Und dem ist aus meiner Sicht größtenteils die tatsächlich nachlassende Qualität geschuldet.

    Wenn da nicht noch irgendwer eine wirklich rettende Idee hat, dann wird Google News schon bald nichts mehr zu aggregieren haben. Und ich glaube nicht, dass zurück zu Paid Content diese rettende Idee ist. Genauso wenig wie ich daran glaube, dass künftig lauter „ehrenamtliche“ Blogger den guten Journalismus liefern werden.

    Ehrlich gestanden: Ich bin gerade ziemlich ratlos.

  10. Seit langer Zeit habe ich mir einen Text mal wieder ausgedruckt. Und er gefällt. Salmon mag zwar einige wichtige Punkte angesprochen haben, aber die Art „Deutsche sind…“ stößt bei mir nicht gerade auf Gegenliebe. V.a. da man zwischen „den Deutschen“ und „den deutschen Bloggern“ unterscheiden sollte.

  11. Ich kenne diesen Block erst seit kurzem. Mehr Zufällig. Vielen herzlichen Dank für diesen Web-Artikel! Großartiger Text, großartige Recherche, unglaublich gut zu lesen. Viele haben es ähnlich schon geschrieben. Des Lobes kann aber nie genug sein! Ich denke, das wichtigste Manko im Journalismus unserer Zeit ist einfach mangelnde Zeit – gepaart mit gewollter Unkenntnis und falscher Einstellungen zu Beruf. Wir beschreiben, müssen aber erklären. Wir erzählen nicht nur Geschichten, wir müssen orientieren helfen. Und wir müssen Klartext sprechen, immer. Denn ohne dies ist keine Demokratie. Insofern ist Ihre Abhandlung ein echter Schatz … Vielen Dank. Ein Journalist aus Hessen.

  12. Ich weiß nicht, ob das Aufzeigen punktueller Fehler in der Summe tatsächlich ein repräsentatives Bild zeigt.
    Selbstverständlich ist es ein saudummer Fehler, wenn man leicht zu recherchierende biografische Daten falsch hin- oder abschreibt.
    Fehler der Art für die sich der Verantwortliche einen Tag schämen und für den es in der einer Redaktionskonferenz auf die Socken geben sollte.
    Beim Thema Transparenz und Fehlerkorrektur können viele Medien noch noch lernen, keine Frage.

    Diesen ewigen Vergleich „Holzmedien“ gegen „Internetamateure“ kann ich dennoch nicht mehr lesen. Es ist unproduktiv und führt zu nichts. Er ist von beiden Seiten anstrengend und lähmend. Ich stimme zu, dass die Medienhäuser zu wenig aus ihren Möglichkeiten (Budgets, Personal, Kontakte) machen. Möglichkeiten, die Privatiers meist leider nicht haben.

    Trotzdem stammt der Großteil der Aufdeckungen immer noch von „klassischen“ Medien. Kein Wunder, sie sind schließlich auch zur Relevanz (auch so’n abgenutztes Wort) verdammt. Und es stimmt, dass sich Blogs und Co. oft an den Themen der Holzmedien abarbeiten.

    Solange dies so ist haben wir noch keinen massiven Medienwandel. Selbst wenn Oldschool-Journalisten manchmal zu doof zum Googeln sind oder Wikipedia nicht richtig benutzen können (oder dieses Internet plakativ albern finden oder…).

    Die neuen Medien™ fügen der Medienlandschaft eine neue Klangfarbe hinzu, korrigieren, sammeln, bilden Gegengewicht und bringen auch mal eigene Themen auf’s Tapet usw. Prima!

    Blogs müssen nicht „relevant“ sein, Tageszeitungen dürfen sich gerne für unverzichtbar halten und dieses Webdings doof finden. Jeder wie er mag, die Konsumenten suchen sich ihren Medienmix eh selbst zusammen.

  13. Wäre dieser Artikel ein Hollywood-Film, ich wäre der Typ, der den „slow dramatic clap“ beginnt.

  14. Großartig und wichtig. Wir haben an vielen Stellen im Web punktuell schon unsere Meinung zu einzelnen Aspekten des Medienwandels und der Qualitätsdebatte niedergeschrieben. Aber es braucht einen Stefan Niggemeier, um in einem irrsinnig langem Blogpost derart pointiert und überzeugen zu argementieren.

  15. Danke fürs Beobachten, Finden, Sortieren, Recherchieren, Erzählen und Kommentieren, Stefan.

    (Und wie sehr wünschte ich mir, wenn – nur einmal – die nächste Antwort der Angesprochenen auf Texte wie diesen nicht wieder über Bande, sondern direkt käme. Es ist alles so ermüdend.)

  16. @ 16 TC

    „Die Verlage, pardon: Medienhäuser haben aber zurzeit alle dasselbe Problem: Die Werbung wandert zunehmend ab ins Internet. Nur hat man leider verpasst, dort die gleichen Preise dafür zu verlangen wie im Print“

    Richtig und falsch – ich finde auch, dass die ökonomische Komponente in SN Beitrag etwas kurz kommt (sie taucht eigentlich nur implizit auf).

    Das Problem ist, wie so oft, vielschichtig. Einerseits ist es richtig, dass das Geschäftsmodell „Zeitung“ in der alten Form nicht mehr weiterfunktioniert. Das ist bei allen Geschäftsmodellen im laufe der Zeit irgendwann der fall – man mag das bedauern, oder auch als Chance sehen.

    Das Problem – und so verstehe ich auch SN – ist, dass die Antworten der Verlagshäuser auf die Herausforderungen, wie sie durch „neue Medien“ entstehen, das Problem eigentlich nur verschlimmern. Wenn das“Qualitätsversprechen“ ein Unique Selling Point der etablierten Medien ist, dann ist es doch doppelt-dämlich, diesen aufzuweichen, indem man selber alles mögliche Geschwurbel publiziert, den geplatzten BH von JJ als Medienspektakel zelebriert (und 168 kommentiert), Qualitätskriterien links und rechts aufweicht und die Ressourcen, die man noch hat, in diesem Maße verschwendet.

    Ich habe auch keine Lösung für die Herausforderungen, die sich dem Geschäftsmodell „Printmedium“ präsentieren – allenfalls Ansätze (bin aber auch nicht Betroffener). Über die Veränderungen zu schimpfen scheint mir aber kein vielversprechender Lösungsweg zu sein.

  17. Toll! Es ist zwar nicht ganz einfach sowas mal schnell in einem kleinen Happen zu vertilgen, aber es hat sich gelohnt. Schöner Artikel, der den Nagel auf den Kopf trifft.

  18. Enige Anmerkungen:

    – die Süddeutsche wurde mir neulich empfohlen als „gute“ Zeitung. Ich schließe jetzt mal nicht vom SZ-Magazin auf die Zeitung.
    – mich erinnert die Art der Polemik der Zeitungen bezüglich Qualitätsjournalismus an die Reaktion der MAFIA auf Napster.
    – Wenn die Schwarmintelligenz in den Informatik-Zweigen der Unis so beschworen wird für so viele Dinge, in denen es wenig spezieller Kenntnise, sondern mehr der Durchführung handwerklich korrekter Vorgänge geht, warum begreifen dann Zeitungsmacher bis jetzt immer noch nicht, dass ein „Journalist“ ebenso von den 1000 Affen ersetzbar ist?

    Vieles, was sich hier als „Qualitätsmangel“ erweist, ist einfacher Mangel an Willen zu Mehrarbeit. Die Spirale dreht sich immer weiter nach unten in den Redaktionen und es wird fast verzweifelt beschworen, dass da ja Menschen sitzen, die wissen, was sie tun, und man kommt sich vor als säße ein Top-Chirurg im letzten verbliebenen Krankenhaus von Berlin im einzigen OP und vor der Tür stehen tausende Menschen mit Blinddarmentzündung.

    Ach und abschließend erinnert mich das an „The Wire“. Überall in der Stadt stehen leere Häuser mit verwesenden Toten, bei der lokalen Tageszeitung wird ein Massenmörder erfunden, um die Auflage zu steigern, und ein Polizist geht auf den Spuk ein, damit endlich neue Mittel bereit gestellt werden.

    Das sind hier alles kleine Beispiele – bis irgendwann irgendwo aus Mangel an Recherche die große Bombe platzt bei etwas, was wirklich wichtig ist. Colin Powell vor der Uno wär ja ein nettes Beispiel.

  19. Als wäre es eine Sachen des Wollens (oder gar Vergessens), 16 und 24, im Internet die gleichen „Preise zu nehmen“. Im Internet ist das Angebot für Werbeflächen größer. Angebot, Nachfrage. Schon mal von gehört?

    Die beste Passage ist, wo endlich mal aufgedeckt wird, daß Google nicht die Autoren, sondern höchstens die Verlage „enteignen“ möchte. Und das wäre ein Schritt hin zur Demokratisierung. Ginge es in Wirklichkeit nur darum die Autoren zu enteignen, da würde doch kein Hahn nach krähen, die sind’s ja längst.

  20. Hervorragender Wutanfall!

    Passend zur „guten Recherche“-Problematik habe ich eben beim Kochen folgendes, hervorragendes Feature des DLF gehört:
    „Ein Käfig voller Enten“. Das Feature findet man zum Nachhören auf der Seite des DLF unter Sendungen A-Z, „Das Feature“.
    Der Autor hat darin die ausbleibende Recherche fast aller „Qualitätsmedien“ zu den Hintergründen der „Sauerlandgruppe“ ausführlich beleuchtet. Sehr erschreckend!

  21. Ich würde mich freuen, wenn sich jemand der Angesprochenen mal die Mühe machen würde, und Stefan ernsthaft und überzeugend widerspräche. Einfach, weil ich hoffe, dass er Unrecht hat.

  22. Aber die Qualitätsjournalisten sind doch mit besseren Dingen beschäftigt. Die scheuen Diskussionen, wie Spitzenpolitiker die Wirklichkeit (woah, ist das billiger Populismus…)

  23. Herrn Niggemeiers Text beginnt so: „Ich bin kein investigativer Journalist. Mir fehlen dafür nicht nur die Kontakte, sondern vor allem Ausdauer und Disziplin.“
    Lässt man investigativer weg, passt es noch besser.
    Und der Text endet so: „Die Front verläuft … zwischen gutem Journalismus und schlechtem Journalismus. Es ist wirklich so einfach.“
    Und wer bestimmt, was gut oder schlecht ist?

  24. […] Nachtrag: Dieser wundersame Text, der dort heute im Netz auftauchte, der illustriert der Länge und der Breite nach nach und auch en détail, woran es unserem selbstgewissen Qualitätsjournalismus zunehmend mangelt – an Qualität nämlich: “Es sind die schlichtesten Gegensatzpaare, die da aufgestellt werden: Etablierte Medien recher… […]

  25. Ja, und die Beispiele sind so überzeugend, nicht wahr? Fast auf der Ebene des falschen Wilhelm. Toller Fehler in einem ganzen Magazin. Und toll auch, dass es praktischen keinen einzigen Blog gibt, der die Urheberrechtsdebatte anders als parteiisch erzählt, während ich in den 3 grossen Zeitungen (SZ,FAZ,ZEIT) pro und contra finde. Ich schlage vor. einfach mal eine Woche im internet diskutieren ohne aus Zeitungen zitieren und einmal eine Woche einen Niggemeier-Blog, der nicht von Zeitungen sondern vom internet minus Zeitungen lebt. Ein faszinierendes Schwarmphänomen das hier.

  26. Sagen Sie mal, wer bekriegt eigentlich wen? Wer hat gejubelt über Entlassungen, sich ausgemalt, wie arbeitslose Journalisten stempeln gehen, wer die toten Bäume beweint, wer sein eigenes GEschäftsmodell mit der etwas voreiligen Beerdigung der Konkurrenz durchgepaukt, wer höhnt,schimpft, zetert dauern gegen die „Geht sterben welt“, wenn nicht jene ca. 2000 Internet-Medien-Leute, die im Internet rumkommentieren? Etwas gewagt, das jetzt auf die Zeitungen zu schieben. Suche noch den Blog, der sagt: ich lebe von den Zeitungen und das ist auch gut so. Völlig verrückte, leider auch etwas meutenhafte Drehung hier die Zeitungen zu beschuldigen. Und überhaupt: WELCHE? die Bild? die Welt? das ND?

  27. @Thom (27) Natürlich ist im Internet das Angebot für Werbeflächen größer. Dass die Preise für Werbung im Netz so viel niedriger sind, liegt aber meiner Meinung nach weniger am Gesetz von Angebot und Nachfrage. Sondern vielmehr daran, dass es im Web ganz neue Mechanismen wie AdSense gibt: man streut seine Werbung quasi nach Belieben in relevante Umfelder, wie nischig die auch immer sein mögen, und zahlt erst dann dafür, wenn ein Kunde wirklich darauf klickt…

    Google ist mit AdSense aber sicher auch deswegen so gigantisch erfolgreich, weil es — wie Jeff Jarvis in „What Would Google Do“ aktuell beschreibt — nicht so viel Wert/Profit wie möglich abschöpft, sondern nur so wenig wie nötig für sein weiteres Wachstum.

    Die Gründe sind mannigfaltig und vielschichtig, das resultierende Dilemma aber ist und bleibt, dass die Verlage mit Werbung im Netz weniger erlösen als in der „Holzmedien“-Vergangenheit gewohnt. Und aus diesen Einnahmen werden die Gehälter hauptberuflicher Journalisten nun mal bezahlt. Weniger Umsatz = weniger Gehälter = weniger Journalisten. Und damit auch weniger guter Journalismus, wenn man davon ausgeht, dass zumindest ein Teil der Leute gute Arbeit macht(e).

  28. Gratuliere! – Ein in jeder Hinsicht gelungenes Beispiel für Qualitätsjournalismus. Ein Hochgenuss, diesen Artikel zu lesen.

    Und in Sachen Verwertungsrechte: hab in gleich vetwittert ;-)

  29. „Es ist natürlich auch eine Folge des Gefühls der eigenen Überlegenheit, dass viele Journalisten nicht im Traum auf die Idee kämen, mit Lesern in den Kommentaren über ihre Artikel zu diskutieren.“

    Meiner Meinung nach ist das der wesentliche Punkt.

    Bei einer Diskussion käme heraus, wie wenig der Schreiber sich mit seinem Artikel identifiziert, wie wenig er wirklich darüber weiß und wie wenig Freiraum ihm in seinem Verlag gegeben ist. Es würde ersichtlich, wie wenig faktenbasiert der „Qualitätsjournalismus“ ist.

    Wenn man sich die Mühe macht die wesentlichen Positionen und Kernthemen von SZ, FAZ, SpOnline … der letzten 10 Jahre aufzulisten und mit der Wirklichkeit zu vergleichen – das Ergebnis wäre eine Katastrophe.

    Die Zeitungen „erziehen“ von oben herunter. Sie behandeln ihre Kunden wie dumme Kinder denen man die Welt erklären muss. Diskutiert wird nicht. Die Zeitung muss führen (Bueb). Das wird als „Qualitätsjournalismus“ verbrämt ist aber nichts weiter als Dünkel.

    Aus dem Grund sind viele Bürger nicht mehr bereit Geld für Märchen auszugeben die ihnen als Fakten verkauft werden. Kaum etwas hassen Erwachsene mehr, als wenn sie wie dumme Kinder behandelt werden.

  30. Streifzug, alles so unbelegte Thesen, die gut klingen. Wo wären denn diese Leute hingegangen? Auf diesen Blog, den nur festangestellte und freie Journalisten lesen? Its Tunnelblick. Und moment mal, Bild? 1 Milliarden clicks? Hmmm…

  31. @hubert
    Ich muss gestehen, dass mir Ihr Kommentar nicht verständlich ist.

    Ich schreibe einfach: Mündige Bürger der Gegenwart wollen nicht mehr von oben herab belehrt werden (Dieses unsägliche Gerede -Reformen nur besser erklären- obwohl die betroffenen Bürger genau wissen, worum es geht).

    Der sogenannte „Qualitätsjournalismus“ ist meist nichts weiter als KatheterSchreibe.

    Katheter (hinabsenden) als Röhrchen oder Schlauch mit denen Hohlorgane gefüllt werden können. Passend dazu Katheder als Tische in erhöhter Position.

  32. Genial finde ich auch die These hier in den Kommentaren, daß man die Verlage bedauern sollte, weil sie weniger verdienen: als kämen Mehreinnahmen der Qualität zu Gute.
    Leider fehlt noch ein Modell zum Entgelten von Internetjournalismus. Wie ich hätten sicher viele gerne für etwas wie diesen Beitrag bezahlt. Auf freiwilliger Basis, freiwillige Höhe. Nachdem man’s gelesen hat. Dann bräuchte es nur noch eine Seite, wo man die neuesten Beiträge der Blogwelt gelistet sieht und die großen Verlagsmedien würden wirklich nahezu überflüssig (und die Autoren würden statt den Verlagen das Geld verdienen, ratet mal, wer da was dagegen hat. Schon weil man auf viele einzelne nicht so einen Druck wie auf ein paar Große ausüben kann).

  33. Herr Niggemeier, ich finde Ihren Beitrag in vielen Punkten zutreffend, vor allem in Bezug auf die ungeprüften Übernahmen von Tatsachenbehauptungen durch andere Medien. Allerdings möchte ich Ihnen in einer Hinsicht widersprechen: Im Lokaljournalismus ist es üblich, dass sich der Redakteur direkt mit den Lesern auseinandersetzt, schon allein, weil sie ihn nach einem streitbaren Artikel mit ihren Anrufen bombardieren oder gleich in Person in der Redaktion auftauchen. Kann es sein, dass der Elfenbeinturm der vermeintlich Überlegenen, den Sie unter anderem kritisieren, nur noch bei den überregionalen Zeitungen existiert – wo ja auch Sie den Großteil Ihrer journalistischen Erfahrung gesammelt haben? Mich beschleicht mitunter diese Vermutung.

  34. @Thom (47) Man sollte die Verlage nicht (primär) bedauern, weil sie weniger verdienen, sondern die Angestellten der Verlage, weil die Verlage weniger umsetzen/einnehmen/erlösen und damit ihre Kostenstruktur nicht mehr halten können — der größte Fixkostenblock sind halt doch meistens die Personalkosten…

  35. ok, dann möchte ich hier mal den link auf den deutschen blog den ich s t a t t der Qualitätsmedien lesen soll. Was ersetzt die? Gerne auch eine List. Wohlgemerkt: Blogs, die nicht in ihren Inhalten von den traditionellen Medien leben. Was lese ich in Deutschland, um nicht von oben herab aber doch informiert zu werden. (PLEASE NOT THE HUFFINGTON POST, die auch zu 80 Prozent von Medien lebt)

  36. Als Stefan im Artikel Miriam Meckel vorschlug, mal gemeinsam eine Zeitung auf Fehler hin zu durchsuchen, hab ich mir gedacht – ja, macht mal. Und vergleicht das mal mit Blogs, ruhig einigermaßen ordentlichen, was immer das bedeuten mag. Mich würde es sehr, sehr wundern, wenn die traditionellen Medien das nicht haushoch gewönnen. Müssen sie quasi auch, bei dem eigenen Anspruch, und dem Geld, das sie kosten. Aber bei aller gelegentlicher Sülze, die man auch in der Zeit oder im Spiegel finden kann, ist das Verhältnis Signal zu Rauschen dort doch wesentlich höher. Die vereinzelte Selbstbeweihräucherung der Edelfedern – sei’s drum!

  37. @16 (thomas cloer):

    grämen sie sich nicht zu sehr. ihre ehrlichkeit zeichnet sie aus. die ratlosigkeit eingestehen zu können qualifiziert sie vielleicht mehr dafür, die lösungen der probleme mit zu gestalten, als das kampfgetümmel der erben unserer geliebten print-tradition. verkannte krise ist der tod.

    lieber herr niggemeier, danke für den artikel. der wird noch eine weile rieseln.

    .~.

  38. @54: Ausgerechnet die Nachdenkseiten sind, bei aller Sympathie für den Inhalt, meines Erachtens doch wohl eher ein Beispiel dafür, was Hubert meint und kritisiert – das Leben von den traditionellen Medien.

  39. @51 und 53
    als ginge es um ein entweder blogs oder etablierte (Print)Medien.
    Das Problem ist doch die oben schon beschrieben Überheblichkeit, die sich anscheindend aus einer Angst vor Relevanzverlust begründet. Warum müssen sich seltsamerweise Blogger immer gegen die Angriffe der sog. seriösen Journalisten verteidigen? Oft genug haben Blogs gar nicht den Anspruch eine Zeitung zu ersetzen, bieten sie doch aber eine mögichere weitere Sichtweise der Dinge an. Vor was haben die vermeintlich alten Hasen in den Redaktionen Angst, vielleicht weil sie wissen, dass sie, wie sie ihre Arbeite machen auch von sogenannten Amateuren durchgeführt werden kann? Nicht immer, aber immer öfter. Ein Argument für guten Journalimusist ja immer der Verweis auf ein Backoffice, auf ein Netzwerk, auf eine Redaktion die ein Blogger natürlich nicht vorweisen kann. Nur warum wird das so offensichtlich so wenig genutzt. Es kommt einem vor als würden Journalisten durch Blogs oder durch neue Medien in ihrer Arbeit behindert. Das Gegenteil ist doch der Fall . Vieles sit doch viel schneller udn einfacher zugänglich, nur doof dass eben der gemeine Leser auch Zugang zu diesen Informationen hat. Somit ändert sich das Bild des Journalisten ein wenig. Zukünftig wird er wohl etwas tiefer graben müssen, mehr recherchieren müssen, wenn er denn dem eigenen „Qualitätsdenken“ verhaftetet bleiben möchte.

  40. @56
    Die schreiben eigene Bücher, vertreten eigene Ansichten, bringen eigene Informationen und weisen auf Unstimmigkeiten traditioneller Medien hin.

  41. @58: Sicher, die Relevanz möchte ich den Nachdenkseiten nicht absprechen. Doch wenn ich richtig liege, handelt es sich ebenfalls in erster Linie um einen medienkritischen Blog.

  42. Machen wir mal ein Experiment:
    Herr A informiert sich einen Monat lang nur aus den 100 meistverlinkten deutschen Blogs.
    Herr B nutzt die gedruckte Presse.
    Herr C sieht nur fern.

  43. @57: Genau das habe ich doch betont. Ja, sie mögen gelegentlich überheblich sein oder die neuen Medien nicht richtig einschätzen. Und natürlich bringen beide Gutes und Schlechtes hervor. Letzten Endes sind die Qualitätsmedien aber doch diejenigen, denen man sich zuwenden kann, wenn man jetzt und hier verläßlich informiert werden möchte und kluge Kommentare lesen will. Wieviel Schrott muss man im Netz „filtern“, um die Perlen zu finden? Das macht den Vorteil einer etablierten Qualitätszeitung aus. Und deswegen ist sie auch ihr Geld wert. Wer seine Freizeit nur ein wenig schätzt, ist hier klar im Vorteil.
    „[Backoffice … Netzwerk … Redaktion] Nur warum wird das so offensichtlich so wenig genutzt.“ Ich finde das genausowenig offensichtlich wie ich diese Unterstellungen nachvollziehen kann, von etablierten Journalisten käme nur noch Angstbeißen wegen der kostenlosen Netzkonkurrenz. Für jeden merkwürdigen Artikel wie den letztens von Susanne Gaschke gibt es zig kluge Beobachtungen in Zeitungen zum selben Thema. Nur gibt’s zu denen keinen Sturm im Wasserglas.

  44. Servus, alle miteinander. Ich verfolge Ihren Blog jetzt schon eine Weile, Herr Niggemeier und muss jetzt auch mal was sagen.
    (Ich bin kein Journalist, also entschuldigen sie meine vll platte Schreibweise und evtl. inhaltliche Fehler.)

    Vielen Dank! Dieser Beitrag bringt es auf den Punkt. :)

    Die Aussage von Frau Meckle, ohne Profijournalisten würde die Blogszene – trotz ihres dann bestehenden News-Monopols – in einer endlosschleife schon berichtetes wiederkäuen ist schlichtweg lachhaft. Würden wir heute alle traditionellen Nachrichtenmedien abschaffen, hätte sich in 3-4 Monaten ein internationales Blog-Netzwerk gebildet, über das jede Art von Informationen und Berichterstattungen ähnlich schnell ihre Verbreitung finden würden. Dafür sind einfach genug „Amateure“ im Netz. Der einzige Unterschied wäre, dass niemand die Informationsflut filtern, sortieren, gewichten und gebündelt Präsentieren würde (obwohl…vermutlich doch. Irgend ein Nicht-Profi würde sich schon finden.) Und gerade dieses Manko wäre die eigentliche Innovation. Die Gewichtung würde sich nicht mehr an wirtschaftlichen Interessen orientieren, sondern lediglich an der Neugierde der Leser. Jede Nachricht wäre praktisch gleich viel Wert. Es würden keine Themen durch 200pt-Überschriften auf Zeitungskästen zum nationalen Interesse erhoben, sondern die mündige Masse der Leser würde entscheiden. Eine schöne Vorstellung, wie ich finde.

    Ohne professionellen Journalismus geht es nicht, das sehe ich ein, aber die stete Unterschätzung der Blogger ist unzeitgemäß. Viele dieser von Frau Meckle so herablassend betitelten „Amateure“ verstehen ihr Hobby mitunter weit besser, als jene „professionellen Journalisten“ ihre Arbeit.

    Vielen Dank.
    Weiter so :)

  45. @60: Herr A bin ich notgedrungen schon öfter gewesen – immer während vierwöchiger Aufenthalte in Asien. Da blieb oft nur der Gang ins Internetcafé, um sich über aktuelle Ereignisse zu informieren. Mein Fazit: Das war sehr zeitraubend und unbefriedigend, weil – vielleicht geht es nur mir so – beim Lesen im Internet stets weniger Informationen hängenbleiben, als wenn ich etwas auf gedrucktem Papier vor mir sehe. Weiß auch nicht genau, woran das liegt. Lieber nutze ich auch künftig alle drei Möglichkeiten, je nach Belieben: Blogs, Zeitungen, TV.

  46. Einfach bewundernswert, mit welcher Klarheit Sie dieses komplexe Thema greifen und begreifbar machen. Etwas klarer wünschte ich mir vielleicht nur den Abschnitt über jene Leute, die als Ersatz für die dahinsiechenden Journalisten dienen könnten – sprich die Experten der Nischen, die ja eigentlich auch automatisch immer vor Ort sind – und somit auch immer selbst „berichten“ könnten.* Dabei ist es wohl ein alter Hut, dass Experten – etwa Forscher – nicht die besten Dolmetscher sind. Klar: Viele sind mittlerweile „abwärtskompatibler“ als früher – aber ob das reichen wird? Einen Versuch wäre es wert… aber das jetzige System ist ohnehin zu Meisterleistungen im Selbsterhalt fähig. :-)

    ___
    * Sogar inkl. PR. Es ist oft unglaublich, wie sehr Journalisten „saubere“ PR-Fakten verdrehen. Beispielsweise komplexe Sozial-Studien, die von PR-Experten sorgfältig aufbereitet wurden, aber dann von ausgebrannten Journalisten – auf die Schnelle querlesend – falsch wiedergegeben werden.

  47. Hm. Gut für wen, wäre die Frage. Und was ist gut für wen. Aber diese philosophischen Exkursionen lassen sich einfach sparen, indem das, was die Verlage produzieren, mit dem vergleicht, was zu produzieren sie vorgeben.

  48. @61
    das ist ja keine Frage von off- und online. Wenn ich für mich gute Angebote im Netz finde surfe ich zu diesen genauso, wie ich am Kiosk zu bestimmten Publikationen greife.
    Ich gebe ihnen ja völlig recht, ich wollte nicht auf meine F.A.S. verzichten, die Zeit lese ich beizeiten auch gerne mal, ebenso den Freitag. Die Liste liese sich nur leider nicht endlos weiterführen.

    Nochmal: das eine schliesst das andere nicht aus. Die F.A.Z. betreibt ja nun auch eigene Blogs, lässt Kommentare zu. Das sind halt kleine Schritte in die grosse weite Welt des Webs. Mir scheint dass die Zeitungen selbst nicht wissen, wie sie reagieren sollen und wo sie hin wollen.

  49. @62: Interessante Idee, die aber nicht die Kommunalpolitiker in meiner Stadt berücksichtigt: Viele von ihnen erfahren leider erst kurz vor der Stadtverordnetenversammlung allgemeinverständlich aus der Presse, welche Konsequenzen diese oder jene Vorlage in der Praxis für die Bürger der Stadt zur Folge hat. Ich habe lange nach Blogs aus meiner Heimat gesucht, die diese Themen ähnlich praxisnah aufbereiten, aber bislang nichts gefunden.

  50. Würden diejenigen, die immer ganz laut und dogmatisch den vermeintlichen Qualitätsjournalismus verteidigen, diesen auch praktizieren, müsste diese reichlich überflüssige aber doch amüsante nicht geführt werden.

    Mir scheint, als hätte man nun im bösen Internet endlich die Entschuldigung gefunden, seinen Job nicht anständig machen zu müssen. So als würde ich das Fernsehen verantwortlich machen, weil ich zu doof oder zu faul bin, einen spannenden Theaterabend auf die Beine zu stellen.

    Und von wegen Lokaljournalisten als Hort der Recherche und des seriösen Journalismus: Ist ja schön, wenn die Damen und Herren vor Ort recherchieren, mit allen Beteiligten ewig lange sprechen, Notizbücher vollkritzeln, nochmal am Fon nachnerven, um dann im fertigen Artikel schlussendlich doch nur meine Pressemitteillung (mit ein paar haarsträubenden Missverständnissen angereichert) abzuschreiben.

    P.S. Sehr schöner Eintrag. Aber erschreckend, dass es anscheinend etwas besonderes ist, wenn jemand mal einfach eins und eins zusammenzählt.

  51. @70: Scheren Sie da mal lieber nicht alle Lokaljournalisten über einen Kamm. Das wäre genau so einseitig, als würde jemand das „böse Internet“ für die Medienkrise verantwortlich machen.

  52. Das hier niemand sieht, dass Niggemeiers ganze Argumentation klassisch asymetrisch oder kontrafaktisch ist. Und sie es es solange, niemand belegen kann, wie man auch nur annähernd im Internet informiert sein kann, ohne klassisches Medium. Das geht nämlich nicht. Und dieser Blog und das neue bildblog sind dafür geradezu ein Beweis. Womit nichts gegen Blogs und Websites gesagt ist (umd das gleich klarzustellen). Aber sie funktionieren ausschliesslich, ich sage: ausschliesslich durch klassische MEdien. Wo sie das nicht tun, reden sie über Twitter, das ist sozusagen das Symbol für die einzig genuine Newsquelle von (Medien)blogs (siehe turi). Eine genauere Analyse würde wahrscheinlich belegen, dass es sich hierbei letztlich um einen Kamf „freie“ Journalisten gegen etablierte handelt, plus taz-ähnliche neue Bewegungen, die im Kern durchaus zu einer Internet-taz führen könnten, aber selbst die gibt es nicht.
    Und noch etwas: in München, Frankfurt und Hamburg haben die überregionalen reale Auflagen z.t. deutlich gewonnen. Obwohl ihre Inhalte kostenlos im Netz stehen. Der Spiegel ist stabil. Und Niggemeier und die Webavantgarde diskutiert über das schön gedruckte SZ-Magazin.

  53. Medienkrise? Es geht unter, was den Untergang verdient (Galore, vanity fair, medienlese.com etc.etc.etc.). Was übrigbleibt wird stärker als zuvor. Prognose: jetzt kommt das Urherberrecht. Dann die Bezahlinhalte. Die Schnitstellen werden über social networts, blogger, kommentare u.ä. offen gehalten. Die grossen Marken bleiben und werden kostenlos ergänz und (um)geschrieben von ihren zahlenden Lesern. Mark my words.

  54. @72 hubert: Weil es nicht möglich ist, sich ohne die Printmedien umfassend zu informieren, lässt sich der Ruf nach einfachsten Qualitätsstandards für diese nicht argumentativ behaupten? Weil man, wenn man sich im Internet informiert, zwangsläufig auf Geschichten trifft, die ihren Ursprung im Print hatten, ist SNs Argumentation kontrafaktisch, wenn er bemängelt, dass die Ursprungsmeldung fehlerbehaftet ist, obwohl die Recherche so unglaublich einfach gewesen wäre?

    Der Fisch stinkt vom Kopf her.

  55. @74: nein gar nicht. ich sage nur: es spielt sich halt alles nur über, mit, durch die qualitätsmedien ab. gewissermassen ist das hier eine art tüv. aber gebaut werden die autos woanders. und auch wenn ein paar automarken sterben. das auto wirds weitergeben (ach erinnert sich noch jemand an die thesen von b2b und all den gelieferten waren oder dem papierlosen büro. )

  56. In der Welt der Online-Rollenspiele gibt es für dieses Verhalten ein Wort… „selfowned“ :D

  57. @74 hubert: Einverstanden. Nur konnte ich nicht erkennen, wo SNs Argumentation kontrafaktisch sein soll oder asymmetrisch. Er sagt ja nicht, dass die „Qualitätsmedien“ aussterben werden, oder dass er das zumindest wünscht. Er möchte, dass sie dem Namen Qualitätsmedien einfach die Ehre geben würden – durch Qualität.

    Dass die Blogs, die als Korrektiv auftreten, nur solange existieren, wie es etwas zu korrigieren gibt, ist logisch. Nur behindert das die Argumentation, die belegt, wie unsinnig die Haltung einiger Printjournalisten dem „Internetpöbel“ gegenüber ist, in keiner Weise.

    P.S.: Ich glaube nicht, dass Zeitungen gänzlich verschwinden werden. Und ich glaube ebensowenig, dass sie jemals so gut werden, dass ein Korrektiv überflüssig wäre.

  58. Über weite Teile wirklich exzellent, und in den wesentlichen Aussagen goldrichtig.

    Am Rande: Es waren recht zahlreiche Tippfehler drin. Ich würde an Deiner Stelle auf jeden Fall nochmal drübergehen, zumal man auf den Text noch oft zurückkommen wird.

  59. Also von den klassischen Medien, nicht von Stefan. Bevor das jetzt wer falsch versteht. Sorry für den Spam.

  60. Das Gezeter der vermeintlichen Qualitätsjournalisten ist doch auch vor allem deshalb so hoch, weil man den Mist, den sie verzapfen, relativ unaufwändig nachrecherchieren (und publizieren) kann. Etwas, das ohne Internet nicht möglich war. Das macht sie angreifbar und holt sie vom hohen Ross runter.

    Die Qualität des Geschrieben muss nicht unbedingt schlechter geworden sein. Nur hat man es früher mangels Informationszugang eher nicht mitbekommen. Aber wie oft habe ich mich schon „früher“ bei Artikeln über die wenigen Themen, mit denen ich mich auskenne, gefragt „Wenn die schon da so schlampig arbeiten, wie ist das dann erst in allen anderen Bereichen?“

    @71
    Ich schere niemand über einen Kamm. Ich beschrieb nur eine meiner letzten Erfahrungen mit Lokaljournalisten.

  61. bei uns gibt es einen bäcker, der verkauft etwas, was er „bäcker-brötchen“ nennt. ich glaube, er meint damit „nicht nur eben noch gefrorene backlinge, sondern richtige brötchen, wie man sich das halt vorstellt“.

    ich lese immer so oft „qualitätsmedien“. heißt das jetzt eigentlich „richtig klassetollgut“, oder auf papier?

    das ist so ein „drei-finger-zeigen-auf-dich-zurück“-wort irgendwie. so ein „die-anderen-sind-garantiert-schlecht“-wort.

    keiner muss sich dafür schämen, einen ehrbaren beruf auszuüben, selbst wenn er kämpfen muss. gute arbeit kostet geld. leidenschaft kann hunger nur kurzzeitig verdrängen.

    aber panik hilft doch keinem. da hilft auch kein blindes „ihr oder wir“.

    .~.

  62. Die langen Texte werden immer besser. Liest sich wirklich sehr gut. Und zeigt, dass man fuer gute Dinge, wichtige Gedanken, grosses Kino Zeit und Platz braucht, also Unabhaengigkeit.

    Manchmal habe ich den Eindruck, dass auch fuer Journalisten die Welt ploetzlich unendlich gross geworden ist durch das Internet, und sie in der Sache unsicher werden, die sie eigentlich beherrschen sollten: Dinge recherchieren und fuer den Leser einordnen.

    Mich haette natuerlich noch interessiert, wie die falsche Einordnung des Herrn Salmon nun eigentlich in das Magazin gelangt ist — lange Vorlaufzeit der Produktion? Fehlende Recherche? Abschreiben einer PM, der der Redakteur vertraut hat, aus Vertrauensseligkeit? Oder einfaches „Aufblasen“ damit der Leser denkt, hier schreibe jemand Besonderes etwas besonders Relevantes? Aber diese Erklaerung, die Darlegung des fehlerentstehenden Prozesses. wuerde einer Qualitaetszeitung wohl nicht gut zu Gesicht stehen.

  63. Nur als Info: Bei den Kommentatoren „Schubek“ (#38), „Printhouse“ (#40) und „hubert“ (#45, #52, #73, #76), „Poblematiker“ (#74) handelt es sich offenbar um dieselbe Person.

  64. Großartiger Artikel. Direkt erstmal ein Lesezeichen gesetzt … man kann ja nie wissen.
    In Onlinegames würde man zu diesem Qualitätsjournalismus sagen: FAIL!
    Aber es liegt irgendwie in der Natur, den eigenen Standpunkt hervorzuheben und zu beschönigen.

  65. @pyrrhussieg: Ich wünsche mir keinen „Ersatz“ für die Journalisten. Ich wünsche mir gute Journalisten, mit den Arbeitsbedingungen, die sie brauchen, um guten Journalismus zu produzieren.

    Vielleicht haben Sie das nicht verstanden, aber das hier ist zwar ein Plädoyer gegen die Verklärung des real-existierenden Journalismus. Aber es ist ein Plädoyer für den guten, professionellen Journalismus.

  66. […] So eine Geste von Welt oder SZ und es wäre vielleicht nicht ganz so düster um die Zukunft des Journalismus in Deutschland. Gut, ein Twittererbesuch macht noch keine moderne Haltung zum Verhältnis Journalist/Leser oder gar zum Verhältnis Journalist/Blogger, aber es ist ein Anfang. Und dass so ein Anfang in der Provinz passiert, ist es allemal wert aufgeschrieben zu werden. Die Überregionalen sind schließlich noch lange nicht soweit und jagen nach wie vor  Phantomen hin…. […]

  67. Dankeschön, Stefan,
    das war nötig.

    Was ich darin sehe, sind Rückzugsgefechte der Holzpresse. Wenn Du beim TAZ-Kongress auch in der Veranstaltung mit Sascha Lobo, Küppersbusch u.a. warst, weißt Du, was ich meine.
    Da ist sind die Papiernen, die Pfründe verteidigen, die sie längst nicht mehr haben… und auf der anderen Seite engagierte Freizeitjournalisten.
    Mir ist vor allem aufgefallen, dass die, die sich über Blogs beschweren, nicht begreifen, wie die funktionieren. Originalzitat (aus der Erinnerung) des Moderators: „Aber bei einer Tageszeitung weiss ich doch, welche politische Grundrichtung die Zeitung hat und ich wähle gezielt das aus, was meiner Überzeugung/Meinung entspricht.“
    Als gäbe es in der Blogosphäre nicht genau auch das: ich lese sehr gezielt andere Blogs – und zwar genau die, die meiner Überzeugung nahestehen. Und so wird es anderen auch gehen (außer dem BILDBlog – der muss (vor allem) die andere Seite lesen – Ihr Armen ;-)

  68. wow, ein SUPERartikel!

    wie auch immer die profs an der uni gesagt haben, das internet an sich als quelle tauge nichts…

    ich weiß ja nicht wie alt du bist, aber du gehörst auf jeden fall zu uns geistig „jungen“ – und uns gehört die zukunft!

  69. ok, gecheckt wie alt du bist – und wie gesagt, du hast völlig recht und ich bin extremst froh, dass du das auch öffentlich machst!

  70. Es ist erschütternd, dass viele (u. a. hubert) in den Reaktionen auf Ihren Beitrag die Prägung der Druckerzeugnisse durch Emotionen und vorgefasste Meinungen offenbar so gar nicht als Problem sehen …

  71. @LucaBrasi

    Strohmannargument. Niemand behauptet, dass jederzeit alle Blogs besser sind als klassische Medien. Umgekehrt wird leider argumentiert und genau dies wird u.a. von Stefan Niggemeier aufgespießt – zur Besserung, nicht als Anschwärze.

    Selbstverständlioch darf sich ein Qualitätsjournalist [also ein Schreiberling, der in Print, Rundfunk oder TV veröffentlicht] mal irren, er darf bei der Analyse Faktoren übersehen, er darf auch mal ein wenig nachlässig recherchieren. Wenn das allerdings zur Regel wird, gerade auch bei großen Geschichten, ist es mehr als ärgerlich. Stellt sich dann auch noch der Eindruck ein, es hätte System, dann ist es widerlich.

    Die Demokratisierung der Meinungsdistribution durch das Internet führt natürlich zu einem großen Haufen uninteressanten bis ekligen Mülls. Es bringt aber auch Rosen hervor, die manchmal direkt auf dem Misthaufen wachsen.

    Es glaubt doch hoffentlich niemand wirklich, der Vertriebsweg entscheide über die Qualität …

  72. Um auch mal wieder ein Gegengewicht zu bilden.
    Ich habe ein großes Problem mit diesen „Erweckungstestimonials“.

    Das Problem, dass Menschen vieles in den Medien für bare Münze nehmen wird nicht geringer, wenn diese Menschen jetzt Blogs statt Zeitungen lesen.

    Ich finde es befremdlich, wenn Menschen plötzlich in Begeisterungsstürme ausbrechen, weil Herr Niggemeier einen langen Artikel über „Anspruch und Wirklichkeit der Printmedien“ verfasst, der selbstverständlich nur ausgewählte, passende Beispiele herauspickt. Ein schlichtes aber funktionierendes Prinzip. „‚Die‘ Holzmedien wollen Qualität liefern und machen Tipp- und Recherchefehler? Zur Hölle mit ihnen. Endlich sagt uns mal einer ‚die Wahrheit'“.

    Das verstehe ich nicht. Genau so wenig wie ich es verstehen kann, wenn beim Lawblog, bei Netzpolitik usw. gejubelt wird „Endlich sagt einer die Wahrheit“. Damn, das sind interessante (und für mich wichtige) Publikationen, aber sie sind ganz bestimmt nicht neutral und objektiv.
    Ich verstehe nicht, dass einige Menschen offenbar vor lauter Dankbarkeit über die Erkenntnis, dass auch klassische Medien weder 100% neutral, objektiv noch fehlerfrei sind, direkt den nächsten vermeintlichen Wahrheitsbringer zu ihrem Leitmedium erwählen.
    Medien sind für Meinungsvielfalt und nicht für „die Wahrheit“ (kann es die geben?).

  73. […] 2. Niggemeiers Medienanalyse (stefan-niggemeier.de, Stefan Niggemeier) Stefan Niggemeier analysiert die aktuellen Mediendebatten im Netz und in der Presse. Er wirft dem SZ-Magazin mit dem Titel “Warum Zeitung?” Recherchefehler und Arroganz vor, untersucht die Debatte um die (vermeintliche) Versteigerung von Aufträgen beim Nordkurier und widerspricht Miriam Meckels aktuellem Artikel zur Lage des Journalismus. Die Trennlinie verlaufe nicht zwischen Print und Online, sondern zwischem guten und schlechten Journalismus. […]

  74. @ 87: Der Absatz mit den Lawbloggern & Co. veranlasste mich letztlich zu dem Gedankensprung. Wobei der darauffolgende Absatz das Ganze relativiert. Andererseits wäre es aber sicher auch denkbar, dass Blogger noch viel stärker Navigationsaufgaben übernehmen könnten. Ich vermute aber auch, dass es ohnehin immer mehr Metamedien geben wird, die essentielle Blogger unter einem Dach vereinen. Nur die Medienkompetenz der Konsumenten müsste dann noch ein wenig hochgekurbelt werden, was aber ohnehin zu erwarten ist.

  75. ich denke, die These, dass die meisten Blogger eh nur von den etablierten „Qualitätsmedien“ leben und abschreiben, wird sich auf Dauer nicht halten lassen. Stimmt natürlich in vielen Bereichen, aber besonders in den USA steigt die Zahl der News- und Politik-Blogs, die eigene Korrespondenten beschäftigen, die selbst recherchieren, und bei großen Events vor Ort sind. Die sitzen sogar schon in den Pressekonferenzen, die bisher den „etablierten“ Medien vorbehalten waren. Dazu kommt, dass viele Journalisten neben ihrer Tätigkeit für „etablierte“ Medien eigene Webseiten und Blogs betreiben, auf denen sie oft viel freier und offener berichten können, als es ihnen in den „etablierten“ Medien möglich ist.

    Mal abgesehen davon, dass die „Qualitätsmedien“ nur zu oft selbst von anderen Quellen abschreiben: von den Nachrichtenagenturen z.B., wie Reuters, AP, dpa, etc. ; oder aber, sie übernehmen Pressemitteilungen von Parteien, Unternehmen, oder Verbänden.
    Da von „Qualitätsjournalismus“ zu sprechen, fällt oft schwer.

    Aber wie Stefan schon sagt, es kommt nicht auf die Unterschiede zwischen den Medien an. Die Medien sind bloss verschiedene Arten, eine Information zu verbreiten. Ob ein Journalist in den klassischen Printmedien, im Radio, im Fernsehen oder im Internet arbeitet, wird in Zukunft eine immer geringere Rolle spielen.
    Darum macht es meiner Ansicht nach auch keinen Sinn, immer auf dieser Frage herum zu reiten.

    Entscheidend ist die Qualität der Arbeit, und da müssen sich alle, die für sich den Anspruch erheben, Journalisten sein zu wollen, an den selben Maßstäben messen lassen, unabhängig vom Verbreitungsweg.

    Die Art, wie Menschen Nachrichten konsumieren, verändert sich, die Medienlandschaft verändert sich. Durch das Internet sind Informationen heute viel schneller, und aus viel mehr Quellen und Blickwinkeln verfügbar, als das bisher der Fall war.
    Das ist natürlich eine große Herausforderung für die „etablierten“ Medien, die bisher ja quasi ein Monopol für die Verbreitung von Nachrichten hatten.
    Aber ich denke, es ist auch eine Chance, die Arbeit der Medien transparenter, und irgendwie demokratischer zu machen.
    Dass die „Etablierten“ darauf keinen Bock haben, und ihre Pfründe bedroht sehen, war wohl zu erwarten. ^^

  76. (vermutlich off-topic) Wo wir gerade bei gutem Journalismus sind: Schade, dass es dem Medienkritiker Niggemeier nicht gefallen hat, wenigstens einen Link auf die wirklich sehr guten Gewinner-Texte (gerade die in der Kategorie „Dokumentation“ und „Reportage“) des Nannen-Preises zu setzen. Noch schöner wäre gewesen, der Herr Niggemeier hätte dann darauf hingewiesen, dass solche Texte auch in Zukunft nur aus dem Print-Journalismus kommen werden. Weil Recherche und Infrastruktur Geld kosten. Und weil es nicht ein einziges Online-Geschäftsmodell gibt, das dieses Geld erwirtschaften könnte.

    Aber gut: Hätte, wäre, wenn. Und die 1000. Twitter-Geschichte ist da bestimmt relevanter.

    daste

    (der sich als stern-Redakteur auch über Spiegel-Gewinner freuen kann)

  77. „Ist es nur der Gipfel der Heuchelei, wenn Zeitungen diese eigene Praxis beim Kampf gegen Google ausklammern, oder schon eine Form von Schizophrenie?“
    Ich verstehe nicht, was das mit Schizophrenie zu tun hat. Wenn es – wie ich vermute – auf „Persönlichkeitsspaltung“ hinaus soll, dann empfehle ich dringendst eine Recherche diesbezüglich.

  78. Papier ist geduldig, das Internet nicht.

    Print war schon vor dem Internet in der Krise, nur hat es an Mangel an Alternativen niemand registriert.

    Papier ist anders als das Internet kein Stoff, der in Lage ist, zwischen Schreibenden und Lesenden eine ideale Wechselbeziehung herzustellen. Bei vielen Objekten und wohl auch Journalisten war oder ist das auch nicht unbedingt gewünscht, mit dem Effekt, dass die Entfernung zum Leser immer größer wurde und wird. Bei manchen Schreibern hat man das Gefühl, dass sie nur an ihren Denkmälern arbeiten.

    Die so genannte Zeitungskrise ist letztendlich das Ergebnis solch einer Haltung. Im Internet-Jargon ausgedrückt: ein Agieren und Schreiben jenseits einer Community und deren Bedürfnisse.

    Wer mit dieser Haltung nun hofft Online zu reüssieren oder zu überleben, dürfte damit wenig Glück haben. Hier gilt es in oder mit der Community zu leben und zu agieren, gern mit allen journalistischen Qualitäts-Tugenden.

    Print, so sehr ich es liebe, hat lange versäumt die Dynamik der Bewegungen in der Gesellschaft aufzunehmen, die durch die Möglichkeiten des Internet deutlich werden. Eigentlich müsste die Transparenz des Internets Verlagen ja helfen daraus zu lernen.

    Blogs etc. können für mich zwar nicht die professionelle journalistische Qualität ersetzen, doch müssen klassische Objekte spätestens jetzt für sich erkennen, dass sie – wie auch das Internet – lediglich mehr oder weniger gut gemachte Hilfsmittel für die gesellschaftliche Kommunikation sind.

  79. und so sitzen die dinosaurier in ihren großen büros, schreiben ihre großen artikel, fahren ihre großen dienstwagen. und erst als sie dann irgendwann ihr haus verlassen merken sie, das sich niemand mehr für sie interessiert. stefan, danke für den artikel – ich allerdings frage mich, ob es nicht langsam an der zeit wäre in die zukunft zu schauen, das spannende neue zu gestalten und diejenigen die es einfach nicht begreifen den weg der dinos gehen zu lassen. dear sz, you make beautiful oil. best: j.

  80. (1) Was ich immer wieder bestürzt, ist die Erfahrung, dass man in journalistischen Arbeiten (ob online oder nicht) über Themenbereiche, in denen an selber (einigermaßen) Ahnung hat, immer wieder kleine oder größere Ungenauigkeiten findet. Was heißt das für die Bereiche, die man nicht kennt? Eigentlich müsste man sich doch darauf verlassen könnnen.

    (2) Dass in Blogs ausschließlich Sekundärverwertung stattfindet, halte ich für falsch. Was ist mit den ganzen Sportblogs, Kinokram u.ä., die aus erster Hand berichten? Eines ist für mich klar: Einen mittelmäßigen Kommentar zur „Lage der Liga“ (ich bin augewachsen mit der Rheinischen Post und dem kicker) will ich nicht mehr lesen. Deswegen lese ich Internetblogs. Die sind genauso subjektiv, aber besser schneller und unterhaltsamer.

  81. Naja, die immer wiederkehrenden, eher anonymen Kommentare, die angeblich aus der Stern-Redaktion kommen, entbehren irgendwie nie einer gewissen Bräsigkeit.
    Natürlich kommen auch in Zukunft weiterhin sehr gute Texte in Zeitungen vor. Das ist neben aktuellen „Top-Stories“ deren einziges Kapital. Der Versuch, immer mehr Elemente der Popkultur einzubauen, ist ein Harakiri-Unternehmen, denn sowas kann das Internet besser darstellen.
    Warum aber sollten ausschließlich die Zeitungen mit derartigen Texten aufwarten? Weil das Geld kostet? Ist der Unterschied zwischen Zeitungen und Blogs lediglich das Geld? Dann sollten derart konservative Journalisten schnellstmöglich anfangen zu beten, dass das auch so bleibt. Ignoriert hat man dabei wohl, dass in letzter Zeit immer weniger Geld für hochqualitative Texte zur Verfügung gestellt wird und das viele Themen, über die Lesenswertes geschrieben werden könnte, nicht in den Zeitungen vorkommen, weil man meint, dass das die Leser zu wenig interessierte (Bsp. Ruanda). Dann doch lieber Texte in den Printausgaben über die Heidi Klums, Kerners, Bohlens und Pochers dieser Welt oder was sonst noch in der Glotze kommt.
    Von der bodenlosen Ausgabe des Spiegels über Soziale Netzwerke im Internet mal ganz zu schweigen. Die Print-Medien als herkömmlicher Journalismus-Publikationsort sind schon längst kein Garant mehr für gute Texte. Es waren aber nicht die Blogger, die diesen Stein ins Rollen gebracht haben.

  82. […] Gesamtanalyse des Problems und der Selbstüberschätzung der Printjournalisten abgeben (das hat Stefan Niggemeier, wie immer bravourös, schon erledigt), sondern einfach nur mal eine Prognose abgeben, was ich meine, wie sich das ganze […]

  83. Danke, danke, danke, Herr Niggemeier, für diesen Text!!! Noch bin ich nur ehrenamtlich Journalistin, aber das „Gesülze“ von der guten Zeitung und dem bösen Blog geht mir ebenfalls auf die Nerven. Arroganz und Angst sind die Motive, die ich entsprechenden Journalisten unterstellen möchte. Und eine gewisse Abscheu gegenüber dem „Pöbel“, wenn man so will. Da kann plötzlich jeder was veröffentlichen! Ach nee, das nennt sich Pressefreiheit und existiert schon ne Weile – und gerade Blogs geben endlich auch jedem die Möglichkeit, dieses Recht auszuleben. Die Frage „Was haben wir selbst falsch gemacht?“ wäre eher etwas, womit sich Zeitungen beschäftigen sollten!

  84. Sehr schön.

    Denn eigentlich ist es ja auch andersherum: In welchem intensiv recherchierten Printartikel fehlt denn heute noch die Formulierung „schreibt ein Fan im Internetforum“ oder „meint ein Blogger“? Die Qualitätszeitungen (und die SZ sehr gerne) schreiben doch nur zu gerne aus dem Internet ab, weil sich so eben schnell Inhalt generieren lässt?

  85. Ein Vorschlag, Herr Niggemeier: bieten Sie Ihren Artikel doch kostenlos dem SZ Magazin zum Abdruck an. Dann wäre die Scharte mit der fehlenden Recherche zwar nicht ausgewetzt, aber immerhin ein wenig kleiner.

    Übrigens: Zufällig weiß ich aus erster Hand, dass namhafte Autoren der SZ nicht nur nicht mit den Lesern diskutieren, sondern sich sogar vehement gegen die Kommentarfunktion gewehrt haben. Nicht alle, wohlgemerkt, aber doch einige von denen man ein gesundes Selbstvertrauen und Erfahrung mit Kritik hätte erwarten können.

    Aber Kritikfähigkeit ist ja auch nicht unbedingt ein Merkmal der sueddeutsche.de-Redaktion, wie soll da die Zeitung besser sein…

  86. Ich liebe es! Hoffentlich hört das nervige „Internet vs. Old Media“-Geschwurbel tatsächlich endlich allenthalben und endgültig auf, das uns nur daran hindert, den Blick aufs Wesentliche zu richten (Dies den Rumms- und Dummsfelds beider Seiten ins Stammbuch geschrieben).

    Was Frau Meckel betrifft, halte ich die Kritik jedoch für einen Irrtum. Ich habe ihr Stück nicht als „hier gut, da böse“ gelesen, sondern als Bestandsaufnahme in dem Sinne: Wenn in Journalismus überhaupt [noch] investiert wird, dann bei „klassischen“ Medien. Diese seien auch die Quelle für die meisten News, die von Bloggern aufgenommen und kommentiert würden. Ergo: Ohne klassische Medien keine News im Sinne von Neuigkeiten, sondern Kreisverkehr auf der Stelle. Wenn klassische Medien auch nicht mehr recherchieren, sondern nur reproduzieren und kolportieren, würde Frau Meckel, glaube ich, von Journalismus auch dort nicht mehr sprechen wollen.

    So gesehen, lieber Herr Niggemeier, sind Frau Meckel und Sie sich vollkommen einig: Entweder es ist Qualitätsware, oder es nennt sich zu Unrecht Journalismus. Ich werfe meine „Ja“-Stimme mit Freude in dieselbe Urne – unser Metier macht sich überflüssig, wenn nicht mindestens das Nötige an Recherche und Qualitätskontrolle getan wird. Das bis zum Anschlag Mögliche (weit über die Sorgfaltspflicht hinaus) fordern wir, sobald die Mindeststandards überall sauber erfüllt sind, falls wir das erleben sollten :-)

  87. Danke für den lesenswerten Text.

    Zum folgenden Zitat –
    Und Schumachers Argument, die meisten freien Mitarbeiter seiner Zeitung seien eh Studenten, Hausfrauen und pensionierte Lehrer, merken wir uns dann für die nächste Diskussion der „Nationalen Kommission Printmedien” darüber, wie wichtig der Erhalt dieses hochwertigen Lokaljournalismus für unsere Gesellschaft ist.)
    – ein Alternativvorschlag:
    Damit würde ich nicht die Wertigkeit des Lokaljournalismus in Frage stellen, sondern festhalten dass hier der Journalismus 1.0 vom Journalismus 2.0 beispielhaft unterwandert wird. Das ist doch Bürgerjournalismus par excellence! Und passt genau zum Schlussargument – die entscheidende Grenze ist nicht Profi/Amateur, Papier/Elektronen sondern Gut/Schlecht.

    Grüße vom Ork!

  88. Ich versteh nicht, was der Turi in dem Text soil. Als Beispiel für angeblichen Qualitätsjournalismus taugt der sicher nicht, insofern überrascht auch keinen, dass der schlampig arbeitet.

  89. @daste: Naja, den Nannen-Preisträgern hat es auch so nicht an Aufmerksamkeit gefehlt, da brauchte es nicht unbedingt einen zusätzlichen Eintrag von mir. Richtig ist aber die implizite Kritik, dass ich mich nicht immer nur an Negativbeispielen abarbeiten, sondern auch die gelungenen bis herausragenden Artikel würdigen sollte. Ich arbeite dran!

    Der nächste Satz, dass solche Texte „auch in Zukunft nur aus dem Print-Journalismus kommen werden“, entspringt aber genau wieder der Haltung, die ich in diesem Eintrag kritisieren wollte. Richtig ist, dass Verlage und das Geschäftsmodell der Zeitungen zur Zeit immer noch die besten Voraussetzung für guten, teuren Journalismus bieten. Aber das erstens absolut zu setzen (nur aus Print) und zweitens in die Zukunft fortzuschreiben, finde ich abwegig. Ja, Recherche und Infrastruktur kosten Geld. Zeitungen und Zeitschriften sind aber ein ausgesprochen teurer Weg, Texte zu drucken und zu verteilen. Die Nebenkosten sind online viel geringer, das heißt, ein größerer Teil der Einnahmen eines Medienunternehmens kann in den Journalismus selbst fließen (und nicht in den Druck und das Umherfahren von Papier), das heißt, Medienunternehmen müssen weniger einnehmen, um die gleiche journalistische Qualität ermöglichen zu können.

    Zur Zeit mag es noch kein Geschäftsmodell geben, das an das (bisherige!) der Zeitungen herankommt. Aber warum soll das nicht noch entwickelt werden?

  90. a) Auch wenn’s jetzt genügend Leute gesagt haben: Super Artikel.

    b) Auf einen Punkt möchte ich nochmal eingehen, weil er auch in den Kommentaren kaum diskutiert wurde: Die Reaktion der Journalisten auf die „Kommentare“ der Leser zeigt nur, wie weit der klassische Journalismus vom Leser weg ist. Er hält seinen eigenen Kommentar für weltverändernd, die Kommentare der Leser (früher und teilweise heute auch noch) für überflüssig, zeitverschwendend, irrelevant. Das darf ruhig so bleiben, denn Leser haben Fragen und Meinungen und wollen die loswerden. Wenn sich die Journalisten nicht drum kümmern, wandern die Leser ab. Und zwar (zumindest teilweise) in die Blogosphäre.
    Ich bin inzwischen echt froh, dass mein Blog Reaktionen verursacht. Auch wenn ich mal einen Fehler mache (abgeschrieben vom Spiegel), weist mich ein Leser darauf hin und ich kann den korrigieren. Der Spiegel spart sich das Forum, dafür hat er den Fehler aber noch :-)

    Kurz: Kommentare bringen Nutzwert. Für Schreiber und Leser.

    Ich will es nicht beschreien: Aber für mich ist *das* der große Vorteil des Online-Journalismus. Die Kommentare. Die Diskussion. Die Kommunikation. Und nicht mehr eine Einweg-Von-Der-Kanzel-Predigt wie im Print. Daher wird Print irgendwann sterben. Er ist einfach in dieser Hinsicht unterlegen.

  91. @diverse: Danke für das große Lob! Ein bisschen unbehaglich ist mir allerdings dabei, wie oft es mit dem umgekehrten schlichten Schwarz-Weiß-Bild von den guten Bloggern und den bösen Journalisten verbunden wird. Natürlich hat mein Text Schlagseite, weil die Selbstüberhöhung des Zeitungsjournalismus sein Thema ist. Aber eine Verklärung dessen, was Blogger, Amateurjournalisten und das Netz bieten können, und ein plumpes Print- und Journalisten-Bashing fände ich genauso unsinnig.

  92. erinnert sich eigentlich noch jemand an die alte werbung (war es firma knorr? oetker?), in der ein stark italienernder koch am ende sagte: „qualität iiist daas beste rezept“ ?

    .~.

  93. Ich hoffe nicht, dass auch mein Beitrag in diese Richtung verstanden wurde. Ich liebe Zeitungen, keine Frage, aber eben jene Kritikfähigkeit ist etwas, was sie von Bloggern lernen können. Außerdem gibt es natürlich auch gute und schlechte Blogs…

  94. (Achtung, es wird ein bisschen länger.)

    Ich finde es interessant, wie sorgfältig der Begriff „Qualitätsmedien“ eingeführt wurde, um Medien zu beschreiben, die entweder hierarchisch organisiert, auf kommerziellen Erfolg ausgelegt, auf Papier gedruckt oder einfach alt sind.
    Es ist ein furchtbarer Krampf, außerhalb dieser Medien an so etwas wie unverzerrte Informationen heranzukommen, vorbei an all dem Geschrei, der Propaganda und den Tittenklickstrecken. Aber zumindest kommt danach noch etwas. Zumindest werden das Geschrei und die Propaganda als Geschrei und Propaganda ausgezeichnet und ich kann mir eine Meinung darüber bilden. Die künstliche Trennung von Autor und Text ist endlich aufgehoben. Das gibt mir eine ganz neue Verpflichtung, aber auch Mündigkeit als Leser, nämlich jeden Text als subjektive Momentaufnahme zu verstehen, ob nun in den alten, weisen oder in den doofen Mitmachmedien. Es ist diese Einsicht über die Vorläufigkeit und Verzerrtheit der eigenen Wahrnehmung, der man sich wohl nur verschließen kann, wenn man lange Zeit konkurrenzlos war. Streifzugs Kommentar 44 bringt das ganz gut auf den Punkt: Wenn ich mit meinen Lesern diskutiere, muss ich nicht nur faktische Unzulänglichkeiten zugeben, sondern kann mich auch nicht mehr hinter meinem Text verstecken, als hätte eine göttliche Stimme ihn mir in einer Trance diktiert. Es ist für mich naheliegend und natürlich, dass man mangels Konkurrenz die eigene Perspektive mit der Wahrheit verwechselt und entsprechend aggressiv wird, wenn dieses Weltbild herausgefordert wird. Das lässt mich aber auch hoffen, dass dies noch das Übliche Fremdeln in einer unbekannten Situation ist und sich herauswächst.

  95. @112: Bräsig? Weil kein Witz drin ist? Ach so.

    @125: Stefan Niggemeier: Mir wär’s vollkommen egal, ob mein Text auf Papier oder auf dem Bildschirm erscheint. Ehrlich. Aber ich muss bezahlt werden und die Recherche auch. Wie diese Kohle online zu erwirtschaften sein soll, kann ich mir beim besten Willen (und ich will, oh ja!) nicht vorstellen. Oder zahlt irgendeiner ihrer Kommentatoren auch nur einen Euro für ihr (ja, sehr ordentliches) Stück? Kennt irgendjemand irgendeine unabhängige online-Publikation, bei der das so ist – und die von diesen Geldern leben kann? Nein: Das Internet ist nämlich kostenlos. Punktum. Wie sagt Gerhard Polt: Was genetisch versaut ist, dös kann man auch durch Prügel nicht mehr richten.

  96. […]   13.05.2009 • Druck • Wir brauchen guten Journalismus und gute Journalisten. Aber wenn die Diskussion darüber, wie wir beides auch in Zukunft gewährleisten können, irgendwie konstruktiv sein soll, muss sie sich endlich von den falschen Gegensätzen verabschieden. Die Front verläuft nicht zwischen Profis und Amateuren oder Redakteuren und Freien oder Verlagen und Einzelkämpfern oder zwischen Print und Online. Sie verläuft zwischen gutem Journalismus und schlechtem Journalismus. Es ist wirklich so einfach. (Stefan Niggemeier) […]

  97. @132 ‚Bräsig‘ weil in eingeschnappter Stimmung Ironie als geistreiche Zierde der eigenen Behauptungen verwendet wird, wobei diese Ironie so ungepfeffert daherkommt, dass man sie sich hätte sparen können. Witzig war’s in der Tat nicht.

  98. @daste: Ein Euro für einen Artikel wäre aber auch viel Geld. In einer überregionalen Zeitung kriege ich für 2 Euro schätzungsweise 100 größere Artikel. Ja, ohne jede Ironie: So eine Zeitung hat ein sensationelles Preis-Leistungs-Verhältnis. Das liegt u.a. daran, dass sie sich rund zur Hälfte (früher zu zwei Dritteln) nicht über den Kaufpreis, sondern die Werbung finanziert. Online fallen, wie gesagt, die Druck- und Vertriebskosten weg. Der Gedanke, dass sich hochwertige journalistische Inhalte allein über Werbung finanzieren lassen, ist also nicht völlig abwegig.

    Ja: Das funktioniert angesichts der niedrigen Preise für Online-Werbung zur Zeit noch selten und der Medienbruch bringt diverse andere Probleme mit sich, zum Beispiel die Fixierung auf die Klicks einzelner Artikel, was eine Mischkalkulation aus vielgelesenen Texten und wichtigen Texten schwierig macht. Aber daraus, dass es gerade schwierig ist, zu schließen, dass es auf Dauer unmöglich sein wird, halte ich für falsch.

  99. @ 134: Eine individualisierte Tageszeitung, die aus den großen Tageszeitungen zusammengestellt wird? Nein, das ist eben nicht die Art von Geschäft, die ich meine. Dafür braucht es große Tageszeitungen (aus Papier) – aber die wird/soll es ja bald nicht mehr geben. Wenn ich den Kommentatoren hier folge.

    @ 136: Hab‘ ich nicht verstanden. Auch nach dem dritten Lesen nicht. Egal. Dann gerne bräsig.

  100. @niggemeier: Gerade das anzeigenfinanzierte Modell (60 Prozent Anzeigen, 40 Prozent Vertrieb bei Print) geht ja gerade den Bach runter. Printobjekte werden darauf hoffen müssen, dass die Leser von mir aus fünf Euro für den Stern/oder sechs für den Spiegel/oder drei für die SZ hinlegen – denn das Anzeigengeschäft wird sich nicht erholen.
    Gesetzt den Fall, die Anzeigen gingen samt und sonders ins Netz – dann fehlt dort der Vertriebserlös. Ist ein Dilemma. Und für keinen schön – weder für Print noch für online.

  101. @daste: wenn ich das richtig verstehe, sollen eben nicht nur Artikel aus Tageszeitungen, sondern auch aus Blogs zusammengestellt werden können. siehe auch hier: http://tinyurl.com/afcfze

    Ich möchte nicht auf eine gedruckte Tageszeitung verzichten, hier fällt es mir deutlich leichter zu zahlen als für Klickerei im www. Und je eher dieses gedruckte Exemplar meinen Wünschen und v.a. Qualitätsanforderungen entspricht, desto lieber zahle ich dafür.

  102. @daste 139: Bleibt das Argument, dass Onlinemedien auch auf weniger Erlöse angewiesen sind, weil die Produktion und der Vertrieb billiger sind. Oder man sucht sich neue Wege, eine Zeitung unters Volk zu bringen.
    Ich lese zwei Zeitschriften im Monat, und die sind beide schweineteuer. Ich leiste sie mir, weil ich glaube, dass sie das wert sind. Zeitungen kaufe ich auch nicht, weil sie billig sind, sondern weil ich sie für lesenswert halte, was zurzeit bedeutet, dass ich gar keine lese, auch nicht umsonst. Um den Kreis zu schließen: Sollten Zeitungen ihrer Aufgabe nachkommen, wäre ich auch bereit, dafür zu bezahlen.

  103. Diese Geschäftsidee mit der personalisierten Tageszeitung mag vielen Leuten gefallen – für mich hingegen wäre sie nichts. Ich hab das eine Zeitlang mal mit Musik ausprobiert, also mir immer bei den einschlägigen Diensten Stücke vorschlagen lassen aufgrund der Sachen, die ich gern höre – und was passierte? Die Aha-Erlebnisse blieben aus, die Überraschungen. Ähnlich würde es mir wohl mit einer Tageszeitung gehen, die nur meinen engen Horizont bedienen würde. Es gäbe keine Überraschungen mehr.

  104. Die Diskussion über das Geschäftsmodell von Online-Journalismus kann man eigentlich hinter dem Artikel nicht führen. Wäre off-topic. Mich würde aber interessieren, ob man dazu nicht einmal eine eigene Diskussion machen könnte. Ich glaube nämlich nicht, dass es Online-Qualitätsjournalismus online geben kann. Weil sich die Qualitätsjournalismus darüber finanziert hat, dass Zeitungen/Zeitschriften einen exklusiven Weg hat, eine exklusive Leserschaft zu erreichen. Für eine Stellenanzeige für eine Führungskraft *musste* ich früher die FAZ buchen. Punkt. Heute kann ich das an vielen verschiedenen Stellen machen. Im Extremfall kann ich den Entscheider auch über Google erreichen, weil der einen Cookie bekommen hat und Google weiss, dass der vorher bei computerwoche.de, bild.de, golf.de und oldtimer.de war. Eine Seite ist eine Seite ist eine Seite. Im Internet zumindest. Und es für das Erreichen dieses Menschens egal, ob ich den bei computerwoche, golf oder oldtimer „erwische“. Damit ist jede Art von Premium für Werbung hinüber. Früher konnte die Computerwoche oder eine Golfzeitung das x-fachen Preis pro Kontakt bekommen, den z.B. bild.de bekommen hat. Daher war es möglich, Qualitätsjournalismus in Nischen zu machen. Jetzt fällt die Prämie weg und IMHO für immer. Und damit fällt alles weg, was an dieser Prämie hing. Und das ist eine ganze Menge …

  105. @ 143: Auch wenn’s defätistisch klingt: Die allermeisten unabhängigen online-Objekte können von ihren Erlösen noch nicht mal den Redaktionskaffee bezahlen. Geschweige denn gut ausgebildete Leute und eine ordentliche Recherche.

    Zu: „Sollten Zeitungen ihrer Aufgabe nachkommen, wäre ich auch bereit, dafür zu bezahlen.“ Das ist sehr, sehr schön. Und auch wenn das hier die allermeisten nicht glauben: Viele Print-Leute sind gut ausgebildet. Sie folgen einer Berufsethik. (Das Winnenden-Fass mache ich hier nicht auf – ist mir zu blöd.) Und sie hören auf die Leser (weil sie nämlich nicht subventioniert werden und deshalb Hefte/Zeitungen verkaufen müssen).

  106. „Die Wörter „gut recherchiert” stehen einfach in diesem Satz herum, gucken unschuldig und versuchen, nicht weiter aufzufallen.“ Ein ästhetisch sehr schöner Satz, Herr Niggemeier, für ihn allein hat es sich schon gelohnt, den Artikel zu lesen. Ansonsten stimme ich Ihnen voll und ganz zu.

  107. @daste: Was genau ist an diesem Fass so blöd? Für mich ist das der Kern, um den es hier geht. Gerade in so einer Situation zeigt sich ja, wie es um das Berufsethos steht. Was nützt mir Berufsethos, wenn es in kritischen Situationen dann doch nicht greift? Das ist dann kein Wert, das ist ein Hobby, hat Jon Stewart mal gesagt. Und da hat sich kaum eine Zeitung mit Ruhm bekleckert (ich weiß von keiner, will mich aber nicht so weit aus dem Fenster lehnen). Ich finde, da haben Sie ein ganz hervorragendes, kluges Fass aufgemacht, denn da ginge es ja gerade mal um die eigenen Fehler der Zeitungen, und wie man konstruktiv damit umgehen könnte.

  108. „In einer überregionalen Zeitung kriege ich für 2 Euro schätzungsweise 100 größere Artikel“. (Stefan Niggemeier in den Kommentaren)
    Ich hab nicht nachgezählt. Aber wenn ich die FAZ kaufe, dann entdecke ich darin: Argenturmeldungen, die ich nachts schon online gelesen habe und nicht mehr als eine Handvoll lesbarer, kaum mal einen wirklich interessanten Artikel. Ich zahl nicht viel, bekomm aber auch wenig. (Mal abgesehen davon, daß ich die guten Artikel auch schon online gelesen habe).

    Was aber noch schlimmer ist, ist die ganze Propagandaschreiberei der Verlage. Zu allen Themen. Das Schreiben auf Auftrag oder um politische Gefallen zu tun. Um Stimmung zu machen. Diese ganzen Artikel, die ihren Sinn darin haben, eine bestimmte Meinung zu erzeugen. Solche Kampagnen kosten Geld. Dafür braucht es Verlage.
    In einem demokratisierten Medium, wo ich nach dem Lesen dafür bezahle, ob mir ein Artikel einen Mehrwert gebracht hat, würde diese ganze Sparte untergehen. Das können sich die Verlage und ihre Freunde in Politik und Wirtschaft aber nicht erlauben. Dann wäre das Spiel der Elite aus, die ihre Privilegien auf Kosten der anderen konservieren.

    Es ist unleugbar, daß es keine Berlusconis und Sarkozys als Staatsmänner gäbe, wenn die Medien frei, demokratisch und kritisch wären. Und keine Schröders, Merkels, Pofallas und ähnliche Marionetten im Puppentheater.
    Unsere politische Agenda wäre nicht mit Themen gefüllt, die niemanden bewegen, während die großen Entscheidungen in Hinterzimmern gegen das Interesse der Mehrheit getroffen werden.

    Kurzum: der Untergang der Verlage, wird beweint mit Krokodilstränen über Qualitätsverlust. Die qualité perdue existiert aber gar nicht. Vielmehr scheint sie aus der Asche der zementierten Zustände hervorgehen zu können, wenn es gelingt, den alten Dinosauriern den Todestoß zu geben.

  109. @148: Natürlich gibt es einige Medien, die mit dem nötigen Fingerspitzengefühl aus Winnenden berichtet haben – zum Beispiel die Waiblinger Kreiszeitung, die dort beheimatet ist. Ich finde, dass hier einige Kommentatoren ganz schön mit Allgemeinplätzen um sich hauen, ohne sich vorher vernünftig informiert zu haben – und Gleiches werfen sie dann schnell mal einem ganzen Berufszweig vor. Damit meine ich jetzt nicht nur Sie, Ommelbommel.

  110. @Thom: In der FAZ entdecken Sie jede Menge Agenturmeldungen? Sind Sie sicher, dass wir von der gleichen Zeitung reden?

    Es ist unleugbar, daß es keine Berlusconis und Sarkozys als Staatsmänner gäbe, wenn die Medien frei, demokratisch und kritisch wären. Und keine Schröders, Merkels, Pofallas und ähnliche Marionetten im Puppentheater.

    Doch, das ist leugbar. Ich halte das für ausgesprochenen Unsinn. (Nur der Vollständigkeit halber: Wer hält denn die Fäden der Marionetten?)

  111. Qualitätsjournalismus ist … wenn Willi Winkler auf sueddeutsche.de über braune Literatur im SPIEGEL Shop schreibt und die SZ das Buch ebenfalls online anbietet!!!

  112. Manchmal bekomme ich beim Eigenlob mancher „Profis“ das Gefühl, „echte Journalisten“ hätten nur durch göttliche Eingebungen und viel Arbeit (aka Recherche) ihre tollen Artikel. Die Arbeit möchte ich ihnen nicht absprechen, wichtig ist aber – genauso wie beim Blogger – auch die Initialzündung. Profis – egal ob on- oder offline – haben hier selbstverständlich Vorteile: Kontakte, Bekanntheitsgrad, Informantenschutz, Pressefreiheit, … Das ist oft auch gut so, aber man sollte doch bitte dem Amateur nicht vorwerfen, dass das bei ihm nicht so ist. Dafür wurde ja auch schon so einiges von interessierten „Laien“ aufgedeckt – ob nun über einen Blog oder einen Anruf bei der Presse sollte im Sinne der „4. Macht“ eher sekundär sein.

    Auf gedruckte Produkte möchte ich derzeit nicht verzichten – aber nur bei umfangreichen Hintergrundberichten oder wo große Grafiken oder Bilder hilfreich sind. Denn das ist am PC doch noch ermüdend bzw. umständlich.
    Für das alltägliche Info-Update ist mir hingegen prinzipiell herzlich egal, ob die lieblose Agentur-Umformulierung nun online oder auf Papier zu mir kommt. Nur ist ersteres schneller, billiger und im Optimalfall sogar noch mit informativen Kommentaren von anderen Besuchern versehen…

    Was das Online-Payment angeht: Da fehlen in der Tat attraktive Konzepte. 0,50-2€ pro Artikel, die über irgendein umständliches propietäres System bezahlt werden sollen, sind jedenfalls herzlich unattraktiv, wenn man schneller beim Kiosk das Papier besorgt hat und für einen geringen Mehrpreis gleich deutlich mehr bekommt…
    Seltsamerweise wurde ja noch nicht einmal das Konzert der Köder-Abos mit „Luxusprämie“ probiert…
    Ich könnte mir z.B. durchaus vorstellen, dass es funktionieren könnte, wenn ein Abo 2-10€/Monat kostet, (halb)jährlich abgebucht wird, und dafür gibt es eine Prämie, weniger Werbung (v.a. kein/kaum nerviges Flash-Zeugs), exklusive Hintergrund-Artikel und Möglichkeiten zur Individualisierung (Mail bei neuen Artikeln zum Thema X, Politik am Anfang, keine Artikel über Spears & Hilton, …).

  113. @rog 150: Deshalb schrieb ich ja:
    „Und da hat sich kaum eine Zeitung mit Ruhm bekleckert (ich weiß von keiner, will mich aber nicht so weit aus dem Fenster lehnen).“
    Mir ist also noch nicht klar, wieso Sie mich überhaupt meinen, wen auch immer Sie da noch im Auge haben.
    Im übrigen lese ich ja. Unter anderem in diesem Blog, das ja von einem (auch Print-)Journalisten geschrieben wird, aber eben auch andere etablierte Medien. Nur je mehr Gegenpositionen ich im Internet finde, desto seltener kann ich mich mit dem zufrieden geben, was in Zeitungen steht.
    Ich habe einige Zeit in den USA Nachrichten schauen dürfen, und so einseitig dort die Berichterstattung jedes einzelnen Senders ist, so vielfältig ist auch das Gesamtbild. Da wird geschrien und gespuckt und es geht dort häufig schlimmer zu als in der heruntergekommensten Hafenkneipe, aber es findet doch eine Debatte statt. Das lässt sich von Sendungen wie der Tagesschau nicht behaupten. Und ein Informations- und Meinungsmonopol mit objektiver Berichterstattung zu verwechseln, das ist ein Fehler, der mir erst wirklich bewusst wurde, als ich die ganze Spannbreite der Informationsselektion und -interpretation einmal gesehen hatte. Wenn man mir eine Zeitung empfehlen kann, die sich wirklich bemüht, eine möglichst große Spannbreite abzudecken und zu integrieren, und deren Berichterstattung nicht so vorhersehbar ist, dann bin ich wieder dabei.

  114. By the way: Es ist schon erstaunlich, dass die Kritiken zu dem saftigen FAZ-Artikel von Frau Meckel wenige humorvolle Elemente enthalten, mitunter persönlich angreifend verfasst sind. Das muss wohl so sein, wenn es um die „eigene Berufssparte“ geht? Dabei scheint mit dem Artikel die gute Absicht verbunden zu sein, den Journalismus, eben den guten Journalismus indirekt zu fördern. Manches kapiere ich einfach nicht… ;))

    #120, so weit sind manche Ansichten mitunter gar nicht auseinander. :-)

    Grüßchen, Inge

  115. @Ommelbommel: ich habe Sie gemeint, weil ich Ihre Theorie für Unfug halte, kaum eine Zeitung habe sich mit Ruhm bekleckert bzw. anständig berichtet. So viele Zeitungen können Sie doch täglich gar nicht studieren, dass Ihnen ein solches Urteil möglich ist. Ich für meinen Teil habe jedenfalls die Blätter gefunden, die eine möglichst breite Themenwahl liefern. Das wären die FAS, die Süddeutsche Zeitung, „Titanic“, „Spex“ und, tusch!, „Stiftung Warentest“. Will ich alle nicht mehr missen, und Objektivität verlange ich von niemandem. Hat ja schon der alte Herr Watzlawick festgestellt, dass nichts in der Welt objektiv sein kann.

  116. Über all dem Debattieren über Qualitätsjournalismus gehen mir die Quantitäten doch ein wenig unter. Der Spiegel zum Beispiel beschäftigt ungefähr 1.300 Leute, die wöchentlich ein Produkt mit ca. 180 Seiten auf die Beine stellen müssen (davon auch noch geschätzte 25 Prozent Anzeigen, also ‚Fremd-Content‘, aber ich will hier ja nicht kleinlich werden). Im Klartext heißt das, das die Produktivität des ‚Spiegel‘ wöchentlich bei etwa einer Achtelseite je Nase liegt. Die meisten Blogger sind da doch erheblich produktiver – und was manche Blogs als echte Ein-Personen-Unternehmen hochziehen, das ist aller Ehren wert. Von den Damen und Herren Schriftstellern gar nicht zu reden: Döblin, Tucholsky, Fontane & Co., die verließen unter zehn Seiten am Tag doch abends gar nicht ihren Schreibtisch …

    Ich weiß, ich weiß – die Spiegel-Redakteure, die schreiben ja nicht nur das gedruckte Kernprodukt voll, es gibt auch Spiegel TV, Spiegel Wissen und Spiegel Online – die aber bilden doch oft wechselseitig ihren Content beim jeweils anderen ab. Denn das ‚Ausschlachten‘ ist ja nichts Web-Spezifisches, das kommt in den besten Familien vor …

  117. Wow! Was für ein Artikel! Respekt, ich lese Ihre Artikel in letzter Zeit äußerst gerne. Wenn die FAZ mehrere Niggemeiers hätte, würde ich sie möglicherweise käuflich erwerben. Leider stimmt vieles von dem, was Sie gesagt haben. Ich hoffe, ihr Artikel macht Schule und regt zum Nachdenken an.

  118. Schöner Artikel. Und von mir ein Kommentar zu den Kommentaren: Journalisten müssen also den Dialog mit ihren Lesern suchen? Das klingt gut und ist im Prinzip auch richtig.

    Aber dennoch: Je mehr Menschen man mit seinen Beiträgen erreicht, desto schwerer wird es, den Dialog aufrecht zu erhalten. Weil es Zeit kostet. Irgendwann wird man sich aufs Lesen der Kommentare beschränken und allenfalls noch sporadisch antworten. Weil man nämlich eigentlich dafür bezahlt wird, neue Texte zu schreiben und nicht über alte Texte zu diskutieren.

    Wer dreißig Reaktionen hervorruft, kann individuell darauf reagieren. Bei 300 wird es schwierig, bei 3000 unmöglich. Und das sind die Zahlen bei Angeboten mit wirklich hohen Reichweiten.

    Sollten die SPIEGEL-Autoren wirklich in den SPIEGEL-Foren mitdiskutieren müssen? Ich meine: nein. Sollten sie die Reaktionen ihrer Leser zur Kenntnis nehmen? Natürlich. Aber das war schon immer so. Früher hieß das „Leserbrief“. Das Prinzip bleibt das gleiche.

    Das Lesen der über 100 Kommentare hier hat mich ziemlich viel Zeit gekostet. Während der Arbeit hätte ich diese Zeit wohl nicht gehabt. Auch nicht als Autor des Ursprungstextes. Ganz zu Schweigen vom systematischen Mitdiskutieren.

    Das ist vielleicht schade, aber eben auch die Realität. Ich kann auch nicht alle Mails beantworten, die ich so kriege. Oder auch nur lesen. Und ich bin mir sicher, dass sehr viele Menschen sehr viel mehr Mails kriegen als ich.

  119. @Moritz #163

    a) Bei 3.000 Kommentaren sind 200 lesenswert und vielleicht 10 müssen kommentiert werden. Die Auswahl erleichtert eine vernünftige Diskussionsforumssoftware *enorm*.

    b) Dass bei Spiegel Online ein Artikel 3000 Kommentare bekommt, möchte ich sehen! Das klingt wie ’ne billige Ausrede, um bloß keine Kommentare zuzulassen! (bei der FAZ kann man kommentieren und die meisten Artikel bleiben ohne einen einzigen Kommentar. Das Verhältnis Artikel zu Kommentaren ist dort tendenziell schlechter als in meinem Blog …)

    c) Es ist nicht wichtig, wie viel Zeit mich das Lesen der Kommentare gekostet hat, sondern was es gebracht hat. Natürlich ist 50% Müll, aber da muss man durch. Ich hatte auf jeden Fall nach dem Lesen der IMHO teilweise hochqualitativen Kommentare das Gefühl, dass man hier auch über andere Themen diskutieren kann …

    d) Sie werden bezahlt, um Zeit des Nutzers zu „stehlen“ (Aufmerksamkeitsökonomie). Artikel, die so gut sind, dass die Leute die lesen und zwischendrin mit Werbung traktiert werden. Jetzt mag ein Journalist der Meinung sein, er müsse dauernd neue Artikel schreiben, um Leser zu bekommen (und diese mit Werbung zu versorgen). Ich kann aber genauso gut behaupten, dass Leser, die für einen Kommentar zurückkommen, auch Aufmerksamkeit entwickeln. Ich bin gerade zum dritten Mal auf dieser Seite und verbringen zum 3. Mal Zeit hier und könnte zum 3. Mal Werbung geliefert bekommen. In dieser Zeit lese ich keinen einzigen Artikel im Spiegel! Andersherum: Niggermeier hätte nicht im Ansatz die gleichen Abrufzahlen, wenn nicht die Diskussionen hier wären. Ich schätze mal, dass darüber locker die Hälfte oder zwei Drittel der Kontakte gemacht werden.

  120. Besonders Augenmerk:

    Knappe 3.000 Wörter sind überschüssig nicht nur für SZ-Magazin-Leser, sondern auch für die, die ihren Spass beim Herrn Niggermeier suchen.

    Also wohlgemerkt: Demokratieförderndes Qualitätsjournalismus, aber bitte auf 3 Seiten.

  121. @Moritz: Ich finde auch nicht, dass alle Autoren diesen Dialog in gleichem Maß führen müssen. Ein Hans Leyendecker z.B. darf im Zweifelsfall lieber die Zeit, die er in den Kommentaren verbringen würde, mit Recherchieren verbringen (finde ich).

    Aber im konkreten Fall ging es dem „SZ-Magazin“ nach eigenen Worten darum, eine Debatte anzustoßen. Eine Debatte, an der sich die Autoren dann selbst nicht mehr beteiligen?

  122. „In einer Welt ohne Journalisten gingen uns die Neuigkeiten nicht aus, und wir würden einander auch nicht alle dasselbe erzählen. Die Lawblogger würden uns Neuigkeiten aus den Gerichtssälen erzählen, Parteimitglieder über neue Gesetzesentwürfe streiten, Foodblogger neue Restaurants erkunden, Medizinprofessoren kritisch neue Medikamente bewerten und chinesische und iranische Blogger uns mit Einblicken in ihr Leben bereichern.“ Soweit SN.
    Ist das nicht heute bereits so? Der Punkt, den Meckel zu machen versuchte, ist doch der, dass eine von den ‚alten Medien‘, Verlegern und Alphajournalisten, mild gelenkte Formatierung der Gesellschaft durch die unsortierte, werbegesteuerte Vielfalt im Netz hinweggefegt wird. Im kleineren Maßstab passierte etwas vergleichbares schon beim Übergang vom reinen ÖR Fernsehen hin zur ‚Kultur‘ der ungezählten Privat- bis Porno-Kanäle. Jeder findet dort das Seine, aber im großen und ganzen mutierte TV zum Werbe- oder Nullmedium. ‚Gesellschaft‘ findet sich auf dem Rummelplatz, Kluges nur im Separee. Und mir ist bis dato nicht klar, wie eine Million Blogger die Presselandschaft der Zukunft aus dem Tohuwabohu in eine der Allgemeinheit (veraltetes, unterschätztes Wort) zuträgliche Richtung lenken könnte.

  123. Aber wird die Qualität des Journalismus wirklich besser, wenn es ihm ökonomisch besser geht? Gibt es tatsächlich Journalisten die sich sagen: „Hm, also sorry, aber: weil unser Blatt ein zu kleines Budget hat werde ich jetzt mal schon meinen Artikel mies aufbereiten, nicht genügend recherchieren und verstärkt auf Billigthemen a la Kerner und BILD ausweichen.“ Ähm…

  124. Guter Artikel, aber meiner Meinung nach überhöht er „Journalismus“ noch immer zu sehr. Es ist Content-Produktion, nicht mehr, nicht weniger. Wo sind sie denn, die investigativen Erkenntnisse mutiger Journalisten? Auf eine herausragende Aufdeckung kommen zigtausende Artikel, das der Promi der Stunde sich die Haare gefärbt hat. Und warum auch nicht, das will das Volk schliesslich lesen. Aber bitte, verschont mich mit dem Pathos, Journalismus sei „Recherche“, „Aufklärung“, „vierte Gewalt“. Was ich am augenblicklichen Gejammer der etablierten Medien sehe, ist genau das gleiche der gesamten Kreativ-Szene: Content, einst durch das Medium selbst schwer zu produzieren gewesen, nur professionell und mit erheblichen finanziellen Investments durchführbar, ist jetzt jedermanns Möglichkeit geworden. Da hat man es sich so schön gemütlich gemacht in der G+J-Redaktion, und nun kann jeder Hanswurst das tun, was einst eine schwierig zu erreichende Karriere war? Wohin führt das den eigenen Lebensweg? Reine Jobangst, umreflektiert in das übliche „O tempora, o mores“, so wie wir es von Musikern, Filmindustrie, Künstlern, Fotografen seit Jahren hören. Es wird sich zeigen, ob die Gesellschaft stark genug ist, sich von der einflussreichen Lobby zu befreien, die mehr und mehr von GEMA-artigen Einkünften die eigene Zukunft sichern will, ich bin sicher, bald kommt der Ruf nach Staatshilfe für „unverzichtbare“ Presseorgane.

  125. @Ste: Viele Journalisten sind ja bereits dazu gezwungen, wegen des kleinen Budgets ihre Recherche so knapp wie möglich zu halten – weil sie sonst, der dünnen Personaldecke sei dank, in Zeitnot geraten. Freiwillig tun sie dies nicht, wenn sie ihren Job lieben. In ökonomisch besseren Zeiten hat es durchaus mehr Personal gegeben.
    @Claus Ernst: Ist das Fernsehen nicht auch vielfältiger geworden? Weil es die Privatsender gibt, existiert zwar viel Schrott – aber ich kann zugleich auch Serien wie „Six Feet Under“ oder „Battlestar Galactica“ sehen. Eher steht in meinen Augen zu befürchten, dass irgendwann niemand mehr weiß, welcher Blogeintrag von der Industrie oder Politik interessengesteuert wurde und welcher nicht. Das Problem habe ich ja heute schon, wenn ich mir die vermeintlichen unabhängigen Blogtests zu Katzenfutter anschaue oder von einem Blogger erfahre, Scientology sei eine ganz tolle Gemeinschaft.

  126. @Stefan Niggemeier: Okay. Und es ist doppelt misslich, sich inhaltlich permanent aufs Netz zu beziehen und es anschließend als Forum geflissentlich zu ignorieren.

    Das ist aber vielleicht auch alles nur ein kulturelles Missverständnis. Gerade Tageszeitungsjournalisten sind es schließlich gewöhnt, permanent Debatten anzustoßen, die ausschließlich in Tageszeitungen und vielfach auch exklusiv von Journalisten oder sonst eben den üblichen sonstigen Verdächtigen weitergeführt werden, besonders gern im Feuilleton, zu dem ich das SZ-Magazin jetzt einfach mal dazuzähle.

    Das ist ja auch alles gute Tradition und unbestreitbar verdienstvoll und wichtig. Nur wird diese Form des Diskurses – der ja in den Medien durchaus intensiv und wie ich meine auch pluralistischer als hier oft unterstellt wird geführt wird – natürlich erstens dem konkreten Thema überhaupt nicht gerecht.

    Zweitens kann man sich durchaus fragen, ob sich die traditionellen Medien nicht gerade durch die gefühlte Öffentlichkeit der Mediendebatte eine Definitionsmacht von Problemen aneignen, die eigentlich grundsätzlich eher dem Internet zustünde, weil hier alle Menschen – im Prinzip – gemeinsam sprechen könn(t)en.

    Aber kann so die Gesellschaft funktionieren? Ist ein wirklich gleichberechtigtes Forum überhaupt denkbar, indem nicht Meinungsführer und Leitmedien den Ton angeben? Sind die meisten Blogs nicht jetzt schon der Bürgerfunk des Internet?

  127. @164, egghat: Ich habe gerade noch mal im Forum vom SPIEGEL geguckt. Da sind durchaus Diskussionen mit Beiträgen in dieser Größenordnung drin. Das sind – zugegeben – keine klassischen Kommentare, aber eben doch üblicherweise Reaktionen auf Artikel.

    Ich bin im Übrigen der Erste, der Ihnen zustimmt, wenn es um die enormen Potenziale von Communities für die Leserbindung geht. Dennoch meine ich, dass die Pflege von Communities nicht zu den ureigenen Aufgaben von Journalisten gehört. Unabhängig davon, ob einem die Lektüre privat etwas bringt oder nicht.

    Ich wäre übrigens ganz im Ernst sehr interessiert an einer Software, die in der Lage ist, lesenswerte von langweiligen Beiträgen zu unterscheiden!

  128. @Moritz:

    Das macht natürlich nicht eine Software automatisch, sondern die Community mit Unterstützung einer Software. Die Community sagt, was gut und schlecht ist. Die Software filtert es entsprechend.

    Ich bin mir nicht 100% sicher, ob man das auch ohne Account bei Slashdot sehen kann, aber bei mir kommen nur die Artikel mit +4 oder +5 durch (sprich sind aufgeklappt) und die anderen sind (erstmal) nicht sichtbar. Dann kann man wunderschön scannen und die Teile, die einen interessieren, klappt man nochmal auf.
    Beispiel:
    http://tech.slashdot.org/article.pl?sid=09/05/13/1444200&art_pos=8

    Ich bin mir aber fast sicher, dass sich der wirkliche Schrott sogar automatisch filtern ließe. Mit ein wenig Statistik und Grips müsste das drin sein (bin Programmierer von Haus aus und habe sowas für meine „low priority RSS Feeds“ laufen. Da kommen dann nur noch etwa 10 bis 15% durch. Gut, im Rest ist auch bestimmt noch was Interessantes drin, das ich dann verpasse, aber das ist vielleicht 1 von 10 Artikeln. Im durchgelassenen Teil hingegen sind eher 50% der Artikel relevant – kurz in dem einen Fall stimmt das Signal-to-Noise-Ratio, in dem anderen nicht. Sie können mich gerne kontaktieren).

  129. Die Software-Idee ist ja recht interessant. Aber mit dem Lesen halte ich es dann doch lieber wie im Kino: Man muss auch mal schlechte Filme gesehen haben, um die guten schätzen zu können.

  130. @B.Schuss (102): Ich stimme dir in deinen Ausführungen zu, möchte einschränkend oder eher ergänzend den Blick aber auch noch mal auf eine Schwierigkeit der Begrifflichkeiten lenken: Der Terminus Blog wird in der Debatte ja eher uneinheitlich genutzt, da er ziemlich vielschichtig ist. Je vielfältiger technische und konzeptionelle Funktionsweisen von Weblogs genutzt werden, desto schwammiger wird der Begriff. Ich persönlich würde da 3 Begriffsebenen unterscheiden:

    Zum einen die technische Ebene eines einfach aufzusetzenden und bedienbaren Redaktionssystems, das Inhalte chronologisch verwaltet, einen (optionalen) Interaktions- und Rückkanal für die Nutzer bietet (durch die Kommentarfunktion) und mit Pingbacks und Verzeichnis-Pings auch Funktionen zur automatisierten Vernetzung integriert.

    Als eine auf diesen technischen Möglichkeiten aufsetzende „Netzwerk-Ebene“ könnte man das Selbstverständnis eines Blogs als Bestandteil eines größeren, interagierenden Informationsnetzwerks bezeichnen. Das Konzept der Vernetzung unterschiedlicher Blogs untereinander und ganz generell das Prinzip der kontextbezogenen Verknüpfung externer Quellen, das Öffnen eines Rückkanals für Kommentare und Trackbacks – all das macht für viele ein Blog aus, ist aber wie allseits bekannt gerade auch in den Supplementär-Blogs der etablierten Medien nicht immer Bestandteil des Unternehmens.

    Auf einer dritten Ebene würde ich die inhaltlichen, konzeptionellen Fragen ansiedeln. Manchmal steht der Begriff „Blog“ stellvertretend für Bürgerjournalismus, obwohl von persönlichen Wasserstandsmeldungen, über intelligente und informierte Kommentare oder unreflektierte Meinungsäusserungen von Privatleuten, bis zu Berichten von Fachleuten oder Betroffenen, die keine Journalisten sind und Journalisten, die keine Fachleute sind – und natürlich auch mal Fachjournalisten, wie hier – die ganze Bandbreite dessen vertreten ist, was heute öffentliche Kommunikation ausmacht.

    Mir ist klar, dass ich mit dieser Beobachtung nichts neues erzähle. Ich wiederhole sie nur deshalb noch einmal an dieser Stelle, um darauf hinzuweisen, dass die gefühlten Fronten in den Köpfen nicht unbedingt alle dem gleichen Verlauf folgen: Einige besonders ewiggestrige Printjournalisten begreifen Blogs im Speziellen oder gar das ganze Internet als Angriff auf den sog. Qualitätsjournalismus – ungeachtet dessen, ob Leute mit journalistischer Ausbildung schreiben oder nicht. Andere sehen die Gefahr im einfallenden Bürgerjournalisten-Mob [sic!]. Wieder andere finden Blogs mit Kolumnen- oder Sparten-Charakter und flexibler Periodizität als Variation und Ergänzung der üblichen Formate schick, wollen sich aber auf keinen Fall mit der gemeinen Blogosphäre vernetzen, Kommentare zulassen oder gar die eigenen Quellen verlinken.

    Die Grundlage für eine Medienumbruchsdebatte ist also ziemlich diffus. Und so gern ich dem letzten Satz dieses guten und wichtigen Artikels zustimmen würde: Klar, der Inhalt ist entscheidend, und nicht das Anstellungsverhältnis des Autoren oder der Holzgehalt des Trägermediums. Aber macht es nicht – abseits jeder pauschalen Verteufelung des Bürgerjournalismus – doch Sinn, zwischen professionellem journalistischem Handwerk (egal wo) und partizipativem Bürgerjournalismus zu unterschieden? Das Metamedium Internet kann natürlich grundsätzlich ebenso viel Qualität bieten wie eine gedruckte Zeitung. Die ökonomischen Probleme werden sich über kurz oder lang lösen, da bin ich ganz Stefans Meinung. Aber natürlich bietet es auch neue Möglichkeiten und verändert so auch die Inhalte. Und einen Teil dieser Veränderung macht das Nebeneinander und Miteinander von professionellem Journalismus und gesellschaftlich breiter gestreuten, nah an subjektiven Stimmungen, Lebenserfahrungen und individuellem Fachwissen stehenden Berichten und Meinungsäusserungen. Die müssen und können nicht immer zwingend an den Standards gemessen werden, die bislang für Journalismus gelten.

  131. Die Verlage mutierten in den vergangenen Jahren immer mehr zu reinen Wirtschaftsunternehmen, in denen nicht das Produkt sondern der kurzfristige Profit im Vordergrund steht. Darüber geriet ihre auch grundgesetzlich garantierte und gewollte öffentliche Aufgabe in Vergessenheit. Guter Journalismus braucht Freiraum und Kreativität. Diese gibt es aber nicht zum Nulltarif, sie kostet Geld. Weil aber der Profit die einzige Maxime ist, bedienen sich immer mehr Verlage der schwarzgewandeten Herren der Schickler-Gruppe. Fast überall wo diese Herren auftauchen wird zuerst beim Personal gespart und die Angst um den Job geht um.. Hinzu kommt, immer weniger Journalisten müssen auch mehr Inhalte produzieren. Zeit für Recherchen bleibt da kaum. Wohin dies führt, kann man exemplarisch im Nordosten betrachten. Der Konzentrationsprozeß der Verlage ist hier besonders weit fortgeschritten. „Weil wir hier zu Hause sind“ sollen die Bewohner des ehemaligen DDR-Bezirks Rostock die „Ostsee-Zeitung“ lesen. Eine aus den Verlagen ausgegliederte, gemeinsame Mantelredaktion mit den „Lübecker Nachrichten“ – Sitz Lübeck – sorgt schon einmal dafür, dass Themen aus Schleswig-Holstein auf Seite 3 erscheinen. Welche Relevanz diese Themen für Mecklenburg-Vorpommern haben könnten, können sicher nicht einmal die Verleger und Chefredakteure nachvollziehbar erklären. Früher, als die Zeitung noch das Zentralorgan des SED war, gab es die so genannten Volkskorrespondenten. Schreibende Arbeiter auf Linie der Partei, die immer Recht hatte. Daran fühlt man sich erinnert, wenn man in einer Stellenanzeige liest, es würden für die Wochenenden sportbegeisterte Leute mit einer Affinität zur PR gesucht.
    Bei der „Schweriner Volkszeitung“ wurde die Mantelredaktion ebenfalls ausgegliedert. Die Redakteure mussten bis zu 1000 Euro Gehaltseinbußen hinnehmen. Seit 1. April ist diese Mantelredaktion um 4 Redakteure des „Nordkurier“ aufgestockt worden. Die gemeinsame Mantelredaktion biefert jetzt beide Titel. Wohin das führt, konnte man gleich Anfang April beobachten. Im Einzugsgebiet des „Nordkurier“ soll Europas größte Schweinemastanlage errichtet werden. Eigentlich ein facettenreiches Thema, welches unter verschiedenen Gesichtspunkten hätte beleuchtet werden können. Den Mantelredaktionen war der Beginn des Erörterungstermin mit über 700 Einwendungen gegen das Projekt lediglich eine kleine Agenturmeldung wert. Der einzige Unterschied, der eine Mantel druckte die dpa-Meldung und der andere die von ddp. Was die Regionalzeitung nicht vermochte, vollbrachte die SZ in aller Ausführlichkeit. Doch wer im Verbreitungsgebiet des „Nordkurier“ liest die SZ? Vermutlich nur Herr Schuhmacher. Wenn auch momentan weder Hausfrauen, Schüler noch Rentner für sein Blatt schreiben, zeigt sein Statement doch, wohin die Reise gehen könnte. An der verlagsinternen Onlinebörse droht zwar kein Preiskrieg nach unten, der ist bei Honoraren von 15 Euro plus Foto je Beitrag auch kaum möglich, doch die Qualität der Zeitung wird zwangsläufig weiter leiden. Aufwendige Formate wie Reportagen, Portraits. Hintergrundberichte oder Features werden in dem Blatt aber endgültig der Vergangenheit angehören. Welcher Journalist könnte sich bei diesen Honoraren noch sorgfältige Recherchen leisten? Es sei denn, er versteht seinen Beruf als Ehrenamt und verfügt über die Gabe sich von Luft zu ernähren. Wer kauft noch Regionalzeitungen, wenn er die Agenturmeldungen des Vortages, die er schon ausFunk und Fernsehen kennt, in seiner Regionalzeitung nachlesen kann? Vermutlich nur der örtliche Fischhändler. Aus Kostengründen würde er aber auf die zahlreichen Gratiszeitungen zurückgreifen.
    Meinungspluralität und gesellschaftlicher Diskurs könnten damit in weiten Teilen Mecklenburg-Vorpommerns wieder den Stammtischen vorbehalten sein, wenn sich da nicht das nächste Problem auftäte, es gibt kaum noch Dorfkneipen. Im Profitrausch sägen die Verlage nicht nur an dem Ast auf welchem sie selber sitzen, sie gefährden nicht mehr und nicht weniger die Demokratie.

  132. Unfassbar, diese Arroganz der Printleute. Ich selber bin eigentlich eher ein Ausdrucker und ein altmodischer Freund von Holzmedien. Aber derzeit ist es so, dass die wirklich interessanten Informationen nicht in meiner Tageszeitung stehen. Dort stehen eher die Leerformeln der Pressesprecher und die zusammengestrickten Agenturtexte. Wirklich recherchiertes findet sich selten. Die Zeitung ist bei mir nur noch nostalgisches Relikt. Erkennbar wird das bei solchen Themen wie die Netzsperren von Frau von der Leyen: Meine Tageszeitung beschränkt sich auf das Allernötigste. Hinterfragt wird allein im Kommentar, aber recherchiert wird eher nicht.

    Ich glaube, ich sollte langsam mein Abo kündigen…

  133. @Milo: Ist es denn wirklich Arroganz oder eher der Versuch, so lange ordentlich Profit abzuschöpfen, bis sich das Produkt totgespart hat, ist es also nicht vielmehr unternehmerische Kurzsichtigkeit und damit recht dumm? t.n. hat das Problem in Punkt 178 anhand der Beispiele treffend dargelegt.

  134. @ 151 (Stefan Niggemeier)
    „Doch, das ist leugbar. Ich halte das für ausgesprochenen Unsinn.“

    Bei aller Sympathie: wenn sie das hier nicht leugnen würden, dann könnten Sie kaum in für die Sonntagszeitung schreiben. Über die mediale Involviertheit Berlusconis und Sarkozys können sicher andere besser Auskunft erteilen als ich. In Frankreich hat man es mir so erklärt:
    Ein Jahr vor der Wahl galt Sarko (damals Innenminister) als rechter Haudegen, weit davon entfernt ein Amt wie das des Präsidenten einnehmen zu können. Seine Beliebtheit war – selbst im gemäßigt rechten Lager – bescheiden.
    Nun kommt es aber, daß die Medien (ähnlich der Lage in Deutschland) sich vor den Wahlen ziemlich klar positionieren. Die Kandidatur von Royal wird (nicht ganz ohne Grund) als Kandidatur einer Karrieregeilen beschrieben, die (was stimmt), ihren Mann (den Parteichef der PS) mit der Drohung das Sorgerecht für die Kinder zu entziehen, zur eigenen Kandidatur trieb.
    Auf der anderen Seite wird das Bild eines Visionärs für Frankreich gezeichnet. Die rechte Vergangenheit werden wie die zahlreichen Faux Pas zwar von der linken Presse ausgeschlachtet, finden aber im breiten Mainstream und besonders im die Massen erreichenden Fernsehen keine Erwähnung. Das mag jemand, der für die Sonntagszeitung schreibt, nun irgendwie erklären, aber jeder andere (und ich habe wirklich nicht mal bekennende rechte Franzosen getroffen, die das anders beschrieben) wird es auf Sarkos Freunde zurückführen. Einer der beiden Treuzeugen bei seiner zweiten Hochzeit war Bernard Arnault. Der kaufte pünktlich zur Wahl mit seinem Unternehmen „Les Echos“, die größte Finanzzeitschrift des Landes und ist der (laut Forbes) reichste Franzose (drittreichste Europäer). Und der andere heißt Martin Bouygues. Der Nachname sagt jedem Franzosen etwas: Bouygues Telecom ist dort weit verbreitet. Nebenbei gehört ihm auch noch (mehrheitlich) der größte Fernsehsender des Landes (FT1) und die kostenlose und allgegenwärtige Tageszeitung „Metro“. (Das allgegenwärtig bezieht sich auf Paris).
    Oder wie ist’s mit Serge Dassault. Der verfügt über das größte Medienimperium im Lande („Lagardère“ 70 Titel, darunter le figaro, das meinungsstärkste rechte Leitmedium) und ist in Sarkos Partei (UMP) und für diese Partei 2004 in den Senat eingezogen (so etwa, wenn auch nicht recht vergleichbar aufgebaut, wie unser Bundesrat).

    Jetzt kommt natürlich die Frage: ist jemand, der unterstellt, daß persönliche Freunde ihre Meinungsmacht nicht einsetzen würden, um ihrem alten Kumpel (und wie viele Freunde habe ich nicht aufgezählt) ins Amt zu helfen naiv oder jemand, der das Gegenteil unterstellt, Verschwörungstheoretiker.
    Ich sage, die haben Sarko ins Amt geschrieben und ich sage, daß die FAZ zwar Koch nicht ins Amt geschrieben hat, aber alles Denkbare (vor der Wahl, Ihr heroischen Interview war ja danach) getan hat, um ihn im Amt zu halten und – im Akkord mit Bild – seine Gegnerin (die ich nicht schätze) zu diskreditieren.
    Nun meiden Sie politische Stellungnahmen wie der Teufel das Weihwasser; die Struktur und mediale Verstricktheit aber darf man nicht ignorieren. Oder mit einem lapidaren Totschlagargument abtun: was beweise das alles schon.

  135. Nur ein Wort zu Berlusconi, da es auch hier andere gibt, die alles, was ich sagen könnte, minuziöser darstellen. Eine Italienerin, die wie ich im Pariser Exil lebt, war in die Heimat zurückgekehrt (für einige Tage) und, mir auch darin gleich, mit einem Gefühl zurückgekehrt, das Land, aus dem man stamme, nicht mehr zu verstehen. „C’est la honte“ war ihr einziger Kommentar zum inneren Zustand Italiens.

    Ich weiß nicht, ob es jemanden gibt, der das behauptet, aber ich würde gerne mal ein vernünftiges Wort hören, das leugnet, daß Berlusconi wegen seiner Mediengewalt und seines Reichtums Ministerpräsident ist.

  136. (Und noch ein letztes Wort, mit Entschuldigung für drei Beiträge in Folge, um auf die Frage zu antworten: „Nur der Vollständigkeit halber: Wer hält denn die Fäden der Marionetten?“ (immer noch Nr. 151)

    Es ist eine ziemlich infantile Vorstellung, daß es hinter allem einen „großen Mann“, den Vater geben muß, der alles hält und leitet. (Aus dieser infantilen Denkart entsteht, zumindest nach Freuds Unbehagen in der Kultur, Fischer, S. 40, auch das monotheistische Gottesbild). Ich bin bereit zu gestehen, daß ich ein ähnliches durch das Wort „Marionette“ implizierte. Nur ist es mir ein leichtes, mir nicht „einen Puppenspieler“ dahinter zu denken, sondern als Marionette zu bezeichnen, wer sich ohne eigene Handlungsinitiative Forderungen eines Mainstreams anpaßt und rückgratlos die Interessen der herrschenden Individuen eines gewissen Systems vertritt. Dazu kommt noch die esoterische Abkopplung dieser sogenannten Eliten. Vielleicht sind es weniger Marionetten als Rollenspieler ihres eigenen Erfolgs, der an die fortune einer gewissen Interessengruppe untrennbar geknüpft ist.)

  137. @170: Aha, wenn alles gut ist, dann schreiben also mindestens zwei an einem Artikel? Okay. Lieber Herr Niggemeier, wie viele Leute haben denn an diesen Artikel hier gesessen?

  138. @184: Ich versuche mal zu verstehen, was Sie meinen. Wenn alles gut ist, muss ein Redakteur einen bis zwei Beiträge pro Tag für seine Zeitung recherchieren und schreiben. Wenn alles nicht so gut ist, muss er vier, fünf, sechs Artikel recherchieren und verfassen und nebenher zwei Seiten bauen, weil es in der Redaktion keine Producer mehr gibt. Derzeit läuft es in vielen Redaktionen nicht so gut.

  139. @185: Ich meine noch nichts, ich frage mich wie ein Artikel entstehen kann, der Mist ist. Ein Angebot zur Abhilfe war: Mehr Personal.

  140. @rog # 176:

    Man muss aber nicht Tausende schlechte Filme gesehen haben …

    Es wird keine Software geben, die perfekt filtert. Aber wenn ein Forum 20% Signal und 80% Noise hat, sollte man es schaffen können, die Artikel so ein und auszublenden, dass man 50% Signal-Noise hat. Damit hat man dann schon mal fast die Hälfte des Schrotts aussortiert.

  141. […] spricht Stefan Niggemeier, der PT hört es: Wenn der Zeitungsjournalismus so wäre, wie er in den vielen Zeitungsjournalismus-Verteidigungstexten beschrieben wird, dann müssten Zeitungen zum Beispiel in der gegenwärtigen Auseinandersetzung um die Zukunft des Urheberrechts der Ort für die gepflegte Debatte sein, allen begründeten Standpunkten ihren Raum geben, abwägen und differenzieren und die eigenen Interessen deutlich machen. Ich sehe stattdessen an vielen Stellen Zeitungen als Propagandainstrumente in eigener Sache, die einseitig und penetrant Stimmung machen und dabei grotesk übertreiben. Kategorie(n): Keine Randbemerkung mehr, Medien und Presse Schlagwörter: AntiFAZ, Perlentaucher, Qualitätszeitungen, Stefan Niggemeier, Zeitungen Kurz-URL | Das hier twittern… |  Druckversion | Das hier twittern… Trackback-URI | RSS-FeedMöglicherweise verwandte Artikel:21: Schmuddelkinder – Dez. 07 […]

  142. @miro #179
    Weil die Zeitungen eben keinen Mehrwert an Informationen mehr bieten, überlegen eben nicht nur einige Leser ob sie sich eine Zeitung noch leisten wollen – sie handeln einfach und treffen ihre Entscheidung am Kiosk oder durch Kündigung des Abos.
    Worin der Mehrwert einer nordostdeutschen Tageszeitung besteht, verdeutlicht ein Beispiel.
    Vor einigen fand auf einer Baustelle des Bundes eine Razzia gegen Schwarzarbeit statt. Die entsprechende Agenturmeldung konnte man am Tag des Geschehens im kostenfreien Nachrichtenüberblick des Tages lesen. Öffentlich rechtliche und private Rundfunkanbieter brachten beinahe wortgleich die Agenturmeldung in ihren Nachrichtensendungen.
    Der Mehrwert der für den Leser bestand am darauffolgenden Tag darin zu erfahren, wann die Beamten losfuhren, sie die Ampeln bei Rot überquerten und es eine Herausforderung war, im geschlossenen Konvoi die Bausstelle zu erreichen. Dies war der Mehrwert an Informationen. Darf man sich da wundern, dass sich immer mehr Leser gegen ihre Tageszeitung entscheiden?
    Journalistische Sorgfalt als ein Qualitätskriterium für Medien – nicht nur auf Print beschränkt – ist entscheidend für die Glaubwürdigkeit des Mediums und damit in das Vertrauen der Rezipienten. Gerade dieses Vertrauen dürfte ein wesentlicher Gradmesser für die Entscheidung für ein Medium sein.
    Die schon erwähnte nordostdeutsche Zeitung veröffentlichte neulich eine Agenturmeldung, nach der ein Castingbüro für einen mehrteiligen Film mit bekannten Schauspielern 1000 Komparsen aus der Region Stralsund/Rostock suchen würde. Der Titel des Films sei noch geheim war weiter zu lesen. Unter dem Artikel der Online-Ausgabe fand sich ein Link zur Homepage der Castingagentur. Wer nun nähere Informationen wollte und dem Link folgte, konnte nicht nur die Namen der bekannten Schauspieler sowie den Filmtitel erfahren, er durfte auch feststellen, dass der hauptsächlich in Sachsen gedreht werden würde. Komparsen aus dem Nordosten des Landes wurden übrigens auch nicht gesucht.
    Mangelnde Recherche ist aber nicht nur ein Problem des Printjournalismus, wie man am Abend des Tages erfahren durfte. In den Nachrichten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens wurde die Agenturmeldung ebenfalls verbreitet.
    Wievielen Medienkonsumenten wird hierdurch wohl ein Stück des Vertrauens in den Journalismus abhanden gekommen sein? Mit dem Vertrauen schwinden Auflage und Reichweite. Das Medium wird für die werbetreibende Wirtschaft immer uninteressanter, die aus der Werbung generierten Einnahmen sinken neuerlich und die Spirale dreht sich weiter – nach unten.
    Was wir brauchen ist also keine Debatte klassische Journalisten vs. Blogger, wir brauchen vermutlich, da man sich schnell darauf einigen könnte, auch keine Debatte über Qualitätsjournalismus sondern eine Debatte über den Wert des Journalismus für das Gemeinwesen und die Verantwortung der Medienanbieter. Diese Debatte muss öffentlich – Medienkonsumenten eingeschlossen – geführt werden. Damit, wohin publizistischer Einheitsbrei führt, hat man in diesen Landen ja schon so seine Erfahrungen.

  143. Sehr geehrter Herr Niggemeier,

    BRAVO! – mit Genuss und Genugtuung habe ich ihren Text gelesen. Ich möchte auf den Nordkurier zurückkommen, der einmal meine Heimatzeitung war. Ich hatte große Hoffnungen, dass mit der radikalen veränderung des Layout vor wenigen Jahren auch eine inhaltliche Entstaubung und relevante Berichterstattung in das Blatt Einzug halten würden. Meine Hoffnung war vergebens, denn der Nordkurier ist weit entfernt von dem, was sie hier als „guten Journalismus“ charakterisieren. Der Mantel wird mittlerweile von einer gemeinsamen Redaktion mit der Schweriner Volkszeitung collagiert – anders kann man diesen Produktionsprozess nicht mehr nennen – und die Arbeitsbedingungen der Kollegen haben sich in den vergangenen Jahren konsequent verschlechtert; auch unter Mithilfe des einst von mir geschätzten Chefredakteurs Michael Seidel, der, nach meinem ganz persönlichen Eindruck, irgendwann nur noch der Geschäftsführung unter dem uninspirierten Herrn Schumacher das Wort redete und dem Nordkurier damit den Todesstoß versetzte. Ich stamme aus dem Verbreitungsgebiet des Nordkurier und bin immer wieder erstaunt wie viele Themen, Fakten und Geschichten sich aus den Gesprächen mit den Menschen vor Ort ergeben, die sich allerdings NIE im Nordkurier und seinen Lokalbeilagen wiederfinden. „Wir kaufen den Nordkurier nicht mehr. Da steht ja nichts Vernünftiges drin“, bekomme ich immer wieder zu hören. Geradezu pervers ist die Artikelbörse. Hier schirmt sich eine Tageszeitung gegen ihr ureigenstes Geschäft ab. Jetzt hocken irgendwo Redakteure zusammen, basteln einen Themenplan und lassen dann darauf Angebote abgeben. Wie sollen dann Geschichten über Ungereimtheiten beim Bau von Windkraftanlagen, Streitigkeiten um Kommunalwahlergebnisse oder engagierte Beiträge über den Rechtsextremismus in der Grenzregion ihren Weg in das Blatt finden? Anbieten geht nicht mehr. Guter Journalismus – und das scheinen die Herren Schumacher und Seidel nicht verstanden zu haben – lässt sich eben nicht mit Schinderhonoraren, Aushilfskräften und Gemeinschaftsredaktionen fernab des lokalen Geschehens bewerkstelligen. Fortführen ließe sich dieses Lamento mit dem Internetauftritt des Nordkurier, der kostenpflichtig ist, allerdings keinen nennenswerten Nutzwert für den User bereithält.
    Leider gibt es in Vorpommern nicht genügend Blogger, um diesen Mangel wenigstens ein wenig aufzuwiegen.

  144. Ein hervorragender Text, der das in Worte fasst, was mir schon lange auf der Seele liegt.

    Aber keine Sorge Stefan, die Auflagenentwicklung zeigt doch, dass die Mehrheit der Zielgruppe eben genau diese Auffassung teilt. Was soll es denn helfen wenn die Zeitungen derart wettern? Diejenigen, die das lesen, sind doch noch Zeitungsleser. Man wird mit diesem hilflosen Schlechtmachen keinen einzigen Leser zurückgewinnen.

  145. @michael fengler #192
    Eine kleine Anmerkung: Mittlerweile hat sich der „Nordkurier“ von seinem kostenpflichtigen Onlineangebot verabschiedet.

  146. @t.n. – Danke für den Hinweis. Das wusste ich noch nicht, bei meinem letzten Besuch musste ich noch zahlen. Meine Kritik kommt also an dieser Stelle zu spät. Ich korrigiere das gern, was aber nichts an meiner Grundkritik ändert. Und ein „Ostblog“ macht noch keinen journalistischen Frühling. Ich weiß nun leider nicht, wer hinter dem Kürzel t.n. steckt, ich würde mich aber sehr freuen, wenn wir ein paar E-Mails austauschten.

    Danke

    michael fengler

  147. einmal fehlte ein „ich“ (weiter oben) und weiter unten stand „recheriert“ ;)

    ansonsten einen text den ich so voll und ganz unterschreiben kann.

  148. (Na, offenbar doch nicht den Text nochmal durchgelesen, genau wie ich es befürchtet hatte. Als ob die zwei da die einzigen Tippfehler waren.)

  149. Was lange gärt, wird endlich Wut – und das bekommt dem Text so richtig gut. Aber, lieber Herr Niggemeier, Sie haben sich zu Ihren fulminanten Argumenten ein etwas sperriges Wortmonster als schmückenden Titel einfallen lassen. „Mäander“ ist ein orthogonales Muster in der Fries-Ornamentik – viel besser zum Journalismus-Sujet paßt das Muster „Laufender Hund“ – kreiselt ständig um die eigene Achse, überschlägt sich und kommt doch wunderbarerweise weiter, und das nicht mal auf den toten Punkt.

  150. Wenn ich sowieso schon schlecht drauf bin, sollte ich nicht noch Stefan Niggemeiers brilliante Analysen zum Zustand des Journalismus von heute lesen. Gibt es nicht irgendwo auch gute Nachrichten (sic!)?

  151. @96 Dierk
    Zitat:
    Strohmannargument. Niemand behauptet, dass jederzeit alle Blogs besser sind als klassische Medien. Umgekehrt wird leider argumentiert und genau dies wird u.a. von Stefan Niggemeier aufgespießt – zur Besserung, nicht als Anschwärze.

    Du hast meine Beiträge entweder nicht zu Ende gelesen oder nicht verstanden. Ansonsten wäre Dir aufgefallen, wie wenig Deine Aussagen zu meinen passen. Abgesehen davon – es wird argumentiert, dass jederzeit alle klassische Medien besser seien als Blogs? Wenn _das_ mal kein Strohmannargument ist.

    Noch einmal – es geht weder um vereinzelte Perlen oder Negativbeispiele sondern um das durchschnittliche Niveau. Die Breite der Abdeckung der wichtigen Themen. Die Reaktionsgeschwindigkeit. Das Ordnen an einer Stelle.

  152. [editiert] das „portfolio“ war schon was ganz interressantes, mit viel geld dahinter, aber es sowie der blog, der viel grosse wellen bis vor ein paar monate hier machte, ist von cy newhouse abgestellt aus finanziellen gruenden.

  153. Trotzige Kleinkinder treten gegen Schienenbeine, weil sie (t)rotzig sind. SN tritt gegen Schienenbeine, weil es nötig ist. Es ist wie das berühmte Bohren dicker Bretter. Da ist doch viel Ausdauer vorhanden. Respekt.

  154. Lieber Herr Niggemeier,
    ich teile viele Ihrer Gedanken. Es wird höchste Zeit für eine ehrliche Qualitätsdiskussion in den Printmedien. Wenn wir es dabei schaffen, uns auf ein paar einfache und anerkannte Standards zu verständigen (zumindest Basis-Recherche, richtig Zitieren, alle Seiten zu Wort kommen lassen, ohne vorgefasste Meinung an ein Thema herangehen, keine Presstexte ungeprüft übernehmen) und vor allem die Sichtweise unserer Leser/Nutzer/Leser stärker in den Mittelpunkt unserer Arbeit stellen, dann gibt es bestimmt noch Hoffnung.

    Einen kleinen Widerspruch, oder besser Hinweis erlauben Sie mir aber. Die meisten Menschen in Deutschland werden wohl weder den Nordkurier noch die Region entlang der nordöstlichen deutsch-polnischen Grenze kennen, die wunderschön aber leider auch bitterarm ist. In dieser Gegend gibt es kaum professionelle freie Mitarbeiter, weswegen wir bei bestimmten Themen (Sportergebnisse, Bastelnachmittage etc.) auf Mitarbeiter zurückgreifen, die im Hauptberuf Hausfrau, Rentner oder Schüler sind. Den ganz, ganz überwiegenden Teil unserer aus meiner Sicht gut gemachten Lokalteile bestreiten jedoch Festangestellte! Weit mehr als es in vergleichbaren Lokalredaktionen im Westen üblich ist. Unsere Zeitung beschäftigt derzeit weit mehr als 100 festangestellte Redakteure, die meisten in den 13 Lokalredaktionen des Nordkurier. Das geht in der Debatte möglicherweise unter.

    Viele Grüße vom „berüchtigten“ Lutz Schumacher ;-)

  155. Ich schaue nach ein paar Tagen wieder rein und kann folgendes – na ja, zugegebenermaßen leise überspitztes – Resümee aus dem Großteil der Kommentare ziehen: Print schlecht; Verlage gierig; FAZ oberflächlich; Sarkozy und Berlusconi führen (uns) Journalisten an der Leine (zugleich haben wir sie groß gemacht, jaja), aber keinen Blogger; alle klassischen Medien haben in Winnenden versagt; Print bringt (nur) Propaganda oder (sic!) Agenturmeldungen, jedenfalls nichts Recherchiertes (bekanntermaßen arbeiten bei Agenturen keine Journalisten und recherchiert wird auch nicht); ein aus Zeitungen zusammengestellter Pressespiegel ist ein Geschäftsmodell fürs Internet (!); Blogger sind toll und bieten ohne Ende Originalcontent – wozu also noch (journalistisch) auswählen, einordnen, berichten, kommentieren…; Journalisten sollten mehr auf ihre Leser eingehen, das gehe bei Massenmedien mit Tausenden Kommentaren auch problemlos und zeitsparend automatisiert per Kommentarfilter und Leseautomatik, also warum zieren die sich so (darüber habe ich Tränen vergossen, ich denke freilich noch drüber nach, ob es Lachtränen waren).

    Einer sagt gar: Wenn Zeitungen nicht so schlecht wären, würde er sie lesen und sogar bezahlen. Da sie aber schlecht sind, lässt er es und liest im Internet (was liest er da eigentlich, wenn’s halbwegs stimmen soll und ganz und gar nicht von klassischen Medien stammen darf?!?).
    Und zwote Frage: Woher zum Geier weiß er, dass Zeitungen nichts wert sind, wenn er sie nicht liest?

    Aber Scherz beiseite: Über guten und schlechten Journalismus (der eigentlich keiner ist) könnte nicht genug debattiert werden. Da gibt es viele Probleme, wenig übergreifende Vernunft, wenig Mut zu Veränderungen und ergo wenig Inspiration, die richtigen Lösungen zu finden. Leider kommt es auch hier nicht zu dieser Debatte.
    Der gelungene Wut-Mäander hat im Groben und Ganzen nur wieder erzeugt, wogegen er angesetzt wurde: Eine teils wirre und abstruse Auseinandersetzung um nichts als die schon im Ansatz falsche, ideologische und sinnfreie Fragestellung, ob klassische Medien heutzutage, in diesen maßlos internetten Zeiten, nicht überflüssig (weil arrogant, schlecht und gewinnorientiert) seien. Thema verfehlt!

    Schluss jetzt, ehe ich hier auch noch wutmäandere: Schade, der Ansatz war wirklich Klasse.

  156. #208:
    So eine Polemik, selbstgefällig „leise überspitzt“ genannt, aber gleich danach von „(journalistisch) auswählen, einordnen, berichten“ faseln. Ein paar Latinismen, die Beschuldigung, schon im Ansatz falsch zu liegen, natürlich ohne Argumente, aber mit oberlehrerhaften Bewertung. Auf die soeben geforderte Debatte einlassen? Bitte, das hat man doch nicht nötig, da würde man doch wütend werden…
    Eindeutig jemand der es gewohnt ist, die eigene Meinung jedem aufzudrücken, ohne je sich mit Widerspruch auseinandersetzen zu müssen. Evtl. beim ÖR?

  157. @ 209: Meine Einlassung zur Sache finden Sie in Kommentar 120.

    Antwort auf die Frage „Eventuell beim ÖR?“: Nein, sondern gewissermaßen nackt und bloß vor kritischen und selbstbewussten, da zahlenden Lesern/Nutzern.

  158. Komisch, kurz nach 21 Uhr und niemand mehr im blog? Endet Qualitätsjournalismus um 17 Uhr?

  159. Ach, jetzt wird Journalismus zum Unwort der Woche deklariert. Mir ist das ohnehin wurscht, wer sich wie schimpft, was für ein Medium publiziert, Es gibt Dinge, welche interessieren und andere tun es nicht. Wer da jetzt nun wie die beste Story hat *schnarch*, wie war das mit dem Sack Reis?

  160. Artikel im Spiegel zum Mitmachjournalismus: „Die Bürger-Kings“ Mit netten Zitaten wie „Dass Leser im Zweifelsfall auch nicht dümmer seien als Journalisten, sei für viele Kollegen eine „schwere Kränkung ihres journalistischen Narzissmus“, lästert etwa Jakob Augstein“.
    Allgemein recht interessant und neutral geschrieben.

  161. Noch ein Danke für diesen tollen Beitrag. Seit ich für die Wikipedia schreibe und Presseartikel dazu lese – also zu einem Thema, bei dem ich mich auskenne – weiß ich erst, wie schlecht viele Journalisten heute allein schon recherchieren. Daß die Beiträge dann nicht selten dazu dienen, das alte Medium Printpresse bissig gegen die neuen Formen der Kommunikationsgesellschaft zu verteidigen steht noch euf einem anderen Blatt. Das könnte man ihnen durchaus nachsehen – wenn sie wirklich Qualität bei ihren Beiträgen liefern. Aber selbst der Deutschlandfunk, meist ein Hort der Zuverlässigkeit schafft es nicht mehr immer korrekte Pressearbeit zuleisten (http://blog.wikimedia.de/2009/05/15/der-deutschlandfunk-und-das-kommerzielle-missverstandnis/). Immerhin ist man dort Einsichtig und steht zu Fehlern. Was für mich immerhin noch einmal für etwas menschliche Qualität und Professionalität steht.

  162. @207
    Dann können freie Journalisten, es gibt – wie in der Datenbank des DJV ersichtlich – einige in der unmittelbaren und mittelbaren Umgebung des Einzugsgebietes des Nordkurier, Themen anbieten? Dann beträgt deren Honorar – egal ob 10 oder 80 Zeilen zzgl. Photo und unabhängig vom Rechercheaufwand – mehr als 15 Euro? Dann sind die Journalisten in den Lokalredaktionen mit dem Arbeitsklima, dem Arbeitsaufkommen und den Produktionsbedingungen zufrieden? Dann grassiert in den Redaktionsstuben nicht die Angst vor Entlassungen? Dann könnten Journalisten des Nordkurier hier, ohne Repressalien fürchten zu müssen, über ihren Arbeitsalltag berichten?
    Wenn der Nordkurier das Paradies des Journalismus im Printbereich ist, dann spräche doch eigentlich nichts dagegen, die Basisdaten der Verträge mit den Freien und die Honorartabelle zu veröffentlichen? Dann würde sich zeigen, ob es tatsächlich das Paradies ist. In der Folge würde der Verlag sich vor Angeboten nicht retten können. Vielleicht würden dann aus dem „überwiegenden Teil“ der „gut gemachten Lokalteile“ 100% sehr gut gemachte Lokalteile.

  163. Wenn ich das lese, könnte ich wirklich zu viel kriegen. Wer bitte denn hat behauptet, dass der Nordkurier das Paradies des Journalismus ist? Selbst die Verantwortlichen für dieses praktische IT-Tool zur Orga der Freien haben von einem „bitterarmen Landstrich“ und schlechten Bedingungen für Freie gesprochen. Keine Ahnung, welche bewusstseinnsveränderden Drogen immer wieder zu dieser überflüssigen Gewerkschafts-Polemik führen: Ein Blick für die Realität wäre hier ganz ratsam, um nicht immer und immer wieder mit gleichen Gebetsmühlen die bislang interessierte Medienbranche zu langweilen. Noch mal ganz langsam zum Mitschreiben:
    1. Hier wurden keine Menschenrechte verletzt.
    2. Bei der Honorartabelle handelt es sich allem Anschein nach um ein Orgatool, nicht um eine Daumenschraube
    3. Ich bin nicht der Geschäftsführer des Verlages, ich verfolge nur die Diskussion und würde mir wünschen, dass einmal zwischen Eigeninteresse, Platitüden und dem Verlagsalltag getrennt wird.

  164. Überzeugende Stellungnahme.

    Würde ich mir von der SZ im Medienteil wünschen.

  165. Sehr geehrter Herr Niggemeier,

    via fact-fiction-Empfehlung kam ich auf Ihre Seite und muß sagen: ein großartiger Aufsatz. Ich stimme Ihren Ausführungen ohne jegliche Einschränkung zu. Vielen Dank und beste Grüße, P. Schmidt.

  166. Da möchte ihm nicht widersprechen, aber empfehlen, in dem Satz versuchsweise die Wörter „im Netz” durch „in den Zeitungen” zu ersetzen. Er verliert nichts an Wahrheit. Im Gegenteil, die schöne Formulierung vom Glauben an das eigene Rechthaben gewinnt erst richtig an Anschaulichkeit.

    da war es ;)

  167. Huiui, der geht noch mal in die Länge, aber der rote Faden ist da, er „glänzt“ geradezu auf und wieder auf… ;)

    Ich habe Ihren Artikel mit Genuß und Freude gelesen, Herr Niggemeier! Vielen Dank und fröhliches Querdenken und eine gute Portion Mißtrauen und hartnäckige Recherche wünsche ich Ihnen :). Ich lese eine Vielzahl der ach so „großen“ Zeitungen lediglich selektiv, z.B. die Wirtschaftpresse, der Rest geht mir an der Realität der Diskussionen in der Gesellschaft vorbei, siehe z.B. die Diskussion um Meinungsfreiheit und Zensur (Zensurursula), die von den Deutschen Mainstream-Medien vernachlässigte zunehmend folgenreiche Entwicklung des Einsatzes der BW in Afghanistan (keine umfangreiche Diskussion trotz jährlicher Verlängerungs-Missetaten des Einsatzes durch den Deutschen Bundestag), mangelnde Erklärungen jüngster kriegerischer Konflikte (katastrohphal schlechte Berichterstattung über Berichte von (norwegischen) Ärzten über Kriegsverbrechen der israelischen Armee im Gaza-Streifen). Die wichtigen Diskussionen finden mindestens hier statt oder münden in Artikeln wie auf hintergrund.de. Ich finde es tragisch, es sagen zu müssen, aber es ist derzeit so: Die Redakteure der bekannten „Marken“-Medien (SZ,TAZ,FAZ,…) sind dermaßen arrogant im Austausch mit Bloggern… einfach widerlich.

    Ich freu mich auf weitere kompromissvolle konstruktive Streitereien und auch die ein oder andere Aussöhnung, aber bitte keine Weichspüler-Artikel aus den Meinungs-Klappstuhl-Redaktionen, wie der FAZ.

    Danke!

    Jens S.

  168. […] wie es derzeit unter vielen Printjournalisten Sitte ist (siehe dazu z.B. Stefan Niggemeiers Wutmäander zur Qualitätsdebatte). Der Sitte entsprechend sucht sich der Internetkritiker seine Belege an den Stellen, für die […]

  169. […] Ähnlich, aber anders Der Verleger Helmut Burda hat einen Beitrag für die FAZ verfasst, in dem er die mangelnde Finanzierbarkeit sog. qualitätsjournalistischer Inhalte beklagt. Namentlich die Suchmaschinen-Betreiber seien es, die von der Arbeit der Zeitungen und Verlage profitierten – freilich ohne dafür zu bezahlen. Das ist sicher richtig, seine Folgerung der Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung zur Transparenz der Algorithmen, nach der eine Suchmaschinenplatzierung berechnet wird sowie der Beteiligung der Verlage an den Werbeeinnahmen der Suchmaschinenbetreiber ist dennoch reichlich grotesk. Die Vorstellung dass der Gesetzgeber das Verhältnis zwischen Content-Produzenten und Vermittlern (zB. Suchmaschinen) regelen soll, erscheint mir aberwitzig. Darüber hinaus sind es umgekehrt ja auch die Medien, die von der “Vermittlung” profitieren. Das Bild von Qualitätsjournalismus, auf den sich Burda bezieht indem er auf einen Beitrag der Kommunikationswissenschaftlerin Miriam Meckel verweist, ist ohnehin mit Vorsicht zu genießen. Lesenswert ist dazu insbesondere der Artikel Stefan Niggemeiers. […]

  170. @Michael Fengler und @t.n.
    Großartig, diese Selbsterhebung. Indem man einem renommierten Blogger Lobeshymnen singt, gerät man doch gleich selbst zum Qualitätsjournalisten, nicht wahr?
    Wie stellt man eigentlich fest, dass die Themen, die man bei Gelegenheitsbesuchen von seinen Bekannten zu hören bekommt, in KEINER der 13 Lokalausgaben des Nordkurier zu lesen bekommt? Fulminante Recherche, muss ich schon sagen. Wie ist diese investigativ erworbene Erkenntnis zu belegen, dass es jetzt Kungelrunden von Themen-Vergebern gibt, die über das Online-Auftragsvergabe-Tool ausgeschrieben werden? Ein Ausbund von journalistischer Sorgfalt bei der Nachrichtenbeschaffung, Chapeau!
    Und woher stammt dieses nahezu watergate-verdächtige Rechercheergebnis: „…auch unter Mithilfe des einst von mir geschätzten Chefredakteurs Michael Seidel, der, nach meinem ganz persönlichen Eindruck, irgendwann nur noch der Geschäftsführung unter dem uninspirierten Herrn Schumacher das Wort redete und dem Nordkurier damit den Todesstoß versetzte.“?
    Wo, lieber Herr Fengler, haben Sie bitte diesen „persönlichen Eindruck“ (den könnte man ja gutwillig noch als Augenzeugenschaft anerkennen) gewonnen?
    Aber gut, dies ist ein Blog (wenn auch ein Medien-Qualitäts-Blog…) , da kann man seinem Affen schon mal Zucker geben. Doch mal ganz im Ernst: Als Cheffe muss ich derlei Anwürfe, Unterstellungen und Beleidigungen abkönnen. Aber merkt Ihr oberklugen Nordkurier-Kritiker eigentlich, wie Ihr jenen Kollegen, die Ihr einerseits so rührselig bedauert, andererseits ins Gemächte tretet, wenn es heißt, der Mantel werde in der gemeinsamen Redaktion nurmehr „collagiert“. Wow! Ich leite das gern an die Kollegen weiter. Dass ich mit der Kooperation noch längst nicht zufrieden bin, ist hier kein Geheimnis. Aber so hämisch würde ich mit den Kollegen nie ins Gericht gehen, wie Ihr „Qualitätsjournalisten“ dies hier halböffentlich tut. Denn Leser, also unsere klassischen Zeitungsleser, finde ich hier nicht im Blog – (@carola: Ich nehme an, Du bist auch aus der Branche). Dies scheint mir eher eine Inzucht-Debatte zu sein.

    Am tollsten finde ich in dem grundsätzlich ja sehr faktenkundigen Beitrag von t.n. diese Argumentation: „Aufwendige Formate wie Reportagen, Portraits. Hintergrundberichte oder Features werden in dem Blatt aber endgültig der Vergangenheit angehören. Welcher Journalist könnte sich bei diesen Honoraren noch sorgfältige Recherchen leisten?“ Hust!! Jetzt werde ich mir mal den Spaß gönnen, intern eine vergleichende Analyse zu machen: Wieviel aufwändige Reportagen, Portraits, Hintergrundberichte oder Features haben vor und nach der Mantel-Kooperation FREIE MITARBEITER fürs Blatt geliefert, wer schreibt eigentlich die Hunderte von Beiträgen täglich in den 13 Lokalausgaben? Wo ist also der kausale Zusammenhang zwischen (wild spekulierten) Honorarhöhen und aufwändigen Genres?
    Aber ist schon klar: Wo die liebgewonnenen, selbstgerechten Klischees gepflegt werden müssen, ist Recherche eher hinderlich.
    Schönen Abend und gute Nacht, Ihr Qualitäts-Blogger!

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