Zukunft soll nicht heißen, dass in der Vergangenheit alles schlecht war

Man kann ja viel gegen Burkhardt Müller-Sönksen sagen, den medienpolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.

In der vergangenen Woche saß er im Kulturausschuss in der Expertenanhörung zum Thema „Zukunft des Qualitätsjournalismus“ und leitete seine Fragen an die Experten mit Worten ein, die ich wohlwollend als Hommage an Loriot deuten möchte:

Auch von der FDP ganz herzlichen Dank für Ihre Vorträge, die zum Teil übereinstimmend waren. Auch zum Teil sehr lange zurückgegangen sind, auch weit über die jetzige Regierungszeit hinaus, aber eins gemeinsam, und das ist auch das Thema unseres Ausschusses in einer fortgesetzten Serie, nämlich die Zukunft des Qualitätsjournalismus, wobei Zukunft nicht heißen soll, dass in der Vergangenheit alles schlecht war und Zukunft wiederum auch heißen soll, dass wir mit Ihnen zusammen gestalten wollen, was kann der Gesetzgeber oder was kann auch gesellschaftspolitisch geschehen?

Da gibt es ja einen Prozess, den wir selber nicht selbst gestaltet haben. Das ist die Konvergenz im Internet, die stark stattfindet. Und es ist heute noch nicht angesprochen worden, dass sich der Qualitätsjournalismus insbesondere des Prints in einem Konkurrenzverhältnis zu den öffentlich-rechtlichen, staatlich finanzierten Medien befindet.

Und das ganz neue Thema, man könnte fast von fünfter Gewalt sprechen, das sind die Social Media, die aber gerade erst recht nach Qualitätsjournalismus rufen, weil ja dort sehr unreflektiert und undefiniert Informationen kursieren, die überhaupt nicht verifiziert sind und gerade erst recht auch einem Qualitäts-, einem geprüften Qualitätsausdruck mit entsprechendem Hintergrund und Recherche, wie es eben auch schon mal angeklungen ist, bedarf.

46 Replies to “Zukunft soll nicht heißen, dass in der Vergangenheit alles schlecht war”

  1. Seit wann ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland eigentlich staatlich finanziert? Habe ich da irgendwas missverstanden?

  2. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Art, mit thematischen Tiefgang auch, man etwas (in diesem Fall medienpolitischer Sprecher einer Partei (die wohl bald in die Rechnung „andere Parteien“ fallen wird) werden kann im politischen Alltagsbetrieb dieser Republik. Schlimm auch die Vorstellung, dass diese wirre Einleitung nicht einmal von ihm selbst geschrieben wurde, d.h. es gibt in seinem Büro, in seinem Stab noch einmal genau dieselebe Menge an „Experten“.

  3. Ich glaube, ich habe mich vor Lachen gerade wenig eingenässt. In der Tat, das erinnert an Loriot – könnte aber auch aus den frühen Programmen von Piet Klocke sein.

    Wenn man nichts zu sagen hat, einfach mal Buzzwords in Endlossätzen aneinander kleistern, bis das Publikum innerlich aussteigt. Dann kann man sich immer noch entschuldigen, man hätte die Zuhörer einfach überfordert und nicht schlicht für dumm verkauft.

  4. Nur und gerade dem Ahnungslosen perlt das Parlando so mühelos von den Lippen … und gerade dieser angeblich ’staatlich finanzierte Rundfunk‘ zeigt uns doch, in welcher sinnbefreiten Rumpelkammer sich bei diesem Herrn die Vorurteile türmen.

  5. @Christian E.: Naja. Das ist wirklich nur die Einleitung zu seinen Fragen an die Experten und nicht als großes medienpolitisches Statement gedacht. Ich glaube nicht, dass das irgendjemand aufgeschrieben hat.

  6. @Stefan Niggemeier: Wahrscheinlich, ich meine hoffentlich, haben Sie Recht. Und wie es so zwitschert, geht er, trotz Nichtwissens, gern zur Arbeit. Tweet vom vergangenen Samstag:

    muellersoenksen Müller-Sönksen MdB
    geht jetzt als der medienpolitische Sprecher zur Arbeit; o.k., sehr angenehm: #Presseball #Hamburg :-).

  7. „…Social Media, die aber gerade erst recht nach Qualitätsjournalismus rufen, weil ja dort sehr unreflektiert und undefiniert Informationen kursieren, die überhaupt nicht verifiziert sind und gerade erst recht auch einem Qualitäts-, einem geprüften Qualitätsausdruck mit entsprechendem Hintergrund und Recherche,…, bedarf.“

    Wegen solch weltfremder Einschätzungen und eines dementsprechenden Weltbildes, wird diese kleine Partei vermutlich alsbald im Strudel der Geschichte verschollen sein.

    Viel schwatzt der Mann
    der nicht schweigen kann, unverantwortlich aus;
    rasche Zunge, die man im Zaun nicht hält,
    spricht sich oft Unglück an.
    Snorre Sturlason, 13. Jh.

  8. A propos Wirres: Eben habe ich Augstein und Blome beim Geplänkel auf Phönix zugesehen, und Stefan wurde dort konsequent als Horst Niggemeier bezeichnet. Ist das eine Art Running Gag? Ein bisschen klang es wie ein ironisches Distanzieren (wie hieß dieser Medienjournalist noch? Ist ja nicht so wichtig.).

  9. Ich hatte eben Angst, dass ich zwischen „deuten möchte:“ und „Auch von der FDP“ einen Schlaganfall erlitten habe, weil ich die einzelnen Wörter entziffern, sie aber nicht mehr zu einem Kontext zusammenreimen konnte.

    Eindeutig Piet Klocke.

  10. Das ist so ein Text (habs halt gelesen und nicht gehört/gesehen) bei dem man nach dem Lesen immer noch meint man hätte irgendwas überlesen und ihn nochmal liesst. Dann denkt man sich dass da immernoch irgenwas fehlen muss und man liesst nochmal. Aber der Sinn will einfach nicht auftauchen und ich habe den Text jetzt tatsächlich 3 mal gelesen weil ich der festen Überzeugung war, dass ich beim lesen irgendwie nicht richtig aufgepasst habe. Habe ich aber dann doch anscheinend nicht. Naja, Herr Müller-Sönksen ist Anwalt und das Klischee besagt ja, dass die eine besondere Form der deutschen Sprache beherrschen die für den Durchschnittsdeutschen absolut unverständlich ist – vieleicht haben wir es hier mit sowetwas zu tun.

    p.s.: wenn man wikipedia glauben kann, wird jener Burkhardt hier mit dt geschrieben.

  11. Das ist natürlich ein Highlight – wenn es auch immer ungerecht ist, das gesprochene Wort zu verschriftlichen, weil kaum jemand spricht wie buchstäblich gedruckt.

    Viel interessanter finde ich diesen inhaltlichen Passus:
    „Social Media, die aber gerade erst recht nach Qualitätsjournalismus rufen, weil ja dort sehr unreflektiert und undefiniert Informationen kursieren“

    Genau! Und weil Nikolaus Brender ja Zeit haben müsste, moderiert der ab sofort jedes Kaffeeküchengespräch. Dort werden schließlich sonst Informationen ausgetauscht, die in höchstem Maße unreflektiert und undefiniert sind. Das schreit nach Qualitätsjournalismus!

  12. Es macht unglaublich viel Freude, mit so kenntnisreichen, interessierten und weltgewandten Politikern über Medienthemen von Vorratsdatenspeicherung über Künstlersozialkasse, Urheberrecht und Jugendmedienstaatsverträge bis Qualitätsjournalismus zu diskutieren.

  13. Das ist in der Tat Loriot bzw. der Versuch, denselben zu imitieren. Hoffe ich jedenfalls, denn wenn das ernst gemeint sein sollte… Darüber will ich gar nicht nachdenken.

  14. @ Ste, #19

    Ich schätze, dass sich das „Presse“ in „Pressesprecher“ auf die Zuhörer des Sprechers und das „medienpolitisch“ in „medienpolitischer Sprecher“ auf das Thema des Sprechers bezieht.

  15. Anders gesagt: In seiner offiziellen Funktion spricht der Pressesprecher über alles und jeden, aber nur zu Journalisten während der medienpolitische Sprecher in seiner offiziellen Funktion zu und mit allen redet, aber nur über Medienpolitik.
    Er ist in seiner Partei der Experte zu dem Thema…

  16. Das hat nichts mit Loriot zu tun, das ist BMS im Original.
    Es geht ja das Gerücht, dass er seine Redezeit in der Hamburgischen Bürgerschaft in einer Sitzung mal mit einem einzigen Satz verbraucht haben soll…

  17. Genau dieses hier betrieben Lächerlichmachen, dieses unqualifizierte, sich nicht mit dem eigentlichen Inhalten beschäftigende, nur von der eigenen, linksgrüne Agenda und Verblendung, die in den Medien, auch den vermeintlichen Qualitätsmedien, aber auch in diesen sogenannten Blogs, widerlich vollgeschmierte Klowände meiner Ansicht nach, von selbsternannten Medienexperten, die Vorherrschaft übernommen hat, getriebene Hetze ist es, was ich in meinem Brief vom 11. Januar, auf den ich übrigens sehr viele positive Antworten, auch von außerhalb meiner Partei, und auch von kritischen Journalisten, die sich noch tatsächlich als Mahner und Korrektiv verstehen und versuchen, gegen diesen Kampagnen-Wahnsinn anzukämpfen, leider meist vergeblich, erhalten habe, was mich in meiner Ansicht bestärkt, dass wir Liberale doch richtig liegen mit unseren Ideen und wir deshalb auch 2012 erfolgreich sein werden, ausdrücken wollte und auch ausgedrückt habe, selbst wenn es in den Zeitungen und den anderen, staatlich finanzierten Medien – und das unter unserer so erfolgreichen Gelb-Schwarzen Regierung! – wieder mal nur völlig verzerrt wiedergegeben wird.

    [Anm.: Dieser Kommentar ist natürlich nicht von dem FDP-Bundestagsabgeordneten Joachim Günther.]

  18. @ Joachim Günther: Respekt. Ein 19zeiliger Satz. Hier, auf diesen Schmierwänden, wäre übrigens auch Platz, sich zu äußern – welche Erfolge hat die schwarz-gelbe Regierung denn vorzuweisen?

    Schon eigenartig, der anderen Seite Argumentlosigkeit vorzuwerfen, aber selbst auf 19 Zeilen kein einziges Argument unterzubringen.

    Darüber hinaus möchte ich Sie bitten, „liberal“ in Anführungszeichen zu setzen, wenn Sie von der FDP reden. Die FDP mag zwar alles sein (korrupt, gelb, rückständig), eines ist sie aber garantiert nicht: liberal.

    Für alle anderen, nur damit Sie wissen, welch‘ lustige Gestalt hier eben gepostet hat:

    http://www.tagesspiegel.de/politik/linksgruene-hysterie-fdp-bundestagsabgeordneter-ruft-zum-medienboykott-auf/6098342.html

  19. Von der mangelnden Satzstruktur, die wohl seinem unwohlen Bauchgefühl angesichts der in den letzten 2 Dekaden gewachsenen, seinen Horizont wohl übersteigenden Strukturen entsprechen soll, abgesehen, ist der Kernsatz seiner Rede dieser

    „Da gibt es ja einen Prozess, den wir selber nicht selbst gestaltet haben.“

    in dem die Verblüffung, dass da etwas vor sich hin funktioniert, das sich ohne explizite Erlaubnis einen feuchten Kehricht um klassische politische / verwaltungstechnische Strukturen kümmert, fortdauert und weiter anwächst.

    Immer wieder stelle ich fest:

    Hätte unsere gewählte politische Elite die Möglichkeiten des Internets verstanden, hätten sie es verhindert. Zum Glück ist unsere Elite aber zu blöd…

  20. @stefan niggemeier: ist „joachim günther“ (#27) wirklich der fdp-mann gleichen namens oder jemand, der sich dafür ausgibt?

  21. @ Joachim Günther, #27

    Ich habe mir mal erlaubt, die FDP-Halbzeitbilanz durchzulesen. Als Erfolge verkauft die FDP

    … die Eurostabilisierung
    (daher ist nächste Woche der nächste Krisengipfel?)

    … den Abbau der Neuverschuldung
    (kein Wunder bei Wirtschaftswachstum)

    … die Arbeitslosenzahlen
    (wow, während der Wirtschaftskrise gab es mehr Arbeitslose als heute; und es mag zwar weniger Arbeitslose als früher geben, aber dafür sehr viel mehr Menschen, die von ihrem Lohn nicht leben können – weil die FDP noch immer gegen Mindestlöhne kämpft)

    … Steuervereinfachungen
    (deshalb muss man auf eine Babywindel 19 % und auf eine Hotelübernachtung 7 % Mwst. zahlen)

    Und spätestens dort war mir die Propaganda zu blöd und ich habe den Rest nur überflogen. Bei „Neue deutsche Entwicklungspolitik“ musste ich nochmal kurz auflachen, da diese sich offensichtlich dadurch auszeichnet, gemäß dem FDP-Motto „Leistung muss sich wieder lohnen“ Menschen mit dem richtigen Parteibuch im Entwicklungshilfeministerium unterzubringen.

  22. @ Ratinga Gentur, #33

    Ich bin mir nach mehrmaligem Lesen inzwischen auch unsicher. Das schlimme ist: ich könnte mir vorstellen, dass er so schreibt. Vielleicht habe ich deshalb so schnell darauf reagiert. Wenn es eine Fälschung war: Lob dem Autor, super Parodie. :)

    Vorhin habe ich mir nochmal Günthers Brief durchgelesen, und vor allem mit seinem Verweis auf pressekonditionen.de hat er gar nicht so unrecht. Dennoch stößt mir einiges sauer auf:

    1. Die Mär von der angeblich „linksgrünen“ Berichterstattung. Auch wenn er konkrete Fälle nennt, hat dieser Begriff doch immer einen Geschmack, er kommt schließlich aus der rechten Szene, wenn von den angeblichen „Mainstreammedien“ gesprochen wird. Und wer an die Sarrazin-Debatte und die Rolle der BILD zurückdenkt, kann wohl nicht behaupten, dass es eine Einheitsmeinung in den deutschen Medien gebe (die Affäre Wulff ist und bleibt hoffentlich eine Ausnahme).

    2. Er behauptet, „die Zeitungen“ hätten (alle!) mit der Schlagzeile „FDP torpediert Merkels Zocker-Steuer“ aufgemacht. Ich weiß nicht, ob der nur die Kaufland-Postille aus Plauen liest – aber zumindest in allen Zeitungen, die ich verfolge, war stets die Rede davon, dass die FDP prinzipiell für eine Transaktionssteuer ist, diese aber in der *ganzen* EU27 eingeführt sehen möchte. Schlüssig finde ich das trotzdem nicht: mit dem Argument vermeintlicher Nachteile für den Wirtschaftsstandort werden schon seit Jahrzehnten viele Verbesserungen, auch im Umwelt- und Verbraucherschutz, verhindert, weil global immer die anderen anfangen sollen.

    3. Dann verweist er zwar auf „nachgewiesene Nachteile“ und „Experten“, die etwas behaupten – geht aber weder näher darauf ein noch verlinkt er entsprechende Studien.

    4. Er beschwert sich, dass zumeist negativ über die Regierungsarbeit berichtet wird. Das war zwischen 1998 und 2009 aber nicht anders, wieso hat er sich damals eigentlich nicht darüber beschwert? Oder will er eigentlich nur Medien, die die FDP-Erklärungen unkommentiert abdrucken?

    5. Er verweist zwar darauf, dass es so viele Erwerbstätige wie seit der Wende nicht gibt, und dass dies in den Medien kaum vorkommt. Vielleicht sollte er darüber froh sein – weil sonst auch in den Medien vorkäme, dass es so viele Billigjobber wie nie zuvor gibt.

    6. Den Vorwurf „Neid“ vergisst er natürlich auch nicht, das Argument der Argumentlosen – ob bei Guttenberg, Wulff oder in diesem Fall.

    7. Und in seinem letzten Satz hat er doch tatsächlich schon wieder vergessen, „Liberale“ (im Zusammenhang mit der FDP) in Anführungszeichen zu setzen. :)

    Mit seiner Aufforderung, positiver in die Zukunft zu schauen, gehe ich sogar d’accord – und frage mich, wieso eigentlich die FDP in der Sarrazin-„Debatte“ so still war. Einer wirklich liberalen Partei hätte es gut zu Gesicht gestanden, der Panikmache Sarrazins ein positives Zukunftsbild gegenüberzustellen.

    http://www.joachimguenther.de/files/10755/medienhetze-ignorieren.pdf

  23. Weiß jemand die genaue Zeitangabe der Ansprache im verlinkten Video? Geht ja 75 Minuten.. will niemand hier das Original selbst sehen!?

  24. Ich musste gerade lachen, als ich mir ein paar Pausen, Ähhs und Wortwiederholungen rein gedacht habe und dazu die Stimme vom Stäuber.

    damit ist auch geklärt, wer die Rede verfasst hat.

  25. Und das ganz neue Thema, man könnte fast von fünfter Gewalt sprechen, das sind die Social Media, die aber gerade erst recht nach Qualitätsjournalismus rufen, weil ja dort sehr unreflektiert und undefiniert Informationen kursieren, die überhaupt nicht verifiziert sind […]

    “ … und so geht es doch nun wirklich nicht.“ (Loriot)

  26. @Stefan (Horst?) Niggemeier

    Ich würde gern die Frage aus #11 nochmal aufgreifen. Ist der mehrfach wiederholte „Horst“ Niggemeier aus Augstein und Blome eine Art Running Gag / Insider?

  27. @Boris Beggemann

    Herr Niggemeier wird ja im Gegensatz zu BMS auch nicht für’s Reden bezahlt. Oder sind Sie auf einen duslog-Fake reingefallen, bei dem Sie die Kreditkarte benutzen mussten? (Und dennoch sind des Niggemeiers Reden sowohl gehaltvoller als auch unterhaltsamer. Gilt auch für Lukas Heinser.)

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