Das hier funktioniert übrigens auch mit Google:
[von Clarissa, via Kommentare]
Mangelnde Ausdauer kann man ihnen nicht vorwerfen. Jahr für Jahr haben die Iren versucht, an die Grand-Prix-Erfolge aus den Achtzigern und Neunzigern anzuknüpfen und wieder und wieder möchtegerngroße pathetische Hymnen ins Rennen geschickt, gerne mit der Botschaft, dass wir uns alle viel öfter an die Kerzen fassen und die Hände anzünden sollten (oder umgekehrt). Alternativ kamen aus Irland ähnlich berechenbare billige Balladen, schiefe Popfolklore oder traurige Gewinnerkopien.
Jetzt haben sie kapituliert. In den diesjährigen Wettbewerb in Belgrad hat das irische Fernsehpublikum gestern gewählt: einen Truthahn. Dustin The Turkey mit „Ireland Douze Pointe“:
Nun hat die Diskussion begonnen, ob dieser Vogel für Irland singen darf oder der Eurovision Song Contest insgesamt längst den Bach runter gegangen ist. Aber am besten gefällt mir die Formulierung des „Guardian“, der schreibt, die Puppe aus dem Kinderprogramm hätte gewonnen, „obwohl“ sie von Bob Geldof unterstützt wurde.
Wer sehen will, was wir vor zwei, drei Wochen in der Grimme-Jury in Marl gesehen haben: Das ZDF zeigt heute Abend „Das Geld anderer Leute“ aus der feinen Krimireihe „Unter Verdacht“. Die Geschichte hat ein paar logische Löcher, aber es ist gute Unterhaltung — und vor allem ein großes Vergnügen, Senta Berger und Rudolf Krause zuzusehen.
Unter Verdacht, heute, 20.15 Uhr, ZDF.
Das FBI hat in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY“ am Mittwoch mit dem Foto eines völlig unbescholtenen Urlauberpaares aus Deutschland nach einem Schwerverbrecher gesucht. Der Sender nahm den Fehler mit „Bestürzung“ auf, gab aber laut dpa Entwarnung:
Das unverdächtige Paar könne sicher sein, dass sein Urlaubsfoto nicht weiter um die Welt gehe.
Na, dann ist ja nicht so schlimm.
(Aber sollte nicht wenigstens jemand dem FBI Bescheid sagen?)
Eva Herman erzielt gegen das deutsche Meinungskartell einen juristischen Sieg nach dem nächsten, aber weil die Medien gleichgeschaltet sind, berichtet keiner darüber. Kann das sein? Es sieht so aus. Auf ihrer Homepage hat die frühere Fernsehmoderatorin und „Tagesschau“-Sprecherin vor zwei Wochen eine Pressemitteilung veröffentlicht, wonach sie erfolgreich gegen das ZDF und die Nachrichtenagentur dpa vorgegangen sei. Widerhall fand diese Meldung aber fast nur in, sagen wir: speziellen Medien – bei der rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“, der evangelikalen Agentur „Idea“ und dem erzkatholischen Verein „Kath.net“.
Warum steht das sonst nirgends? Hatte Eva Herman vielleicht Recht mit ihrer Rede von der „Gleichschaltung“ der deutschen Medien?
Nicht ganz. Je genauer man sich die vermeintlichen juristischen Erfolge von Frau Herman ansieht, umso weniger spektakulär sind sie. Deshalb wird es jetzt ein wenig fisselig.
In der Auseinandersetzung mit dpa geht es um eine Formulierung, die die Nachrichtenagentur verwandte, als sie über Hermans Auftritt bei Johannes B. Kerner berichtete:
Zuvor hatte Kerner fast 50 Minuten lang die 48-Jährige immer wieder gefragt, ob sie ihre Äußerungen zu den familiären Werten im Nationalsozialismus heute so wiederholen würde. Doch Herman wich mehrfach aus und ergänzte: Wenn man nicht über Familienwerte der Nazis reden dürfe, könne man auch nicht über die Autobahnen sprechen, die damals gebaut wurden.
Es ist kein Zufall, dass der letzte Satz nicht in Anführungszeichen steht, denn Eva Herman hat ihn nicht gesagt, auch nicht ungefähr. Tatsächlich ging es bei ihrem inzwischen berüchtigten Autobahn-Vergleich nicht um die Familienwerte der Nazis, sondern darum, dass sie auch auf mehrfache Nachfrage nicht davon lassen wollte, von einer „gleichgeschalteten Presse“ in der heutigen Bundesrepublik zu sprechen. Auf die Vorhaltung, es handele sich um einen Begriff aus dem Dritten Reich, sagte sie:
Natürlich ist er da benutzt worden. Aber es sind auch Autobahnen damals gebaut worden und wir fahren heute drauf.
Die irreführende Formulierung aus der dpa-Meldung verbreitete sich besonders rasch, weil dpa exklusiv aus der Aufzeichnung der Sendung berichtete. Die Meldung lief schon um 20.09 Uhr, also mehr als zwei Stunden, bevor die Show ausgestrahlt wurde. dpa wiederholte die Darstellung um 20:41 Uhr und noch einmal spät in der Nacht. Vom Mittag des folgenden Tages an zitierte dpa Herman wörtlich, korrekt und im richtigen Zusammenhang, korrigierte die vorherige Darstellung aber nie ausdrücklich.
Frau Herman verlangte von dpa nun unter anderem, die Meldungen zurückzuziehen, was die Agentur ablehnte. Das Landgericht Köln schlug einen Vergleich vor. Danach muss dpa die damaligen Meldungen nicht nachträglich zurückziehen oder korrigieren, verpflichtet sich aber, in Zukunft nicht wieder zu verbreiten, dass Eva Herman gesagt habe: „Wenn man nicht über Familienwerte der Nazis reden dürfe, könne man auch nicht über die Autobahnen sprechen, die damals gebaut wurden.“ Das Gericht erließ ein entsprechendes „Teilanerkenntnisurteil“.
Dieser Vergleich ist zwar ein Erfolg für Eva Herman, bleibt aber hinter ihren ursprünglichen Forderungen zurück. Im Protokoll der Gerichtsverhandlung formuliert die Kammer es nur als Frage, ob die dpa-Meldung „im Kern wahr, aber vergröbernd“ war oder es sich um ein unzulässiges Zitat handelte. Bezeichnend ist auch, dass dpa nach diesem Vergleich nicht für die Anwaltskosten Eva Hermans aufkommen müsse, sondern beide Seiten ihre eigenen Auslagen tragen und sich die Gerichtskosten teilen würden.
Mit dieser Aufteilung ist Frau Herman aber nicht einverstanden. Sie hat deshalb, wie ihr Anwalt Gerrit Schohe erklärt, jetzt nachträglich ihre Zustimmung zu dem Vergleich im Bezug auf die Kosten zurückgezogen. Nun muss das Gericht diesen Punkt entscheiden. (Ich hatte Sie ja gewarnt, dass es fisselig werden würde.)
Im Streit mit dem ZDF geht es um einen offenbar satirisch gemeinten Jahresrückblick in der Sendung „Aspekte“ vom 14. Dezember 2007. Wolfgang Herles hatte darin Hermans Äußerungen so zusammengefasst, „bei den Nazis sei nicht alles schlecht gewesen, ja sogar manches gut“ und: „Das sind Werte, das sind Kinder, Mütter, Familien, das ist Zusammenhalt.“ Wie das ZDF bestätigt, hat der Sender tatsächlich nach Aufforderung durch die Anwälte Hermans eine entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben. Allerdings, und das ist nicht unwesentlich: ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Das bedeutet im Grunde, dass das ZDF der Meinung ist, freiwillig auf eine Wiederholung der Formulierungen zu verzichten (was dem Sender leicht fällt, da es sich ja um einen Jahresrückblick 2007 handelt), sie aber im Grunde insbesondere im Rahmen einer satirischen Darstellung für zulässig zu halten. Um die Übernahme der Anwaltskosten streiten sich Herman und das ZDF noch — womöglich bald auch vor Gericht. Einen großen „juristischen Erfolg“ Hermans zu verkünden, wäre also mindestens voreilig.
Eva Herman aber sagt:
„Es wurde Zeit, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Das war erst der Anfang. Nun geht es weiter.“
Pressesprecher bei Springer ist vermutlich auch kein Traumjob. Die meiste Zeit verbringt man damit, auf Presseanfragen zu antworten, dass man zu laufenden Verfahren / Personalspekulationen / Interna / diesem Thema grundsätzlich nicht Stellung nehme.
So gesehen war „Bild“-Sprecher Tobias Fröhlich sicher froh, dass er gestern endlich einmal etwas Originelles sagen durfte:
„‚Bildblog‘ handelt wie ein Abmahnverein und instrumentalisiert den Presserat für eigene kommerzielle Interessen“, sagte Verlagssprecher Tobias Fröhlich am 19. Februar dem epd. (…)
Fröhlich erklärte, es gehe dem Verlag nicht um die Anzahl der bisher von „Bildblog“ eingereichten Beschwerden, sondern „um das Prinzip“. Durch das Aufkommen von Blogs sei eine ganz neue mediale Situation entstanden. Man müsse hier auch den Anfängen wehren, bevor sich Nachahmer fänden, die den Presserat missbräuchlich in Anspruch nähmen.
Ich habe heute etwas geschenkt bekommen. Das hier: .
Es hört auf den Namen Favicon und müsste in Ihrem Browser oben in der Adresszeile angezeigt werden, wenn Sie dieses Blog aufrufen. Geschenkt hat es mir ein freundlicher Mensch namens Eric Schmitt. Danke!
Erinnern Sie sich noch an das Geschenk, das 9Live seinen Zuschauern am zweiten Weihnachtstag gemacht hat, als der Sender über 13 Stunden lang keinen Anrufer ins Programm durchstellte, aber alle halbe Stunde so tat, als sei die Sendung nun zuende? (Hier anzusehen.)
Ich hatte ja damals nicht nur 9Live um eine Stellungnahme gebeten (die für solche Fälle eigens einen Presseanfragenbeantwortungsroboter aus dem Nachlass des sowjetischen Informationsministeriums erworben zu haben scheinen), sondern auch einige, zugegeben: schlecht gelaunte Fragen an die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) geschickt.
Am vergangenen Freitag erreichten mich nach über fünf Wochen die Antworten:
1. Ist der BLM der Fall bekannt?
Ja, der BLM ist der Fall bekannt.
2. Ist die BLM in diesem Fall bereits tätig geworden?
Ja, die BLM ist bereits tätig geworden. Wir haben zu dem Fall eine schriftliche Anhörung von 9Live durchgeführt. Die Stellungnahme des Senders ist inzwischen eingegangen und wird von uns derzeit geprüft.
3. Ist dieses Vorgehen vereinbar mit den Gewinnspielregeln der Landesmedienanstalten?
Wir gehen davon aus, dass durch die Moderation selbst sowie durch die Moderation unterstützenden Crawls, insbesondere durch die mit unterschiedlicher Bedeutung belegten Begriffe „Sendungsende“, „Sendeende“, und „Spielende“, irreführende bzw. falsche Aussagen über die Spieldauer sowie über die Beendigung des Spiels getroffen wurden (Nr.5.2 Satz 1 GewinnSpielRegeln). Ferner gehen wir davon aus, dass nicht vorhandener Zeitdruck aufgebaut wurde (Nr. 5.2 Satz 5 GewinnSpielRegeln). Die GewinnSpielRegeln enthalten keine ausdrücklichen Bestimmungen darüber, innerhalb welchen Zeitraums Anrufer spätestens durchgestellt werden müssen. Ungeachtet dessen prüfen wir die Möglichkeit eines rechtlichen Vorgehens.
4. Angenommen, 9Live würde ab sofort überhaupt keinen Anrufer mehr ins Studio durchstellen: Wann schätzen Sie, würde die BLM das bemerken?
Die Programmbeobachtung der BLM mit einem erprobten System aus Stichproben, Anlass bezogenen und Routinekontrollen entspricht anerkannten Standards und führt erfahrungsgemäß zur Feststellung von Verstößen in angemessener Zeit. Die BLM verfügt aber nicht über das Personal, die Programme lückenlos zu beobachten. Dennoch würde uns das von Ihnen geschilderte Szenario schnell auffallen.
5. Und was würden Sie dann tun?
Wir würden, wie es die Verfahrenregeln vorsehen, den Sender anhören und im Anschluss ein rechtliches Vorgehen prüfen.
6. Täuscht mein Eindruck, dass die zweifelhaften Praktiken von 9Live für die BLM eine extrem niedrige Priorität haben?
Ihr Eindruck täuscht Sie in der Tat. Die BLM hat in der Vergangenheit zahlreiche Beanstandungen gegen 9Live und andere Sender, die Gewinnspiele veranstalten, ausgesprochen. Wie Sie wissen, handelt es sich bei den GewinnSpielRegeln um freiwillige Vereinbarungen zwischen den Landesmedienanstalten und den Sendern, deren Nicht-Einhaltung keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen zeitigt. Es waren die Landesmedienanstalten und im Besonderen die BLM, die bei den gesetzgebenden Ländern darauf gedrängt haben, Verstöße gegen die GewinnSpielRegeln als Ordnungswidrigkeitstatbestand in den Runkfunkstaatsvertrag aufzunehmen. Dies wurde im 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag umgesetzt, der am 1. September 2009 in Kraft treten soll.
7. Warum ist das so?
Siehe Antwort zu Frage 6.
8. Würden Sie sagen, dass es eine Medienaufsicht in Deutschland gibt, die das Programm von 9Live kontrolliert?
Die BLM als zuständige Landesmedienanstalt kontrolliert das Programm von 9Live wie alle anderen Programme, die von ihr genehmigt wurden.
Zum Vergleich: Seit 23. Januar strahlt der Sender RTL (für den die niedersächsische Landesmedienanstalt NLM zuständig ist) die aktuelle Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“ aus. Bereits am 31. Januar gab die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) bekannt, erneut ein Prüfverfahren gegen die Sendung eingeleitet zu haben. Wolf-Dieter Ring, der Vorsitzende der KJM und Chef der BLM, nahm am selben Tag das Urteil schon vorweg: RTL habe aus der Beanstandung im Vorjahr keine Konsequenzen gezogen. Darüber sei er „schwer verärgert“. Äußerungen von Dieter Bohlen, der die Verantwortung für die Bloßstellung eines Jugendlichen durch Bohlen und RTL dessen Vater gab, nannte Ring „verlogen und scheinheilig“. Gegenüber der „Super-Illu“ sagte er zwei Wochen später: „Die Wortwahl, die Häme, das Lächerlichmachen, das Bloßstellen — ich habe den Eindruck, dass das jetzt sogar noch zugenommen hat.“ Heute entschied die KJM erwartungsgemäß, mehrere Ausstrahlungen zu beanstanden und ein Bußgeldverfahren einzuleiten.
Richtig ist: Mangels gesetzlicher Grundlage könnte die BLM 9Live momentan gar kein Bußgeld aufbrummen. Aber bin ich der einzige, der die drastischen Worte von Wolf-Dieter Ring über die an der Grenze zum Betrug angesiedelten Praktiken von 9Live in den letzten Jahren überhört hat? Liegt es daran, dass es bei 9Live, anders als bei RTL, um bayerische Arbeitsplätze geht? Oder sind Dieter Bohlens Sprüche einfach ein Thema, mit dem sich nicht nur RTL und die „Bild“-Zeitung, sondern auch vermeintliche Medienwächter wunderbar profilieren können?
Damit hätte ich auch nicht gerechnet, dass der BILDblog-Server mal an einem verkehrsarmen Samstag wegen Überlastung in die Knie gehen würde.
Andererseits ist die Überschrift der „Heise“-Meldung, die den plötzlichen Andrang mutmaßlich auslöste, zwar nicht treffend, aber zweifellos besonders aufmerksamkeitsstark:
(In Wahrheit versucht „Bild“, wie der „Spiegel“ heute vorab gemeldet hat, nur zu verhindern, dass der Presserat sich mit Beschwerden von BILDblog befasst. Mehr dazu natürlich auf BILDblog.de.)