Autor: Stefan Niggemeier

Blut und Esskastanien

Es hat ja auch sein Gutes, wenn man sich stundenlang das Elend der Fernseh-Berichterstattung der vergangenen Tage ansieht. Ich habe dabei einen Ausschnitt aus der ZDF-Sendung „Drehscheibe Deutschland“ vom vergangenen Mittwoch gefunden, der in gerade einmal 50 Sekunden alles zeigt, was man über dieses tägliche Mittagsmagazin und sein journalistisches Selbstverständnis wissen muss:

So und so ähnlich geht das jeden Tag, und ich würde schätzen, dass das ZDF nicht nur der größte Abnehmer von Beiträgen über Zubereitungsideen von Herbstfrüchten, sondern auch von Filmen der professionellen Unfallgaffer ist. Einen Eindruck davon, was für ein Geschäft das ist, bekommt man zum Beispiel auf der Seite der Firma „TVR News“, von der auch die Bilder aus dem „Drehscheibe“-Beitrag stammen, wie ein Schwerverletzter aus seinem Auto geborgen gerettet wird.

(Aber, hey, sein Gesicht ist verpixelt. Das ist schließlich öffentlich-rechtliches Fernsehen!)

„Lebt er noch?“

Mittwochabend, 18 Uhr. Die ProSieben-Nachrichtensendung „Newstime“ macht mit dem Tod von Nationaltorwart Robert Enke auf. Stefan Landgraf berichtet.

„Der 32-Jährige hatte sich am Abend vor einen Zug geworfen, ganz in der Nähe seines Wohnortes. Enkes Ehefrau Teresa eilt sofort zum Ort der Tragödie.“

Wir sehen den Zug auf den Gleisen, das hellerleuchtete Führerhaus, Feuerwehrleute, die unter die Lok sehen. Dann die Straße, die Gleise, den Bahnübergang. Und eine junge Frau, die aufgeregt mit einer Gruppe von Helfern spricht. Sie dreht sich einem Polizisten zu. Wir hören, was sie sagt, aber weil ihre Stimme schrill und panisch ist, hat ProSieben es sicherheitshalber dazugeschrieben:

"Sagen Sie bitte, was mit meinem Mann ist."
(Screenshot: Pro Sieben. Unkenntlichmachung von mir.)

Von links läuft ein weitere Helfer ins Bild. Wir hören, wie der Polizist antwortet: „Das kann ich Ihnen jetzt nicht sagen.“ Die Stimme der Frau überschlägt sich jetzt:

"Lebt er noch?"
(Screenshot: Pro Sieben. Unkenntlichmachung von mir.)

Der Polizist sagt noch einmal: „Das kann ich Ihnen jetzt nicht sagen.“ Dann geht der Beitrag weiter mit Bildern derselben Frau Enke auf dem Weg zur Pressekonferenz. „Eine tapfere Frau“, nennt sie der Sprecher.

Als ich bei N24 anrufe, den Sender, von dem ProSieben seine Nachrichten bezieht, versteht man erst meine Frage nach irgendwelchen Reaktionen auf die Ausstrahlung dieser Szene nicht. (Ich wollte nicht gleich fragen, ob der verantwortliche Chefredakteur noch im Amt ist.) Außerdem sei das überall gelaufen, heißt es aus der Sendergruppe, teilweise allerdings verpixelt.

ProSieben-Sprecher Christoph Körfer sagt: „Aus Sicht der Nachrichtenredaktion war es angemessen, die Bilder zu zeigen.“

Nachtrag, 13. November. Mehr dazu hier.

Johannes B. Kerner sucht den „Mini-Mini-Mini-Sinn“ im Tod von Robert Enke

Es ging auf Mitternacht zu, die Medien hatten schon über 24 Stunden lang aus der Sprachlosigkeit über Robert Enkes Tod ein dröhnendes, nicht enden wollendes Geplapper gemacht, als Johannes B. Kerner es schaffte, diese Sprachlosigkeit doch noch einmal kurz wieder herzustellen. Er ließ eine Karte zeigen und sagte zu Jörg Sievers, dem Torwarttrainer von Enke:

„Wir können hier anhand einer Grafik noch einmal darlegen, wie nah [Enkes] Todesort dem Ort ist, wo seine Tochter begraben ist. Das ganze ist ein paar Kilometer nordwestlich von Hannover, Neustadt am Rübenberge, da ist der Friedhof, und ungefähr zwei Kilometer, 2200 Meter entfernt, in Eilvese hat Robert Enke gestern sein Leben beendet. Jörg, glauben Sie, dass es irgendwas miteinander zu tun hat, dass er diesen Ort in der Nähe der Grabstätte seiner vor drei Jahren gestorbenen kleinen Tochter gewählt hat, um sein Leben zu beenden?“

Jörg Sievers, der Torwarttrainer, schnappte einen stillen Moment lang nach Luft, bevor er sich fasste und antwortete:

„Das wäre reine Spekulation, was ich jetzt sage. Wir spekulieren eh sehr, sehr viel. Deswegen möchte ich auf diese Frage nicht antworten.“

Es wäre ein Augenblick gewesen, innezuhalten und kurz zu reflektieren, in welchem Maß sich alle in einen Rausch spekuliert hatten, auf der Suche nach Erklärungen für das Unerklärliche und rationalen Gründen für die Irrationalität einer Krankheit, zu deren Komplikationen der Suizid gehört. Aber Kerner zuckte nicht mit der Wimper, sondern hatte schon ein neues Spekulations-Angebot für Jörg Sievers: Ob nicht vielleicht hinter der rätselhaften Darmerkrankung Enkes vor ein paar Monaten in Wahrheit auch nur die Depression gesteckt habe…

Ein „Fraeulein Tessa“ hatte schon am Dienstagabend, nachdem bekannt wurde, dass Robert Enke sich das Leben genommen hat, getwittert: „Könnte man nun bitte präventiv Kerner und Beckmann absetzen? Danke.“ Es half nichts. Sat.1 kündigte prompt ein „Kerner Spezial“ und wies darauf hin, dass der Fernsehmann den Toten ja von seinen Länderspielen-Moderationen her kenne. Er kam dann aber nicht so schlimm, wie es hätte kommen können.

Dank Kerner hat Sat.1 nun erstmals seit längerer Zeit die Möglichkeit, aktuelle Themen aufmerksamkeitsstark im Programm zu behandeln – und muss die heillosen Spekulationen, das übertriebene Pathos, die pseudojournalistische Aufarbeitung (und vielleicht: die Quote) nicht mehr den Konkurrenten überlassen.

Kerners Gäste Jörg Sievers und Martin Kind, der Präsident von Hannover 96, waren vom NDR herübergekommen, wo sie kurz zuvor in der Sendung „Menschen & Schlagzeilen“ schon von Susanne Stichler zum Spekulieren aufgefordert worden waren. Bei Kerner musste das Drama des Dramas natürlich noch größer werden. Nicht nur von einem trauernden, sondern gleich einem „traumatisierten Land“ sprach er zur Begrüßung, rühmte die Pressekonferenz von Enkes Witwe als „beeindruckenden Auftritt einer wirklich starken Frau“ und stellte dem Vereinspräsidenten zum Einstieg die programmatische Frage: „Herr Kind, wie haben Sie diese Stärke empfunden?“

Nach einem Tag, an dem auf allen Kanälen viel mehr zu dem Thema gesagt wurde, als es zu sagen gab, der Nachrichtensender n-tv selbst die Bilder der Pressekonferenz noch mit dramatisch-kitschiger Musik unterlegte und sich im DSF Sportreporter über Stunden als Experten für das Krankheitsbild Depression versuchten, war dieses „Kerner Spezial“ ein fast unauffälliger Abschluss.

Kerner bemühte sich rührend, das Gespräch vom unbegreiflichen Thema Depression zum viel handlicheren Thema Überforderung und Druck zu lenken, worunter ja nicht nur Profi-Fußballer leiden würden, sondern zum Beispiel auch Geschäftsleute. Und er versuchte, der Tat etwas Gutes abzugewinnen und fragte in seiner unnachahmlichen Art, „ob wir möglicherweise damit rechnen müssen, dass wir in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten vermehrt Fälle hören, wo Fußballprofis den Mut finden zu sagen: Auch ich war einmal in der Situation, wo ich, ganz ehrlich, das Gefühl hatte, ich kann nicht mehr.“ Und wenn nun eine offene Diskussion entstehe über die Notwendigkeit, auch Schwächen zeigen zu können: Ob das „möglicherweise einen Mini-Mini-Mini-Sinn des Freitodes von Robert Enke gewesen sein könnte“? Dabei legte er den Kopf ganz treuherzig schief, bevor jemand auf die Idee kommen konnte, dass auch die Medien mit ihrer Gnadenlosigkeit gerade im Sport zu dem unmenschlichen Druck beitragen könnten.

Und dann schaffte er es, dass Sievers und Kind ganz am Schluss noch die Tränen in die Augen stiegen, als sie den großen Robert Enke auf Kerners Bitte hin noch einmal rühmten, und so gesehen muss man es wohl als eine gelungene Sendung bezeichnen.

„Eilmeldung“


Ich fürchte, ich könnte es den Kollegen von „Spiegel Online“ in ihrem Dauerzustand professioneller Atemlosigkeit nicht einmal erklären, was daran so abstoßend ist, die aufgeregt präsentierten Meldungen über den Tod von Robert Enke noch unter dem Banner „Eilmeldung“ zu verkaufen.

(Die Variante, die die Konkurrenz von stern.de gewählt hat, müssen Sie sich in Originalgröße ansehen, um die passende Eigenanzeige ganz oben lesen zu können.)

„Sprachlosigkeit“ ist das Wort, das Journalisten seit gestern immer wieder gebrauchen, um die Reaktionen auf den Tod zu beschreiben, und während sie reden und reden, merken sie gar nicht, dass das eigentlich eine angemessene Reaktion ist: Sprachlosigkeit. Man muss sich, zum Beispiel, das Gespräch im „heute journal“ gestern ansehen, in dem der Reporter Boris Büchler im Studio beschreibt, dass alle trauernden Menschen, die er noch am Abend angerufen hatte, trauern und viele davon sogar so sehr, dass sie gar nicht ans Telefon gegangen seien, um mit ihm darüber zu reden.

Marietta Slomka wusste, dass Robert Enke „vom Pech verfolgt“ war, und Boris Büchler wusste, dass er ein Ausnahmefußballer war, weil er Musicals mochte und lesen konnte und mental so stark war, also, jedenfalls, schien. Für die Sender der Pro-Sieben-Sat.1-Gruppe musste ein Reporter den ganzen Morgen vor dem Hotel der DFB-Mannschaft stehen und im Minutentakt erzählen, dass sich immer noch keiner habe blicken lassen, aber alle geschockt seien und trauerten.

Die Kollegen von „11 Freunde“ haben vor der Aufgabe, über Enkes Tod zu „informieren“, nach eigenen Worten „kapituliert“. Wenige Stunden später wich die Fassungslosigkeit der Empörung:

Diese Art von enthemmtem Journalismus legitimiert sich gern selbst durch die vermeintliche Pflicht, informieren zu müssen. Doch wie kann diese Information an einem solchen Abend aussehen? Archive werden durchwühlt, Formkrisen und Schicksalsschläge des Robert Enke bilden Resonanzräume, in die man gierig hinein lauscht. Gerüchte werden zu Fakten, Hypothesen zu Erklärungen. Aus der scherenschnittartigen Charakteristik der öffentlichen Person, die Robert Enke war, werden Diagnosen für eine private Person konstruiert, von der niemand, der sich daran beteiligt, behaupten kann, dass er sie kannte.

Mutmaßungen sind hier nichts als Anmaßungen. Niemand weiß, was in Robert Enke vorging.

Und noch einmal: Wer will es wissen? Und wen geht es an?

O2 und die 50-Autos-Lotterie

Wenn Sie gerade mal schauen möchten, dies hier ist die „Kundenerklärung“, die ich beim Abschluss meines Handy-Vertrages mit O2 vor gut zwei Jahren unterschrieben habe:

Vielleicht kann man das nicht so gut erkennen, aber die ganze Passage ist durchgestrichen. Mit anderen Worten: Ich habe der Verwendung meiner Daten zu irgendeiner Form von Kundenberatung oder Werbung ausdrücklich nicht zugestimmt.

Und dies hier ist meine „Einwilligung zur Datennutzung“ aus dem jüngsten Vertrag mit O2, der gerade einmal zwei Monate alt ist:

Vielleicht kann man das nicht so gut erkennen, aber die ganze Passage ist durchgestrichen. Mit anderen Worten: Ich habe der Verwendung meiner Daten zu irgendeiner Form von Kundenberatung oder Werbung ausdrücklich nicht zugestimmt.

Insofern kam diese SMS am vergangenen Samstag überraschend:

Und andererseits habe ich sie fast erwartet. Denn das Internet ist voll von Kunden von O2 und anderen Mobilfunkbetreibern, die ebenfalls die Werbe-SMS erhalten haben, obwohl sie überzeugt sind, einer solchen Nutzung ihrer Nummer nie zugestimmt zu haben.

Die Frau an der O2-Service-Hotline ist routiniert. „Oh“, flötet sie, „da scheint das Kreuz verschwunden zu sein“, das angibt, dass man meine Daten nicht nutzen darf. „Ich mach’s wieder hin.“ Auf meine Nachfrage, warum das anscheinend bei genau diesem Gewinnspiel häufig passiert ist, geht sie nicht ein und versucht stattdessen, mir eine zusätzliche Flatrate aufzuschwatzen.

Die Pressestelle von O2 („Experten für Kommunikation“) wirbt mit dem Versprechen, „schnell, umfassend, kompetent“ zu arbeiten. Ich kann das nicht bestätigen. Es braucht eineinhalb Tage, zwei E-Mails und ein halbes Dutzend zunehmend unfreundliche Anrufe, bis ich von Pressesprecher Albert Fetsch folgende Nachricht erhalte:

Bei der von Ihnen angesprochenen Aktion handelt es sich um ein Gewinnspiel, bei dem auch o2 Absender ist. Die SMS wird nur an die Kunden verschickt, die bei Vertragsabschluss der Kundenerklärung nicht widersprochen haben. Diese regelt, dass nur Kunden Informationen zu Neuheiten und Aktionen bei o2 erhalten, die das auch wünschen. Zu keinem Zeitpunkt werden Kundendaten an Partner des Gewinnspiels übermittelt. Diese verbleiben ausschließlich bei o2.

Dass ich schon in meiner Anfrage darauf hinwies, dass ich O2-Kunde bin, bei Vertragsabschluss der Kundenerklärung widersprochen habe und trotzdem die SMS bekommen habe, hat Herr Fetsch geflissentlich übersehen.

Interessant ist seine Formulierung, dass O2 bei dem „50 Autos“-Gewinnspiel „auch Absender“ sei. Die Werbe-SMS gibt O2 jedenfalls nicht als Absender an. Die Nummer 2009, von der sie kommt, ist auf die Firma imobic registriert, die auch für das „Gewinn“-Spiel 50autos.de verantwortlich zeichnet.

(Dass in der Werbe-SMS jeder Hinweis fehlt, dass nur die Anmeldung „gratis“ ist, die Teilnahme selbst aber je 50 Cent kostet, versteht sich von selbst.)

Weitere Fragen, in welcher Form O2 und der Firma imobic miteinander kooperieren, ließen die „Experten für Kommunikation“ von O2 unbeantwortet. Aber das kenne ich ja schon von Pro Sieben und „TV Spielfilm“ (die auch auf der Titelseite der aktuellen Ausgabe wieder Schleichwerbung für das 50-Auto-Geschäft betreibt).

Ist das nicht faszinierend? Die Firma imobic, die erst vor wenigen Wochen gegründet wurde und hinter der der Handy-Abo-Fallen-Steller Bob Mobile steht, hat es geschafft, ein Geschäftsmodell um kostenpflichtige SMS zu entwickeln, mit dem sich die üblichen Vorschriften und Regeln, die das Geldverdienen sonst erschweren, umgehen lassen: Die Programmzeitschriften von Burda sagen, sie müssen die Werbung für dieses Geschäft nicht als Werbung kennzeichnen, weil sie selbst Kooperationspartner seien (wollen aber nicht erklären, was das bedeutet). Der Fernsehsender Pro Sieben stellt den guten Namen seines Magazins „Galileo“ zur Verfügung und behauptet, selbst Veranstalter des „Quiz“ zu sein (was offenkundig nicht stimmt). Und Mobilfunkbetreiber wie O2 verschicken Spam, machen sich selbst zum Absender der Werbebotschaft und ignorieren die fehlende Zustimmung ihrer Kunden.

Ich weiß immer noch nicht genau, was genau hinter diesem Geschäft steckt, bei dem es offenbar um sehr viel Geld (und gar nicht so viele Autos) geht. Aber ich hatte selten zuvor bei einer Recherche das Gefühl, so konsequent von allen Beteiligten angelogen zu werden.

QwalitästjournalisMs

Aus dem Online-Auftritt der „Westfälischen Nachrichten“:

Ich würd’s nicht aufschreiben, wenn’s da nicht seit über drei Tagen so stünde, und frage mich nun, ob eine fiese Spontanfingerschwellung oder schnöder Alkohol dahinter steckt — oder ob wir hier erste, vielversprechende Ergebnisse eines Pilotprojektes deutscher Zeitungsverlage sehen, die testen, ob sich die Produktion nicht an unendlich viele Affen delegieren ließe.

[Mit Dank an Markus Bertling!]

Nachtrag, 16.55 Uhr. Plötzlich ging’s ganz schnell: Nach einer Stunde war die Sache korrigiert.

Was würde Umberto Eco über Kerner sagen?

Ich wollte mich ja erst reflexartig echauffieren über die sagenhaft irreführende Überschrift, die der Online-Auftritt der „Rheinischen Post“ seiner Premierenkritik von „Kerner“ auf Sat.1 gegeben hat:

Dann habe ich aber versehentlich den Artikel selbst gelesen, und konnte es nicht glauben, wie treffend und vernichtend der Autor Ulli Tückmantel das Wesen des Fernsehmoderators Johannes B. Kerners dekonstruiert hat — nicht allein allerdings, sondern mit Hilfe eines fast 50 Jahre alten Aufsatzes von Umberto Eco über den italienischen Quizmaster Mike Bongiorno.

Tückmantel schreibt:

(…) wie kann man nicht an Kerner denken, wenn man so wundervolle Sätze liest, wie: „Er achtet sorgfältig darauf, den Zuschauer nicht zu beeindrucken, indem er sich nicht nur unwissend zeigt, sondern auch entschlossen, nichts dazuzulernen.“

(…) Kerner hat keine Ahnung von den Dimensionen der Komik, die er erschließt, wenn er einen 29-Jährigen Geisterseher ohne jeden Anflug von Ironie fragt, ob Tote im Studio anwesend sind, und dann in seiner buchhalterischen Manier nachhakt, wie viele Tote es wohl gemessen an der Publikumszahl sein könnten.

Und selten habe ich einen Satz gelesen, der mein manchmal diffuses Unbehagen gegenüber Kerner so auf den Punkt bringt wie dieser:

Wie Bongiorno akzeptiert er vom Mainstream abweichende Meinungen seiner Gäste nicht aus liberaler Überzeugung, sondern aus Desinteresse.

(Schön ist aber auch, dass ich nicht der einzige bin, der einen solchen Artikel nicht in diesem Medium erwartet hat. Ein Leser kommentiert: „Sie müssen neu im Team der RPO sein. Bitte machen Sie nach Ihrem Praktikum doch bitte dort weiter so!“ Nun: Tückmantel leitet bereits das „Report“-Ressort der Gesamtausgabe der „Rheinischen Post“ und schreibt in dieser Funktion auch Kommentare, die mir gar nicht behagen.)

(Meine eigene Kritik steht in der „taz“.)