Autor: Stefan Niggemeier

Wer will Julia Franck remixen?

Vielleicht ist es ein Zeichen der Hoffnung, wenn eine Debatte den Punkt erreicht hat, an dem man glaubt, dümmer könne es nun wirklich nicht werden. So gesehen muss man der Schriftstellerin Julia Franck dankbar sein für ihren Beitrag zur Diskussion um die Zukunft des Urheberrechts.

Der „Welt“ hat sie ein Interview gegeben über Google, Piraten und den „Heidelberger Appell“, den sie unterschrieben hat. Und die „Welt“ hat freundlicherweise eine Zeile darüber geschrieben, die darin zwar gar nicht vorkommt, aber ganz gut auf den Punkt bringt, wen Julia Franck als Feind ausgemacht hat:

„Das Internet gefährdet die Existenz der Autoren“

Am besten gefällt mir diese Stelle:

„Ein Text, der digitalisiert im Internet vorliegt hat keinerlei autokratische Aura, keinen unveränderlichen Urhebernachweis mehr, er kann von jedermann jederzeit bearbeitet werden. Jeder macht mit, das ist die Freude der Netzbenutzer, man sieht das auch am Kommentareifer auf den Plattformen der Zeitungen, an YouTube und myspace. Das heißt, in kürzester Zeit kann eine unüberschaubare Zahl von Fassungen und Varianten eines Buches im Internet kursieren. Niemand, der einen Text aus dem Netz runter lädt, wird sich darauf verlassen können, dass er tatsächlich liest, was ein Autor geschrieben hat — oder gekürzte oder von anderen Lesern veränderte, umgeschriebene Fassungen. Eine Reihenfolge von Worten ist ja viel leichter sabotierbar als das Bild oder der Klang.“

Nun weiß ich nicht, wie viele Leute da draußen im Internet nur darauf warten, endlich mal so einen Julia-Franck-Roman in digitaler Form in die Finger zu bekommen, um ein paar Absätze darin umzustellen, aus der Helene eine Chantalle zu machen und das ein oder andere Happy-End hinzuzufügen. Aber mal angenommen, daraus würde ein Massensport: Genau dann wäre es doch ganz besonders attraktiv, sich die Romane nicht kostenlos aus einer dubiosen Quelle zu besorgen, sondern auf legalem Wege zu erstehen — gegen Geld, aber mit der 100-Prozent-Julia-Franck-Reinheitsgarantie.

Es ließe sich noch mehr zu dem Unsinn sagen, den der „Heidelberger Appell“ darstellt und provoziert, aber zum Glück haben das schon andere gemacht:

Denn sieh, das Schlechte liegt so nah!

In einem langen, girlandenreichen Artikel empört sich Willi Winkler heute in der „Süddeutschen Zeitung“ darüber, dass der Spiegel-Verlag online „altnazistische Rechtfertigungsliteratur“ verkaufe. Es geht um das Buch „Denn der Hass stirbt…“, die Memoiren von Léon Degrelle, dem Gründer der faschistischen Rexisten Belgiens, SS-Standartenführer und unverbesserlichen Nationalsozialisten.

Und, Tatsache:

Winkler schreibt und schäumt, verweist auf „Spiegel“-Artikel, die Degrelle und sein Umfeld unmissverständlich charakterisieren, und fragt: „Wie kommt es nur, dass der ‚Spiegel‘-Leser mehr weiß als der Verlag des Magazins“, der den Shop anbietet?

Gute Frage. Apropos:

Na sowas. Davon steht gar nichts in der „Süddeutschen“.

„Spiegel Online“ zickt entsprechend zurück und verweist darauf, dass man — wie die Konkurrenz — mit dem Großbuchhändler Libri kooperiere und dessen Sortiment einfach in den eigenen Shop übernehme. Dass darunter auch Bücher seien, die man eigentlich nicht anbieten wolle, sei „leider nicht zu umgehen“.

Nicht? Es wäre ganz leicht zu umgehen. Man müsste bloß aufhörern, auf irgendwelche Inhalte, die nicht die eigenen sind und über die man keine Kontrolle hat, das eigene Logo zu kleben, um kurzfristig noch den letzten Cent abzugreifen — egal, was das langfristig für den Wert eben dieses Logos bedeutet.

Nachtrag, der Vollständigkeit halber: Dasselbe Buch gibt’s natürlich auch im FAZ.net-Buchshop.

Nachtrag, 14. Mai. Die „Süddeutsche“ meldet heute „In eigener Sache“:

Die Süddeutsche Zeitung hat auf ihrer Medien-Seite am Mittwoch unter der Überschrift „Klick ins Schnäppchen-Reich“ darüber berichtet, dass der Spiegel-Verlag mit dem Buchhandels-Grossisten Libri kooperiert und deshalb über die Homepage www.spiegel.de auch Bücher von „Nazi-Helden“ erhältlich sind. So seien dort unter anderem Léon Degrelles Denn der Hass stirbt… oder Schriften von Hans-Ulrich Rudel oder Hanna Reitsch zu kaufen. Unerwähnt blieb in dem Artikel, dass das Geschäftsmodell des Spiegel-Shops auch in anderen Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen üblich ist, unter anderem im Süddeutschen Verlag. So sind die Bücher Degrelles, Rudels oder Reitschs auch im Internet-Shop der SZ oder über einen Link dorthin auf der Homepage der Süddeutschen Zeitung (www.sueddeutsche.de) erhältlich, ebenso wie in Buchhandlungen oder im Versandhandel. Die Redaktion bedauert, dass der Hinweis auf den SZ-Shop in der Berichterstattung fehlte.

Nachtrag, 15. Mai. Den Original-Artikel von Willi Winkler hat sueddeutsche.de ohne Erklärung gelöscht. Auf den Unterseiten ihres Jugendmagazins „jetzt“ hat die „Süddeutsche Zeitung“ ihn dagegen — unkorrigiert, natürlich — belassen. Das sind echte Internet-Profis, die da arbeiten. (via Ralf Schwartz)

Wutmäander zur Qualitätsdebatte

Ich bin kein investigativer Journalist. Mir fehlen dafür nicht nur die Kontakte, sondern vor allem Ausdauer und Disziplin. Als mir das „SZ-Magazin“ in der vergangenen Woche angeboten hat, hier einen Beitrag aus dem Heft über die Probleme deutscher Blogger zu veröffentlichen, wollte ich mir vorher nur kurz einen Eindruck von dem Autor machen und habe seinen Namen schnell mal gegoogelt. Nach einer Minute wusste ich immer noch nicht viel über diesen Felix Salmon, aber immerhin schon mehr als das „SZ-Magazin“, das behauptete, er betreibe das außerordentlich erfolgreiche amerikanische Wirtschaftsblog portfolio.com. („Portfolio“ ist kein Blog, es wird mangels wirtschaftlichem Erfolg gerade eingestellt, und Salmon bloggt da seit Wochen nicht mehr.)

Das herausgefunden zu haben, ist nichts, worauf ich stolz sein könnte. Ich hätte dieses Nachschlagen, das man kaum „Recherche“ nennen mag, für einen selbstverständlichen Reflex gehalten, bevor man einen Artikel von jemandem auf seiner Seite veröffentlicht, den man nicht kennt.

Ist es aber nicht. Das „SZ-Magazin“ hat denselben Beitrag auch anderen Medien angeboten, die ihn — im Gegensatz zu mir — veröffentlicht haben. Bei taz.de hat man die falschen Autorenangaben erst übernommen, aber inzwischen korrigiert. „Spiegel Online“ verlinkt immer noch sinnlos auf das „Wirtschaftsblog portfolio.com“; der Online-Auftritt der „Financial Times Deutschland“ behauptet nach wie vor den Unsinn, den das „SZ-Magazin“ über Salmon verbreitet hatte.

Man mag das für einen unwesentlichen Fehler halten, wie man jeden einzelnen Fehler für unwesentlich halten kann, aber ist das nicht erstaunlich? Das sind alles Online-Angebote, die sich bestimmt für Qualitätsmedien halten, und wenn sie so ein kostenloses Text- und PR-Angebot bekommen, reicht das eigene Engagement exakt dafür, mit einer schwungvollen Mausbewegung den Artikel aus dem Mailprogramm ins Redaktionssystem zu ziehen und auf „Veröffentlichen“ zu drücken? Es ist ihnen ganz egal, wer den Text geschrieben hat? Und es klickt nicht einmal jemand probeweise auf den selbst gesetzten Link unter portfolio.com und stutzt?

Mein flüchtiges Googlen war für diese Medien schon zu viel verlangt (schnellebiges Internet / Redaktionsstress / ist doch egal)?

Man müsste keine Zeile darüber verlieren, wenn nicht immer noch und gerade wieder mit zunehmender Heftigkeit dieser publizistische Krieg der etablierten Medien gegen die neue Konkurrenz tobte. Im Mittelpunkt steht fast immer die Behauptung, dass nur der professionelle Zeitungsjournalismus die Qualität garantiere, die Voraussetzung für eine informierte Debatte und eine aufgeklärte Gesellschaft sind.

Es sind die schlichtesten Gegensatzpaare, die da aufgestellt werden: Etablierte Medien recherchieren, informieren, prüfen und sind unbestechlich, Blogger plappern nach, krakeelen und fallen auf jede PR-Finte herein. Auch durch viele Texte der Sonderausgabe des „SZ-Magazins“ zur Krise der Tageszeitung, die sich selbstkritisch und nachdenklich geben, wabert das Gefühl eigener Überlegenheit oder, schlimmer: Das Gefühl, dass diese Überlegenheit selbstverständlich ist.

Im Kapitel „F wie Fakten“ behauptet Andrian Kreye, dass die „neuen Medien die Generierung von harten Fakten“ erschwerten. Das halte ich für schlicht falsch. Kreye fügt hinzu:

Emotionen (Angst, Wut, Lust) und Glaube (an Religionen, politische Meinungen, das eigene Rechthaben) spielen im Netz mindestens eine so große Rolle wie Fakten.

Da möchte ihm nicht widersprechen, aber empfehlen, in dem Satz versuchsweise die Wörter „im Netz“ durch „in den Zeitungen“ zu ersetzen. Er verliert nichts an Wahrheit. Im Gegenteil, die schöne Formulierung vom Glauben an das eigene Rechthaben gewinnt erst richtig an Anschaulichkeit.

Auch Kurt Kisters Plädoyer unter „H wie Haltung“, dass Journalisten recherchieren, berichten und klug einordnen sollen, degeneriert am Ende zu einem plumpen Herabreden dessen, was Nicht-Journalisten publizieren:

Weder das Finden noch das Erklären von Dingen ist die Sache der berühmten 2.0-Bürgerjournalisten. Die können am besten kommentieren, was andere schon aufgeschrieben, schon kommentiert haben. (…) Eine Vielzahl der Blogs, Chatrooms und was es an Gezwitscher mehr gibt, besteht aus solchen Kommentaren der Kommentare anderer. Das ist oft einfach, befriedigend für alle und außerdem völlig in Ordnung. Es ist nur kein Journalismus, sondern eine manchmal durchaus interessante Mischung aus Meinungsäußerung, Stammtischgeschwätz und Laut-auf-dem-Bürgersteig-vor-sich-Hinschimpfen. Für die, die es mögen, ist es das Höchste. Die einen essen eben gern Vogelnester, die anderen fahren mit dem Fahrrad durch Nepal, und die Dritten schreiben irgendwo in der weltumspannenden Virtualität, dass Zeitungen Holzmedien sind und Journalisten moribund, altmodisch sowie wahnsinnig arrogant.

Das ist natürlich die hohe Kunst der Arroganz, es arrogant als Spleen abzutun, für arrogant gehalten zu werden. Aber das Problem ist nicht die Geringschätzung dessen, was im Netz passiert. Das Problem ist die eigene Selbstüberschätzung. Wieviele Journalisten erfüllen mit ihrer Arbeit Kisters Definition dessen, was Journalismus ist?

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Viele Journalisten, die sich in diesen Debatten über die Folgen der digitalen Revolution äußern, haben die Verklärung des zu verteidigenden Status-Quo perfektioniert: Es vergeht gerade kein Tag, in dem nicht irgendein Blatt voller Pathos zur Verteidigung des Urheberrechts gegenüber irgendwelchen „Piraten“ oder Google aufruft. Sie fordern, als sei es ein Menschenrecht, dass Autoren selbst entscheiden dürfen müssen, was mit ihren Texten geschieht, wo sie veröffentlicht werden, wer an ihnen verdient. In der aktuellen „Welt am Sonntag“, um nur ein Beispiel zu nennen, gipfelte das in der — zugegeben: tollen — Überschrift: „Mein Buch gehört mir.“

In diesem Empörungsgetöse fast vollständig ausgeblendet ist, dass die meisten freien Journalisten schon deshalb nicht von Google enteignet werden können, weil die Verlage das längst erledigt haben. Viele Zeitungsverlage verlangen von ihren Mitarbeitern, „Total-Buy-Out“-Verträge zu unterzeichnen, mit denen sie die Rechte an ihren Texten inhaltlich, räumlich und zeitlich unbeschränkt abgeben, inklusive der Rechte, diese Rechte an Dritte zu übertragen. Ist es nur der Gipfel der Heuchelei, wenn Zeitungen diese eigene Praxis beim Kampf gegen Google ausklammern, oder schon eine Form von Schizophrenie?

Marc Felix Serrao schrieb in der „Süddeutschen Zeitung“ über den skandalösen Umgang des „Nordkurier“ mit seinen freien Mitarbeitern, die „das unbeschränkte Nutzungsrecht“ an ihren Leistungen abtreten müssten: „Das ist zwar Usus für Festangestellte, aber nicht für Freie, die sich finanziell von Auftrag zu Auftrag hangeln.“ Ich fürchte, er glaubt das wirklich.

Überhaupt, die „Nordkurier“-Geschichte. Die SZ berichtete am Freitag, dass sich dort unter dem Regime des berüchtigten Geschäftsführers Lutz Schumacher freie Mitarbeiter neuerdings in einer Online-Börse um Termine und Themen bewerben müssen. Der Autor schrieb wörtlich:

Der Nordkurier vergibt keine Aufträge mehr an Freie oder nimmt deren Text- und Bildangebote an, sondern schreibt die von ihm gewünschten Fotos und Artikel in einer Art Online-Börse aus. Wer will, kann sich dann bewerben und ein Honorarangebot abgeben. Allerdings muss er erst der Rahmenvereinbarung zustimmen.

Soweit die Formulierungen der „Süddeutschen“. Und hier zum Vergleich die Formulierungen, die der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) vier Tage zuvor in einer Pressemitteilung gewählt hatte:

Der Nordkurier vergibt keine Aufträge mehr an Freie und nimmt auch keine Text- und Bildangebote mehr von ihnen an, sondern schreibt die gewünschten Fotos und Artikel in einer Online-Börse aus. Die freien Journalisten können sich dann um das Thema bewerben und ein Honorarangebot abgeben. Voraussetzung dafür ist, dass sie vorher einer Rahmenvereinbarung zustimmen, mit der sie Rechte “für alle Nutzungsarten” an den Verlag abtreten.

Immerhin hat die SZ nicht nur die Formulierungen der Gewerkschaft ungekennzeichnet in ihren Artikel kopiert, sondern auch mit Schumacher gesprochen und zitiert ihn mit dem Satz, der Honoraretat seiner Zeitung werde nicht gesenkt. Die Frage der Honorare ist ohnehin eher ein Nebenaspekt in dem Artikel. Zur Hauptsache machte ihn der Branchendienst „turi2“. Aus der SZ-Formulierung, dass die Freien beim Nordkurier „sich bewerben und ein Honorarangebot abgeben“ müssen, wird bei turi2:

Drei, zwei, eins — dem billigsten seins: Der „Nordkurier“ aus Neubrandenburg schreibt sämtliche Text- und Bildaufträge auf einer Ebay-ähnlichen Plattform im Web aus. In der Onlinebörse „Nordost-Mediahouse“ sollen Journalisten ihre Honorarangebote zu Berichten vom Kaninchenzüchterverein und Co machen — und der billigste Anbieter bekommt den Zuschlag.

Hahaha, „dem billigsten seins“. Inzwischen ist das meiste davon durchgestrichen, denn nach den Worten Schumachers gibt es beim „Nordkurier“ feste Honorarsätze — es gehe keineswegs um den Preis. (In der Korrektur gibt turi2 natürlich nicht sich, sondern der „Süddeutschen“ die Schuld. Sie hätte behauptet, die Texte würden an den Journalisten mit dem niedrigsten Angebot vergeben. Es muss sich um eine Halluzination handeln.)

Aber „turi2“ war nicht das einzige Medienangebot, das alle Energie in die Maximierung der Lautstärke investierte, und keine in die Recherche. Auf „Meedia“ schrieb sich Chefredakteur Georg Altrogge in Rage und beklagte wort- und wutschaumreich das Lohndumping. Über die genaue Regelung beim „Nordkurier“ wusste er allerdings so wenig wie über die Lage der Stadt Neubrandenburg, die er von Mecklenburg-Vorpommern nach Brandenburg verlegte.

(Dass die Honorare, die der „Nordkurier“ seinen Freien zahlt, erbärmlich sind, steht außer Frage. Und Schumachers Argument, die meisten freien Mitarbeiter seiner Zeitung seien eh Studenten, Hausfrauen und pensionierte Lehrer, merken wir uns dann für die nächste Diskussion der „Nationalen Kommission Printmedien“ darüber, wie wichtig der Erhalt dieses hochwertigen Lokaljournalismus für unsere Gesellschaft ist.)

Auch „Spiegel Online“ übernahm ungeprüft die Behauptung von der Versteigerung der Aufträge und musste sich hinterher berichtigen.

Bis hierhin sind an der Produktion, Verbreitung und Verschlimmerung einer Falschmeldung ausschließlich hauptberufliche Journalisten beteiligt. An welcher Stelle dieser Geschichte, Herr Kister, finden wir den viel beschworenen Journalisten, der prüft und wägt, recherchiert und einordnet?

Ich ahne schon, welcher Einwand jetzt von den Turis, Meedias und SpOns kommt: Sollen wir denn jede Meldung prüfen? Müssen wir uns nicht auf eine Quelle wie die „Süddeutsche Zeitung“ verlassen können? Ich glaube, dass die Frage die falsche ist. Denn die entscheidende Perspektive ist nicht die der Macher, sondern der Leser. Welchen Nutzen hat es für ihn, wenn immer mehr Journalisten damit beschäftigt sind, dieselben wenigen Inhalte zu vervielfältigen, ungeprüft, aber verzerrt durch immer weitere Erhöhung der Lautstärke? Welchen Wert hat für ihn ein System, das Falschmeldungen inflationiert?

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Miriam Meckel schreibt heute in der F.A.Z.:

Bislang ist es der Journalismus, der die Menschen mit Neuigkeiten aus der Welt versorgt, sie durch gut recherchierte und erzählte Geschichten interessiert und fasziniert.

Ist es nicht faszinierend, wie in all diesen Qualitätsjournalismus- und Zeitungsverteidigungsartikeln das einfach immer als gegeben hingestellt wird, dass unser real existierender Journalismus seine gesellschaftliche Aufgabe erfüllt? Die Wörter „gut recherchiert“ stehen einfach in diesem Satz herum, gucken unschuldig und versuchen, nicht weiter aufzufallen. Im Gegensatz dazu:

Das Internet hat dem professionellen Qualitätsjournalismus einen bunten Strauß an publizistischen Aktivitäten an die Seite gestellt, bei dem Amateure zu Autoren werden, die eine subjektive, volatile und momentorientierte Berichterstattung praktizieren.

Sie meint das nicht böse, aber wir können gerne einmal gemeinsam eine durchschnittliche Tageszeitung, vermutlich auch eine überregionale Tagespresse, durchblättern und schauen, wie viele Filzstifte wir brauchen, wenn wir alle subjektive, volatile und momentorientierte Berichterstattung darin durchstreichen wollen.

Meckel geht noch weiter und malt sich eine Zukunft ohne Journalisten aus:

Wie in einer Dienstleistungsgesellschaft, in der sich alle nur noch gegenseitig die Haare schneiden, bereiten wir am Computer die Informationen der anderen aus dem Netz neu auf, gefangen in einer Zeit- und Inhaltsschleife der fortwährenden Reproduktion und Rekombination des immer Gleichen.

Wie kommt dann das Neue in die Welt? Gar nicht. Es wird lediglich simuliert als Ergebnis der innovativen Verlinkung von Altbekanntem.

Das ist ein süßer Gedanke, wenn man weiß, dass es reicht, eine Pressemitteilung im Abstand von mehreren Monaten noch einmal zu schicken, damit sie von Journalisten als neue Nachricht verkauft wird, aber im Ernst: Ich möchte in keiner Welt ohne professionellen Journalismus leben, aber diese Dystopie entbehrt jeder Grundlage. In einer Welt ohne Journalisten gingen uns die Neuigkeiten nicht aus, und wir würden einander auch nicht alle dasselbe erzählen. Die Lawblogger würden uns Neuigkeiten aus den Gerichtssälen erzählen, Parteimitglieder über neue Gesetzesentwürfe streiten, Foodblogger neue Restaurants erkunden, Medizinprofessoren kritisch neue Medikamente bewerten und chinesische und iranische Blogger uns mit Einblicken in ihr Leben bereichern.

Was fehlen würdem in einer Welt ohne Journalismus, ohne Massenmedien, wäre neben den großen Plattformen für einen Diskurs der Gesellschaft vor allem das Sortieren und Gewichten, die Systematik und Kontinuität. Fehlen würde eine Struktur, die dafür sorgt, dass die Berichterstattung über wichtige Themen nicht davon abhängt, ob sich zufällig ein Blogger für sie interessiert oder sie sich unmittelbar rechnet, und die die größtmögliche Chance bietet, dass diese Berichterstattung professionell und unabhängig geschieht.

Meckel schreibt:

Wir brauchen Menschen, die von ihrem Schreibtisch aufstehen und sich von ihrem Computer lösen, um zu beobachten, was in der Welt geschieht. Wir brauchen Menschen, die unter Recherche mehr als die Eingabe eines Begriffs in eine Suchmaschine verstehen. Die mit anderen Menschen sprechen, um zu verstehen, was sie bewegt und ihr Leben bestimmt. Wir brauchen Menschen, die diese Geschichten so erzählen können, dass andere sich für sie interessieren.

Ja! Aber wir brauchen Menschen, die unter Recherche schon einmal mindestens die Eingabe eines Begriffs in eine Suchmaschine verstehen. Und ist es nicht eine bizarre Verklärung, die relativ kleine Elite professioneller Journalisten mit Draußen und In der Welt gleichzusetzen, die vielen Menschen, die aber dort sind, wo die Journalisten erst hingehen sollen, als Stubenhocker zu beschreiben, die den Blick nicht vom heimischen Computer nehmen?

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Wir brauchen professionellen Journalismus, und wenn ich es mir aussuchen kann, dann bitte auch in Zukunft nicht nur online, sondern auch auf Zeitungspapier. Aber wir brauchen ihn nicht als verklärtes Ideal, das seine Unverzichtbarkeit behauptet, sondern einen Journalismus, der ganz konkret täglich seine Zuverlässigkeit beweist. Einen Journalismus, der transparent ist, seine Unzulänglichkeiten offenlegt und seine Fehler korrigiert, der hingeht, wo es wehtut, sich die Zeit nimmt, die nötig ist, der recherchiert statt kopiert und Verantwortung für die Folgen seiner Arbeit übernimmt.

Wenn der Zeitungsjournalismus so wäre, wie er in den vielen Zeitungsjournalismus-Verteidigungstexten beschrieben wird, dann müssten Zeitungen zum Beispiel in der gegenwärtigen Auseinandersetzung um die Zukunft des Urheberrechts der Ort für die gepflegte Debatte sein, allen begründeten Standpunkten ihren Raum geben, abwägen und differenzieren und die eigenen Interessen deutlich machen. Ich sehe stattdessen an vielen Stellen Zeitungen als Propagandainstrumente in eigener Sache, die einseitig und penetrant Stimmung machen und dabei grotesk übertreiben. Es ist das Gegenteil einer vertrauensbildenden Maßnahme.

Wie überzeugend sind all diese Plädoyers für die Großartigkeit, die Einzigartigkeit des Zeitungsjournalismus, den wir haben, wenn die Menschen im Alltag das Gegenteil erleben? Wie sehr würde sie, zum Beispiel, die Leute überzeugen, die gegen den Weiterbau einer Autobahn demonstrieren und feststellen müssen, dass die lokale Monopolzeitung, die für den Weiterbau ist, ihre Aktion bewusst so fotografiert hat, dass sie viel winziger wirkt als sie war?

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Das „SZ-Magazin“ hat für seine „Wozu Zeitung“-Ausgabe auch auf „turi2“ Anzeigen geschaltet. Sie führen zu einer Selbstbeschreibung, in der der Verlag dem Magazin „kreativen Journalismus auf höchstem Niveau“ bescheinigt. Ist es nicht ironisch, dass dieses sensationell anspruchsvolle Magazin in einer Ausgabe, in der er fast auf jeder Seite um Faktenliebe und Qualität und den gedruckten Journalismus als Garant von beidem geht, es nicht einmal schafft, den Hintergrund seines Gastautor Felix Salmon zu recherchieren? Und, schlimmer, seinen Text, der sich im Original mit dem (angeblichen) Fehlen spezieller Wirtschaftsblogs in Deutschland beschäftigt, flugs zu einer Analyse der deutschen Blogs schlechthin umdeklariert?

Überhaupt ist es interessant, sich die Form des Heftes genauer anzuschauen. Fast alle Texte sind Mini-Essays, die ohne all das auskommen, was angeblich den Zeitungsjournalismus so auszeichnet: die Vor-Ort-Recherche, das Neue-Fakten-Schöpfen. Es sind nette Artikel dabei, keine Frage, viele sind klug und gut geschrieben und manche sehr lesenwert. Aber eigentlich ähneln sie verblüffenderweise: Blog-Einträgen. Es sind aus persönlicher Betroffenheit geschriebene Kommentare. Das ist nichts Schlimmes (sagt ja auch Kister), bleibt aber doch verblüffend hinter den behaupteten eigenen Möglichkeiten zurück.

Aber die Autoren sind dann doch keine Blogger. „SZ“-Chefredakteur Hans-Werner Kilz schreibt unter „Q“ wie „Qualität“ zwar:

Wer schreibt, braucht kämpferisches Temperament, eine polemische Bereitschaft, eine Freude an Kontroversen.

Aber wenn ich es richtig gesehen habe, hat sich an keiner Stelle einer der Autoren dazu herabgelassen, tatsächlich mitzudiskutieren. Das „SZ-Magazin“ hat die Texte breit gestreut, damit andere über sie diskutieren können. Manche Kritiker haben positiv bemerkt, dass das „SZ-Magazin“ auf all diese Debatten verlinkt, und das muss man tatsächlich würdigen, weil die Online-Ableger der klassischen Medien gerade erst ganz langsam lernen, dass es im Internet die Möglichkeit gibt, Links zu setzen, die auf andere Seiten als die eigenen führen. Aber das reicht nicht.

Es ist natürlich auch eine Folge des Gefühls der eigenen Überlegenheit, dass viele Journalisten nicht im Traum auf die Idee kämen, mit Lesern in den Kommentaren über ihre Artikel zu diskutieren. Den Abstand zwischen dem, der etwas publiziert, und denen, die das lesen und — neuerdings — öffentlich darüber diskutieren dürfen, muss doch bitte gewahrt bleiben.

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Wir brauchen guten Journalismus und gute Journalisten. Aber wenn die Diskussion darüber, wie wir beides auch in Zukunft gewährleisten können, irgendwie konstruktiv sein soll, muss sie sich endlich von den falschen Gegensätzen verabschieden. Die Front verläuft nicht zwischen Profis und Amateuren oder Redakteuren und Freien oder Verlagen und Einzelkämpfern oder zwischen Print und Online. Sie verläuft zwischen gutem Journalismus und schlechtem Journalismus. Es ist wirklich so einfach.

Super-Symbolfoto (61)

Und dann gibt es da noch die Symbolfotos, denen man ihre Symbolhaftigkeit gar nicht ansieht.

Die Tourismus-Seite der Stadt Hamburg bebildert ihre Tipps für Menschen mit Behinderung mit dem halbromantischen Foto eines Rollstuhlfahrers vor dem neuen „Dockland“-Gebäude.

Das ist entweder eine ziemliche unglückliche Wahl. Oder die wahre, versteckte Botschaft des Fotos steckt in der Tatsache, dass man vom Dach aus einen grandiosen Ausblick haben soll, der Rollstuhlfahrer aber unten vor dem Gebäude sitzt.

Die Geschichte dazu steht in Andreas Bemeleits Blog „ZwischenZeit“.

Frauenschlächtereinkaufslistenklickstrecke

Es ist ja nicht alles schlecht an so einem Mord. Gut an der Art, wie ein Mann in Füssen seine Freundin umgebracht und zerstückelt haben soll, war zum Beispiel, dass er sich das Werkzeug dafür im örtlichen „V-Markt“ gekauft hat und damit dem Online-Angebot des Kölner „Express“ folgende attraktive Bonus-Content-Möglichkeit eröffnete:









Bonusfrage: Was ist ein „Gipskarton (Schutzbrille)“?

[eingesandt von Martin Pittelkow]

Eine Zeitung sagt Sorry!

Der „Evening Standard“, die einzige kostenpflichtige Londoner Lokalzeitung, hat seit Anfang des Jahres einen neuen Besitzer: den russischen Milliardär Alexander Lebedew. Der engagierte einen neuen Chefredakteur, der erst einmal eine Marktforschung über das Blatt in Auftrag gab.

Das Ergebnis war wohl einigermaßen verheerend, und so entschloss sich das Blatt zu einer einzigartigen Werbekampagne, in der es sich in der U-Bahn und auf Bussen bei den Londonern entschuldigt:





Nun hat es der „Evening Standard“ mit seiner penetranten, gehässigen Parteilichkeit zweifelsohne ganz besonders nötig, sich bei seinen Lesern und Nicht-Lesern zu entschuldigen. (Die Heftigkeit der Kommentare im „Guardian“-Blog von Roy Greenslade, der auch für den „Evening Standard“ schreibt, spricht Bände.) Aber der spanische Medienberater Juan Antonio Giner hat schon recht, wenn er meint, dass diese Werbebotschaft vielen Zeitungen gut zu Gesicht stünde, und er in ihr einen „Fünf-Punkte-Plan“ sieht, um Zeitungen zu verändern und zu retten.

Warum habe ich das Gefühl, dass viele deutsche Zeitungen im Zweifel umgekehrt von den Menschen eine Entschuldigung dafür fordern würden, dass sie sie nicht lesen?

Stell dir vor, es ist Grand-Prix, und ich seh nicht hin

Hätten Sie’s gedacht? In neun Tagen ist Eurovision Song Contest. In Moskau haben längst die Proben begonnen. Und mich lässt das alles schrecklich kalt.

Gut, werden Sie sagen, das geht den meisten Leuten immer schon so, aber für mich war der Grand-Prix ein prägendes Fernseherlebnis. Als Kind war es der einzige Abend (außer Silvester), an dem ich bis Mitternacht aufbleiben durfte – vorausgesetzt, ich hatte am Mittag brav „vorgeschlafen“. Es war die perfekte Kombination der beiden großen, tragischen Lieben meiner Jugend: Schlager und Statistik.

Ich fieberte mit Katja Ebstein, Hoffmann & Hoffmann, Ingrid Peters und Mary Roos (die Gruppe Wind fand ich zum Glück damals schon furchtbar) und trug die Punkte in die dafür vorgesehene Tabelle der „Hörzu“ ein. Während der neunziger Jahre mit den schrecklichsten deutschen Teilnehmern verlor sich mein Interesse ein bisschen, aber im Revolutionsjahr 1998 war ich in Bremen dabei, als Guildo Horn und seine Fans alles überrannten (und mir mit ihrer aggressiven Party- und Eroberungsstimmung Angst machten). Ich durfte Stefan Raab nach Stockholm begleiten (und mein einziges Seite-3-Stück in der „Süddeutschen Zeitung“ schreiben), verfasste aus Kopenhagen meinen ersten Quasi-BILDblog-Eintrag, verbrachte dank des Wettbewerbs einen Urlaub im Baltikum und erlebte in Tallinn Ralph Siegel und Bernd Meinunger so hautnah, dass daraus zwei Texte entstanden, auf die ich heute noch ein bisschen stolz bin.

In den letzten Jahren ging ich dann wieder ein bisschen auf Abstand, konnte es dann aber doch nicht lassen, den Wettbewerb ausführlich zu begleiten – und insbesondere, ihn immer wieder gegen ungerechte Kritik in Schutz zu nehmen.

Und eh jetzt jemand ankommt und sagt, dass es abwegig sei, sich überhaupt so viel mit einer solchen Quatschveranstaltung zu beschäftigen: Der Grand-Prix ist exakt so wichtig, wie man ihn nimmt. Das hat er zum Beispiel mit der Fußball-Bundesliga gemein, nur dass deren Fans sich nicht so oft dafür rechtfertigen müssen.

Ich glaube auch nicht, dass sich der Grand-Prix nur ironisch gebrochen genießen lässt, mit der Konträrfaszination angesichts all der Demonstrationen schlechten Geschmacks, die da geboten werden. Natürlich ist es eine bizarre Veranstaltung, aber eigentlich reizvolle Bizarre daran ist schon die Idee, Nationen um die Wette singen zu lassen. Und die Inszenierung ist seit einigen Jahren state-of-the-art – man kann den Eurovision Song Contest inzwischen auch als eine Leistungsschau der Fernsehshow-Produktion sehen, insbesondere was die Bühnenbilder angeht.


Aufbau der Bühne in Moskau. Foto: eurovision.tv

Normalerweise hätte ich zu diesem Zeitpunkt schon damit angefangen, meine Umgebung mit ausgewählten Video-Höhe- und Tiefpunkten der Teilnehmer zu nerven. Aber in diesem Jahr – nichts.

Es kann natürlich sein, dass das an mir liegt. Aber der Wettbewerb macht es mir in diesem Jahr auch leicht, mich nicht für ihn zu begeistern. Vor allem mit seinen Entdemokratisierungs-Tendenzen. Weil die Zuschauer sich hartnäckig weigern, ihre Punkte so zu verteilen, wie es die Veranstalter wollen, schrauben die Veranstalter jetzt Jahr für Jahr am Reglement. Dabei sollte man beim Blick auf die Gewinner nicht glauben, dass es ein Problem gäbe: In den vergangenen fünf Jahren gewannen: die Ukraine, Griechenland, Finnland, Serbien und Russland – eine Mischung, wie sie bunter kaum sein könnte. Die Sieger waren: eine pompöse Feuer-Tanz-Performance, eine Gruppe Monsterrocker, eine Mainstream-Popnummer, die schlichte Ballade einer einzelnen Sängerin und eine mit einem Eisläufer aufgepeppte und mit Gimmicks überladene Show-Nummer. Das Votum des europäischen Publikums scheint so unvorhersehbar wie eh und je, aber weil sich der Schwerpunkt der Teilnehmerländer dramatisch nach Osten verlagert hat, haben es Titel leichter, die dem dortigen Geschmack entsprechen.

Und natürlich gibt es Sympathie-, Freundschafts- und Nachbarschaftspunkte, die es zum Beispiel den Ländern Ex-Jugoslawiens oder der früheren Sowjetunion leichter machen, weit nach vorne zu kommen. Das ist auch nicht schlimm: Griechenland und Zypern haben einander immer schon fast immer zwölf Punkte gegeben. Deshalb kann es Zypern – im Gegensatz zu Deutschland – kaum passieren, auf dem letzten Platz zu landen. Andererseits hat Zypern trotzdem – im Gegensatz zu Deutschland – noch nie gewonnen.

Länder wie die Türkei werden immer davon profitieren, dass in Westeuropa viele Türken leben. Aber verfälscht deren (vielleicht patriotisch motivierte, vielleicht auch nur geschmacklich geprägte) Stimmabgabe das Votum aus Deutschland? Oder ist das nur eine angemessene Repräsentation der sonst gern verdrängten Tatsache, dass in der Bundesrepublik viele Türken leben, die andere Musik hören, einen anderen Geschmack haben als „wir“?

Natürlich ist das ungerecht. Es ist alles ungerecht. Auch dass die 84.000 Andorraner zusammen genau so viel Einfluss auf den Sieger haben wie die 142.000.000 Russen, was jedem Einwohner des Pyrenäenstaates fast 1700-mal so viel Macht gibt. Auch dass die Briten einfach in ihrer Landessprache singen können und trotzdem von allen verstanden werden. Auch dass die Skandinavier einander mögen, aber keiner uns. Auch dass den Osteuropäern immer diese Show-Nummern so gefallen, obwohl wir Westeuropäer beschlossen haben, dass es gefälligst nur auf das Lied ankommen soll (jedenfalls wenn wir keine gute Show machen), und wir waren schließlich zuerst da.

Noch bekloppter als der Wettbewerb an sich ist der Glaube, dass in ihm auf eine irgendwie halbwegs objektive Weise das beste Lied gewählt würde. Oder werden sollte. Oder werden könnte.

Es gab Jahre, in denen sich zum Beispiel Großbritannien gefragt hat, ob das Land für seine Unterstützung des Irak-Krieges von den Grand-Prix-Zuschauern abgestraft wurde. Vermutlich hätte man in der Qualität des eigenen Beitrags überzeugendere Gründe finden können, aber ganz abwegig ist der Gedanke nicht. Der Song-Contest ist auch ein Sympathie-Wettbewerb der Nationen, und das trägt erheblich zu seinem Reiz bei.

Andererseits war es immer wieder faszinierend zu sehen, wie einzelne Titel in ganz Fernseheuropa einen Nerv trafen – auch solche, bei denen man das nicht unbedingt vorhersehen konnte, wie der estnisch-amerikanischen Funk-Nummer vor ein paar Jahren.

Aber nun haben die Leute so oft nicht so abgestimmt wie sie sollten, und anders als damals, als Irland in zehn Jahren fünfmal den Wettbewerb gewannt, ist das heute ein Problem. Deshalb zählt das Urteil des Publikums, dem offenkundig nicht zu trauen ist, in diesem Jahr nur noch zur Hälfte – die andere Hälfte jedes Landesvotums bestimmt eine Jury. In der für Deutschland sitzen H. P. Baxxter (Scooter), Jeanette Biedermann, Guildo Horn, Sylvia Kollek und Tobias Künzel (Die Prinzen), und damit hat man die lästigen Türken mit ihren komischen Vorlieben schon mal aus dem Rennen.

Es ist nicht ganz klar, inwiefern es diesen Wettbewerb aufwertet, wenn man das erratische Votum von vielen durch das erratische Votum von wenigen ersetzt – es sei denn, man geht davon aus, dass Frau Biedermann, „Bild“-Schlagerkönigin 1998 und und 1999 trotz der Unterstützung eben dieser Zeitung im Vorentscheid zum Grand-Prix nur vierte, eine Expertin sei, die besser als wir normalen Fernsehzuschauer weiß, was gute Musik und damit siegeswürdig ist.

Natürlich, früher gab es auch schon das Jury-Votum, und es hatte einen gewissen Unterhaltungswert, darüber zu spekulieren, warum die deutsche ungefähr nie für Österreich gestimmt hat, und zu registrieren, wie die griechische Jury die verfeindete Türkei mit Punktentzug strafte. Dem fehlt aber erheblich die Fallhöhe im Vergleich zur Grand-Prix-Begleitfolklore der vergangenen Jahre, die das Abstimmverhalten ganzer Länder zu analysieren versucht und sogar dazu taugt, sich als Nation auf die Couch zu legen, und hysterisch zu fragen, warum uns eigentlich keiner mag (und damit womöglich schon eine halbe Antwort gibt).

Es ist das demokratische Element, das den besonderen Reiz solcher Abstimmungen ausmacht. „Deutschland sucht den Superstar“ demonstriert das gerade eindrucksvoll und zeigt auch das gute Gespür des Publikums, das sein Unterhaltungsbedürfnis dadurch befriedigte, dass es die Skandalnudel Annemarie viel länger im Rennen ließ, als es der Jury gefiel, sie am Ende im Finale aber doch lieber nicht dabei haben wolle. Das schlimmste an der Entmachtung des Publikums aber ist das Misstrauen seiner Urteilskraft, das daraus spricht, und die Bereitschaft, die Regeln so lange anzupassen, bis das gewünschte Ergebnis dabei herauskommt. Wenn sich in diesem Jahr herausstellt, dass sogar trotz Wiedereinführung der Jurys Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Spanien ganz hinten liegen sollte, hat der Grand-Prix ein echtes Problem. Aber vielleicht können Punkte für die großen Geldgeberländer ja doppelt zählen. Oder es werden Punkte für Nachbarländer verboten. Oder man legt gleich eine Reihenfolge fest, bei der am wenigsten wichtige Länder hinterher unglücklich sind.

In Deutschland hat man das Publikum aus der Auswahl des Kandidaten, der „für Deutschland“ singen soll, wie es so schön heißt, in diesem Jahr sicherheitshalber ganz herausgehalten. Die Begründung, man wolle so etablierte Künstler rekrutieren, die sich nicht dem Risiko einer Niederlage in der Vorentscheidung aussetzen wollen, wurde spätestens durch die Kür des Siegers ad absurdum geführt: Es gewann der peinliche Erfolgsproduzent Alex Christensen, mit einem Projekt, dem man schon am Namen anmerkt, dass es nicht von Dauer sein soll: „Alex swings, Oscar sings“. Es wirkt wie ein Rückfall in Zeiten, als Ralph Siegel für diesen Zweck Retortengruppen zusammencastete und zum Beispiel „MeKaDo“ nannte.


Alex (links) swings, Oscar (rechts) sings. Foto: NDR

Nun wäre nichts dagegen zu sagen, den Autor so schlimmer Werke wie „Du hast den schönsten Arsch der Welt“, „Du bist so Porno“ oder „Liebe zu Dritt“ nach Moskau zu schicken, wenn das der Wille des Publikums gewesen wäre – so wie es zum Beispiel sein Wille war, mit Stefan Raab und Guildo Horn der Welt gewaltsam zu demonstrieren, dass man Humor hat. Die Auswahl durch das Publikum hat auch den Vorteil, dass bei einem Debakel wie mit den No Angels im vergangenen Jahr, scheinbar „wir alle“ verloren haben – und dass man lange Nächte diskutieren kann (aber nicht muss), ob Carolin Fortenbacher mit ihrem modernen Schlager erfolgreicher gewesen wäre.

Jürgen Meier-Beer, der für den NDR die Wiederbelebung des Song Contest ab 1998 maßgeblich betrieben hat, griff gerne in die Kiste mit den ganz großen Wörtern, um die Bedeutung des demokratischen Vorentscheids zu beschreiben: „Das deutsche Volk entscheidet, was Ausdruck unseres Nationalstolzes ist“, sagte er 2001 und formulierte: „Die nationale Vorentscheidung ist auf die Verbindung zwischen Popmusik und nationaler Ehre auszurichten. Diese Verbindung ist einmalig: im Fernsehen, in der Popmusik und im Nationalbewusstsein“.

Man darf es ruhig eine Nummer kleiner hängen, aber dass ein Vorentscheid eine wichtige Voraussetzung ist, um eine Identifikation mit dem deutschen Vertreter zu produzieren, steht außer Frage. Nach Ansicht von Meier-Beer schafft der „identitätsstiftende Vorlauf“ überhaupt erst das Interesse am Finale, das „per se nicht interessant genug ist“. Mein Tipp ist, dass die Quote in diesem Jahr entsprechend mies sein wird.

Vielleicht täuscht meine Wahrnehmung, aber kann es sein, dass es noch überhaupt keinen Hype um den deutschen Beitrag gibt? „Miss Kiss Kiss Bang“, diese peinlich betitelte, schrecklich eingängige, irgendwie professionelle, aber furchtbar seelenlose Nummer, ist immerhin bis auf Platz 27 in die deutschen Singlecharts gekommen, aber präsent ist sie in keiner Weise. Beim Echo sind A.S.O.S. (um es jetzt mal abzukürzen) aufgetreten, im ARD-Oma-Programm „Buffet“ waren sie vorgestern, im Sat.1-Frühstücksfernsehen und im RBB-Programmfüllsel „Zibb“ gestern. Ja. In der „Bild“-Zeitung hat die öffentlich-rechtliche ARD einen Medienpartner, der sich nach Kräften und Fähigkeiten abrödelt, den Act interessant zu machen, inklusive Homestory über den Sänger und seine Homosexualität, die vielleicht für ein bisschen mehr Aufsehen gesorgt hätte, wenn man nicht gerade erst zum ersten Mal von ihm gehört hätte und nicht sicher wäre, ihn spätestens am Tag nach dem Grand-Prix schon wieder vergessen zu haben.

Man sieht, wie da mühsam jemand schraubt, um Aufmerksamkeit zu produzieren: Die Edelstripperin Dita von Teese wird auf der Bühne in Moskau tanzen, und angeblich ist die amerikanische Talkmasterin Oprah so begeistert von dem Stück, dass sie es unbedingt in ihrer Show haben wollte. Toll! Dass die deutschen Fernsehzuschauer es unbedingt in ihrer eigenen Show haben wollen, dass sie wollen, dass es gewinnt in Moskau oder ihm den letzten Platz wünschen, ist nicht zu erkennen. Warum auch? Sie haben mit diesem Beitrag ja nichts zu tun.

Natürlich werde ich mir die Show nächste Woche trotzdem angucken, schon aus alter Verbundenheit, und weil der nette hr3-Moderator Tim Frühling als Vertretung oder Nachfolger von Peter Urban moderieren darf und diese Erfüllung seines Jugendtraums schon deshalb verdient hat, weil er der einzige ist, den ich kenne, der auf längeren Autofahrten Mitreisende dazu zwingt, Best-Of-Grand-Prix-CDs zu hören. (Außer mir natürlich.)

Schöner sterben mit dem „SZ-Magazin“

Das „Süddeutsche Zeitung Magazin“ hat ein Themenheft über die „größte Sinnkrise der klassischen Medien“ produziert, meint mit „klassischen Medien“ aber, wie sich herausstellt, nur die Zeitung. Als vertrauensbildende Maßnahme haben die Kollegen nun die komplette, morgen erscheinende Ausgabe namens „Wozu Zeitung?“ online gestellt (und verlosen sogar 1 Jahresabo der „Süddeutschen Zeitung“ an einen Nicht-Zeitungs-Leser unter zwanzig, damit er damit, wenn ich die Ausschreibung richtig verstehe, den Boden der Bio-Tonne auslegen kann).

Verschiedenen Leuten und Institutionen hat das „SZ-Magazin“ außerdem angeboten, Artikel aus der Sonderausgabe auf ihren Internetseiten zu veröffentlichen und mit ihren Lesern darüber zu diskutieren. Die interessantesten „(natürlich auch kritischen)“ Leserkommentare sollen dann wiederum auf der „SZ-Magazin“-Seite veröffentlicht und verlinkt werden.

Ich hätte hier deshalb einen Beitrag von Felix Salmon veröffentlichen dürfen, einen Mann, den das „SZ-Magazin“ so vorstellt:

Felix Salmon, 37, betreibt mit portfolio.com einen der erfolgreichsten
amerikanischen Blogs, der sich mit Wirtschaft und Finanzen auseinandersetzt.

Das trifft es fast ((hier in der Bedeutung von „gar nicht“)). portfolio.com ist kein Blog, sondern der Online-Ableger von „Portfolio“, einem monatlichen Wirtschaftsmagazin von Condé Nast. „Portfolio“ und portfolio.com werden gerade mangels Werbeerlösen eingestellt. Felix Salmon bloggt da aber eh schon seit Ende März nicht mehr, sondern für Reuters.

Okay, das sind nur „Fakten“. Und es hätte auch eine gewisse Ironie gehabt, seinen Beitrag „Zehn Gründe, warum Blogs in Deutschland nicht funktionieren“ hier zu veröffentlichen. Aber Salmons Gründe sind so doof, dass mir selbst der unendliche Platz, den das Internet bietet, dafür zu schade ist. Sie beruhen auf Aussagen wie: „Ansehen ist etwas, wonach fast alle Deutschen streben“, „Die Deutschen nehmen ihre Ferien extrem ernst“ und „Deutschland hat (…) andere Universitäten“.

Sie können sich den Beitrag natürlich trotzdem gern auf den Seiten des „SZ-Magazins“ durchlesen und dort oder hier oder woauchimmer darüber diskutieren. Die anderen Artikel habe ich noch nicht gelesen, aber Journalistik-Professor Klaus Meier hat es getan.

Nachtrag, 14.35 Uhr. Im englischen Original des Artikels bei Reuters (!) schreibt Salmon übrigens keineswegs darüber, „warum Blogs in Deutschland nicht funktionieren“, sondern warum es keine deutschen Wirtschaftsblogger („econobloggers“) gebe. Aber das war dem „SZ-Magazin“ wohl nicht sexy genug.

Nachtrag, 8. Mail. Klaus Jarchow hat eine schöne Parodie auf Salmons Thesen verfasst.

Twitter macht Journalisten stumm

Vor zwei Wochen ging die Falschmeldung um die Welt, amerikanische Wissenschaftler hätten herausgefunden, dass Facebook und Twitter ihre Nutzer unmoralisch machen. In Wahrheit behauptete die Studie nichts dergleichen; soziale Netzwerke waren nicht einmal ihr Thema. Wir berichteten auf BILDblog.

Doch die fast systematische Verbreitung solchen Unsinns ist nur die halbe Geschichte. Die andere ist die, wie Medien reagieren, wenn man sie auf ihre Fehler aufmerksam macht.

„Focus Online“ vermied eine Berichtigung, ergänzte die Meldung aber um eine „Anmerkung der Redaktion“, der Artikel sei „in die Kritik“ geraten. Plötzlich erfuhren die Leser auch, dass es sich nicht um einen Eigenbericht, sondern eine „Meldung der Fachagentur Medical Press“ handelte. Komischerweise finden manche Medien das nur erwähnenswert, wenn ein Fehler passiert ist.

Aber es stimmt ja: Die Meldung stammt von Medical Press, einem Angebot der Global Press Nachrichten-Agentur und Informationsdienste GmbH (glp). Ich schrieb der Autorin des Stücks eine Mail und fragte sie, ob sie den Fehler berichtigen könne. Die Redakteurin bedankte sich für den Hinweis und versprach, die Sache zu prüfen.

Danach passierte: nichts. Wenn Sie wollen, können Sie die Meldung immer noch von Medical Press beziehen, zum Einzelpreis von 99 Cent, was ich relativ viel Geld finde für eine Meldung, die erstens überall kostenlos zu lesen ist und zweitens falsch.

Ein andere Agentur, die dafür verantwortlich ist, dass der Facebook-macht-unmoralisch-Mythos weite Verbreitung in den Medien fand, heißt Pressetext (pte). Ich schrieb dem angegebenen Redakteur. Als ich keine Antwort bekam, fragte ich beim Chef vom Dienst nach. Der antwortete mir, dass Pressetext „im Normalfall“ äußerst sorgfältig arbeite und — „in dem Maße, wie es das Internetzeitalter aufgrund der Schnelligkeit der Branche eben erlaubt“ –, immer nachrecherchiere. Der Redakteur sei zur Zeit nicht da, sobald er wieder im Büro sei, werde er der Sache aber nachgehen.

Das ist zwei Wochen her. Die Pressetext-Meldung ist unverändert online.

Aber die beiden Agenturen haben den Fehler vermutlich nur irgendwo abgeschrieben und bloß fahrlässig verbreitet. Was der Online-Auftritt des „Tagesanzeiger“ gemacht hat, hat eine andere Qualität. Er scheint damals die Begriffe „Facebook“ und „Twitter“ einfach in das Zitat einer Wissenschaftlerin eingefügt zu haben, damit es zur (falschen) Meldung über ihre Studie passt (näheres im BILDblog-Eintrag).

Ich habe Reto Knobel, dem Autor des Artikels, eine Mail geschickt und gefragt, ob er mir eine Quelle für sein Zitat nennen kann. Ich habe keine Antwort bekommen. Allerdings verschwanden die Begriffe „Facebook“ und „Twitter“ aus dem wörtlichen Zitat. Die falsche Gesamtaussage des Artikels blieb unverändert. Ich habe daraufhin bei Chefredakteur Peter Wälty nachgefragt, ob es Politik von tagesanzeiger.ch sei, solche Fehler nicht zu korrigieren. Ich habe keine Antwort bekommen. Schließlich versuchte ich es noch unter angegebenen allgemeinen Kontaktadresse von tagesanzeiger.ch. Ohne Erfolg.

Der Online-Auftritt der überregionalen Zürcher Zeitung „Tagesanzeiger“ hält an seiner falschen Darstellung fest und sieht keine Notwendigkeit, sich zum Vorwurf der Zitatfälschung zu äußern.

[Ich weiß, dass ich aufhören muss, Leute mit solchen E-Mails zu verfolgen, bevor das stalkerhafte Züge annimmt. Ich kann nur immer noch nicht glauben, wie egal es manchen Journalisten zu sein scheint, ob das stimmt, was sie schreiben. Und wie unfähig viele Medien sind, mit der schlichten und unvermeidlichen Tatsache umzugehen, dass ihnen Fehler passieren.]

Susanne Gaschkes Himmel & Hölle

Vielleicht haben Sie neulich in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ oder auf FAZ.net das Pamphlet „Die Netzanbeter“ von Susanne Gaschke gelesen, in dem sie schreibt:

Seine Anhänger sehen das Netz als gesellschaftsverändernde Kraft. In der vollendeten Netzgesellschaft, von der sie träumen, sind alle gleich, gut, hilfsbereit und zugewandt. Von einer „himmlischen Stadt“ schwärmt ein Netzprophet, und zahllosen Aufsätzen und Interviews merkt man die Ungeduld und die Vorfreude auf die neuen himmlischen Zustände an.

Und vielleicht haben Sie sich gefragt, wer der anonyme „Netzprophet“ sein mag, von dem das Zitat stammt.

Nun. Wenn ich es richtig sehe (und ich habe das natürlich nur in diesem Internet nachgeguckt), handelt es sich um Michael Benedikt, einen amerikanischen Architekten und Erforscher virtueller Realitäten. Anscheinend stammt der Begriff aus seinem Vorwort zu dem Buch „Cyberspace: First Steps“ [pdf]. Es ist vor 18 Jahren erschienen, 1991, im selben Jahr also, in dem das World Wide Web überhaupt erst das Licht der Welt erblickte.

Wir können uns natürlich jetzt den Spaß machen und den „Zeitungsanbetern“ dieser Tage irgendwelche heute absurd klingenden Heilsversprechen aus jener Zeit entgegen halten, als die Menschen erstmals entdeckten, dass man Nachrichten in größerer Auflage auf Papier drucken kann, aber ich hatte jetzt keinen Nerv, ewig im Mittelalter herumzuwühlen.

Und ist es nicht lustig, dass Frau Gaschke nicht nur Namen und Jahreszahl verschweigt, sondern sicherheitshalber sogar das Schwärmen grammatisch in die Gegenwart verlegt hat?

Falls Sie sich trotzdem noch weiter mit den wilden Verwünschungen der „Zeit“-Redakteurin auseinandersetzen wollen (und sie womöglich gar, wie der Rezensent der „Süddeutschen Zeitung“, für eine „pragmatische Netznutzerin“ halten), möchte ich Ihnen diese Replik ans Herz legen: „Die Netzignoranten“.