Autor: Stefan Niggemeier

Zwanziger ./. Zwanziger

DFB-Präsident Theo Zwanziger, 21. November 2008:

Zwanziger: Ich sehe die Äußerung des Journalisten als ehrverletzend an, also mache ich Gebrauch von den rechtsstaatlichen Möglichkeiten, die Angelegenheit zu klären. Wenn Weinreich nun den Begriff „Demagoge“ anders wertet als ich . . .

SZ: Wie haben Sie es gewertet?

Zwanziger: Mit Demagoge ist Volksverhetzer verbunden und damit auch eine Nähe zum Nationalsozialismus.

SZ: Aber den Zusammenhang kann man wirklich nicht herstellen, wenn man den Blog-Eintrag liest.

Zwanziger: Deshalb habe ich auch sofort gesagt, die Sache hat sich erledigt, als mich unser Vizepräsident Rainer Koch auf eine Internetdarstellung von Herrn Weinreich aufmerksam machte, aus der hervorging, dass er mit dem Begriff „Demagoge“ nicht das gleiche Verständnis wie ich hatte. Und dies hat dann sein Anwalt uns gegenüber nochmals klargestellt. Damit war für mich der Vorgang beendet, deshalb haben wir auch keine Unterlassungsklage erhoben.

DFB-Pressemitteilung, 26. November 2008:

DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger wird gegen den Journalisten Jens Weinreich, der ihn als „unglaublichen Demagogen“ diffamiert hat, Klage erheben.

Nachdem Herr Weinreich am 25. November 2008 eine einstweilige Verfügung gegen eine DFB-Pressemitteilung vom 14. November 2008 erwirkt hat, ist aus Sicht des DFB auch der letzte Versuch gescheitert, auf eine gütliche Beilegung des Verfahrens hinzuwirken. Somit muss nunmehr im Hauptsacheverfahren geklärt werden, ob der Journalist im Rahmen der Presse- und Meinungsfreiheit einen berechtigten Grund hatte, Dr. Zwanziger als „unglaublichen Demagogen“ zu diffamieren oder ob er damit die persönliche Ehre des DFB-Präsidenten verletzt hat.

Vielleicht kann mir ein Rechtsanwalt erklären, welche Chancen jemand mit der Klage gegen eine Äußerung hat, der vorher öffentlich erklärt hat, dass sie nun, da er wisse, wie sie gemeint war, kein Grund mehr zur Klage sei? (Meinen eigenen Anwalt kann ich ja schlecht fragen.)

Zwanziger — Weinreich 0:3

Das ist vorläufig alles, was aktuell von der mit Halb- und Unwahrheiten gespickten Pressemitteilung übrig geblieben ist, die der Deutsche Fußballbund (DFB) vor zwei Wochen an zig Politiker, Funktionäre und andere Prominente mit der Bitte um Verbreitung geschickt hat:

Jens Weinreich hat vor dem Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung erwirkt, die es dem Verband verbietet zu behaupten:

  • er habe seinen Präsidenten Theo Zwanziger „ohne Anlass“ einen „unglaublichen Demagogen“ genannt,
  • er habe zur Vermeidung einer Klage eine entschuldigende Erklärung abgegeben,
  • er habe durch die Formulierung „die Grenzen der Meinungsfreiheit eindeutig überschritten“, ohne zugleich darauf hinzuweisen, dass das Kammer- und das Landgericht Berlin in den Äußerungen zulässige Meinungsäußerungen sah.

Mehr natürlich in Jens Weinreichs Blog.

Nachtrag, 17:40 Uhr. Der DFB zeigt sich als schlechter Verlierer, macht erneut eine Kehrtwende und kündigt an, nun Klage gegen Jens Weinreich zu erheben. Nach Ansicht des DFB hätte der Journalist offenbar die über ihn vom DFB verbreiteten Unwahrheiten als Versuch einer „gütlichen Beilegung des Verfahrens“ akzeptieren sollen.

Nachtrag, 19:40 Uhr. Der DFB hat seine alte Pressemitteilung umgeschrieben, um der Einstweiligen Verfügung gerecht zu werden. Vorher und nachher kann man hier vergleichen [via Lobservateur in den Kommentaren].

Was ddp Raimund Harmstorf nicht erspart

Erst hatte ich angenommen, das hier sei ein Fall für meine Rubrik „Doof wie RP-Online“. Aber der Internet-Auftritt der „Rheinischen Post“ hat den Text nur, wie es seine Art ist, zum Eigenbericht umdeklariert, um die Quelle zu verschleiern. In Wahrheit stammt der Artikel von der Nachrichtenagentur ddp. Sie war es, die die Idee hatte, eine längere Meldung über die Neuauflage des „Seewolfs“ mit folgendem originellen Absatz zu beenden:

Es ist davon auszugehen, dass dem bereits international etablierten Kretschmann („Der Pianist“) ein ähnliches Schicksal wie Harmstorf erspart bleibt. Dieser war nach seinem Durchbruch zeitlebens in Fernsehshows mit der Frage konfrontiert worden, ob er tatsächlich eine rohe Kartoffel auf diese Weise pürieren könne. Die Rollen wurden kleiner, das private Pech größer: Bei mehreren Verkehrsunfällen verletzte sich der 1,89 Meter große Ex-Zehnkämpfer schwer, sogar von Parkinson war die Rede. Im Mai 1998 erhängt sich Harmstorf im Alter von 57 Jahren auf dem Dachboden eines Bauernhofes im Allgäu.

Das ist die Überleitung aus der Hölle: Es ist davon auszugehen, dass Thomas Kretschmann ein ähnliches Schicksal wie Raimund Harmstorf erspart bleibt.

Es ist davon auszugehen, dass Thomas Kretschmann ein ähnliches Schicksal wie Raimund Harmstorf erspart bleibt?

Man kann nicht oft genug daran erinnern, welches Schicksal Raimund Harmstorf nicht erspart blieb. Harmstorfs Lebensgefährtin Gudrun Staeb hat es 2002 für das „SZ-Magazin“ aufgeschrieben, Oliver Gehrs vor zehn Jahren für die „Berliner Zeitung“:

Am Sonnabend, den 2. Mai, standen zwei Illustrierten-Reporter mit einer „Bild“-Zeitung vor der Haustür von Raimund Harmstorfs Bauernhaus im Allgäu. „Seewolf Raimund Harmstorf in der Psychiatrie“ stand in großen Lettern auf der Titelseite und weiter: „Mit aufgeschnittenem Handgelenk von der Polizei aufgegriffen“. In der dazugehörigen Geschichte schmolz sein Leben auf eine Ansammlung von Schicksalsschlägen und Unfällen zusammen: Harmstorf mit Gipsbein im Krankenhaus, Harmstorfs verunglückter Porsche, Harmstorf mit leerem Blick in einer Drehpause. „Das ist ja verrückt, was da steht“, hat der Schauspieler laut Aussage seiner Lebensgefährtin Gudrun Staeb gesagt. Und immer wieder: „Das ist mein Todesurteil.“ Nur wenige Stunden später vollzog er es. (…)

Die Sache mit dem „zerschnittenen Handgelenk“, aus dem „das Blut tropfte“, nahm „Bild“ wenige Tage nach Harmstorfs Freitod eher beiläufig zurück — in Wahrheit war der Zwischenfall wesentlich unblutiger verlaufen: Der Schauspieler litt seit 1994 an der Parkinsonschen Krankheit, weshalb er mit einem Medikament behandelt wurde, zu dessen Nebenwirkungen Alpträume, Angstzustände und Halluzinationen zählen. Um die Symptome vor der Öffentlichkeit zu verbergen und weiterhin Theater spielen zu können, nahm Harmstorf ziemlich viele Tabletten — am Abend des 5. April zu viele. Als er bereits kurz vor einer Ohnmacht stand, rief er den Notarzt. Von der Intensivstation verlegte man ihn später auf die psychiatrische Station des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren — nicht unbedingt das, was man gemeinhin unter einem Selbstmordversuch versteht.

Auch lag Raimund Harmstorf nie „in der geschlossenen Abteilung“, wie „Bild“ zu berichten wußte (…). Am Morgen des 1. Mai wurde er von seiner Freundin Gudrun Staeb aus der Klinik abgeholt zu einem Zeitpunkt, als ihn die „Bild“-Reporter noch „völlig abgeschottet von der Außenwelt“ wähnten, wie sie am Tag darauf rund elf Millionen Lesern mitteilten. (…)

Wie groß die Macht von „Bild“ wirklich ist, zeigte sich wenig später, als das RTL-Magazin „Explosiv“ den „Bild“-Artikel aufgriff und zweieinhalb Millionen Zuschauer wissen ließ, daß sich Harmstorf nach einem blutigen Selbstmordversuch in der Psychiatrie befindet. Doch der war zu Hause, ging nach dem Bericht ins verdunkelte Schlafzimmer und beobachtete die Straße vor dem Haus. Als ihn seine Lebensgefährtin am nächsten Morgen erhängt auf dem Dachboden fand, erlitt sie einen Nervenzusammenbruch. (…)

Rund eine Woche später wurde der Fall Raimund Harmstorf journalistisch abgeschlossen. Per Ferndiagnose brachte das Schwesterblatt der „Bild“, die Berliner „BZ“, die unschöne Angelegenheit auf den Punkt: „Er hat den Starken gespielt und sich furchtbar schwach gefühlt. Ein Zwiespalt, so unerträglich, daß sich Schauspieler Raimund Harmstorf am vergangenen Sonntag auf seinem Bauernhof erhängte.“ So einfach.

Und zehn Jahre später schreibt die Nachrichtenagentur ddp lapidar, es sei davon auszugehen, dass Thomas Kretschmann ein ähnliches Schicksal wie Harmstorf erspart bleibt. Harmstorf mit seinem „privaten Pech“.

Ein Preis für Theo Zwanziger

Nachher erhält dann also DFB-Präsident Theo Zwanziger den Preis „Gegen Vergessen – Für Demokratie“. Der gleichnamige Verein würdigt damit „sein überzeugendes Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung und Rechtsextremismus und die begonnene Auseinandersetzung mit der Geschichte seines Verbandes im Nationalsozialismus“.

Mangels Interesse am Fußball habe ich mich nie ernsthaft mit dem DFB, seiner Geschichte und seinen Präsidenten beschäftigt. Deshalb kann ich die Preiswürdigkeit Zwanzigers nicht fundiert beurteilen. Vieles, was sich von ihm und über ihn lesen lässt, spricht aber dafür, dass sein gesellschaftspolitisches Engagement tatsächlich bemerkens- und preisenswert ist — dass ein DFB-Präsident Schwulenfeindlichkeit im Fußball und überhaupt zum Thema macht, ist ein Beispiel dafür.

Aber den Respekt, den er sich damit verdient, verspielt er, wenn er den Eindruck erweckt, dass es ihm gar nicht um die Sache geht, sondern darum, sich mit der Sache zu schmücken.

Das ist an der ganzen Auseinandersetzung zwischen ihm und dem Journalisten Jens Weinreich für mich ein besonders ekliger Nebeneffekt: Zu sehen, wie Theo Zwanziger nicht zögert, sein Engagement dazu zu missbrauchen, sich so zu erhöhen, dass Kritik an ihm fast wie Blasphemie wirkt. Er lässt auf diese Weise Kritik an ihm wie Kritik an den guten Sachen erscheinen.

Dieser Reflex durchzieht die Auseinandersetzung fast von Anfang an. Schon in der Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichtes Berlin, das es ablehnte, eine einstweilige Verfügung gegen Jens Weinreich auszusprechen, wies Zwanzigers Anwalt auf die damals noch zwei Monate entfernte Preisverleihung hin. In einem Interview mit Oliver Fritsch betonte Zwanziger, wie zur Rechtfertigung seines harten Vorgehens gegen Weinreich, in Yad Vashem gewesen zu sein. Zusätzlich instrumentalisierte er noch seinen Kampf gegen Homophobie, indem er erklärte, im Falle einer Niederlage an die European Gay & Lesbian Sports Federation (EGLSF) zu spenden, „weil ich dort die Arbeit von Tanja Walther sehr schätze“, und Weinreich aufforderte, es ihm gleich zu tun. An Stelle der EGLSF-Leute hätte ich mich schmutzig gefühlt, dass Zwanziger sich nicht schämte, ihre gute Sache ohne Not durch einen solch billigen PR-Gag zu missbrauchen und ihre Arbeit zu einem Pfand in seinem Feldzug gegen einen Journalisten zu entwerten. Und jeder, der sich auskennt oder ein bisschen googelt, kommt schnell darauf, dass Zwanzigers Lob für Tanja Walther auch ein Lob für sich selbst ist: Im Oktober erst sind sie gemeinsam für ihr Eintreten gegen Homophobie im Sport mit dem „Tolerantia-Preis“ ausgezeichnet worden.

Das DFB-Präsidium hat die Instrumentalisierung der guten Taten des Theo Zwanziger dann in seiner berüchtigten Erklärung auf die Spitze getrieben und den Eindruck erweckt, er sei deshalb sakrosankt: „Wer die Vita und das konsequente Engagement von Theo Zwanziger im Kampf gegen Neo-Nazis kennt“, sagt darin Zwanzigers Stellvertreter Rainer Koch, „versteht selbstverständlich seine Reaktion“, nämlich das juristische Vorgehen gegen Jens Weinreich. In dem Satz steckt die erstaunliche Logik, dass jemand, der sich gegen Rassismus engagiert (ebenso wie jemand, der in der Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem war), besonders verletzlich sei und ganz besonders vor Angriffen geschützt werden müsse. Die umgekehrte Logik fände ich überzeugender: Jemand, der von sich selbst weiß, wie engagiert er gegen Volksverhetzung kämpft, und regelmäßig in seinem Pressespiegel nachlesen kann, dass es auch die Öffentlichkeit weiß, müsste doch genügend Selbstbewusstsein haben, eine für ihn unerklärliche Beschimpfung als „Demagoge“ auszuhalten oder sogar zu erkennen, dass sie nicht im Sinne eines Nazi-Vergleichs gemeint sein kann, weil das offensichtlich abwegig wäre. Stattdessen hat Zwanziger mit seinem Verhalten ungewollt den ursprünglichen Vorwurf Weinreichs teilweise bestätigt — indem er gezeigt hat, dass sein Verband bereit ist, nicht nur juristisch, sondern auch durch die Verbreitung von Unwahrheiten gegen Kritiker vorzugehen.

Zwanziger lässt seinen Generalsekretär Wolfgang Niersbach dann in der Presseerklärung auch noch ausführlich darauf hinweisen, dass er den Preis „Gegen Vergessen — Für Demokratie“ bekommen wird, und bringt die Namen Hans-Joachim Vogel und Joachim Gauck in Spiel, fast als wären sie Zeugen gegen Weinreich. Der Verein selbst (der zehnmal so viele Mitglieder hat wie der DFB schreibt) und seine Aufgaben scheinen dem DFB dabei herzlich egal. Er dient nur als Integritätsausweis und Leumundszeuge für Zwanziger. Ligaverbands-Präsident Reinhard Rauball darf das dann besonders plump aussprechen: „Es ist für mich unvorstellbar, wie ein Journalist eine so integre Person wie Dr. Theo Zwanziger als Demagogen diffamieren kann.“ Da zu diesem Zeitpunkt selbst der DFB akzeptiert hat, dass Jens Weinreich den Präsidenten nicht in die Nähe des Nationalsozialismus rücken wollte, kann dieser Satz nur heißen, dass der DFB glaubt, durch das gesellschaftspolitische Engagement des Präsidenten verbiete sich jede harte Kritik an ihm, einer „so integren Person“.

Es mag sein, dass Theo Zwanziger den Preis, den er heute bekommt, verdient hat. Er hat ihn aber bereits entwertet.

Die Welt als Wille und Tortendiagramm

Erinnern Sie sich an die tolle Sammlung von Statistiken, die Popsongs darstellen (mit umstrittenem Bonustrack hier)?

Die Seite Graphjam erweitert die Idee von Popmusik auf… nun ja: alles. Jeder kann hier Statistiken erstellen, die irgendeinen Aspekt des Lebens illustrieren. Das meiste ist Schrott, aber die Idee ist nach wie vor grandios, und manche Perlen sind dabei.

Das hier ist die angemessene Illustration zur Diskussion um Proposition 8, die Volksabstimmung in Kalifornien über die Homo-Ehe:

Das nächste erklärt sich von selbst:

Das hier ist quasi der Vater aller Kuchendiagramme:

Und über dieses kann ich immer wieder besinnungslos minutenlang kichern:

[via Andrew Sullivan]

Factually Incorrect (6)

Das Schöne an dieser BILDblog-Geschichte ist, dass sie nebenbei auch wieder das erfolgreiche ausländerfeindliche Blog „Politically Incorrect“ bloßstellt — und in knappster Form zeigt, wie dessen Desinformation funktioniert.

Denn die Aussage, die sie Cem Özdemir zuschreiben, ist nicht nur falsch. Sie ist auch Unsinn, weil ein türkischstämmiger Bundeskanzler ebenso wenig seinen Amtseid „auf den Koran“ ablegen wird wie bisherige deutschstämmige Bundeskanzler „auf die Bibel“. Aber sie genügt, um (mindestens fahrlässig unterstützt durch „Bild“) Hunderte Kommentatoren und Leser in ihrem Glauben zu bestärken, dass es mit Deutschland zuende geht.

So einfach funktioniert „Politically Incorrect“: Lügen + Ahnungslosigkeit = Hass.

„Gespräch freundlich, aber zügig beenden“

Am vergangenen Mittwoch berichtete das RTL-Magazin „Stern-TV“ über die Sandwichkette „Subway“ in einer Form, die das Unternehmen sonst aus dem Privatfernsehen nicht kennt. Ausführlich kamen Kritiker zu Wort, die vor dem Franchise-Konzept warnen und zum Beispiel die Lizenzverträge für ungültig halten. Es war, anders als die So-lecker-ist-das-„Subway“-Brot-Beiträge der ProSieben-Dauerwerbesendung „Galileo“, ein kritischer Beitrag.

Deshalb verschickte der Area Development Manager Deutschland, Österreich, Schweiz, Luxemburg von „Subway“ am folgenden Tag eine E-Mail an die Franchisepartner und Kollegen. Er schrieb, dass das „System Subway Sandwiches“ in dem Bericht stark kritisiert worden sei „leider anhand z.T. falscher oder veralteter Tatsachen“ und hängte ein „Frage- und Antwort-Papier“ an, das den Empfängern „dabei helfen soll, die aktuelle Situation an Ihre Mitarbeiter zu kommunizieren und diese zu richtigem Verhalten im Restaurant anzuleiten (falls ein Gast oder Redakteur weitere Infos erfragen will).“

Das Papier ist, um es vorweg zu sagen, in keiner Weise skandalös. Es ist aber interessant, weil es zeigt, wie Unternehmen in solchen Situationen reagieren und welche Verhaltenstipps sie ihren Mitarbeitern geben — insbesondere Journalisten gegenüber. Besonders gefällt mir die Warnung vor scheinbar „harmlosen“ Fragen, deren Sinn sich erst später herausstellt.

Aber lesen Sie selbst:

Erläuterungen zum Stern TV-Beitrag und Handlungsanleitung für den weiteren Umgang.

Woher hatte der Redakteur die Informationen?

Der zuständige Redakteur (Theo Heyen, freier Redakteur) bezieht sich auf die schriftlichen Unterlagen, die ihm in Form eines von der Systemzentrale beantworteten Fragenkatalogs vorliegen, sowie die Aussagen der im Bericht auftretenden Franchisepartner und das Interview mit Fred DeLuca, das er im Rahmen der Deutschlandkonferenz geführt hatte.

Welche Reaktionen werden aufgrund des Berichts erwartet?

Das können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mit Sicherheit sagen. Nachdem Stern TV ein meinungsbildendes Medienformat in Deutschland ist, ist damit zu rechnen, dass weitere Medien die (teilweise falschen) Inhalte aufgreifen. Für diesen Fall bereiten wir gerade ein Statement zu den Thesen des Berichts vor, das dann an die jeweiligen Medien verschickt wird.

Womit habe ich als Franchisepartner in Folge des Beitrags zu rechnen?

Natürlich kann es sein, dass Gäste oder Redakteure in Ihrem Restaurant Fragen zu den Themen des Berichts stellen werden. Wir empfehlen Ihnen, auf Äußerungen generell freundlich zurückhaltend zu reagieren. Wir gehen davon aus, dass – wenn überhaupt – Nachfragen bzgl. der Entlohnung der Sandwich-Artists oder der Situation ihres eigenen Restaurants („Haben Sie auch solche Probleme?“ o.Ä.) kommen werden.

Wie reagieren Sie als Franchisepartner/Restaurantleiter, falls Sie ein Gast auf den Bericht anspricht?

Bleiben Sie ruhig und freundlich. Generell würden wir Ihnen empfehlen, sich nicht zu den System-Interna zu äußern.

Unten stehend finden Sie zudem mögliche Fragen Ihrer Gäste und unsere empfohlene Reaktion darauf:

Einzelfälle der Franchisepartner im Bericht.

„Ich kenne die Details, Hintergründe und Entstehungsgeschichte der geschilderten Situationen nicht, deshalb möchte ich mich dazu nicht äußern. Bitte haben Sie dafür Verständnis.“

Situation Ihres Restaurants.

Hier würden wir Ihnen empfehlen, keine detaillierte Auskunft zu geben – schließlich handelt es sich hier um „intime“ Details Ihres Geschäfts. Bitten Sie einfach um Verständnis, dass Sie sich dazu nicht äußern möchten. Natürlich ist es Ihnen aber freigestellt, Ihren Gästen dazu Auskunft zu
geben.

Entlohnung der Sandwich-Artists.

„Jeder Franchisepartner ist eigenständiger Unternehmer und entscheidet selbst über die Entlohnung seiner Mitarbeiter. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich mich zur Entlohnung meiner Mitarbeiter nicht äußern möchte – das würde das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber empfindlich verletzen.“

Wie reagieren Mitarbeiter, falls sie ein Gast auf den Beitrag anspricht?

Sie sollen freundlich und ruhig bleiben, dem Gast erklären, dass sie über die Details und Hintergründe des Beitrags leider nicht Bescheid wissen, aber gerne den Franchisepartner/Restaurantleiter hinzuholen. Bitte weisen Sie sie explizit darauf hin, auch keine Auskunft über ihr Gehalt zu geben!

Wie reagieren Sie als Franchisepartner/Restaurantleiter, wenn Lokalmedien wegen des Beitrags Kontakt mit Ihnen aufnehmen oder unangemeldet in Ihrem Restaurant Auskunft haben wollen?

Als Erstes: Bleiben Sie ruhig und gelassen. Hören Sie sich an, was genau der Redakteur von Ihnen wissen will. Wir empfehlen, dem Redakteur keine Auskunft zu geben. Sagen Sie ihm, dass er sicherlich dafür Verständnis haben wird, dass Sie erst Rücksprache halten wollen und ihn dann gerne nochmals kontaktieren. Bitten Sie ihn um seine Kontaktdaten.

Nehmen Sie dann unverzüglich Kontakt zu unserer PR-Agentur foleys auf, die die weitere Vorgehensweise abstimmen wird: (…).

Achtung: Redakteure stellen oftmals vermeintlich harmlose Fragen, deren Sinn sich meist erst im Nachhinein herausstellt!

Wie kommuniziere ich den Vorfall an meine Mitarbeiter?

Wir empfehlen Ihnen, Ihre Mitarbeiter umgehend generell darüber zu informieren, dass Mittwoch (20.11.08) in Stern TV ein kritischer Beitrag ausgestrahlt wurde.

Erklären Sie Ihren Mitarbeitern, dass nur Sie als Franchisepartner/Restaurantleiter Redakteuren oder Gästen gegenüber Auskunft erteilen sollten (und das auch erst nach Rücksprache mit unserer
PR-Agentur).

Was sollen meine Mitarbeiter tun, wenn ein Redakteur von Ihnen Auskunft haben will (telefonisch oder im Restaurant)?

ACHTUNG: Wiederholen Sie unten stehende Anweisung täglich zu jeder neuen Schicht!

Verhalten, falls ein Redakteur von einem Mitarbeiter Auskunft haben will:

  1. Freundlich bleiben und sich sein Anliegen anhören
  2. Dem Redakteur kurz und freundlich erklären, dass Sie über die Details und Hintergründe des TV-Beitrags leider nicht Bescheid wissen, aber gerne den Franchisepartner/Restaurantleiter holen
    werden
  3. Entweder Franchisepartner/Restaurantleiter holen oder (falls der nicht erreichbar ist)
  4. Kontaktdaten des Redakteurs aufnehmen und diese an unsere PR-Agentur weitergeben (Kontakt: siehe vorige Seite)
  5. Redakteur sagen, dass die PR-Agentur Kontakt mit ihm aufnehmen wird
  6. Gespräch freundlich aber zügig beenden und auch bei eventuell nochmaligem Nachhaken seitens Redakteur keine Auskunft geben sondern ihn auf Kontaktaufnahme durch foleys verweisen.

Kurz verlinkt (26)

Anfangs verstand ich nicht, weshalb er gerade das Ostkreuz so liebte, denn es war alles andere als ein schöner, beschaulicher Ort. Es war ein staubgrauer, zugiger Bahnhof, von Tauben und Menschen bevölkert, die scheinbar sinnlos in der Gegend herum liefen. Überhaupt sah der S-Bahnhof Ostkreuz so aus, als sei er ohne Sinn und Verstand gebaut. Ein Gleis, das auf hohen Stelzen im schiefen Winkel quer über die Anlage führte, war nur von einer Seite zu erreichen, weil es auf der anderen einfach keinen Bahnsteig gab. Und die Züge Richtung Zoo fuhren mal an diesem, mal an einem anderen Bahnsteig, so dass man immer am falschen Bahnsteig stand und seine Bahn davon fahren sah. Otto Kuhl liebte diesen Bahnhof – all dieser Nachteile zum Trotz.

Im „Freitag“ steht eine berührende, besondere Geschichte über den Bahnhof Ostkreuz, in dessen Nähe ich wohne und der gerade in einem gewaltigen Akt umgebaut wird. Die Magie dieses Ortes, die der Artikel beschreibt, kann man auf vielen wunderbaren Bildern im unangemessen nüchtern benannten „Ostkreuz Guide“ nachempfinden.

[via Stralau-Blog]