Autor: Stefan Niggemeier

Geht sterben (5)

Im August, passend zu den Olympischen Spielen, wies ein Leser die Redaktion von „Welt Online“ auf einen Fehler hin. Er schrieb:

Betreff: Franziska vAn Almsick

Liebe welt.de-Redaktion,

wenn aus der Wikipedia der Artikel über Franziska van Almsick übernommen wird, wäre es schön, wenn die Überschrift dabei auch von van Almsick und nicht von von Almsick redet…

http://www.welt.de/…/FRANZISKA_VON_ALMSICK.html

Mit freundlichen Grüßen

Steffen Banhardt

Am nächsten Tag erhielt er folgende Antwort:

Sehr geehrte Banhardt,

vielen Dank für Ihre Lesermail und Ihr damit verbundenes Interesse an WELT ONLINE.

Wir haben Ihre Mail aufmerksam gelesen.

Schreiben Sie uns auch weiterhin damit wir auch in Zukunft über die Meinung unserer Leser informiert sind.

Mit freundlichen Grüßen, Ihr WELT ONLINE Team.

Einmal dürfen Sie raten, ob der Artikel danach korrigiert wurde.

Nachtrag, 15:40 Uhr. Jetzt ist der Fehler korrigiert.

Aber, um es noch einmal deutlich zu sagen: Es geht mir nicht um den blöden Fehler. Es geht mir um die Unfähigkeit, mit den Lesern zu kommunizieren. Es geht mir um das Denken, das sich in der Antwortmail der „Welt Online“-Redaktion zeigt. Da hat irgendwer anscheinend hausintern die Parole ausgegeben, dass es wichtig ist, den Lesern das Gefühl zu geben, dass man ihre Kritik ernst nimmt. Und um ihnen dieses Gefühl zu geben, schreibt man ihnen eine Standardmail — und ignoriert, was sie schreiben. Sie haben nichts begriffen. Leser sind für sie entweder Klickvieh oder lästig.

Aber wenn ich das hier notiere, wird es berichtigt? Wie erbärmlich.

Egal, scheißegal, sueddeutsche.de

Thomas Knüwer hat ein weiteres schönes Beispiel für den Qualitätsjournalismus von sueddeutsche.de — und das systematische Ignorieren der von der „SZ“ verhassten öffentlichen Wortmeldungen von Menschen, die dazu eigentlich nicht befugt sind (vulgo: Leser).

(…) Vor allem aber strotzt der Text vor Fehlern. Der neue 3-Sterne-Koch Sven Elverfeld vom „Aqua“ in Wolfsburg darf sich Elberfeld, Elversfeld und Elverfeldt nennen lassen und der Vorspann ist eine Text gewordene Drag-Queen:

Die Gourmet-Bibel „Michelin“ hat in seiner neuen Ausgabe für Überraschungen gesorgt – es hat den dienstältesten Drei-Sterne-Koch abgestuft.“

Nun können Fehler bekanntermaßen passieren. Auch viele Fehler. Und schlechte Texte. Interessant aber ist, was darunter abläuft. Gestern um 14.31 Uhr macht der erste Leser auf den Vorspann aufmerksam. Um 15.16 Uhr weist jemand auf die Namensproblematik hin. Um 15.37 folgt eine kleine Lästerei über das Angebot. Um 15.58 eine weitere. Heute morgen: noch eine.

Nun ist es 23 Uhr am Donnerstag. Der Artikel ist rund 36 Stunden online. Seit 34 Stunden weisen Leser die Redaktion auf Fehler hin, die man wahlweise als „echt blöd“ oder „peinlich“ bezeichnen darf.

Sueddeutsche.de macht nichts. (…)

Nachtrag, 12:55 Uhr. Über 48 Stunden nach Veröffentlichung des Artikels hat sueddeutsche.de die Fehler jetzt korrigiert. Was natürlich nicht bedeutet, dass jemand inzwischen aus der Redaktion in die Niederungen der eigenen Leserkommentare gestiegen sein muss.

Theo Zwanziger als Schießdudenfigur (2)

Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, Theo Zwanziger, der nach eigenen Angaben kein Prozesshansel ist, scheint seine Drohung nun wahrzumachen und den Journalisten Jens Weinreich zu verklagen, weil der seine Kritik an einem öffentlichen Auftritt Zwanzigers mit der Formulierung verbunden hatte, er sei ein „unglaublicher Demagoge“.

Nachdem der DFB-Chef vergeblich versucht hatte, beim Landgericht und Kammergericht in Berlin eine einstweilige Verfügung gegen Weinreich zu erreichen, will er nun in Koblenz klagen. Zwanziger selbst war von 1980 bis 1985 Verwaltungsrichter am Oberverwaltungsgericht Koblenz und später ebendort Regierungspräsident.

Weinreichs Anwalt Ulrich Amelung schreibt deshalb Zwanzigers Anwalt:

Sollte Ihr Mandant allerdings Koblenz gewählt haben, weil er dort lange Jahre selbst als Richter und Regierungspräsident tätig war und dort womöglich noch persönliche Kontakte zu Richterkollegen unterhält, wäre dies aus meiner Sicht ein höchst befremdlicher Vorgang, der im Hinblick auf die Position Ihres Mandanten von erheblichem öffentlichen Informationsinteresse sein dürfte.

Ich möchte dringend davor warnen, die Möglichkeit, die in diesem Satz enthalten ist, als Tatsachenbehauptung zu wiederholen.

Mehr im Blog von Jens Weinreich.

Denn was man schwarz auf weiß besitzt…

„Wenn man sich die lange Perspektive anguckt, ist Print der Abfall, weil’s einfach ins Altpapier getragen wird, und online bleibt weiter bestehen.“ Ich weiß schon, was Dirk von Gehlen, der Redaktionsleiter von jetzt.de, mit diesem Satz meint. Er wehrt sich gegen den Reflex, eine Zeitschrift automatisch für etwas Hochwertigeres zu halten als ein Online-Magazin — eine Unterstellung, die sicher falsch ist.

Aber der Gedanke, dass Print das vergängliche Medium ist und Online das beständige, ist auch irreführend. Es ist ein interessantes Paradox: Gute Zeitungen werden in dem Bewusstsein produziert, dass das, was in ihnen steht, Bestand haben soll — dabei ist es schon am Tag nach ihrem Erscheinungsdatum oft mit erheblichem Aufwand verbunden, herauszufinden, was in ihnen stand. Online-Inhalte dagegen, oft unter großem Zeitdruck hergestellt und in dem Wissen, dass ihr Inhalt und ihre Bedeutung flüchtig ist, sind in der Regel noch Jahre später frei zugänglich.

Als Redakteur bei der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ hatte ich das Glück, den Luxus der Produktion einer Wochenzeitung zu erleben, die es sich leisten konnte, gut sein zu wollen. Von Dienstag bis Samstagvormittag wurde in Konferenzen im Feuilleton immer wieder aufs Neue abgewägt: ob die Themenmischung stimmt, ob der Aufmacher der richtige ist, ob es nicht doch ein besseres Foto gibt, ob der Rhythmus der Seitenabfolge stimmt, ob nicht etwas fehlt, ob der Aufmacher wirklich der richtige ist. Es war ein anstrengender, manchmal nerviger Prozess, der natürlich nicht dafür garantierte, dass in der fertigen Zeitung alles gut war. Der aber von dem wunderbaren Gedanken getragen wurde, dass es wichtig ist, was am Ende in der Zeitung steht, auch der Rhythmus, das Foto, die Wahl des Aufmachers. Dass eine gute Zeitung nicht entsteht, wenn man sie in dem Bewusstsein produziert, dass sie schon am nächsten Tag im Altpapier liegt, sondern wenn man so tut, als sei das, was man da herstellt, von Dauer — egal, ob das eine Illusion ist oder nicht.

Das ist überwiegend nicht das Denken, das das Publizieren im Internet bestimmt, dessen Stärke die Schnelligkeit ist und gerade auch die Möglichkeit, etwas zu schreiben, das nicht über den Tag hinaus gültig sein muss. Das, insbesondere in Blogs, hingeworfen sein darf, halbgar und morgen überholt. (Darf, nicht muss.)

Falls die gedruckten Qualitäts-Zeitungen sterben, ist das einer der Punkte, um die ich mir am meisten Sorgen mache: dass der Gedanke verschwindet, dass man mit dem, was man schreibt, auch Geschichte schreibt. Ich liebe diese langen Artikel, in denen zum Beispiel die „New York Times“ erklärt, warum sie Barack Obama unterstützt (oder im Vorwahlkampf Hillary Clinton). Sie sind aus einem Gefühl für die eigene Wichtigkeit geschrieben, das natürlich leicht in Überheblichkeit kippt, aber im besten Fall zu hohen Ansprüchen an sich selbst führt. Diese Leitartikel sind lange, kluge, durchdachte Argumentationen, die von dem Gedanken durchdrungen sind, dass es einen Unterschied macht, ob die „New York Times“ für diesen oder jenen Kandidaten ist.

Das ist kein Entweder-Oder. Ich liebe die Möglichkeit der spontanen Wortmeldung von Jedermann in Blogs. Und auf die Geschwindigkeit, die das Publizieren im Internet den Medien ermöglicht, wird keine Generation von Lesern mehr verzichten wollen. Aber daneben möchte ich den Journalismus nicht missen, der sich die Zeit nimmt, eine Sache zu durchdenken, und der darauf setzt, nicht nur eine Stimme von vielen zu sein, sondern Kompetenz und Autorität auszustrahlen. Dieses Selbstverständnis wird sicherlich, hoffentlich, auch im Internet möglich sein, aber es hat es dort schwerer. Ich muss über die Überschrift, den Rhythmus, den Aufmacher dort nicht tagelang nachdenken. Ich kann sie noch nach der Veröffentlichung ändern, notfalls alle paar Minuten. Und der Aufmacher ist vermutlich schon nach einer Stunde ohnehin nicht mehr der Aufmacher.

Man könnte denken, dieses Foto (und dieses, dieses, dieses und diese hier) sei am vergangenen Dienstag aufgenommen worden, dem Tag, an dem Barack Obama zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde. Es ist aber am Mittwoch aufgenommen worden.


Foto: nedward.org

Diese Leute stehen nicht an, um ihre Stimme abzugeben. Sie stehen an, um eine Zeitung zu kaufen.


Foto: Kevin Prichard / Innovations In Newspapers

Die „New York Times“ war an vielen Orten ausverkauft, „USA Today“ erhöhte seine Auflage um eine halbe Million, die „Chicago Tribune“ hatte mit 20.000 zusätzlichen Exemplaren gerechnet und verkaufte schließlich 200.000 mehr. Wenn es schon eine historische Wahl war, wollten die Menschen auch ein Andenken daran — und ein großer Teil dieser Zeitungen wird nicht so schnell ins Altpapier kommen.

Zeitungen haben, in viel größerem Maße als Internetseiten, Möglichkeiten, die Größe eines Ereignisses zu symbolisieren. Dass etwas wirklich, wirklich Außergewöhnliches passiert ist, konnte man früher auch daran ablesen, ob die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ ein Foto auf ihrer Titelseite druckte. Die „New York Times“ illustrierte die Wichtigkeit, die sie Obamas Wahlsieg beimaß, durch eine 96-Punkt-Überschrift — so groß war die Schlagzeile zuvor nur vier Mal überhaupt (zum Mann auf dem Mond, dem Rücktritt Nixons, dem 11. September und dem Jahrtausendwechsel). Natürlich sind das künstliche Kategorien: Schriftgrößen, Fotos auf der Titelseite. Aber sie bieten eine Orientierung. Sie machen die Behauptung, dass ein Ereignis historisch sei, anschaulich — viel mehr auch als die Fernsehsender, bei denen die Einblendung „Breaking News“ längst nicht mehr dafür sorgt, den Adrenalinspiegel steigen zu lassen, spätestens seit darunter auch die Halbzeitstände der Fußball-Bundesliga fallen.

Schwer zu sagen, welchen Wert eine historische „New York Times“ haben wird, wenn der erste schwarze amerikanische Präsident einmal Geschichte ist. In den letzten Tagen ist der Preis, den man für ein Exemplar bei E-Bay bezahlen muss, drastisch gesunken. Einer der ersten Verkäufer schaffte es, 400 Dollar zu erlösen — inzwischen liegen die Preise bei weniger als einem Zehntel.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die historische „New York Times“-Ausgabe auch insofern historisch ist, dass es das letzte Mal war, dass eine große Zahl von Menschen dem große Bedeutung beimaßen, was auf einem bedruckten Stück Papier stand. Werden sich zukünftige Generationen Screenshots von Internetseiten aufheben, um sich an geschichtliche Ereignisse zu erinnern? Ein Flickr-Nutzer hat von mehreren großen Internetseiten in der Wahlnacht alle halbe Stunde Aufnahmen gemacht und hochgeladen. Das ist vielleicht für Kommunikationswissenschaftler eine interessante Sache (und für Nerds natürlich, schon aus Prinzip), aber es symbolisiert gerade die Beliebigkeit, nicht die Besonderheit des Augenblicks. Und auch der Zusammenstellung „historischer Homepages“ fehlt im Vergleich zu den gedruckten Ausgaben jede Fallhöhe.

Es war eine gute Woche für Zeitungen. Aber Anlass zur Hoffnung sind die Rekordverkäufe nur dann, wenn hinter ihnen ein echtes Bedürfnis der Menschen nach etwas Bleibendem stand. Und nicht nur eine Art Nostalgie.

Bushido gibt MTV für Karel Gott den Laufpass

Weil ich nicht weiß, ob Bushido genauso wenig ein Prozesshansel ist wie Theo Zwanziger, spare ich mir an dieser Stelle eine ausführliche Beschreibung, was ich von dem Mann halte. Nur so viel: Für die Formulierung „schwulenfeindliches Arschloch“ müssten sich genügend Belege finden lassen, um selbst Hamburger Pressekammern zufriedenzustellen.

Aber die Art, wie Bushido jetzt den früheren Musiksender MTV bloßstellt oder genauer: die Selbstentblößung von MTV öffentlich macht und für eigene PR nutzt, finde ich wunderbar.

Bushido hat zusammen mit Karel Gott eine etwas unbeholfene, aber merkwürdig rührende Version von Alphavilles Klassiker „Forever Young“ aufgenommen (was jedenfalls viele Originalitätspunkte gibt):

MTV spielte das Video laut Bushido zwei Tage lang in der Power-Rotation, nahm es dann jedoch vom Sender. Auf Nachfrage von Bushido soll Programmchef Elmar Giglinger ihm erklärt haben, Karel Gott passe nicht zu dem Trash- und Kuppelsender, und er könne keine Volksmusik auf MTV laufen lassen. (Ach so, „Trash- und Kuppelsender“ hat er vermutlich nicht gesagt, das war jetzt mein Synonym.)

Bushido untersagte MTV und seinem Schwestersender Viva daraufhin die Ausstrahlung jeglicher Videos von ihm. Mit typischem Pathos erklärt er die Entscheidung in seinem Forum:

es tut mir leid dass ich ein sturer bock bin aber ich kann das nicht mit meinem gewissen vereinbaren. oft wollte ich die arbeit mit mtv beenden aber ich hatte angst um mein geschäft. nun bin ich erwachsener. ich stehe an einer klippe und unter mir ist kein boden. früher hätte mir die angst verboten zu springen heute bin ich mit mir im frieden und ich vertraue auf mich, meine freunde und familie und auf gott. [Anmerkung von mir: Vermutlich meint er hier nicht den Karel, sondern den anderen.] ich springe und vertraue und deswegen habe ich auf mtv geschissen. egal was passiert ich überneheme die volle verantwortung aber ich kann mir und vor allem karel gott in die augen gucken.

ich möchte mich bei allen hier im forum entschuldigen. ich raube mir eine promo-plattform und euch die möglichkeit das video im fernsehen zu sehen.

MTV bestätigte die Darstellung Bushidos gegenüber laut.de dem Grunde nach. Was mich auf den Gedanken bringt, dass es sich vielleicht doch nur um eine abgesprochen PR-Aktion von beiden handeln könnte: Wer hätte ohne dieses Trara gewusst, dass auf MTV überhaupt noch irgendetwas läuft, geschweige denn Musikvideos?

[via Buchstaben in Bewegung]

(Ach so, und weil unten gerade noch Platz ist und es immerhin fast zum Thema passt, zitiere ich noch kurz aus Johanna Adorjáns feiner Rezension von Bushidos Autobiographie in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ [für die ich auch schreibe]:

Es muss einfach sein, Bushido zu sein. Das Leben ist so schön übersichtlich. Alle Frauen sind Nutten außer Mama, wer seine Mutter beleidigt, kriegt in die Fresse, wer seine Mutter beleidigt, kriegt in die Fresse, wer seine Mutter beleidigt, kriegt in die Fresse, viel mehr ist da eigentlich nicht. (…)

Jetzt hat Bushido sein bisher dreißigjähriges Leben aufgeschrieben, zusammen mit dem gleichaltrigen Co-Autor Lars Amend. Stolze 425 Seiten sind es geworden, was kein Wunder ist, denn Bushido gibt sich so auskunftsfreudig wie ein kleines Schulmädchen. Seiten-, kapitelweise geht es darum, wer wann was zu wem gesagt hat, und was wer dann zu wem zurückgesagt hat, und wie dann wer geguckt hat, und was wer dann noch Krasses hinterhergesagt hat, und wer daraufhin wem seine Mutter beleidigt hat, woraufhin es dann natürlich, Sie ahnen es, auf die Fresse gab.

Aber das nur am Rande.)

Kleiner Realitätscheck für jetzt.de

Dirk von Gehlen, Redaktionsleiter von jetzt.de, im Interview mit Peter Turi über Veränderungen im Verhältnis von Journalisten und Lesern:

„Ich muss mich daran gewöhnen, dass Leute meine Texte kommentieren. Ich muss mich daran gewöhnen, als Journalist, dass es Leute gibt da draußen, die sehr viel schlauer sind als ich. (…) Das heißt aber, dass ich in meiner journalistischen Arroganz, die Journalisten manchmal mit sich rumtragen, mich etwas zurücknehmen muss und sagen muss: Hey, da gibt es Menschen, die sind schlauer als ich. Da gibt es Menschen, die unter meinen Texten mir nachweisen, dass ich einen Fehler gemacht habe. Das ist, glaube ich, ein ganz entscheidender Punkt.“

Er hat Recht. Und — Entschuldigung, wenn ich dafür so tief ins Archiv steige, aber: Das hier passiert, wenn Leute da draußen Journalisten von jetzt.de unter ihren Texten nachweisen, dass sie einen Fehler gemacht haben. (Unnötig zu sagen, dass der Fehler trotz vielfacher Hinweise bis heute unkorrigiert ist.)

How He Did It

Während die größte deutsche Zeitung ihre Leser in einer großen Serie informiert, was der künftige Präsident der Vereinigten Staaten vor zwanzig Jahren gemacht hat, hat das amerikanische Nachrichtenmagazin „Newsweek“ aufgeschrieben, was er die vergangenen Monate so erlebt hat. Seit 1984 veröffentlicht „Newsweek“ nach jeder Präsidentschaftswahl ein Dossier „How He Did It“. Die beteiligten Reporter arbeiten für ein Jahr lang völlig getrennt von der aktuellen Redaktion, sind näher dran an den handelnden Personen, erfahren sonst unbekannte Hintergründe und bekommen weniger geschönte Antworten — dürfen all das aber erst nach der Wahl veröffentlichen.

In sieben langen Kapiteln hat „Newsweek“ die Ergebnisse des faszinierenden Projektes auf seiner Homepage veröffentlicht. Ich habe das nicht alles gelesen, aber die Leute von „Gawker“ haben freundlicherweise einige der spannendsten Geschichten ausgewählt. Sie erzählen zum Beispiel von dem Streit in Hillary Clintons Wahlkampfteam, aber auch die Episode, ganz am Anfang des Wahlkampfes, als sie sich fragte, warum sie sich das überhaupt antut:

On a cold midmorning in January 2007, Hillary sat in the sunny living room of her house on Whitehaven Street in Washington, a well-to-do enclave off Embassy Row where she lived with her mother and, on occasion, her husband. She was finishing a last round of policy prep with her aides before getting on a plane to Iowa for her first big campaign swing. In a moment of quiet, she looked around the living room and said, to no one in particular, „I so love this house. Why am I doing this?“

Her policy director, Neera Tanden, and her advertising director, Mandy Grunwald, laughed, a little too lightheartedly. Clinton went on. „I’m so comfortable here. Why am I doing this?“

Tanden spoke up. „The White House isn’t so bad,“ she said.

„I’ve been there,“ said Clinton.

Herzerwärmend ist auch die Anekdote über McCains Frau Cindy, und wie sie mit Karl Rove umgehen würde, dem Wahlkampfleiter von George W. Bush, der 2000 mit einer widerlichen Schmutzkampagne den damaligen Konkurrenten McCain aus dem Feld schlug:

At a private gathering in Aspen, Colo., in the summer of 2007, a friend asked Cindy whether she would stab Rove in the back if he walked by. „No,“ she answered, „I’d stab him in the front.“

Und dann ist da Barack Obama. Der Mann, der offenbar noch cooler ist, als alle ohnehin schon glauben:

On the eve of his speech to the Democratic convention in 2004, the speech that effectively launched him as the party’s hope of the future, he took a walk down a street in Boston with his friend Marty Nesbitt. A growing crowd followed them. „Man, you’re like a rock star,“ Nesbitt said to Obama. „He looked at me,“ Nesbitt recalled in a story he liked to tell reporters, „and said, ‚Marty, you think it’s bad today, wait until tomorrow.‘ And I said, ‚What do you mean?‘ And he said, ‚My speech is pretty good‘.“

Newsweek: „How He Did it“.
Gawkers „Guide To the Endless Newsweek Story on the Endless Campaign“.

Die schrecklichen Folgen des Obama-Sieges


Obama Win Causes Obsessive Supporters To Realize How Empty Their Lives Are

Andererseits …

… ebenfalls von den grandiosen Leuten von „The Onion“:

Nation Finally Shitty Enough To Make Social Progress

(…) Carrying a majority of the popular vote, Obama did especially well among women and young voters, who polls showed were particularly sensitive to the current climate of everything being fucked. Another contributing factor to Obama’s victory, political experts said, may have been the growing number of Americans who, faced with the complete collapse of their country, were at last able to abandon their preconceptions and cast their vote for a progressive African-American.

Citizens with eyes, ears, and the ability to wake up and realize what truly matters in the end are also believed to have played a crucial role in Tuesday’s election. (…)

As we enter a new era of equality for all people, the election of Barack Obama will decidedly be a milestone in U.S. history, undeniable proof that Americans, when pushed to the very brink, are willing to look past outward appearances and judge a person by the quality of his character and strength of his record. So as long as that person is not a woman.