Monat: August 2006

Turi & Fonsi

Von Paul Watzlawik stammt der bekannte Satz: „Man kann in einer sozialen Situation nicht nicht-kommunizieren.“

In Blogs verschärft sich die Lage dramatisch. Hier gilt der nicht so bekannte Satz: „Man kann in Blogs nicht nicht-kommentieren.“

Die Möglichkeit, jemanden, den man für dringend ignorierenswert hält, einfach zu ignorieren, existiert hier nicht. Stattdessen schreibt man in sein Blog, warum jemand dringend ignoriert werden sollte, und ignoriert ihn also nicht. Es folgt eine längere Kommentarschlacht, in der es wiederum unmöglich ist, vernachlässigenswerte Bemerkungen einfach zu vernachlässigen. Bestenfalls werden aus besonders abwegigen Diskussionen Metadiskussionen über ihre Abwegigkeit.

Es scheint keine [ignore]-Funktion im Netz zu geben.

Bei der „Tier-Nanny“ im Fernsehen sieht man fast jede Woche, dass es nicht hilft, das Verhalten einer kläffende Töle zu ändern, in dem man sie am Halsband zieht, anbrüllt, schlägt, tritt, einsperrt, mit ihr schimpft, ihr das Spielzeug oder das Fressen wegnimmt. Das einzige, was komischerweise fast immer hilft, jedenfalls bei der „Tier-Nanny“ im Fernsehen: sie nicht beachten. (Die Töle, nicht die „Tier-Nanny“.)

Menschen sind nicht gut darin, und Blogger können es gar nicht. Ich auch nicht. Deshalb ist auch dies einer dieser Millionen Einträge, die eigentlich nicht geschrieben werden sollten, weil sie nur Aufforderung zum Ignorieren sind und das Gegenteil tun und erreichen. Aber ich tröste mich damit, dass ix auch nie seine Klappe halten kann, wenn es besser wäre zu schweigen, und auch etwas dazu gebloggt hätte, nur wahrscheinlich kürzer und witziger.

Und jetzt kommt, was ich immer schon mal schreiben wollte: ein Disclaimer. Nein, gleich zwei.

1.) Ich habe Ende der 90er Jahre als freier Mitarbeiter für den „Kress Report“ gearbeitet, als Peter Turi dort Chef war. 1999 habe ich gekündigt und war nicht unglücklich, in der Zeit danach ungefähr nichts mit Peter Turi zu tun gehabt zu haben.

2.) Ich habe im Sommer 2004 im Zusammenhang mit einem Artikel, den ich über die „Netzeitung“ geschrieben habe, und der nachfolgenden, langen und heftigen juristischen Auseinandersetzung sehr unangenehme Erfahrungen mit Rainer Meyer Don Alphonso gemacht, der sich einen Körper mit Don Alphonso Rainer Meyer teilt.

Turi und Fonsi mögen sich nicht. Wenn die beiden öffentlich mit Förmchen aufeinander werfen oder sich an den Haaren ziehen, weiß ich nicht, wen ich gewinnen sehen möchte. Eigentlich wäre dann die normale Reaktion, wegzugucken – die Freude und Spannung beim Verfolgen eines Wettkampfes entsteht doch auch vor allem dadurch, dass man einer Seite die Daumen drückt. Oder natürlich dadurch, sich ganz allgemein an der Technik, dem Talent, der Kunst der Wettkämpfenden zu erfreuen – aber davon kann hier wirklich keine Rede sein.

Nein, ich weiß nicht, warum ich mir das immer wieder angucke und durchlese, wenn die sich miteinander kabbeln. Das ist ein genetischer Defekt von mir: Ich kann auch nicht umschalten, wenn mich auf Neun Live zugekokste Moderatoren anbrüllen, dass der Hot Button jeden Augenblick zuschlagen kann und die Uhr nicht auf Null läuft. Das ist dieser bekannte Effekt, den Blick nicht von überfahrenen Tieren am Straßenrand abwenden zu können. Jedenfalls: Ich les mir das alles durch, und das ist natürlich meine eigene Schuld und die von niemandem sonst.

Und, ja, ich kann es verstehen, dass man irgendwann denkt, man müsse das endgültig vernichtende Fonsi-Stück aufschreiben, dem Terror, der aus jeder Diskussion einen Brüllwettbewerb macht, endlich ein Ende setzen, dieses aufgeblasene, wichtigtuerische, selbstgefällige… oh, ich verzettel’ mich. Ich kann den Gedanken gut nachvollziehen. Einmal, ein einziges Mal, habe ich es geschafft, Fonsi auf eine längere Mail nur zu antworten: „Nein, diskutieren wollte ich mit Ihnen nicht.“ Da war ich ziemlich stolz auf mich. Naja, ein einziges Mal. Und nun kriegt er hier schon wieder x Zeilen.

Aber wenn ich es dann schriebe, das große Fonsi-Abrechnungsstück, dann hätte ich mir im Gegensatz zu Peter Turi bessere Beschimpfungen überlegt als die, die ich vom Schulhof kenne: „er ist nur Rainer Meyer: großes M* * * und kleine E* * *“. Oder den längst totzitierten und dadurch pointen- und geistfreien Satz: „Keiner ist unnütz auf Gottes schöner Erde – er kann immer noch als abschreckendes Beispiel dienen.“ Ich hätte mir bessere Argumente gesucht, als das, dass Fonsis Buch inzwischen auch gebraucht verkauft wird und sich andere Bücher besser verkauft haben. Und vor allem hätte ich vorher recherchiert, was Rainer Meyer nun tatsächlich gemacht hat bei und mit dem „Aufbau“ und was nicht. Ich hätte, kurz gesagt: noch einmal drüber geschlafen, bevor ich die reine geronnene Wut in all ihrer Dummheit, die Wut so an sich hat, in mein Blog gekippt hätte. Und wenn ich schlau gewesen wäre, hätte ich am nächsten Tag gar nichts über Rainer Meyer geschrieben. Und wenn ich weniger schlau gewesen wäre, hätte ich meinen Text noch einmal kritisch durchgelesen und dann erst gebloggt.

Aber, ja: Das wäre nicht Bloggen. Bloggen ist Schreiben ohne nochmal drüber schlafen. Oder, im Fall von Turi und Fonsi: Schreiben ohne nachdenken.

Fonsi hätte tatsächlich ein paar Punkte bei mir gutmachen können (nicht dass ihn das interessiert, bei mir Punkte gutzumachen), wenn er aus diesem Blogeintrag bei Turi den vermutlich einzigen Blogeintrag überhaupt gemacht hätte, in dem er vorkommt, aber sich nicht zu Wort meldet. Aber das kann er nicht. Wenn man ihn einen allgegenwärtigen Rumkrakeeler nennt, kommt er sofort und krakeelt rum. Turi nennt ihn einen Prozesshansel, und Fonsi droht mit Anwälten! Glaubt, dass man Strafe zahlen muss, wenn man aus seinem 416-Seiten-Werk zwei kleine Absätze zitiert! Beschimpft Turi als „Pleitier“, was er schon so oft gemacht hat, dass es ihn selbst schon langweilen müsste. Aber das ist ein Hasstextbaustein, der muss dann raus, so wie „Web2.0“ oder „ProBlogger“ oder „New Economy“. Und auch das ist noch nicht genug, Fonsi muss auch noch in seinem eigenen Blog eine Szene erfinden, die mit all ihrer wichtigtuerischen Verschwurbeltheit noch jeden Vorwurf von Turi bestätigt.

Und das Schlimmste: Aktuell stehen unter den beiden Einträgen zusammen 46 Kommentare von Leuten, die nicht es nicht schafften, das Elend nicht zu kommentieren. Man müsste kleine Blogschutzpolizisten an diesen Einträgen aufstellen, die die Schaulustigen verscheuchen: „Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen!“ Aber nein, man steht da, starrt auf das überfahrene Tier am Straßenrand und darauf, wie sich zwei Menschen voller Stolz in aller Öffentlichkeit zu Komplettdeppen machen, und schreibt auch noch ganze Blogeinträge darüber.

[Dieser Beitrag stammt von hier. Dort stehen auch noch Kommentare.]

Politisch korrekter Schwanzvergleich

Gestern schrieb mir Nico Wilfer, der myblog.de-Verantwortliche, er werde im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen „Politically Incorrect“ noch die Generierung der Liste der „meistgelesenen Weblogs gestern“ auf myblog.de überarbeiten lassen. Erst heute weiß ich, was er damit meinte: „Politically Incorrect“ ist nicht mehr in dieser Liste vertreten. Gestern war das Blog noch auf Platz 1, heute ist es nicht mal mehr unter den Top 100.

Ich gehe davon aus, dass das nicht den Tatsachen entspricht. Dass „PI“ nicht plötzlich all seine Leser verloren hat, im Gegenteil. Nun ist es natürlich ein Effekt solcher Charts, diejenigen, die ganz oben stehen, noch weiter zu pushen – und insofern könnte man sagen, ist es ein guter Effekt, dass „PI“ auf diese Weise keinen weiteren Zulauf bekommt.

Trotzdem finde ich das heuchlerisch, falsch und undemokratisch: Entweder „PI“ hält sich an die AGBs von myblog.de (und das Gesetz), dann hat „PI“ jedes Recht, in der Liste der meistbesuchten Blogs an genau der Stelle aufzutauchen, die seinen Besucherzahlen entspricht. Oder „PI“ hält sich nicht an die AGBs von myblog.de (und das Gesetz), dann hat es nicht nur in der Liste nichts zu suchen, sondern überhaupt bei myblog.de nicht.

myblog.de verheimlicht die Tatsache, welches Blog ihm den meisten Traffic verschafft, um nicht als Blog-Netzwerk der Rechtsextremen, Idioten und Undemokraten darzustehen, aber weiter von den Rechtsextremen, Idioten und Undemokraten profitieren zu können. Verlogener geht’s nicht mehr.

[Dieser Beitrag stammt von hier. Dort stehen auch noch Kommentare.]

Doogle

Eigentlich wollte ich nur nachsehen, ob diese Neandertaler aus dem Sportschau-Trailer die „Gogs“ sind, Knetfiguren aus dem britischen Fernsehen.

Ich habe also bei Google nach gogs football gesucht. Ergebnis: 250.000 Seiten zu den Suchbegriffen dogs und football. Hm.

Ich bin auf die web-weite Suche gegangen. Ergebnis: 25.000.000 Seiten zu den Suchenbegriffen dogs und football. Ts.

Als nächstes habe ich nach gogs sportschau gesucht. Interessante Variante: Google fragt mich: „Meinten Sie: dogs sportschau?“, gibt mir aber keine Möglichkeit, Nein zu antworten. Denn die Ergebnisse, die da angezeigt werden, sind schon die zu den Suchbegriffen dogs und football. Hilfe.

Interessanterweise hat Google bei der Suche nach dem einzelnen Begriff gogs nicht diese G-D-Schwäche. Und irgendwann habe ich gemerkt, dass es auch hilft, gogs in Anführungszeichen zu setzen, also nach „gogs“ football zu suchen.

Und um einen schrecklichen Verdacht zu bestätigen, habe ich nach doogle suchmaschine gegoogelt. Bingo.

Nennt mich altmodisch, aber ich mag es nicht, wenn Maschinen Entscheidungen für mich treffen, ohne mich vorher zu fragen.

Business News

Nur dass es da nicht zu Verwechslungen kommt. Die „erste deutsche Officezeitung“, die seit heute „vor allem in Unternehmen aus expansiven, modernen und dynamischen Branchen“ ausliegt, wo sich die „im Berufsleben stehende jüngere Zielgruppe, die wirtschaftlich interessiert und leistungsfähig ist“ umsonst bedienen kann, ist das mit den Möhren, links.

Lustigerweise hatte ich schon um 0.37 Uhr heute nacht, also exakt sechs Minuten nach dem angeblichen Redaktionsschluss der ersten Ausgabe, eine Pressemitteilung mit der Überschrift „Business News erfolgreich gestartet“ in meinem Postfach — was in seiner Offenheit fast schon wieder sympathisch ist: Was sollen die auch abwarten, ob nicht technische Pannen, Staus, Unwetter oder marodierende arbeitslose Mitarbeiter früherer Projekte von Chefredakteur Klaus Madzia den „erfolgreichen“ Start noch verhindern, solche Erfolgsmitteilungen sind wirklich realitäts-unabhängig.

Jedenfalls schön, dass der Redaktionsschluss so spät liegt, dass man sogar den überraschenden Kauf von MySpace.com durch Rupert Murdoch noch analysieren konnte:

Und lesen Sie in der morgigen „Business News“: „Das plötzliche Aus des Medienmoguls Leo Kirch“; „Wie Susan Stahnke Springers Fernsehpläne retten sollte“, sowie den großen Servicetest: „VHS oder Video 2000?“

Ein Wort sagt mehr als 1000 Bilder

Wenn vielleicht jemand bei ARD-aktuell dem Mitarbeiter, der den „Tagesthemen“-Beitrag über die CDU-Richtungsdebatte gemacht hat, seine Tabletten wiedergeben könnte?

Screenshot: Tagesthemen„Hier endet die Zone 30. Direkt vor der Geschäftsstelle der CDU Berlin-Neukölln. Und wenn man böse wäre, würde man sagen: Stimmt. Ganz Berlin ist für die CDU keine Zone 30 mehr. In den Umfragen liegt sie irgendwo Mitte 20.

Die CDU — eine Partei auf der Couch. Auf der Suche nach sich selbst und dem eigenen Ich. Erster Therapeut: Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Rüttgers.

Der oberste Profilwächter der CDU, der Generalsekretär: Erstmal ruft er jetzt alle zur Ordnung, es sind ja Wahlkampfzeiten, und da ist man ebenso wie ein Rennauto besser mit weniger Profil und dafür umso schneller unterwegs.“

Politically Incorrect

Wir sehen, insbesondere im Hinblick auf die deutsche Geschichte und die daraus erwachsene Verantwortung, die Notwendigkeit und moralische Pflicht, gegen jede Form von Rassismus, Diskriminierung, Totalitarismus und Gewalt – sei es von rechts oder von links – eine klare Position der Missbilligung zu beziehen. Stefan Herre, „Politically Incorrect“

Die folgende Auflistung ist eine willkürliche, aber nicht untypische Auswahl von Kommentaren auf „Politically Incorrect“ aus dem vergangenen Jahr. Fast alle stammen von regelmäßigen Kommentatoren, die auch immer wieder als Anreger und Zulieferer von Blog-Beiträgen auftauchen:

„AntiMusel“: man kann nunmal in kundenorientierten arbeitsmarkt keine musel oder ähnliches gelumpe einstellen, weil sonst die kunden weglaufen zur konkurrenz die nicht so blöd ist. boykott musel- und ausländerfreundlicher unternehmen ist die pflicht jedes deutschen!

„cartman“: Die einzige sinnvolle Reform des Islam ist dessen kompromisslose Vernichtung.

„AntiMusel“: was für werte willst du muselpack vermitteln. das macht der iman mit koran. da hilft nur die peitsche.

„disillusioned_german“: Na, Du Bonner Schwuchtel … auch mal wieder aus der Gosse gekrochen? Was macht Mama??? Ich denke wir sollten uns treffen, um zu sehen wer mehr drauf hat. Mir ist momentan gerade nach physischer Ertüchtigung. Schlag ‚nen Treffpunkt vor, Lutscher.

„CA“: Wenn mich das nächste mal ein Musel anmacht, drohe ich nicht nur mit der Axt. Dann schlage ich zu! Also ihr Muselmeuchelmörder seid gewarnt!

„Verteidiger Wiens“: In Hagen wurde die Innenstadt modernisiert wovon die „normalen“ Einwohner aber nichts haben denn wer möchte sich schon gerne in ein Cafe setzten wenn er dafür an etlichen Gruppen mit „Migrationsgrund“ vorbeigehen muß die sich einer Horde Paviane gleich aufführen. (…)
ümmer aus der Schule kommen als wir sie hinein geschickt haben weil Ali und Mehmet kein Deutsch sprechen wollen.

„Verteidiger Wiens“: bis es jedoch so weit ist werde ich weiterhin versuchen unseren Moslemischen „Freunden“ Feuer unterm Hintern zu machen

„Alex“: [junge Muslime] Mögen keine Schweine, benehmen sich aber wesentlicher schlimmer als solche. Erkläre es uns doch bitte. Hat es etwas mit Verachtung zu tun, oder ist das genetisch bedingt durch die Kamelfi****ei?

„wagrof“: Du solltest eher beunruhigt sein, wenn ein Musel Dir mit dem Dönermesser über DEINE Kehle fährt. Aber dann ist es eh zu spät um noch beunruhigt zu sein.

„CA“: Aber sei Dir sicher Bursche wenn ich weiss wer Du bist dann bezahlst Du dafür Du mieser Untermensch ja Untermensch.

„Alessandro Marzico“: Du kannst dir nicht vorstellen, welche Freunden ich habe. Die machen es mir möglich, deine Adresse zu erfahren, nachdem du hier gepostet hast.

„AntiMusel“: amaphil bitte mach ne anzeige damit ich deinen namen und adresse erfahre. dann unterhalten wir uns mal gepflegt auf muselmanisch.

„AntiMusel“: haut dem typ aufs maul

„AntiMusel“: hättest das gesocks gleich an ort und stelle niederstrecken sollen.

„AntiMusel“: streichung von hartz iv und kindergeld. zwangsarbeit. über alles andere lachen die.

„AntiMusel“: ratet mal wie die arbeitslosenstatistik sich zusammensetzt und dann belasten sie noch die justiz und gefängnisse. deutschland wäre ohne das gesindel schuldenfrei!

„AntiMusel“: war klar, dass wieder ein linksnazi ankommt mit der nazikeule. habe übrigens noch keinen muselmüllfahrer gesehen … harte arbeit ist nichts für das gelumpe. spargelstechen für arbeitslose musel, das wäre mal eine wohltat, aber die zerstören dann die felder. kenne das von der kirschernte, die ruppen die äste uind zweige mit ab.

„AntiMusel“: selbst die polizei kann sich gegen das gesindel nur noch mit pfefferspray und schlagstock durchsetzen. man sollte die idf um unterstützungsluftschläge gegen kreuzberg bitten

„AntiMusel“: surenas halt deine verfickte muselfressee du hurensohn dich sollte man so derbe zusammendreschen dass dir deine spinnereien vergehen!

„AntiMusel“: surenarsch gibs doch endlich auf hier deine scheisse zu fabrizieren du schwule drecksau

„AntiMusel“: amaphil dir hat wohl ne lebanese-rape-gang das hirn rausgefickt. für den nazi würdest du ordentlich die fresse poliert kriegen freundchen. sei froh dass es internet gibt und du hier das maul aufreissen darfst. wir sind ja demokratisch.

Den Angriff auf den Grünen-Politiker Volker Beck bei einer Demonstration in Moskau kommentierten Besucher von „PI“ so:

„Coll“: Endlich hat er auf die Fresse bekommen, dieser pädophile Grünen Politiker [Smiley]

„AntiMusel“: der typ ist aber toraufhalter für die musel, also soll er von seiner eigenen medizin kosten. vielleicht hilft das ja …

„anonymus“: muhahha ist das geil. Ich mache aus meiner Schadenfreude keinen Hehl.

„D.R.“: Ich finde es in Ordnung was Herrn Beck passiert ist und wünsche ihm noch mehr solcher Erlebnisse. (…)
über Heterosexuellen reduziert! Wer so etwas jungen Menschen versucht schmackhaft zu machen, der ist kriminell, mehr kriminell als derjenige der dem anderen mal eines auf die Nase haut, auch wenn das nicht schön ist.

„AntiMusel“:einerseits schwuchtelsein propagieren und andererseits mit geburtenrückgang begründete museleinwanderung fördern.

„Webwraith“: Hat gepasst wie die Faust auf‘s Auge. Leider nur einmal.

„spital8katz“: DANKE, Russland !!!
ätte aber ruhig etwas mehr sein dürfen.

Ich mal das hier mal grün

Ich hätte dann noch ein Wörtchen zu reden mit dem Menschen, der für die „ADAC LänderKarte Berlin und Brandenburg“ die Entscheidungen verantwortete, an welche Straßen die grünen Striche kommen, die sie zur „landschaftlich schönen Strecke“ aufwerten. Das ist, wenn man so einen Wochenendausflug macht, ja keine ganz unwichtige Information: Man guckt sich in einem Reiseführer zwei, drei schöne Ziele aus und versucht sie so miteinander zu verbinden, dass man möglichst viele grün markierte Straßen benutzt. So mache ich das jedenfalls.

Und ich habe mich immer schon dafür interessiert, wer das eigentlich entscheidet, ob eine Strecke „landschaftlich schön“ ist oder nicht. Gibt es da Straßentester, die kritisch die Strecken abfahren und sich Notizen machen? Gibt es strenge Kriterien: keine grüne Markierung bei mehr als drei Windrädern in Sichtweite? Gibt es regionale Unterschiede: Ist es im unaufregenden flachen Hamburger Umland leichter für eine Straße, grün markiert zu werden, als in der ohnehin sagenhaften Sächsischen Schweiz, in der eigentlich jede Straße grün markiert werden müsste, wenn man die Maßstäbe des Hamburger Umlandes anlegt? Und darf jeder Kartenverlag selbst entscheiden, welche Strecken er „landschaftlich schön“ nennt und welche nicht, oder gibt es eine staatliche Strecken-Markierungs-Kommission, die in einem langen bürokratischen Prozess über Grün oder Nicht-Grün entscheidet?

Jedenfalls haben wir am letzten Wochenende südöstlich von Berlin eine Weile gebraucht, bis wir gemerkt haben, dass der Mensch, der für die grünen Markierungen in unserer Karte verantwortlich war, offenbar wenig mit den schönen, hügeligen, abwechslungsreichen Landstraßen im Landkreis Oder-Spree anfangen konnte, aber jeden eintönigen Nadelbaumwald rechts und links der Straße Grund genug fand, sie grün zu markieren. Und seitdem frage ich mich, ob der Mann wirklich nichts geiler findet, als kilometerlang schnurgerade an Baum-Monokulturen vorbeizufahren. Oder ob sich da ein Abgrund an Korruption auftut und ein paar clevere Bürgermeister und Gastronomen in der Gegend einfach wissen, wie hilfreich es für das Geschäft (und den touristischen Durchgangsverkehr) sein kann, wenn man so einem Streckentester und Grünmarkierer einfach ein paar Jungfrauen aus dem Dorf opfert zur Verfügung stellt.

Markus Kavka

Herrschaften, vielleicht ist das mit der Ironie auf Dauer nichts. Vielleicht muß man sich am Ende doch entscheiden, eine Sache entweder mit ganzem Herzen oder mit großer Gleichgültigkeit zu betreiben, und alle Mischformen, die beim Fernsehen so beliebt sind, sich von dem, was man tut, gleichzeitig zu distanzieren, sind doch nur ein Selbst- und Publikums-Betrug.

In der Woche seines 25. Geburtstags zeigte MTV zum letzten Mal die Show von Sarah Kuttner. Und sie weinte. Sie hatte vorher so schön ironische Abschiedsvideos gedreht, aber am Ende waren da nur ehrliche Tränen der Trauer und der Wut auf all die, die sie mal „am Arsch lecken können“, und dann war es vorbei. Jetzt sind beim früheren Musiksender nur noch Profizyniker und Komplettdistanzierer wie Christian Ulmen und die üblichen Allesmoderierer.

Und Markus Kavka. Und eigentlich sollte das hier eine Eloge auf ihn werden. In den Jubiläumsfeierlichkeiten gibt der 39jährige gerade wieder den Opa, der vom Krieg erzählt: von den frühen Achtzigern, als ihm der „Haarfärbeunfall“ passierte beim Versuch, die Frisur von Dave Gahan zu imitieren, als er ohne Särge an den Ohren und Rouge und Kajal im Gesicht das Haus nicht verließ, als er sich eine Nagellacktrockenmaschine mit seiner Mutter teilte. „Das hat mir gern auch die ein oder andere Tracht Prügel beschert“, erzählt er. „Nicht von meinen Eltern, von der Jugend im Dorf.“

Seine Moderationen sind nicht diese modischen Demonstrationen der Selbstironie – er nimmt sich nur einfach selbst nicht so ernst. Und nicht die Stars mit ihren Macken. Und nicht die PR-Filme, den Nachrichtenersatz, die Dokureste, die er da ansagt. Eigentlich ist das bewundernswert, diese Haltung, dieser Professionalismus, das kleine Augenzwinkern statt der großen Ironie-Keule. Aber eigentlich möchte ich nicht mehr, daß er diesem Mist eine glaubwürdige Fassade gibt. In einem Interview hat Kavka neulich gesagt: „Gott sei Dank muß ich mein Leben nicht über die Arbeit definieren.” Ja. Und doch wär’s schön, wenn ein paar Fernsehmacher es notfalls könnten.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Mirja Boes

Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass an einem Abend im September 2043 eine Gala im Fernsehen laufen wird, die die Entertainerin Mirja Boes zu ihrem 70. Geburtstag hochleben läßt und auf ihre schönsten Erfolge zurückblickt (mit einer bewegenden Live-Schaltung zur 102jährigen Heidelinde Weis auf dem „Traumschiff“) und in der Freunde und Kollegen an das Jahr erinnern, in dem diese erstaunliche Karriere begann: an den Sommer 2006, als RTL beschloss, Mirja Boes ganz groß rauszubringen.

Ausgeschlossen ist das nicht. Wahrscheinlicher ist, dass dieses Jahr in Erinnerung bleiben wird als das, in dem Mirja Boes nahtlos den Übergang schaffte von einer mittelbekannten, derben, aber nicht unlustigen Sketch-Komikerin zu einer dieser allgegenwärtigen Scheinprominenten, die, wo man auch hinzappt, immer schon da sind und „lustige“ Sachen sagen. Und das, ohne den früher üblichen Umweg genommen zu haben, zwischendurch ein echter Publikumsliebling gewesen zu sein.

Das kann man Mirja Boes nicht einmal vorwerfen. Und bestimmt hat es auch RTL gut gemeint. Boes spielt für den Sender in einer neuen Sitcom namens „Angie“ eine „chaotische Parfümerie-Angestellte mit Pech in der Liebe“, und offenbar fand jemand, dass die Frau viel zu lustig ist, um nur eine Sendung zu machen. Oder dass auch bei Talentförderung „viel hilft viel“ gilt. Oder auch nur, dass man dem Publikum, das Boes vor allem aus der Sat.1-Sketch-Show „Die dreisten Drei“ kennt, massiv zeigen muss, wo sie jetzt zuhause ist. Jedenfalls saß Mirja Boes am Freitag schon in drei RTL-Sendungen herum: Sie moderierte nüchtern eine Besoffenen-Gröl-Show namens „Karaoke-Showdown“ weg. Sie ist fester Gast bei der Bekifften-Rateshow „5 gegen 100“. Und sie kam im Countdown der „10 größten Showmaster“ zu Wort und sagte, glaube ich, dass Rudi Carrell Holländer war. Sie saß da also neben Menschen wie Ingo Appelt, die sich in diesen Sendungen ihr Gnadenbrot verdienen, und ist jetzt schon dort angekommen, wo Aleksandra Bechtel seit Jahren nicht mehr wegkommt.

Der Sender nennt Boes „Schauspielerin, Sängerin, Musikerin und Moderatorin“ und „vielseitig talentiert“. Komische Logik: Jetzt, wo RTL sie ganz groß raus bringt, wird sie weniger denn je davon zeigen können. Wenn sich jemand neben ihr im Karaoke verausgabt, darf sie „großartig“ sagen. Das ist es schon.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung