Theo Zwanziger als Schießdudenfigur (2)

Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, Theo Zwanziger, der nach eigenen Angaben kein Prozesshansel ist, scheint seine Drohung nun wahrzumachen und den Journalisten Jens Weinreich zu verklagen, weil der seine Kritik an einem öffentlichen Auftritt Zwanzigers mit der Formulierung verbunden hatte, er sei ein „unglaublicher Demagoge“.

Nachdem der DFB-Chef vergeblich versucht hatte, beim Landgericht und Kammergericht in Berlin eine einstweilige Verfügung gegen Weinreich zu erreichen, will er nun in Koblenz klagen. Zwanziger selbst war von 1980 bis 1985 Verwaltungsrichter am Oberverwaltungsgericht Koblenz und später ebendort Regierungspräsident.

Weinreichs Anwalt Ulrich Amelung schreibt deshalb Zwanzigers Anwalt:

Sollte Ihr Mandant allerdings Koblenz gewählt haben, weil er dort lange Jahre selbst als Richter und Regierungspräsident tätig war und dort womöglich noch persönliche Kontakte zu Richterkollegen unterhält, wäre dies aus meiner Sicht ein höchst befremdlicher Vorgang, der im Hinblick auf die Position Ihres Mandanten von erheblichem öffentlichen Informationsinteresse sein dürfte.

Ich möchte dringend davor warnen, die Möglichkeit, die in diesem Satz enthalten ist, als Tatsachenbehauptung zu wiederholen.

Mehr im Blog von Jens Weinreich.

Denn was man schwarz auf weiß besitzt…

„Wenn man sich die lange Perspektive anguckt, ist Print der Abfall, weil’s einfach ins Altpapier getragen wird, und online bleibt weiter bestehen.“ Ich weiß schon, was Dirk von Gehlen, der Redaktionsleiter von jetzt.de, mit diesem Satz meint. Er wehrt sich gegen den Reflex, eine Zeitschrift automatisch für etwas Hochwertigeres zu halten als ein Online-Magazin — eine Unterstellung, die sicher falsch ist.

Aber der Gedanke, dass Print das vergängliche Medium ist und Online das beständige, ist auch irreführend. Es ist ein interessantes Paradox: Gute Zeitungen werden in dem Bewusstsein produziert, dass das, was in ihnen steht, Bestand haben soll — dabei ist es schon am Tag nach ihrem Erscheinungsdatum oft mit erheblichem Aufwand verbunden, herauszufinden, was in ihnen stand. Online-Inhalte dagegen, oft unter großem Zeitdruck hergestellt und in dem Wissen, dass ihr Inhalt und ihre Bedeutung flüchtig ist, sind in der Regel noch Jahre später frei zugänglich.

Als Redakteur bei der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ hatte ich das Glück, den Luxus der Produktion einer Wochenzeitung zu erleben, die es sich leisten konnte, gut sein zu wollen. Von Dienstag bis Samstagvormittag wurde in Konferenzen im Feuilleton immer wieder aufs Neue abgewägt: ob die Themenmischung stimmt, ob der Aufmacher der richtige ist, ob es nicht doch ein besseres Foto gibt, ob der Rhythmus der Seitenabfolge stimmt, ob nicht etwas fehlt, ob der Aufmacher wirklich der richtige ist. Es war ein anstrengender, manchmal nerviger Prozess, der natürlich nicht dafür garantierte, dass in der fertigen Zeitung alles gut war. Der aber von dem wunderbaren Gedanken getragen wurde, dass es wichtig ist, was am Ende in der Zeitung steht, auch der Rhythmus, das Foto, die Wahl des Aufmachers. Dass eine gute Zeitung nicht entsteht, wenn man sie in dem Bewusstsein produziert, dass sie schon am nächsten Tag im Altpapier liegt, sondern wenn man so tut, als sei das, was man da herstellt, von Dauer — egal, ob das eine Illusion ist oder nicht.

Das ist überwiegend nicht das Denken, das das Publizieren im Internet bestimmt, dessen Stärke die Schnelligkeit ist und gerade auch die Möglichkeit, etwas zu schreiben, das nicht über den Tag hinaus gültig sein muss. Das, insbesondere in Blogs, hingeworfen sein darf, halbgar und morgen überholt. (Darf, nicht muss.)

Falls die gedruckten Qualitäts-Zeitungen sterben, ist das einer der Punkte, um die ich mir am meisten Sorgen mache: dass der Gedanke verschwindet, dass man mit dem, was man schreibt, auch Geschichte schreibt. Ich liebe diese langen Artikel, in denen zum Beispiel die „New York Times“ erklärt, warum sie Barack Obama unterstützt (oder im Vorwahlkampf Hillary Clinton). Sie sind aus einem Gefühl für die eigene Wichtigkeit geschrieben, das natürlich leicht in Überheblichkeit kippt, aber im besten Fall zu hohen Ansprüchen an sich selbst führt. Diese Leitartikel sind lange, kluge, durchdachte Argumentationen, die von dem Gedanken durchdrungen sind, dass es einen Unterschied macht, ob die „New York Times“ für diesen oder jenen Kandidaten ist.

Das ist kein Entweder-Oder. Ich liebe die Möglichkeit der spontanen Wortmeldung von Jedermann in Blogs. Und auf die Geschwindigkeit, die das Publizieren im Internet den Medien ermöglicht, wird keine Generation von Lesern mehr verzichten wollen. Aber daneben möchte ich den Journalismus nicht missen, der sich die Zeit nimmt, eine Sache zu durchdenken, und der darauf setzt, nicht nur eine Stimme von vielen zu sein, sondern Kompetenz und Autorität auszustrahlen. Dieses Selbstverständnis wird sicherlich, hoffentlich, auch im Internet möglich sein, aber es hat es dort schwerer. Ich muss über die Überschrift, den Rhythmus, den Aufmacher dort nicht tagelang nachdenken. Ich kann sie noch nach der Veröffentlichung ändern, notfalls alle paar Minuten. Und der Aufmacher ist vermutlich schon nach einer Stunde ohnehin nicht mehr der Aufmacher.

Man könnte denken, dieses Foto (und dieses, dieses, dieses und diese hier) sei am vergangenen Dienstag aufgenommen worden, dem Tag, an dem Barack Obama zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde. Es ist aber am Mittwoch aufgenommen worden.


Foto: nedward.org

Diese Leute stehen nicht an, um ihre Stimme abzugeben. Sie stehen an, um eine Zeitung zu kaufen.


Foto: Kevin Prichard / Innovations In Newspapers

Die „New York Times“ war an vielen Orten ausverkauft, „USA Today“ erhöhte seine Auflage um eine halbe Million, die „Chicago Tribune“ hatte mit 20.000 zusätzlichen Exemplaren gerechnet und verkaufte schließlich 200.000 mehr. Wenn es schon eine historische Wahl war, wollten die Menschen auch ein Andenken daran — und ein großer Teil dieser Zeitungen wird nicht so schnell ins Altpapier kommen.

Zeitungen haben, in viel größerem Maße als Internetseiten, Möglichkeiten, die Größe eines Ereignisses zu symbolisieren. Dass etwas wirklich, wirklich Außergewöhnliches passiert ist, konnte man früher auch daran ablesen, ob die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ ein Foto auf ihrer Titelseite druckte. Die „New York Times“ illustrierte die Wichtigkeit, die sie Obamas Wahlsieg beimaß, durch eine 96-Punkt-Überschrift — so groß war die Schlagzeile zuvor nur vier Mal überhaupt (zum Mann auf dem Mond, dem Rücktritt Nixons, dem 11. September und dem Jahrtausendwechsel). Natürlich sind das künstliche Kategorien: Schriftgrößen, Fotos auf der Titelseite. Aber sie bieten eine Orientierung. Sie machen die Behauptung, dass ein Ereignis historisch sei, anschaulich — viel mehr auch als die Fernsehsender, bei denen die Einblendung „Breaking News“ längst nicht mehr dafür sorgt, den Adrenalinspiegel steigen zu lassen, spätestens seit darunter auch die Halbzeitstände der Fußball-Bundesliga fallen.

Schwer zu sagen, welchen Wert eine historische „New York Times“ haben wird, wenn der erste schwarze amerikanische Präsident einmal Geschichte ist. In den letzten Tagen ist der Preis, den man für ein Exemplar bei E-Bay bezahlen muss, drastisch gesunken. Einer der ersten Verkäufer schaffte es, 400 Dollar zu erlösen — inzwischen liegen die Preise bei weniger als einem Zehntel.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die historische „New York Times“-Ausgabe auch insofern historisch ist, dass es das letzte Mal war, dass eine große Zahl von Menschen dem große Bedeutung beimaßen, was auf einem bedruckten Stück Papier stand. Werden sich zukünftige Generationen Screenshots von Internetseiten aufheben, um sich an geschichtliche Ereignisse zu erinnern? Ein Flickr-Nutzer hat von mehreren großen Internetseiten in der Wahlnacht alle halbe Stunde Aufnahmen gemacht und hochgeladen. Das ist vielleicht für Kommunikationswissenschaftler eine interessante Sache (und für Nerds natürlich, schon aus Prinzip), aber es symbolisiert gerade die Beliebigkeit, nicht die Besonderheit des Augenblicks. Und auch der Zusammenstellung „historischer Homepages“ fehlt im Vergleich zu den gedruckten Ausgaben jede Fallhöhe.

Es war eine gute Woche für Zeitungen. Aber Anlass zur Hoffnung sind die Rekordverkäufe nur dann, wenn hinter ihnen ein echtes Bedürfnis der Menschen nach etwas Bleibendem stand. Und nicht nur eine Art Nostalgie.

Bushido gibt MTV für Karel Gott den Laufpass

Weil ich nicht weiß, ob Bushido genauso wenig ein Prozesshansel ist wie Theo Zwanziger, spare ich mir an dieser Stelle eine ausführliche Beschreibung, was ich von dem Mann halte. Nur so viel: Für die Formulierung „schwulenfeindliches Arschloch“ müssten sich genügend Belege finden lassen, um selbst Hamburger Pressekammern zufriedenzustellen.

Aber die Art, wie Bushido jetzt den früheren Musiksender MTV bloßstellt oder genauer: die Selbstentblößung von MTV öffentlich macht und für eigene PR nutzt, finde ich wunderbar.

Bushido hat zusammen mit Karel Gott eine etwas unbeholfene, aber merkwürdig rührende Version von Alphavilles Klassiker „Forever Young“ aufgenommen (was jedenfalls viele Originalitätspunkte gibt):

MTV spielte das Video laut Bushido zwei Tage lang in der Power-Rotation, nahm es dann jedoch vom Sender. Auf Nachfrage von Bushido soll Programmchef Elmar Giglinger ihm erklärt haben, Karel Gott passe nicht zu dem Trash- und Kuppelsender, und er könne keine Volksmusik auf MTV laufen lassen. (Ach so, „Trash- und Kuppelsender“ hat er vermutlich nicht gesagt, das war jetzt mein Synonym.)

Bushido untersagte MTV und seinem Schwestersender Viva daraufhin die Ausstrahlung jeglicher Videos von ihm. Mit typischem Pathos erklärt er die Entscheidung in seinem Forum:

es tut mir leid dass ich ein sturer bock bin aber ich kann das nicht mit meinem gewissen vereinbaren. oft wollte ich die arbeit mit mtv beenden aber ich hatte angst um mein geschäft. nun bin ich erwachsener. ich stehe an einer klippe und unter mir ist kein boden. früher hätte mir die angst verboten zu springen heute bin ich mit mir im frieden und ich vertraue auf mich, meine freunde und familie und auf gott. [Anmerkung von mir: Vermutlich meint er hier nicht den Karel, sondern den anderen.] ich springe und vertraue und deswegen habe ich auf mtv geschissen. egal was passiert ich überneheme die volle verantwortung aber ich kann mir und vor allem karel gott in die augen gucken.

ich möchte mich bei allen hier im forum entschuldigen. ich raube mir eine promo-plattform und euch die möglichkeit das video im fernsehen zu sehen.

MTV bestätigte die Darstellung Bushidos gegenüber laut.de dem Grunde nach. Was mich auf den Gedanken bringt, dass es sich vielleicht doch nur um eine abgesprochen PR-Aktion von beiden handeln könnte: Wer hätte ohne dieses Trara gewusst, dass auf MTV überhaupt noch irgendetwas läuft, geschweige denn Musikvideos?

[via Buchstaben in Bewegung]

(Ach so, und weil unten gerade noch Platz ist und es immerhin fast zum Thema passt, zitiere ich noch kurz aus Johanna Adorjáns feiner Rezension von Bushidos Autobiographie in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ [für die ich auch schreibe]:

Es muss einfach sein, Bushido zu sein. Das Leben ist so schön übersichtlich. Alle Frauen sind Nutten außer Mama, wer seine Mutter beleidigt, kriegt in die Fresse, wer seine Mutter beleidigt, kriegt in die Fresse, wer seine Mutter beleidigt, kriegt in die Fresse, viel mehr ist da eigentlich nicht. (…)

Jetzt hat Bushido sein bisher dreißigjähriges Leben aufgeschrieben, zusammen mit dem gleichaltrigen Co-Autor Lars Amend. Stolze 425 Seiten sind es geworden, was kein Wunder ist, denn Bushido gibt sich so auskunftsfreudig wie ein kleines Schulmädchen. Seiten-, kapitelweise geht es darum, wer wann was zu wem gesagt hat, und was wer dann zu wem zurückgesagt hat, und wie dann wer geguckt hat, und was wer dann noch Krasses hinterhergesagt hat, und wer daraufhin wem seine Mutter beleidigt hat, woraufhin es dann natürlich, Sie ahnen es, auf die Fresse gab.

Aber das nur am Rande.)

Kleiner Realitätscheck für jetzt.de

Dirk von Gehlen, Redaktionsleiter von jetzt.de, im Interview mit Peter Turi über Veränderungen im Verhältnis von Journalisten und Lesern:

„Ich muss mich daran gewöhnen, dass Leute meine Texte kommentieren. Ich muss mich daran gewöhnen, als Journalist, dass es Leute gibt da draußen, die sehr viel schlauer sind als ich. (…) Das heißt aber, dass ich in meiner journalistischen Arroganz, die Journalisten manchmal mit sich rumtragen, mich etwas zurücknehmen muss und sagen muss: Hey, da gibt es Menschen, die sind schlauer als ich. Da gibt es Menschen, die unter meinen Texten mir nachweisen, dass ich einen Fehler gemacht habe. Das ist, glaube ich, ein ganz entscheidender Punkt.“

Er hat Recht. Und — Entschuldigung, wenn ich dafür so tief ins Archiv steige, aber: Das hier passiert, wenn Leute da draußen Journalisten von jetzt.de unter ihren Texten nachweisen, dass sie einen Fehler gemacht haben. (Unnötig zu sagen, dass der Fehler trotz vielfacher Hinweise bis heute unkorrigiert ist.)

How He Did It

Während die größte deutsche Zeitung ihre Leser in einer großen Serie informiert, was der künftige Präsident der Vereinigten Staaten vor zwanzig Jahren gemacht hat, hat das amerikanische Nachrichtenmagazin „Newsweek“ aufgeschrieben, was er die vergangenen Monate so erlebt hat. Seit 1984 veröffentlicht „Newsweek“ nach jeder Präsidentschaftswahl ein Dossier „How He Did It“. Die beteiligten Reporter arbeiten für ein Jahr lang völlig getrennt von der aktuellen Redaktion, sind näher dran an den handelnden Personen, erfahren sonst unbekannte Hintergründe und bekommen weniger geschönte Antworten — dürfen all das aber erst nach der Wahl veröffentlichen.

In sieben langen Kapiteln hat „Newsweek“ die Ergebnisse des faszinierenden Projektes auf seiner Homepage veröffentlicht. Ich habe das nicht alles gelesen, aber die Leute von „Gawker“ haben freundlicherweise einige der spannendsten Geschichten ausgewählt. Sie erzählen zum Beispiel von dem Streit in Hillary Clintons Wahlkampfteam, aber auch die Episode, ganz am Anfang des Wahlkampfes, als sie sich fragte, warum sie sich das überhaupt antut:

On a cold midmorning in January 2007, Hillary sat in the sunny living room of her house on Whitehaven Street in Washington, a well-to-do enclave off Embassy Row where she lived with her mother and, on occasion, her husband. She was finishing a last round of policy prep with her aides before getting on a plane to Iowa for her first big campaign swing. In a moment of quiet, she looked around the living room and said, to no one in particular, „I so love this house. Why am I doing this?“

Her policy director, Neera Tanden, and her advertising director, Mandy Grunwald, laughed, a little too lightheartedly. Clinton went on. „I’m so comfortable here. Why am I doing this?“

Tanden spoke up. „The White House isn’t so bad,“ she said.

„I’ve been there,“ said Clinton.

Herzerwärmend ist auch die Anekdote über McCains Frau Cindy, und wie sie mit Karl Rove umgehen würde, dem Wahlkampfleiter von George W. Bush, der 2000 mit einer widerlichen Schmutzkampagne den damaligen Konkurrenten McCain aus dem Feld schlug:

At a private gathering in Aspen, Colo., in the summer of 2007, a friend asked Cindy whether she would stab Rove in the back if he walked by. „No,“ she answered, „I’d stab him in the front.“

Und dann ist da Barack Obama. Der Mann, der offenbar noch cooler ist, als alle ohnehin schon glauben:

On the eve of his speech to the Democratic convention in 2004, the speech that effectively launched him as the party’s hope of the future, he took a walk down a street in Boston with his friend Marty Nesbitt. A growing crowd followed them. „Man, you’re like a rock star,“ Nesbitt said to Obama. „He looked at me,“ Nesbitt recalled in a story he liked to tell reporters, „and said, ‚Marty, you think it’s bad today, wait until tomorrow.‘ And I said, ‚What do you mean?‘ And he said, ‚My speech is pretty good‘.“

Newsweek: „How He Did it“.
Gawkers „Guide To the Endless Newsweek Story on the Endless Campaign“.

Die schrecklichen Folgen des Obama-Sieges


Obama Win Causes Obsessive Supporters To Realize How Empty Their Lives Are

Andererseits …

… ebenfalls von den grandiosen Leuten von „The Onion“:

Nation Finally Shitty Enough To Make Social Progress

(…) Carrying a majority of the popular vote, Obama did especially well among women and young voters, who polls showed were particularly sensitive to the current climate of everything being fucked. Another contributing factor to Obama’s victory, political experts said, may have been the growing number of Americans who, faced with the complete collapse of their country, were at last able to abandon their preconceptions and cast their vote for a progressive African-American.

Citizens with eyes, ears, and the ability to wake up and realize what truly matters in the end are also believed to have played a crucial role in Tuesday’s election. (…)

As we enter a new era of equality for all people, the election of Barack Obama will decidedly be a milestone in U.S. history, undeniable proof that Americans, when pushed to the very brink, are willing to look past outward appearances and judge a person by the quality of his character and strength of his record. So as long as that person is not a woman.

Theo Zwanziger als Schießdudenfigur

Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, bereitet eine Unterlassungsklage gegen den freien Sportjournalisten Jens Weinreich vor. Der hatte ihn, wie berichtet, in einem Kommentar in einem Blog als „unglaublichen Demagogen“ bezeichnet. Zwanziger hatte deshalb bereits eine einstweilige Verfügung gegen Weinreich beantragt, war damit aber in zwei Instanzen gescheitert. Das Gericht widersprach der Argumentation seines Anwaltes Christian Schertz, wonach das Wort „Demagoge“ Zwanziger mit dem „menschenverachtenden Verhalten der Nationalsozialisten in Verbindung gebracht“ habe und erklärte: „Dass Diktatoren demagogisch agieren mögen, führt jedenfalls nicht dazu, dass derjenige, den man einen Demagogen nennt, mit einem Diktator gleichzusetzen wäre.“

Auf Initiative des DFB äußerte sich Zwanziger gegenüber dem Blog „Direkter Freistoß“ zu dem Fall und erklärte u.a.:

Zwanziger: Ich bin kein Prozesshansel, ich kann Kritik einstecken. Doch in diesem Fall muss ich darauf verweisen, dass Artikel 5 unseres Grundgesetzes nicht nur die Meinungsfreiheit schützt, sondern auch die persönliche Ehre. Herr Weinreich hat mich Demagoge genannt. Daraufhin habe ich im Duden nachgeschlagen, und der definiert dieses Wort genau wie ich es empfinde: „Volksverhetzung“. Das ist laut § 130 des Strafgesetzbuches eine strafbare Handlung, die mit Freiheitsstrafe bedroht ist. Und nun will ich von Gerichten geprüft wissen: Darf man mich als Volksverhetzer bezeichnen? (…) Der Prozess muss übrigens nicht sein. Wenn Herr Weinreich nicht will, dass ich mich von ihm als Volksverhetzer denunziert verstehe, dann soll er mir zwei Zeilen schreiben, dann ist die Sache vom Tisch. (…)

df: Sie verlangen von ihm, dass er etwas zurücknimmt, was er nie gesagt hat.

Zwanziger: Das stimmt nicht. Ich kann nicht akzeptieren, dass eine nach dem Duden klare Interpretation plötzlich nicht gelten soll. Dann soll Herr Weinreich mit einem klaren deutschen Begriff sagen, was er meint. Er nimmt die Deutung „Volksverhetzer“ billigend in Kauf.

df: Haben Sie versucht, mit ihm darüber zu sprechen oder Kontakt mit ihm aufgenommen, so wie mit mir?

Zwanziger: Nein, ich erwarte von ihm, dass er auf mich zukommt. Jedenfalls geht die Sache weiter, wir bereiten eine Unterlassungsklage vor. Auf die mündliche Verhandlung freue ich mich schon. Ich werde dem Gericht die Frage stellen, ob Demagogie Volksverhetzung meint. Wenn nicht, dann irrt der Duden.

df: … der ja auch nicht mehr das ist, was er mal war.

Zwanziger: Wenn der Duden unrecht hat, könnte ich auch damit leben.

Womit Zwanziger stattdessen leben muss: dass er selbst unrecht hat. Denn der Duden definiert das Wort keineswegs „genau wie ich es empfinde“ als Beschreibung eines Straftatbestandes. Im normalen Duden („Die deutsche Rechtschreibung“) steht sogar nur:

De|m|a|go|ge der; -n, -n ‹griech.› (Volksverführer, -aufwiegler)

Im Fremdwörterduden heißt es:

De|m|a|go|ge der; -n, -n ‹gr.; „Volksführer“›: (oft abwertend) jmd., der andere politisch aufhetzt, durch leidenschaftliche Reden verführt; Volksverführer;

Die erste Definition bezeichnet genau das, was Jens Weinreich an einem konkreten Beispiel Zwanziger tatsächlich vorwarf: andere politisch aufzuhetzten und durch leidenschaftliche Reden zu verführen.

Im Universalwörterbuch des Duden steht:

De|ma|go|ge, der; -n, -n [griech. dēmagōgós, urspr. = Volksführer, Staatsmann, zu: dẽmos, Demokratie] (abwertend): jmd., der andere durch leidenschaftliche Reden politisch aufhetzt, aufwiegelt; Volksverführer, Volksaufwiegler: das von skrupellosen -n verhetzte Volk.

Der nicht-kursive Halbsatz am Schluss ist, wohlgemerkt, ein Beispiel für den möglichen Gebrauch des Wortes.

Das Herkunftswörterbuch des Duden erklärt:

Demagoge »Volksaufwiegler, politischer Hetzer, Wühler«:
Das Fremdwort wurde Ende des 17. Jh.s aus gleichbed. griech. dēmagōgós entlehnt, das ursprünglich allgemein »Volksführer, Staatsmann« bedeutete. Es ist eine Bildung aus griech. dēmos »Volk« (vgl. demo…, Demo…) und griech. agōgós »führend«. Letzteres gehört zu ágein »führen, treiben« (vgl. Achse). – Dazu: Demagogie »gewissenlose politische Hetze« (17. Jh.; aus griech. dēmagōgía); demagogisch »Hetzpropaganda treibend« (18. Jh.; nach griech. dēmagōgikós, evtl. unter Einfluss von gleichbed. frz. demagogique).

Der „Volksverhetzer“ findet sich beim „Demagogen“ nur im Synonymwörterbuch des Duden — zusammen mit einem halben Dutzend anderer und unproblematischer Synonyme:

Demagoge, Demagogin
Agitator, Agitatorin, Aufwiegler, Aufwieglerin, Hetzer, Hetzerin; (bildungsspr.): Provokateur, Provokateurin; (abwertend): Volksverführer, Volksverführerin, Volksverhetzer, Volksverhetzerin; (bes. Politik abwertend): Scharfmacher, Scharfmacherin.

Zwanziger erklärt, dass er, was das Wort „Demagoge“ angeht, deshalb empfindlicher sei als vielleicht andere Leute oder Jüngere, weil er seinen Vater im Krieg verloren habe und „in Yad Vashem war“.

Trotz der Niederlagen in den einstweiligen Verfügungsverfahren ist er sicher, dass er den Prozess gewinnen wird. Während Jens Weinreich Anwalts- und Gerichtskosten selber tragen muss, übernimmt das Risiko der Prozesslust von Herrn Zwanziger die Rechtschutzversicherung des DFB. Im Fall einer Niederlage will er aber „natürlich“ den gleichen Betrag an die European Gay & Lesbian Sports Federation spenden.

Noch ein Grund, ihm eine Niederlage zu wünschen.

Mehr im Blog von Jens Weinreich.

Nachtrag, 7. November. Bei einer Diskussionsrunde in Gießen warf Zwanziger gestern dem Moderator Herbert Fischer-Solms vor, „demagogische Fragen“ zu stellen. Sein Anwalt ist nicht zu beneiden.

Gesucht: Journalisten des Jahres 2008

Das „Medium Magazin“ wählt wieder die „Journalistinnen und Journalisten des Jahres“, und weil ich eh nicht wiedergewählt werden darf, sitze ich diesmal in der Jury. Bis zum Wochenende darf ich meine Kandidaten vorschlagen — in einem zweiten Schritt wird dann über alle Vorschläge abgestimmt.

Nun habe ich drei Probleme:

  1. Ich bin faul.
  2. Ich bin wie immer spät dran.
  3. Ich habe leider einen ziemlichen Tunnelblick, was die deutsche Medienlandschaft angeht, und nehme viele spannende Dinge jenseits meiner Blog- und Fernsehinteressen viel zu wenig wahr.

Aber vielleicht kriegen wir das ja zusammen hin. Es gibt insgesamt 13 Kategorien. Als Preisträger kommen Journalisten aller Mediengattungen in Frage (Print, TV, Radio, Internet) in Frage.

1. Journalist/in des Jahres
Welche(r) Journalist/in – egal welches Fachgebiet, egal welche Position – hat sich im Jahr 2008 besonders verdient gemacht? Wer hat das Thema des Jahres gesetzt?

2. Chefredakteur/in des Jahres
Welche(r) Chefredakteur/in sorgte im laufenden Jahr für Furore? Wer machte Schlagzeilen mit zukunftsweisenden redaktionellen Konzepten? Wer ist der beste Redaktionsmanager?

3. Politikjournalist/in des Jahres
Wer prägte in diesem Jahr die politische Berichterstattung? Wessen Kommentare oder Analysen waren wegweisend und meinungsbildend?

4. Wirtschaftsjournalist/in des Jahres
Wer prägte mit seinen Beiträgen und Analysen den Wirtschaftsjournalismus 2008? Wer glänzte nicht nur mit Fachwissen, sondern konnte dieses auch Laien verständlich erklären?

5. Sportjournalist/in des Jahres
Welche(r) Journalist/in gab der Sportberichterstattung in diesem Jahr neue Impulse?

6. Kulturjournalist/in des Jahres
Welche(r) Journalist/in vermittelte das vielfältige kulturelle Treiben im laufenden Jahr am besten? Wer sorgte sogar bei populären und oberflächlichen Phänomenen für Tiefgang?

7. Unterhaltungsjournalist/in des Jahres
Wer setzte mit seinen Texten, Berichten oder Moderationen Meilensteine an niveauvoller Unterhaltung?

8. Wissenschaftsjournalist/in des Jahres
Wer vermittelte 2008 schwierige naturwissenschaftliche Zusammenhänge besonders verständlich? Wer setzte mit innovativen Konzepten neue Akzente?

9. Reporter/in des Jahres
Welche(r) Journalist/in – gleich in welchem Medium – sorgte im laufenden Jahr mit seinen Recherchen für Aufruhr und überzeugte durch Tiefgang und Hartnäckigkeit?

10. Lokaljournalist/in des Jahres
Wer bewies in diesem Jahr Mut und/oder besondere Kreativität bei Themen und Konzepten? Wer machte sich durch ungewöhnliche Aktionen im Lokalen einen Namen?

11. Newcomer/in des Jahres
Wer ist der journalistische Newcomer des Jahres? Welches Nachwuchstalent hat mit herausragender Qualität und/oder innovativen Ideen von sich reden gemacht? Wer hat eine große Zukunft vor sich?

12. Redaktion des Jahres
Die hat die beste Teamleistung des Jahres erbracht?

13. Medienmanager/Innovative Verleger
Welcher Medienmanager/Verleger ist Ihrer Meinung 2008 als wegweisender Stratege hervorgetreten?

Ich freue mich über ernstgemeinte (oder wenigstens überdurchschnittlich lustige) Vorschläge mit kurzen Begründungen in den Kommentaren oder per Mail. Sie können auch direkt auf der gruseligen Homepage des „Medium Magazins“ nominieren — aber dann habe ich natürlich nichts davon ;-) .