Ein Wort sagt mehr als 1000 Bilder

Wenn vielleicht jemand bei ARD-aktuell dem Mitarbeiter, der den „Tagesthemen“-Beitrag über die CDU-Richtungsdebatte gemacht hat, seine Tabletten wiedergeben könnte?

Screenshot: Tagesthemen„Hier endet die Zone 30. Direkt vor der Geschäftsstelle der CDU Berlin-Neukölln. Und wenn man böse wäre, würde man sagen: Stimmt. Ganz Berlin ist für die CDU keine Zone 30 mehr. In den Umfragen liegt sie irgendwo Mitte 20.

Die CDU — eine Partei auf der Couch. Auf der Suche nach sich selbst und dem eigenen Ich. Erster Therapeut: Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Rüttgers.

Der oberste Profilwächter der CDU, der Generalsekretär: Erstmal ruft er jetzt alle zur Ordnung, es sind ja Wahlkampfzeiten, und da ist man ebenso wie ein Rennauto besser mit weniger Profil und dafür umso schneller unterwegs.“

Politically Incorrect

Wir sehen, insbesondere im Hinblick auf die deutsche Geschichte und die daraus erwachsene Verantwortung, die Notwendigkeit und moralische Pflicht, gegen jede Form von Rassismus, Diskriminierung, Totalitarismus und Gewalt – sei es von rechts oder von links – eine klare Position der Missbilligung zu beziehen. Stefan Herre, „Politically Incorrect“

Die folgende Auflistung ist eine willkürliche, aber nicht untypische Auswahl von Kommentaren auf „Politically Incorrect“ aus dem vergangenen Jahr. Fast alle stammen von regelmäßigen Kommentatoren, die auch immer wieder als Anreger und Zulieferer von Blog-Beiträgen auftauchen:

„AntiMusel“: man kann nunmal in kundenorientierten arbeitsmarkt keine musel oder ähnliches gelumpe einstellen, weil sonst die kunden weglaufen zur konkurrenz die nicht so blöd ist. boykott musel- und ausländerfreundlicher unternehmen ist die pflicht jedes deutschen!

„cartman“: Die einzige sinnvolle Reform des Islam ist dessen kompromisslose Vernichtung.

„AntiMusel“: was für werte willst du muselpack vermitteln. das macht der iman mit koran. da hilft nur die peitsche.

„disillusioned_german“: Na, Du Bonner Schwuchtel … auch mal wieder aus der Gosse gekrochen? Was macht Mama??? Ich denke wir sollten uns treffen, um zu sehen wer mehr drauf hat. Mir ist momentan gerade nach physischer Ertüchtigung. Schlag ‚nen Treffpunkt vor, Lutscher.

„CA“: Wenn mich das nächste mal ein Musel anmacht, drohe ich nicht nur mit der Axt. Dann schlage ich zu! Also ihr Muselmeuchelmörder seid gewarnt!

„Verteidiger Wiens“: In Hagen wurde die Innenstadt modernisiert wovon die „normalen“ Einwohner aber nichts haben denn wer möchte sich schon gerne in ein Cafe setzten wenn er dafür an etlichen Gruppen mit „Migrationsgrund“ vorbeigehen muß die sich einer Horde Paviane gleich aufführen. (…)
ümmer aus der Schule kommen als wir sie hinein geschickt haben weil Ali und Mehmet kein Deutsch sprechen wollen.

„Verteidiger Wiens“: bis es jedoch so weit ist werde ich weiterhin versuchen unseren Moslemischen „Freunden“ Feuer unterm Hintern zu machen

„Alex“: [junge Muslime] Mögen keine Schweine, benehmen sich aber wesentlicher schlimmer als solche. Erkläre es uns doch bitte. Hat es etwas mit Verachtung zu tun, oder ist das genetisch bedingt durch die Kamelfi****ei?

„wagrof“: Du solltest eher beunruhigt sein, wenn ein Musel Dir mit dem Dönermesser über DEINE Kehle fährt. Aber dann ist es eh zu spät um noch beunruhigt zu sein.

„CA“: Aber sei Dir sicher Bursche wenn ich weiss wer Du bist dann bezahlst Du dafür Du mieser Untermensch ja Untermensch.

„Alessandro Marzico“: Du kannst dir nicht vorstellen, welche Freunden ich habe. Die machen es mir möglich, deine Adresse zu erfahren, nachdem du hier gepostet hast.

„AntiMusel“: amaphil bitte mach ne anzeige damit ich deinen namen und adresse erfahre. dann unterhalten wir uns mal gepflegt auf muselmanisch.

„AntiMusel“: haut dem typ aufs maul

„AntiMusel“: hättest das gesocks gleich an ort und stelle niederstrecken sollen.

„AntiMusel“: streichung von hartz iv und kindergeld. zwangsarbeit. über alles andere lachen die.

„AntiMusel“: ratet mal wie die arbeitslosenstatistik sich zusammensetzt und dann belasten sie noch die justiz und gefängnisse. deutschland wäre ohne das gesindel schuldenfrei!

„AntiMusel“: war klar, dass wieder ein linksnazi ankommt mit der nazikeule. habe übrigens noch keinen muselmüllfahrer gesehen … harte arbeit ist nichts für das gelumpe. spargelstechen für arbeitslose musel, das wäre mal eine wohltat, aber die zerstören dann die felder. kenne das von der kirschernte, die ruppen die äste uind zweige mit ab.

„AntiMusel“: selbst die polizei kann sich gegen das gesindel nur noch mit pfefferspray und schlagstock durchsetzen. man sollte die idf um unterstützungsluftschläge gegen kreuzberg bitten

„AntiMusel“: surenas halt deine verfickte muselfressee du hurensohn dich sollte man so derbe zusammendreschen dass dir deine spinnereien vergehen!

„AntiMusel“: surenarsch gibs doch endlich auf hier deine scheisse zu fabrizieren du schwule drecksau

„AntiMusel“: amaphil dir hat wohl ne lebanese-rape-gang das hirn rausgefickt. für den nazi würdest du ordentlich die fresse poliert kriegen freundchen. sei froh dass es internet gibt und du hier das maul aufreissen darfst. wir sind ja demokratisch.

Den Angriff auf den Grünen-Politiker Volker Beck bei einer Demonstration in Moskau kommentierten Besucher von „PI“ so:

„Coll“: Endlich hat er auf die Fresse bekommen, dieser pädophile Grünen Politiker [Smiley]

„AntiMusel“: der typ ist aber toraufhalter für die musel, also soll er von seiner eigenen medizin kosten. vielleicht hilft das ja …

„anonymus“: muhahha ist das geil. Ich mache aus meiner Schadenfreude keinen Hehl.

„D.R.“: Ich finde es in Ordnung was Herrn Beck passiert ist und wünsche ihm noch mehr solcher Erlebnisse. (…)
über Heterosexuellen reduziert! Wer so etwas jungen Menschen versucht schmackhaft zu machen, der ist kriminell, mehr kriminell als derjenige der dem anderen mal eines auf die Nase haut, auch wenn das nicht schön ist.

„AntiMusel“:einerseits schwuchtelsein propagieren und andererseits mit geburtenrückgang begründete museleinwanderung fördern.

„Webwraith“: Hat gepasst wie die Faust auf‘s Auge. Leider nur einmal.

„spital8katz“: DANKE, Russland !!!
ätte aber ruhig etwas mehr sein dürfen.

Ich mal das hier mal grün

Ich hätte dann noch ein Wörtchen zu reden mit dem Menschen, der für die „ADAC LänderKarte Berlin und Brandenburg“ die Entscheidungen verantwortete, an welche Straßen die grünen Striche kommen, die sie zur „landschaftlich schönen Strecke“ aufwerten. Das ist, wenn man so einen Wochenendausflug macht, ja keine ganz unwichtige Information: Man guckt sich in einem Reiseführer zwei, drei schöne Ziele aus und versucht sie so miteinander zu verbinden, dass man möglichst viele grün markierte Straßen benutzt. So mache ich das jedenfalls.

Und ich habe mich immer schon dafür interessiert, wer das eigentlich entscheidet, ob eine Strecke „landschaftlich schön“ ist oder nicht. Gibt es da Straßentester, die kritisch die Strecken abfahren und sich Notizen machen? Gibt es strenge Kriterien: keine grüne Markierung bei mehr als drei Windrädern in Sichtweite? Gibt es regionale Unterschiede: Ist es im unaufregenden flachen Hamburger Umland leichter für eine Straße, grün markiert zu werden, als in der ohnehin sagenhaften Sächsischen Schweiz, in der eigentlich jede Straße grün markiert werden müsste, wenn man die Maßstäbe des Hamburger Umlandes anlegt? Und darf jeder Kartenverlag selbst entscheiden, welche Strecken er „landschaftlich schön“ nennt und welche nicht, oder gibt es eine staatliche Strecken-Markierungs-Kommission, die in einem langen bürokratischen Prozess über Grün oder Nicht-Grün entscheidet?

Jedenfalls haben wir am letzten Wochenende südöstlich von Berlin eine Weile gebraucht, bis wir gemerkt haben, dass der Mensch, der für die grünen Markierungen in unserer Karte verantwortlich war, offenbar wenig mit den schönen, hügeligen, abwechslungsreichen Landstraßen im Landkreis Oder-Spree anfangen konnte, aber jeden eintönigen Nadelbaumwald rechts und links der Straße Grund genug fand, sie grün zu markieren. Und seitdem frage ich mich, ob der Mann wirklich nichts geiler findet, als kilometerlang schnurgerade an Baum-Monokulturen vorbeizufahren. Oder ob sich da ein Abgrund an Korruption auftut und ein paar clevere Bürgermeister und Gastronomen in der Gegend einfach wissen, wie hilfreich es für das Geschäft (und den touristischen Durchgangsverkehr) sein kann, wenn man so einem Streckentester und Grünmarkierer einfach ein paar Jungfrauen aus dem Dorf opfert zur Verfügung stellt.

Markus Kavka

Herrschaften, vielleicht ist das mit der Ironie auf Dauer nichts. Vielleicht muß man sich am Ende doch entscheiden, eine Sache entweder mit ganzem Herzen oder mit großer Gleichgültigkeit zu betreiben, und alle Mischformen, die beim Fernsehen so beliebt sind, sich von dem, was man tut, gleichzeitig zu distanzieren, sind doch nur ein Selbst- und Publikums-Betrug.

In der Woche seines 25. Geburtstags zeigte MTV zum letzten Mal die Show von Sarah Kuttner. Und sie weinte. Sie hatte vorher so schön ironische Abschiedsvideos gedreht, aber am Ende waren da nur ehrliche Tränen der Trauer und der Wut auf all die, die sie mal „am Arsch lecken können“, und dann war es vorbei. Jetzt sind beim früheren Musiksender nur noch Profizyniker und Komplettdistanzierer wie Christian Ulmen und die üblichen Allesmoderierer.

Und Markus Kavka. Und eigentlich sollte das hier eine Eloge auf ihn werden. In den Jubiläumsfeierlichkeiten gibt der 39jährige gerade wieder den Opa, der vom Krieg erzählt: von den frühen Achtzigern, als ihm der „Haarfärbeunfall“ passierte beim Versuch, die Frisur von Dave Gahan zu imitieren, als er ohne Särge an den Ohren und Rouge und Kajal im Gesicht das Haus nicht verließ, als er sich eine Nagellacktrockenmaschine mit seiner Mutter teilte. „Das hat mir gern auch die ein oder andere Tracht Prügel beschert“, erzählt er. „Nicht von meinen Eltern, von der Jugend im Dorf.“

Seine Moderationen sind nicht diese modischen Demonstrationen der Selbstironie – er nimmt sich nur einfach selbst nicht so ernst. Und nicht die Stars mit ihren Macken. Und nicht die PR-Filme, den Nachrichtenersatz, die Dokureste, die er da ansagt. Eigentlich ist das bewundernswert, diese Haltung, dieser Professionalismus, das kleine Augenzwinkern statt der großen Ironie-Keule. Aber eigentlich möchte ich nicht mehr, daß er diesem Mist eine glaubwürdige Fassade gibt. In einem Interview hat Kavka neulich gesagt: „Gott sei Dank muß ich mein Leben nicht über die Arbeit definieren.” Ja. Und doch wär’s schön, wenn ein paar Fernsehmacher es notfalls könnten.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Mirja Boes

Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass an einem Abend im September 2043 eine Gala im Fernsehen laufen wird, die die Entertainerin Mirja Boes zu ihrem 70. Geburtstag hochleben läßt und auf ihre schönsten Erfolge zurückblickt (mit einer bewegenden Live-Schaltung zur 102jährigen Heidelinde Weis auf dem „Traumschiff“) und in der Freunde und Kollegen an das Jahr erinnern, in dem diese erstaunliche Karriere begann: an den Sommer 2006, als RTL beschloss, Mirja Boes ganz groß rauszubringen.

Ausgeschlossen ist das nicht. Wahrscheinlicher ist, dass dieses Jahr in Erinnerung bleiben wird als das, in dem Mirja Boes nahtlos den Übergang schaffte von einer mittelbekannten, derben, aber nicht unlustigen Sketch-Komikerin zu einer dieser allgegenwärtigen Scheinprominenten, die, wo man auch hinzappt, immer schon da sind und „lustige“ Sachen sagen. Und das, ohne den früher üblichen Umweg genommen zu haben, zwischendurch ein echter Publikumsliebling gewesen zu sein.

Das kann man Mirja Boes nicht einmal vorwerfen. Und bestimmt hat es auch RTL gut gemeint. Boes spielt für den Sender in einer neuen Sitcom namens „Angie“ eine „chaotische Parfümerie-Angestellte mit Pech in der Liebe“, und offenbar fand jemand, dass die Frau viel zu lustig ist, um nur eine Sendung zu machen. Oder dass auch bei Talentförderung „viel hilft viel“ gilt. Oder auch nur, dass man dem Publikum, das Boes vor allem aus der Sat.1-Sketch-Show „Die dreisten Drei“ kennt, massiv zeigen muss, wo sie jetzt zuhause ist. Jedenfalls saß Mirja Boes am Freitag schon in drei RTL-Sendungen herum: Sie moderierte nüchtern eine Besoffenen-Gröl-Show namens „Karaoke-Showdown“ weg. Sie ist fester Gast bei der Bekifften-Rateshow „5 gegen 100“. Und sie kam im Countdown der „10 größten Showmaster“ zu Wort und sagte, glaube ich, dass Rudi Carrell Holländer war. Sie saß da also neben Menschen wie Ingo Appelt, die sich in diesen Sendungen ihr Gnadenbrot verdienen, und ist jetzt schon dort angekommen, wo Aleksandra Bechtel seit Jahren nicht mehr wegkommt.

Der Sender nennt Boes „Schauspielerin, Sängerin, Musikerin und Moderatorin“ und „vielseitig talentiert“. Komische Logik: Jetzt, wo RTL sie ganz groß raus bringt, wird sie weniger denn je davon zeigen können. Wenn sich jemand neben ihr im Karaoke verausgabt, darf sie „großartig“ sagen. Das ist es schon.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Hass (update)

Das Foto, das ein gewisser Paule von einem bärtigen Familienvater und seiner verschleierten Frau in der Schwebebahn gemacht hat, ist nicht mehr online. myblog.de hat dieses Bild und alle anderen aus dem konkreten Eintrag bei „Politically Incorrect“ entfernt, weil es zweifelsfrei einen Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild darstelle (§ 22 KunstUrhG). Das ergibt sich schon aus der Beschreibung des Fotografen selbst: „Das obere Bild habe ich beim Aussteigen gemacht, so dass die nicht erwartet haben, daß man sie fotografiert.“

Ich hatte beim myblog.de-Verantwortlichen Nico Wilfer nachgefragt, was sich ein bei ihm gehostetes Blog denn noch zu Schulden kommen lassen muss, um die Kündigung zu bekommen. In den Allgemeinen Geschäftsbedindungen heißt es ja immerhin, dass keine „diffamierenden, verleumderischen, beleidigenden, bedrohenden, volksverhetzenden oder rassistischen Inhalte“ zulässig seien – das beschreibt eigentlich genau das, woraus „Politically Incorrect“ besteht. Nico Wilfert antwortete mir, es gebe folgende interne Richtlinien bei myblog.de:

„1. Wird uns ein offensichtlicher Rechtsverstoß bekannt, deaktivieren wir den betreffenden Beitrag/Kommentar/Gästebucheintrag direkt und informieren den Autor darüber — oder, bei ‚weniger schlimmen’ Verstößen — wir machen den Autor darauf aufmerksam, mit der Auflage, die Rechtsverstöße innerhalb von 24 oder 48 Stunden zu beseitigen

2. Kommt es sehr häufig zu offensichtlichen Rechtsverstößen, sperren wir das Blog, nach einer Vorwarnung, die 48 Stunden vorher erfolgt, bzw. bitten den Autor, sich eine andere Plattform zu suchen.

3. Bei einer ganzen Liste von Verstößen legen wir die Liste dem Autor vor mit der Bitte, sämtliche Verstöße innerhalb von 48 Stunden zu entfernen. Tut er das nicht, deaktivieren wir das Blog.

4. Dient ein Blog lediglich illegalen Zwecken (möglich: Porno-Blogs, Blogs ausschließlich zur Beleidigung von Klassenkameraden), wird es umgehend deaktiviert und der Autor benachrichtigt.“

Vorwürfe (zum Beispiel von Dr. Dean, bluejax, Daniel, Don Alphonso und vielen anderen), wonach myblog.de Beschwerden über „Politically Incorrect“ bislang immer ignoriert habe, seien falsch, sagt Nico:

„Es gab im konkreten Fall 1. äußerst selten Hinweise auf mögliche Rechtsverstöße, von denen 2. die meisten nicht als klare Rechtsverstöße erkenntlich waren. Waren sie doch berechtigt, haben wir umgehend reagiert und die Texte oder wie in diesem Fall Fotos entfernt. Es waren nicht so viele Rechtsverstöße, dass wir bislang eine Schließung des gesamten Blogs für gerechtfertigt halten. (…)

Wir fordern übrigens auch in unserem Impressum explizit dazu auf, Rechtsverstöße an [email protected] zu melden. Das betreffende Weblog werden wir nun weitergehend prüfen.“

Nico schreibt, ich solle ihm Zitate aus „Politically Incorrect“ zuschicken, die die Grenzen der Meinungsfreiheit überschreiten und rechtswidrig sein könnten, dann werde er der Sache nachgehen. Deshalb meine Bitte an alle, die sich schon länger und gründlicher mit der Sache beschäftigen als ich: Schickt mir solche Zitate mit Quellenangabe. Ich werde sie an Nico weiterleiten. Und dann schauen wir, ob etwas passiert.

[Dieser Beitrag stammt von hier. Dort stehen auch noch Kommentare.]

Hass

Der Paule aus Wuppertal hat jetzt mal ein Foto gemacht von dem Feind. In der Wuppertaler Schwebebahn haben sie gesessen, Vater mit Vollbart, Mutter und drei Kinder verschleiert, klar: Islamisten. Die wollten das nicht, klar, und einige Fotos, die er gemacht hat, konnte der Paule praktisch wegwerfen hinterher, weil die Frau ihre Augen mit ihren Händen verdeckt hat. Aber der Paule ist nicht blöd, und so hat er beim Aussteigen noch mal die Kamera auf die Eltern gerichtet, „so dass die nicht erwartet haben, daß man sie fotografiert“. Das Foto hat er dann an den Stefan Herre geschickt, der betreibt „das politisch inkorrekte Weblog in Deutschland“, das wird sogar von bekannten Vertretern des politischen Inkorrektismus wie Henryk M. Broder empfohlen. Und dieser Stefan Herre also hat das Foto von den beiden Menschen, die nicht fotografiert werden wollten, auf seine Seite gestellt und aus der E-Mail von Paul zitiert. Er hat „Mehr Burkas und Bärte in Wuppertal“ darübergeschrieben und seine Leser aufgefordert, ihm ähnliche „aussagekräftige Zusendungen“ zukommen zu lassen.

Es gab dann in den Kommentaren ein paar vereinzelte kritische Stimmen, ob das nicht undfreundlich oder gar verboten sei, Leute gegen ihren Willen zu fotografieren und das dann zu veröffentlichen. Aber erstens sind die ja selbst schuld, wenn sie sich verschleiern und nicht rasieren und so. Und zweitens kann man diese Islamisten doch eh nicht auseinanderhalten, deshalb haben sie auch kein Recht am eigenen Bild: „zumindest verschleierte frauen darf man aufnehmen wo und wann man will, da sie nicht als individuen erkennbar sind.“

Die Diskussion danach ist eindrucksvoll. Das Synonym für Deutsche lautet „‚normale’ Einwohner“, Ausländer sind Kriminelle und Schläger. Über das Foto, das – wie gesagt – nichts weiter zeigt als einen bärtigen Mann und eine verschleierte Frau, die in der Schwebebahn sitzen, schreibt jemand: „Eine Gesellschaft, die sich das bieten lässt, ist selbst schuld, wenn sie untergeht.“ Und ein anderer: „Alleine wenn ich mir diesen Typen auf dem Bild ansehe,kann es ja wohl nicht verkehrt sein, wenn sein Bild irgendwo gespeichert bleibt. Denn sowas, wie der, passt zumindest von der Optik genau in das Raster derer, die Flugzeuge klauen U-Bahnen ind die Luft jagen usw. (…)“ Und ein dritter: „(…) werde ich weiterhin versuchen unseren Moslemischen ‚Freunden’ [Feuer] unterm Hi[n]tern zu machen (…)“ Einer schreibt von den „Säcken“ und tut es so, dass nicht ganz klar ist, ob er damit die Burkas meint oder die Moslems.

Noch beeindruckender als den Fremdenhass an sich fand ich zunächst den Stolz, mit dem er hier zur Schau gestellt wird, gelegentlich noch als Verteidigung der Demokratie verbrämt. Aber das liegt sicher nur an meiner Naivität, denn bestimmt kommt der Fremdenhass schon längst bevorzugt in dieser Form daher: nicht verdruckst, latent, unterschwellig, sondern mit der Fanfare: Wir retten das Land, das Volk, die Demokratie! Das kokette modische Label „politisch unkorrekt“ ist ein Markenzeichen dafür: Man hält sich natürlich für politisch korrekt und gibt sich als unterdrückte Minderheit – so als hätte man nicht zum Beispiel die mit Abstand größte deutsche Tageszeitung auf seiner Seite. Und womöglich den Volkszorn einer schweigenden Mehrheit.

Viele Kommentare sind von himmelschreiender Ahnungslosigkeit. Als einer meint, dass der Abdruck von Fotos, die ohne Einwilligung entstanden sind, doch verboten sei, antwortet ein anderer: „Nein – nur die kommerzielle Nutzung wäre verboten.“ Hey, das stimmt zwar nicht, klingt aber super souverän. Woher der Hass kommt, das kann ich theoretisch noch nachvollziehen. Aber woher nehmen diese Leute das Selbstbewusstsein, neben ihrer Menschenverachtung auch ihre Dummheit so demonstrativ zur Schau zu stellen?

Der Paule ist unterdessen bestimmt schon wieder mit seiner Kamera unterwegs und kämpft für eine bartlose Gesellschaft. Vielleicht hat er die Kamera auch weggelegt und macht den Moslems schon Feuer unterm Hintern. Einer muss es ja tun.

[Dieser Beitrag stammt von hier. Dort stehen auch noch Kommentare.]

Elisabeth Volkmann

Als erstes würde ich das Wort „Ulknudel“ verbieten. Dafür wenigstens muß man dem Privatfernsehen dankbar sein, dass es das Wort „Komikerin“ endgültig in der deutschen Sprache etabliert hat und vielleicht künftige Generationen von Unterhalterinnen nicht auch noch in ihren Nachrufen das Wort „Ulknudel“ lesen müssen.

Für mich war Elisabeth Volkmann nicht kalkweiß. Für mich ist sie sattgelb. Sie trägt einen Turm aus blauen Haaren, eine Kette aus roten Perlen, die sich tief in ihren Hals eingedrückt haben, und ein trägerloses hellgrünes Kleid. Für mich ist Elisabeth Volkmann seit 15 Jahren Marge Simpson. Sie ist vielleicht der einzige Grund, warum man sich die „Simpsons“ gelegentlich auch auf Deutsch ansehen sollte, trotz der grotesken Übersetzungsfehler.

Man braucht nur drei Wörter von dieser Marge zu hören, um Elisabeth Volkmann für diese Rolle zu verehren. Am Anfang einer Folge würzt Marge die Koteletts für ihren Ehemann Homer und sagt: „Ein bisschen Rooosmarin, eine Prise Thyyymian, eine Prise Maaajoran“, und wie sie die Vokale gleichzeitig brüchig und heiser macht und sie dennoch schwingen und tanzen läßt, das macht ihr keiner nach. Im Gegensatz zu den Knallchargen aus „Klimbim“ war ausgerechnet Marge Simpson keine Comicfigur, und Elisabeth Volkmann sprach sie auch nicht so. Sie verlieh dieser Marge mit ihrer Stimme eine ungeschliffene Bodenständigkeit, durch die jederzeit die Fähigkeit zur Hysterie und Extravaganz durchschimmert. Elisabeth Volkmann schien mir in der Öffentlichkeit ganz ähnlich und genau umgekehrt: Ihre äußere Schicht war das Überkandidelte, aber das Solide, Bodenständige, In-sich-Ruhende schimmerte immer durch.

Volkmann gab Marge Simpson in Deutschland eine Seele, und daß ihr das gelang, obwohl sie dafür in einem dunklen Studio mehrere hundert kleinste Szenenschnipsel an einem Tag aufnehmen mußte, macht es noch erstaunlicher. Pro Sieben zeigte gestern eine Folge der „Simpsons“, in der Marge fast nicht vorkam. Der Gedanke, zur Ehre von Elisabeth Volkmann einfach die selbstironische Folge zu zeigen, in der Marge gegen die Gewalt im Fernsehen kämpft, oder die wunderbar romantische Geschichte, wie sie beinahe dem Charme eines französischen Verehrers erliegt, dieser Gedanke ist bei Pro Sieben natürlich niemandem gekommen.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Gabi Bauer

Gabi Bauer spricht nicht mehr mit mir. Nicht, dass sie neuerdings immer die Mailbox drangehen lässt oder nicht mehr zum Grillen vorbeikommt — wir kennen uns gar nicht. Aber früher hat sie mir fast jeden Tag erzählt, was so passiert ist. Sie hat hinter ihrem „Tagesthemen“-Schreibtisch gesessen und das Weltgeschehen für mich in kurze Hauptsätze zerlegt. Das Erstaunliche war, dass ich das Gefühl hatte, sie erzählt da nichts einer Fernsehnation — sie erklärt das nur mir. So natürlich und entspannt saß sie da und lehnte sich nach vorn und schaute mich an.

Wenn Gabi Bauer heute das „Nachtmagazin“ moderiert, tritt sie erst einmal auf. Das bedeutet, dass sie erst hinten im Studio steht, dann vier Schritte macht und dann vorne im Studio steht. Und dann geht die Sendung los. Und dann steht sie also da. Ohne irgendeinen Tisch zum Aufstützen, ohne eine Wand zum Anlehnen, ohne ein Pult zum Einfach-mal-die-Beine-dahinter-Kreuzen. Zum Festhalten hat sie nur einen kleinen Packen Karten, die sie im Lauf der Sendung immer mehr rollt. Gabi Bauer erklärt immer noch, statt Nachrichten vorzulesen, aber weil sie so haltlos frei im Raum steht, das Gewicht auf einem Fuß, macht sie dazu ausladende Bewegungen. Beschreibt sie etwas Großes, breitet sie die Arme aus. Beschreibt sie etwas Kleines, zeigt sie mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand, wie groß ein Zentimeter ist. Oft gehen ihre Hände synchron nach links, nach rechts, beschreiben ein Einerseits-Andererseits, selbst wenn Gabi Bauer gerade gar nichts erklärt, das zwei Seiten hat. Ihre Haltung ist so entspannt wie die eines Party-Gastes, der nun schon zehn Minuten fern jedes Cocktail-Tischchens in ein Gespräch mit Fremden verwickelt ist und noch nicht mal ein Glas Sekt bekommen hat, an dem er sich festhalten könnte.

Wer denkt sich so was aus? Wer glaubt, dass es die beste Haltung für eine Nachrichtenmoderatorin ist, unentspannt und tischlos mitten im Raum herumzustehen? Und wenn sie da schon stehen muss, warum kann sie da nicht schon vor der Sendung stehen? Warum muss sie am Anfang noch diese lächerlichen vier Schritte aus dem Dunkel eines Studios machen, das so aussieht, als sei es überhaupt nur fünf Schritte lang? Was kommt als nächstes? Eine Showtreppe?

Am Montag sprach Gabi Bauer in der Sendung mit einem Mann, der — wie sie — in Hamburg war und — jede Wette: zwei Meter von ihr entfernt ungefähr an ihrem alten Platz saß. Aber Gabi Bauer schaute nicht zu ihm, sondern starr nach vorn in die Kamera. Und er erschien auf der Multivisionswand hinter ihr und schaute auch starr nach vorn in die Kamera. Aber zwischendurch, wenn sie sprach, guckte er ein paar Mal zur Seite, dorthin, wo anscheinend die echte Gabi Bauer war, der er in die Augen hätte schauen können, wenn sie nicht von ihrem Stehplatz aus nach vorn in die Kamera hätte gucken müssen. Es war sehr verwirrend.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung