Je ferner, desto lauter

Einige deutsche Online-Medien behandeln es gerade als eine Sensation: Der Wahlkampf von Hillary Clinton wird ab sofort von einer anderen Frau geleitet. Bei Bild.de lief die Nachricht sogar in einem „Breaking News“-Laufband über die Seite. Sie scheinen sich einig zu sein: Clinton hat Patti Solis Doyle wegen Erfolglosigkeit entlassen. Bei den beiden führenden Lautsprechern unter den Online-Medien liest es sich natürlich besonders dramatisch:

Komisch nur, dass das auf amerikanischen Nachrichtenseiten anders klingt, unspektakulärer, nicht ganz so überraschend, sogar ohne den Konflikt, den das Wort „Rauswurf“ suggeriert. Bei vielen Medien ist es nicht einmal der Aufmacher, auch in den Fernsehnachrichten von CNN International gerade war es nur eine kurze Meldung.

Das Politik-Blog der „New York Times“ zitiert einen Clinton-Sprecher, dass Frau Solis Doyle weiterhin eine „Schlüsselrolle“ innerhalb des Teams einnehmen werde. Das Politik-Blog der „Washington Post“ berichtet, dass es schon seit Wochen Gerüchte gegeben habe, Maggie Williams werde Patti Solis Doyle ersetzen. „Politico“ schreibt, dass der verstärkte Einfluss von Maggie Williams, ohnehin wie Solis Doyle eine langjährige Beraterin Clintons, sich bereits seit Wochen bemerkbar gemacht habe und keine offensichtliche Verschiebung der Machtstrukturen innerhalb des Wahlkampfteams bedeute. Selbst Fox News, alles andere als ein Freund von Hillary Clinton, spricht nur von einem „Rücktritt“ und berichtet, dass Solis Doyle auch in Zukunft Clinton gelegentlich bei ihren Wahlkampfreisen begleiten werde.

Wie wird auf dem Weg von Amerika zu uns aus einer interessanten Meldung eine Sensation? Wie aus einem Rücktritt, der mit den jüngsten Wahlniederlagen oder mit Fehlern im Zusammenhang mit der Vorwahl in Iowa vor fünf Wochen zu tun haben, aber auch die private Entscheidung einer Mutter von zwei kleinen Kindern sein könnte, die wie fast alle dachte, dass zu diesem Zeitpunkt das Rennen längst entschieden sei, wie wird daraus ein eindeutiger „Rauswurf“ oder gar das „Feuern“ einer Frau, die doch anscheinend weiter eine führende Beraterin bleibt?

Sind die deutschen Online-Medien selbst in der Spätschicht am Sonntagabend besser informiert, weniger naiv als die amerikanischen? Oder ist es eher so, dass sie den Mangel an Hintergrundwissen durch Sensationalismus und Einseitigkeit ausgleichen?

62 Replies to “Je ferner, desto lauter”

  1. Also bei der US-Edition von CNN.com ist gerade immerhin Aufmacher – mit der (einen kausalen Zusammenhang suggerierenden) Zeile „Clinton shakes up staff after Obama sweep“.
    Und in Deutschland schreibt doch eh jeder nur von Spon ab.

  2. Viel interessanter als das, ob nun berechtigt oder nicht, finde ich, dass in Deutschland über die US-Vorwahlen so „einseitig“ berichtet wird, dass ich mich schon bei dem Gedanken erwischt habe: ist Obama eigentlich der Kandidat der Republikaner?

    Die Demokraten sind jedenfalls deutlich überrepräsentiert in der Berichterstattung. Zumindest in meiner Wahrnehmung.

  3. Bei den US-Medien kam mir das ganz genau so vor. Das liegt wohl vor allem daran, dass es auf der republikanischen Seite uninteressant ist. Wenn Hillary das Rennen schon gemacht hätte (so wie McCain jetzt), glaubst du man würde noch über die ganze Sache berichten? Wohl kaum.

    Bei den Demokraten ist es eben diesmal so knapp wie noch nie, und deshalb auch interessanter als ganz normale Vorwahlen.

  4. Na ja, man kann es so oder so sehen. Natürlich wird sie sie nicht offiziell „feuern“, aber es ist doch üblich in der Politik, daß jemand einen Mitarbeiter bittet zu gehen und es dann darstellt, als ob dieser aus eigenen Stücken gegangen wäre. Auch diese Dankesworte am Ende sind doch nur Polit-Blah. „Patti Solis Doyle has done an extraordinary job in getting us to this point – within reach of the nomination – and I am enormously grateful for her friendship and her outstanding work.“ Die meisten amerikanischen Medien sprechen schon davon, daß sie „out“ ist, trotz einer wie auch immer gearteten Beraterrolle….

  5. Dass über die Demokraten wesentlich mehr berichtet wird (und das seit Wochen), liegt daran, dass hier die entscheidenden Veränderungen geschehen können: Sie können die erste Präsidentin oder den ersten farbigen Präsidenten stellen. Dagegen geht eben nur ein Republikaner aus Arizona ins Rennen, und das ist relativ unspektakulär.

  6. Sehe ich wie Chris (#6). Clinton dürfte sehr überrascht sein, dass Obama derart erfolgreich ist. Da die Dame extrem ehrgeizig ist (es ist quasi ihre letzte Möglichkeit), dürfte sie auch ungeduldig sein. Der Wahlkampf ist sicherlich keinesfalls so gelaufen, wie sie es dachte.

    Interessanter wäre es da einmal zu analysieren, warum es derart unterschiedliche Versionen in den medien über den aktuellen Zwischenstand Clinton vs. Obama gibt. Das Verfahren der Demokraten ist doch ziemlich bekannt – warum melden inzwischen sogar einige Medien Obama mit Vorsprung, andere sehen nach wie vor Clinton vorne?

  7. Weil geraten wird. Fertig ab. Die Vorhersagen der großen Umfrageinstitute waren im Januar teils um zweistellige Prozentzahlen daneben.

    Es ist sowieso total plemplem, was da in den USA abgeht. De facto stellen die beiden großen Parteien den Sieger und deshalb verfolgt man seit Jahrzehnten das Nominierungsverhalten ihrer Mitglieder. In Deutschland wäre das ungefähr so, als ob man in Bayern nur über die CSU und die SPD berichten würde bzw. wie deren Kandidat nominiert wird. Und dann kommt sowas dabei heraus: 100.000 Leute werden befragt, man hat fast jeden Einwohner in New Hampshire persönlich per Telefon befragt, und dann sagt man den Sieger falsch voraus, weil die Parteimänner und Frauen sich mal eben komplett anders entscheiden. Aus irgendeinem Grunde. Und das ist dann das politische System, das die Welt regiert.

    Prost Mahlzeit.

  8. @Gregor Keuschnig: Weil nur ein Teil der Delegierten für den Wahlparteitag durch die Vorwahlen bestimmt wird. Hinzu kommen die „Super-Delegates“, die mehr oder weniger frei entscheiden können, für welchen Kandidaten sie stimmen. Ihr Abstimmungsverhalten geht als Schätzung in die Prognosen mit ein.

  9. @Sebastian: Dir scheint nicht klar zu sein, daß es in Amerika die klassische Mitgliederpartei wie in Deutschland nicht gibt. Jeder kann sich als Demokrat oder Republikaner registrieren lassen, und in vielen Bundesstaaten können auch Wähler, die sich nicht bei einer bestimmten Partei registriert haben, mitwählen, die berühmt-berüchtigten Wechselwähler, aka Independents. Gerade in New Hampshire, das für diese bekannt ist. Die Fehlprognosen liegen also an anderen Gründen, die Demoskopen behaupten, daß viele sich in letzter Minute umentschieden haben, ihre Prognosen also die Stimmung vom Vortag des Wahltages abgebildet hätten…

  10. @Stefan: die Super-Delegates stellen aber nur so 20%. Wobei viele sich ja schon festgelegt haben, etwa die Hälfte, wenn ich mich nicht irre. Sie können sich zwar jederzeit umentscheiden, aber das wäre ja nicht politisch opportun…

    Ich glaube, ein Problem liegt in der Tatsache, daß gerade Caucus-Staaten ihre Delegierten nach sehr komplizierten Verfahren bestimmen. Da werden auf dem Caucus Delegierte für Parteitage bestimmt, die wiederum über die eigentlichen Parteitagsdelegierten bestimmen, in manchen Bundesstaaten gibt es sowohl primaries als auch caucuses…. Bei den Republikanern sieht das ja nicht anders aus, so besagen die Regeln für Louisiana, daß Delegierte nur gepledged werden, sofern einer der Kandidaten mehr als 50% erreicht. Hat aber weder Huckabee (43%) noch McCain (42%). Laut New York Times bedeutet dies, daß die Delegierten jetzt allesamt unpledged sind…. ?? Na ja, habe jetzt keine Zeit, mich durch die offiziellen Regeln der Republikanischen Partei LA zu wühlen, aber ich habe gehört, daß die großen TV-Sender eigens Delegiertenspezialisten beschäftigen, die mittels komplizierter Modelle berechnen, wie viele Delegierte die entsprechenden Kandidaten erwarten können…

  11. @10/Stefen + @12/Chris
    Naja, man könnte bei den Demokraten ja eine Aufstellung ohne „Super-Delegates“ machen und das entsprechend kommunizieren. Ich vermute allerdings, dass man selbst nicht mehr so genau weiss, wer wann wo wie entscheidet (die Demokraten haben ja – soviel ich weiss – nicht das Prinzip „the winner takes it all“), da man einfach nicht auf solch knappe Ergebnisse vorbereitet war/ist.

    Lustig wird’s ja auch noch, wer die Edwards-Stimmen bekommt (immerhin rd. 40).

    Bei den Republikanern ist m. E. die Sache mehr oder weniger gelaufen (für McCain).

  12. @14: ja, da wird’s interessant, ob die ausgeschiedenen Kandidaten ihre Kampagne „suspended“ haben, oder ganz beendet. Im Falle der Suspension sind die Delegierten nämlich noch an sie gebunden. Das spielt bei Edwards‘ kümmerlichen 40 (bei insgesamt 4000) weniger eine Rolle als bei Romneys 136 (bei insgesamt 2400). Die New York Times zählt übrigens nur pledged delegates hier: http://politics.nytimes.com/election-guide/2008/results/delegates/index.html . Die Republikaner haben zwar keine Super-Delegates, aber jeder Bundesstaat wählt auch eine gewisse Anzahl von unpledged delegates aus, teils ex officio, teils per Abstimmung durch die Wähler/Mitglieder. D.h. von den 282, die die AP für Romney hat, können sich schon jetzt 146 frei umentscheiden, da sie nur ein Wahlversprechen gegeben haben, für Romney zu stimmen und aufgrund dessen gewählt wurden. Über die 136, die gebunden sind, kann Romney anscheinend verfügen, was bei einer brokered convention interessant würde…

  13. Ich habe die Nachricht vom „Rauswurf“ heute morgen im seriösen Inforadio (rbb) vernommen. Dort klang es genau so wie in den Online-Medien: Rauswurf als Reaktion auf das schlechte Abschneiden bei der Wahl.

    Und genauso habe ich es auch aufgefasst. Der Eindruck bei mir war: Jetzt wird die Clinton nervös!

    Hier lese ich eine andere Version. Schön zu merken, wie Nachrichten Meinungen machen.

  14. Ich glaube, da irrst du dich, Stefan.
    Die New York Times schreibt:
    „Obama Wins in Maine; Clinton Replaces Her Campaign Manager

    VIRGINIA BEACH — Senator Barack Obama racked up his fourth decisive victory this weekend, winning the Maine caucuses on Sunday, as Senator Hillary Rodham Clinton replaced her campaign manager and longtime aide in the biggest shakeup of her campaign to date.

    (…)

    Mrs. Clinton, meanwhile, replaced Patti Solis Doyle, who led her campaign since it began last year and whom she regarded almost as an adopted daughter. In her place, she named another longtime aide, Maggie Williams.

    The switch occurred at a time when Mrs. Clinton has found her campaign in a slump, coming off a split victory in a multistate round of nominating contests on Feb. 5 and losing badly in a string of state caucuses that relied on a high level of on-the-ground organizational skills at which the Obama campaign excelled.

    At the same time, she suffered a setback over money, and though in recent days the campaign has boasted of a $10 million month and many new donors, it never built the online donor base that Ms. Doyle had promised. Nor did it adapt to Mr. Obama’s message of inspiration as his campaign grew in strength, prolonging the battle long past the point when Mrs. Clinton was expected by her strategists to have clinched the nomination.

    The replacement of Ms. Doyle was in part a signal to donors and other supporters that the campaign was regrouping and was poised to right itself, even as Mrs. Clinton faces uncertain prospects Tuesday in contests in Virginia, Maryland and the District of Columbia.

    The shake-up came as Mrs. Clinton’s sliver of hope for February, in Maine, disappeared. She had been hopeful because Maine’s demographics, blue-collar voters, who are older and make less than $50,000, fit the profile of voters who had supported her elsewhere.

    (…)“
    http://www.nytimes.com/2008/02/11/us/politics/11dems.html?_r=1&hp&oref=slogin

  15. Da macht sich Stefan noch spät Abend diese Arbeit und es hilft doch nichts. Heute morgen im Frühstücksfernsehen von ARD/ZDF und auch bei Sat.1 wurde die Meldung genauso aufgeblasen präsentiert wie in den Onlinemedien von gestern.
    Schauen wir doch mal, wie sich die Meldung im Laufe des Tages in den Nachrichten ändert (oder auch nicht..?). Wahrscheinlich weiß die BILD am späten Nachmittag plötzlich „ganz exklusiv“ die Wahrheit über den Rücktritt, deren Falschmeldung sie selbst verbreitet hat. Wetten!

  16. Also die ARD und ihre Korrespondenten haben das längst nicht so dramatisch dargestellt. Heute Morgen war bei NDR Info Carsten Schmiester zugeschaltet und der hat das deutlich weniger dramatisch berichtet, hat unter anderem auch auf die von Stefan genannten Quellen verwiesen. Und sowas wirkt sich dann auch sofort auf tagesschau.de aus, wo es nur einen kurzen nüchternen Bericht gibt.

    Und ganz ehrlich. Der Zeitpunkt ist schon komisch. Jetzt auf einmal die Entlassungen nach vier Niederlagen in Folgen nach dem ehe schon bescheidenen Super Tuesday. Und auch wenn Frau Doyle weiter im Umfeld aktiv bleiben sollte, ist das doch ein deutliches Zeichen. Ich glaube, viele deutsche Online-Medien reagieren dann so, weil sie es wohl irgendwie versuchen auf den deutschen Wahlkampf anzuwenden. Und hier wäre sowas wohl eine Sensation.

  17. Naja, http://www.drudgereport.com/ hat gestern Nacht noch deftiger getitelt. Jetzt ist es milder mit “
    ADIÓS: HILLARY’S TOP LATINA SIDELINED…“

    Daher ist wohl richtig, dass man sich nicht ganz klar ist, wie das lief. Allerdings ist der Zeitpunkt schon ein recht eindeutiger Hinweis. Warum sonst genau jetzt?

  18. @ 20/ Chelsea

    „Und hier wäre sowas wohl eine Sensation.“

    Wäre es das? Eigentlich ist die Personalpolitik der Wahlkämpfer nicht wirklich spannend. Der Austausch einer Hintergrundperson ist nicht tiefgreifender, als ein Trainerrauswurf in der Bundesliga oder die Verbannung eines Stammspielers auf die Bank.

    Daraus folgt höchstens, dass die Wahlkämpferin Cllinton ihre Strategie wechselt. Keinesfalls ist das gleichzusetzen mit einem Einbruch in der Wählergunst oder dem Eingeständnis einer Niederlage. Niemand kann jetzt schon sagen, ob dieser Personalwechsel zu hastig war oder am Ende nicht doch erfolgreich. Wirklich Grund zu der Aussage, in dem Personalwechsel zeige sich so etwas wie die anbahnende Niederlage, hat man doch erst, wenn die Entscheidung über die Präsidentschaftskandiadtur entgültig gefallen ist. Bis dahin ist das alles Kaffeesatzleserei.

    Und: Bis dahin wäre auch in Deutschland so eine Meldung vor allem Teil des Wahlkampfes selbst. Der politische Gegner würde eine solche Meldung nutzen, um darin ein Schwächezeichen zu „erkennen“ und er würde diesen Spin mit aller Macht versuchen, zu einer Tatsache werden zu lassen.

  19. Naja, so ganz schwarz und weiß ist die Welt nun doch nicht, denn auch CNN hat am Abend dazu eine Breaking News Mail verschickt („Sen. Hillary Clinton has replaced her presidential campaign manager“) und auch Skynews hatte es gelb im Ticker. So ist dies vielleicht kein gutes Beispiel, um BILD doof zu finden.

  20. @20/Michael L
    Schönes Beispiel, das mit dem Fussbaltrainer. Welcher Verein hat zuletzt – mitten in der Saison – einen Trainer gewechselt, ohne in irgendeiner Form wenigstens das Gefühl zu haben, die Mannschaft sei in einer nicht so guten Verfassung? (Damit ist natürlich nie gesagt, dass es der Trainer „Schuld“ ist – es ist ein symbolischer Akt.)

  21. @Gregor
    „Welcher Verein hat zuletzt – mitten in der Saison – einen Trainer gewechselt, ohne in irgendeiner Form wenigstens das Gefühl zu haben, die Mannschaft sei in einer nicht so guten Verfassung?“

    Möglicherweise ist dann die Mannschaft auch in einer schlechten Verfassung und möglicherweise steht sie in der Tabelle auch schlecht da. Aber niemand kann vorher so genau wissen, ob dieses Anzeichen der Schwäche wirklich dauerhaft Schwäche bedeutet. Es gibt genügend Beispiele, wo „totgesagte“ Clubs am Ende doch noch stark aufgespielt haben.

    Das gleiche gilt für Wahlkämpfe: 2005 hat die Medienlandschaft Deutschlands Abgesänge auf die SPD geschrieben, kaum war die Neuwahlentscheidung veröffentlicht. Am Ende war dann die SPD überraschend stark. 2002 war es ähnlich, da hat man noch Wochen vor dem Wahltermin den Untergang von Rot-Grün prophezeit, auch aufgrund einiger Querschläge einiger SPD-Größen (Man denke an „Adolf-Nazi“ von Däubler -Gmelin).Und immer wurde so etwas als Symbol gewertet für den Niedergang. Nur dass es am Ende dann doch ganz anders kam.

    Genau dies ist auch bei Clinton möglich. Und deshalb ist die große Aufmachung des Personalwechsels vor allem eine vorweggenommene Deutung der gegenwärtigen Wahlkampfsituation. Darin liegt etwas spekulatives, weshalb so eine Meldung eben tendenziell nicht mehr nur Berichterstattung ist. Sie iost auch eine Steilvorlage für die spin doctors, die nun versuchen werden, Clinton totzuschreiben.

  22. @Chris:

    Ja wie, jetzt. „In vielen Bundesstaaten können Independents mitwählen“.

    Ja wie das denn? Da registriert sich jemand als Wähler und stiefelt dann zu den Demokraten in ein Wahllokal und stimmt für Hillary oder Barak Obama oder wie? Wieso sehe ich dann auf jeder Aufstellung, sei es bei CNN oder sonstwo immer nur „Registrierte Demokraten“ und wie viele von denen dann schon abgestimmt haben?

    Vielleicht habe ich das Wahlsystem ja wirklich komplett falsch verstanden, es liegt aber auch daran, dass es von Staat zu Staat unterschiedlich ist und wirklich schwer zu durchschauen ist.

    Ach übrigens:

    Wahlbeteiligung für den Senat 2006: 29,7 %. 60 Millionen Stimmen. Bei 300 Millionen Einwohnern…

    Sind die restlichen 120 Millionen alles Minderjährige? Nein nicht wirklich. Verbrecher dürfen ja nicht wählen. Noch so ein Thema…

  23. @24/Michael L.
    Einverstanden: Ein Trainerwechsel in der Bundesliga sagt nichts über die Spielstärke der Mannschaft aus. Daher sprach ich auch von der Symbolik, denn es ist ja wirklich erstaunlich, wie Mannschaften nach solchen Wechseln gelegentlich geradezu „aufblühen“ und man fragt sich, warum sie das nicht vorher gemacht haben.

    Einverstanden auch, dass etliche jetzt in Clintons Wahlkampfhaus den Putz von Wänden bröckeln sehen. Und das das übertrieben oder gar fahrlässig sein kann. Aber andererseits: Warum hat sie es gemacht? Wobei „sie“ ja nicht eindeutig ist. Ist „sie“ Clinton oder die ehemalige Wahlkampfmanagerin Doyle?

    Ist es umgekehrt nicht eine gewisse Schönrederei, zu sagen, dieser Wechsel sei nicht überraschend gekommen? Als wechsle man mittendrin mal eben so die Pferde? Das glaube, wer will. Und: Wenn jetzt tatsächlich eine Steilvorlage für die spin doctors geliefert wurde, die nun versuchen werden, Clinton totzuschreiben</i<, dann hätte Clinton doch darauf beharren müssen, dass es nicht zu diesem Wechsel kommt.

    Das das alles mit Clintons Politikentwurf nicht die Bohne zu tun hat – auch d’accord. Aber von seiten der Kommunikationsstrategie her ist sowas eine mittlere Katastrophe – Feiwilligkeit hin oder her.

  24. Hm… ist jetzt völlig off topic, sorry, aber da der Herr KEUSCHNIG gerade mitliest:

    Ich hatte letzte Woche etwas pampig auf Ihre Karnevalskritik reagiert. Äh… wie soll ich sagen… ich hatte Sie mit Jörg Friedrich verwechselt, dessen Kommentare hier bei mir in der Regel großes Unbehagen auslösen. Keine Ahnung wieso, die Namen ähneln sich kein bißchen…
    Also, mein Standpunkt als solcher steht, die Ausdrucksweise tut mir echt leid!

    (Bin sehr froh, dass ich vor einigen Tagen (da bestand der Verwechslungsirrtum noch) nicht der „stillenLeserin“ zugestimmt habe, das wäre mir jetzt richtig peinlich gewesen…)

    Ich gebe zurück zu den Demokratenvorwahlen…

  25. Naja, mal ganz abgesehen davon, daß die besagte Meldung auch in den US Medien ein großes Thema war, finde ich Stefans Beitrag hier geradezu rührig.

    Da wird also nach einem enttäuschenden Super Tuesday und darauf folgenden 4 Niederlagen die Wahlkampfmanagerin ausgewechselt. Da es aber in der Meldung heißt, sie würde weiter eine wichtige Beraterin bleiben, müsse das ja nicht unbedingt an der Performance gelegen haben. Schließlich habe die Frau ja auch zwei Kinder und vielleicht gar nicht mehr damit gerechnet, daß der Job noch über den 5. Februar hinaus ginge. Ja klar. so kann’s gewesen sein.

    Aber dann lass uns doch mal ganz kurz überlegen, mit welcher Pressemitteilung die Clinton-Kampagne rausgekommen wäre, wenn die bisherige Wahlkampfmanagerin tatsächlich wegen der entteäuschenden Ergebnisse gefeuert worden wäre. Hmmm, hätte wahrscheinlich so gelautet: „Pattis Solss Doyle hat ihre bisherige Position als Wahlkampfmanagerin auf eigenen Wunsch niedergelegt und wird ab sofort durch Maggie Williams ersetzt. Solis Doyle wird aber auch weiterhin zum engsten Beraterstab von Clinton zählen.“

    Ist es nicht auch die Aufgabe von Medien, Ereignisse einzuordnen und zu kommentieren? Wer wirklich meint, Solis Doyle würde nicht wegen der unerwartet schlechten Ergebnisse der letzten 2 Wochen gehen, ist doch wohl hoffnungslos naiv. Dabei ist völlig unerheblich, ob sie sich letztlich dem Druck gebeugt hat (was wahrscheinlich ist, weil ein Feuern in dieser Phase in der Tat verheerend wäre) oder aber gegen ihren ausdrücklichen Willen gegangen ist.

    Jedenfalls gibt man diesen Job aber nicht auf, weil man 2 Kinder zu Hause hat…

  26. @Ommelbommel: Was sie schreiben ist in der Tendenz richtig. Letztlich aber hängt es vom Staat ab.

    Bei den Demokraten werden die Stimmen aber auch nicht „prozentual geteilt“. Vielmehr hängt es von den Ergebnissen in den verschiedenen „Wahlkreisen“ ab. Im Ergebnis muss daher der Kandidat mit den relativ meisten Stimmen nicht unbedingt die meisten Delegiertenstimmen bekommen.

    Bei der Gelegenheit noch ein Wort zu den super delegates: Es ist in der Praxis mitnichten so, daß diese völlig frei abstimmen. Vielmehr werden erfahrungsgemäß weit über 80% der super delegates mit dem sie entsendenden Staat abstimmen – unabhängig davon, sie sie sich im Vorfeld äußern. Das ist gewissermaßen eine demokratische Konvention in den allermeisten Staaten. Entscheidend ist daher die Verteilung der regulären Delegierten, bei denen der Vorsprung von Clinton geringer ist.

  27. @27/Olly
    Kein Problem!

    @28/rw
    Jedenfalls gibt man diesen Job aber nicht auf, weil man 2 Kinder zu Hause hat…
    …die man vor einigen Monaten ja wohl auch schon hatte.

    @29/Ommelbommel
    Ja, so meinte ich das auch. Die Demokraten haben nicht das Prinzip „the winner takes it all“. Aber ob das überall gilt, weiss ich auch nicht.

    Hauptsache, die Demokraten wissen’s selber. Auf einem Link zur NYT, der hier gesetzt wurde, waren die Deligiertenstimmen ja ziemlich unterschiedlich verteilt. Befürchte fast, das wird irgendwann nachher in Hinterzimmern ausgekungelt. Dann hat Obama keine Chance (und McCain wird’s dann im Nobember machen).

  28. @28/ rw

    „Wer wirklich meint, Solis Doyle würde nicht wegen der unerwartet schlechten Ergebnisse der letzten 2 Wochen gehen, ist doch wohl hoffnungslos naiv.“

    Darum geht es nicht. Natürlich ist es merkwürdig, wenn mitten im Wahlkampf das Personal ausgetauscht wird.

    Aber welche Gründe dies genau hat, das weiß man nicht und das wissen die Medien nicht. Wenn sie darin ein Zeichen der Not sehen, verlassen sie das Terrain der Berichterstattung und beginnen mit der Spekulation.

    Denn auch wenn es hochwahrscheinlich und plausibel erscheint, dass Erfolglosigkeit der Grund für den Personalwechsel war, entscheidend sind allein die tatsächlichen Gründe und nicht das, was im Rahmen des gesunden Menschenverstandes als wahrscheinlich und plausibel wahrgenommen wird. Auch Politik funktioniert nicht nach allgemeinen Gesetzen.

    Die Kommentierungen der Medien sind im übrigen immer von der Windrichtung abhängig ;-) Heute noch sehen die Auguren den Untergang der Titanic voraus (siehe SPON: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,534358,00.html). Aber morgen, wenn sie das Blatt gewendet haben sollte, wird man die Kommentare von gestern schnell vergessen haben und schon immer gewusst haben, dass der andere keine Chance hatte. Jedenfalls konnte man in den vergangenen Wahlkämpfen oft einen solchen Opportunismus der Kommentatoren beobachten.

  29. @34: Politische Berichterstattung ist immer auch in irgendeiner Form Kommentierung. Die bloße Berichterstattung hier wäre ja nur ein Dreizeiler. Ggf. könnte man ja noch die PM zitieren. Ansonsten war’s das.

    Genauso ist es ja schon subjektiv gefärbt, wenn die der clinton-Kampagne nahe stehende NYT dieses Thema erstmal nicht an die ganz große Glocke hängt bzw. die Clinton-Darstellung nicht als den BS benennt, der es ist.

    Wahlkampfmanager bei einem aussichtsreichen Bewerber um die Präsidentschaft zu sein, ist so ziemlich der umworbenste Job, den man mit um die 40 in Washington bekommen kann. Diesen Job gibt niemand(!) auf, wenn man nicht durch äußere Umstände dazu gedrängt (oder rausgeschmissen) wird.

    Mag ja sein, daß die SPON-Berichterstattung (die der BILD sowieso) zu den Vorwahlen tendeziös, oftmals irreführend, manchmal schlicht falsch, immer aber unnötig dramatisierend ist. Das rausgepickte Beispiel aber eignet sich herzlich wenig dazu, dies darzulegen. Stefans Hinweis darauf, daß Solis Doyle ja schließlich auch 2 Kinder habe, ist geradezu absurd naiv.

  30. Die Medien brauchen Sensationelles, und wenn es nichts Sensationelles gibt, wird eben etwas Normales zu etwas Sensationellem gemacht.

    Medienkritiker brauchen Kritikwürdiges, und wenn es nichts Kritikwürdiges gibt, wird eben etwas Normales zu etwas Kritikwürdigem gemacht.

  31. @ Ruhrpottjunge:

    Kommentatoren brauchen Kommentierwürdiges, und wenn es…

    nein sorry, das war nicht ernst gemeint, die Vorlage war zu gut, da konnt´ ich mich nicht zurückhalten…

  32. Zuerst waren die bei SPIEGEL ONLINE übrigens so aufgeregt, dass sie die Entscheidung gleich beiden Clintons zugeschrieben, das Verb dann aber im Singular gelassen haben. Überschrift: „Clintons feuert ihre Wahlkampfmanagerin“. Darunter dann: „(…) Patti Solis Doyle zurückgetreten.“
    ( http://unkewl.de/blog/text/75-Abgekaempft.html )

    Bisher spricht ja alles für die These, dass immer derjenige Kandidat mehr Stimmen erhält, der gerade hinten liegt. Erst wurde die Obamania verlangsamt und dann wieder angeheizt, als sie schon beendet schien. Demzufolge müsste es jetzt wieder bergauf gehen mit Billary!?

  33. Spiegel Online arbeitet weiter an der Sensation:

    http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,534409,00.html

    Dort wird im teaser zum Personalwechsel folgendes gesagt:
    „Es war eine Verzweiflungstat: Nach fünf Niederlagen in Serie zog Hillary Clinton die Reißleine und feuerte ihre Wahlkampfmanagerin. Ob sie mit diesem Manöver ihre Kandidatur noch retten kann? Die Obama-Kampagne bekommt täglich mehr Schwung.“

    Und wenig später im Artikeltext liest sich das Ganze so:
    „Tatsache aber ist: Der Personal-Umbau wirkt wie eine Verzweiflungstat. “

    Oben IST es eine Verzweiflungstat, im Text WIRKT es dann nur noch so. Das ist nicht ganz das selbe.

    Natürlich sind Spekulationen über den Zusammenhang von Misserfolg und Personalwechsel naheliegend. Aber es bleibt eben eine Spekulation. Als solche sollte sie auch gekennzeichnet sein. Dann wäre sie auch legitim. Der teaser des Artikels tut aber so, als würde er Tatsachen abbilden.

  34. Ich hatte nur die Überschrift bei SPON gelesen und ohne weitere Recherche in etwa den gleichen Gedanken: Könnte das der Versuch sein, eine relativ unspektakuläre Nachricht durch ein bisschen Gewese zu pimpen? Scheinbar ja.

    Wieso drängt sich dieser Verdacht bei bestimmten Formulierungen nur immer so schnell auf?

  35. @Sebastian (25): genau, es ist in jedem Bundesstaat anders. Aktuell war das wichtig in Kalifornien, wo die Demokraten den Independents erlaubt haben zu wählen, die Republikaner aber nicht (wo sich doch beide um deren Stimmen bemühen). Das wiederum war in Los Angeles problematisch, da Independents einen Haken machen mußten, registrierte Demokraten aber nicht, was die Obama-Kampagne als Benachteiligung ansah, denn Obama ist ja grad bei Independents beliebt…

  36. @Manniac:

    schein|bar nur so scheinend, nicht wirklich; die Sonne dreht sich scheinbar um die Erde;

    Du meinst anscheinend anscheinend ;-)

    @Chris: na toll. Was ist das denn für eine Kandidatenfindung? Nun ja in Deutschland ist es ja gar nicht basisdemokratisch geregelt, wer Spitzenkandidat wird, von daher sollte ich mich mal nicht so anstellen…

    Jeder kocht sein eigenes Süppchen. Irgendwie lari fari.

  37. Was mich v.a. schmerzt, ist die Inszenierung von Vorwahlen (!) als Wettrennen, basierend auf dem Output von Demoskopen, denen noch nie und erst recht nicht in den letzten Jahren getraut werden konnte. Die Kernkompetenz dieser Institute liegt m.E. weniger darin, zuverlässige Hochrechnungen durchzuführen, als im Nachhinein Mutmassungen darüber anzustellen, weshalb sie wieder daneben lagen…

  38. @Sebastian: ja, Bundeswahlen sind bundesstaatsspezifisch organisiert, inkl. der Vorwahlen. In manchen Staaten ist es gesetzlich geregelt (u.a. in Florida, wo das republikanisch beherrschte Parlament die Vorwahlen für den 29. Januar bestimmt hatte, gegen den ausdrücklichen Wunsch der Bundesparteien), in vielen Staaten ist es den Parteien überlassen. Es ist aber so, daß der Supreme Court gewisse Grenzen setzt, da die Parteien frei darin sein sollen, wie sie ihre internen Wahlen abhalten. Daher wurden Gesetze in einigen Bundesstaaten gekippt, die anstatt einer open primary eine sogenannte blanket primary einführen wollten, in der nämlich jeder Wähler bei jeder Partei mitwählen durfte (eine open primary besagt, daß Independents sich zwar nicht registrieren müssen, aber nur bei den Vorwahlen einer Partei abstimmen dürfen). Die Idee einer blanket primary ging den Parteien dann doch zu weit, und sie wurden darin vom Obersten Gericht bestätigt….

  39. @Mickey/43: Die Schuld liegt doch nur zum Teil bei den Demoskopen. Ich sehe das Problem eher bei den Medienunternehmen, die von den Umfraginstituten möglichst schnell Ergebnisse sehen wollen, und das möglichst billig. Das führt natürlich zu kleinen Stichprobengrößen und unpräziser Stichprobenauswahl. Weiterhin übernehmen die Medien die Ergebnisse der Demoskopen ohne darauf hinzuweisen, dass die Zahlen eben nicht der Wahrheit entsprechen, sondern nur eine Näherung an diese darstellen. Ein etwas kritischerer Umgang mit den Daten wäre doch sehr wünschenswert.

  40. @43, 46: in vielen kleineren Bundesstaaten wird ja auch darauf verzichtet, so wie jetzt in Maine. Da wurde anhand der Zusammensetzung der Wählerschaft (viele weiße ältere Frauen) und aufgrund der Neigung von Maine, die Ergebnisse in New Hampshire mitzuvollziehen, damit gerechnet, daß Clinton gewinnen würden. Dessen ungeachtet haben ja auch die Kandidaten ihre eigenen Meinungsforscher, deren Ergebnisse unter Verschluß gehalten werden. Das lustigste meiner Meinung nach war das höhnische Gegrinse von Karl Rove in den Medien vor den Wahlen 2006, der immerfort so tat, als habe er Zugang zu Informationen (demoskopischer Art?), die ihn angeblich vom sicheren Sieg der Republikaner überzeugt hatten. Viele Medien waren da auch verunsichert, ob er da was wisse, was sonst niemand weiß. Na ja, es kam anders, und Rove hat sich ja dann ganz schnell in den vorzeitigen Ruhestand verabschiedet, nicht ohne sich Clinton als Kandidatin der Gegenseite zu wünschen….

  41. @Gregor Keuschnig: danke für die Blumen, aber ich verfolge bloß die Nachrichten hier, mit denen man allerdings auch bombardiert wird hier in den USA… (da lernt man dann aber auch bei Super Tuesday Parties Leute kennen, die sich auf Graswurzelebene in Wahlkampagnen engagieren ;) ) Ich glaube, es kommt bei den Demokraten gar nicht mal so sehr drauf an, wer wirklich führt (es scheint ja offiziell immer noch Clinton zu sein), sondern wer in der Wahrnehmung führt, wer also den Wahrnehungskrieg gewinnt. Und glaubt man den Nachwahlanalysen der Demoskopen, hat es noch keiner der beiden geschafft, jeweils über ihre Anhängerschaft hinauszuwachsen, d.h. es läuft zur Zeit auf ein Patt hinaus. Allerdings scheint Obama durch sein Charisma mehr Jung- und Erstwähler anzuziehen und hat, wenn seine Gewinnsträhne anhält, auf jeden Fall das berühmte momentum auf seiner Seite (und mittlerweile auch das fundraising). Aber wie gesagt, nicht so sehr auf Delegiertenebene, wegen der Wahlmodalitäten, aber im psychologischen Sinne. Die Cheasapeake-Primary am Dienstag wird Obama sicherlich auch für sich verbuchen können, das wird das Clinton-Lager noch wegerklären können, so daß dem 4. März mit den wichtigen Bundesstaaten Texas und Ohio eine große Bedeutung zukommt. Natürlich ist durch die Situation auch die Bedeutung der Super-Delegates gewachsen, denn nun kommen ja den Endorsements eine wichtig Bedeutung zu. Diese beeinflussen ja in der Regel (s. a. Massachusetts) die Wähler nicht übermäßig, aber falls der Endorser auch ein Super-Delegate ist (wie z.B. alle Kongreßabgeordneten und -senatoren, und die Gouverneure), kommt das ja einem Wahlversprechen gleich.
    Aber dennoch ist es wahrscheinlich, daß ein Patt anhalten wird, obwohl ich glaube, daß Obama in der Wahrnehmung vorne liegen wird. Die Parteioberen, wie z.B. der Parteivorsitzende, Howard Dean, haben erklärt, daß sie das Ding bis Mitte März durchhaben wollen, um sich auf die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner zu konzentrieren. Nun kann niemand gezwungen werden (und das Establishment hatte lange schon nicht so wenig Einfluß wie heute, was sich auch daran zeigt, daß so jemand wie Dean Vorsitzender werden konnte). Bis jetzt hatte Clinton den Segen des Establishments, aber vom Momentum her gewinnt Obama immer mehr an Fahrt, falls also die movers and shakers zum Schluß kommen, daß Obama mehr Chancen hat, könnte das mit dem Druckausüben und Hinterzimmerklüngeln losgehen (ich glaube auch, daß Clinton solchen Einflüssen eher empfänglich wäre als Obama). Ein solches Klüngeln im März wäre aber auf jeden Fall besser als bis zum Parteitag im August zu warten, denn seitdem es das moderne Primary-System gibt, hat noch keine Partei gewonnen, deren Kandidat auf dem Parteitag noch nicht feststand…

    OK, das war jetzt viel Text für Nichts-Genaues-weiß-man-nicht…

  42. @49/Chris
    Danke. Ich fand’s interessant.

    (Ich frag‘ mich nur gerade, wer in Texas für die Demokraten wählen geht. Ist das nicht so, als ob in Bayern die FDP zur Wahl antritt oder in MV die Grünen?)

  43. @50: ok, da ich mich grad in Texas befinde, möchte ich hier doch noch für Aufklärung sorgen: zunächst war Texas einer der letzten Bundesstaaten, die die Reagan-Revolution vollzogen haben, erst seit 1994 herum oder so sind alle texasweiten Ämter in der Hand der Republikaner. Aber ungeachtet dessen sind die großen Städte demokratisch beherrscht, der Stadtrat hier ist mehrheitlich demokratisch und der Bürgermeister hier ist auch Demokrat (das ist von Belang, da die texanische Verfassung sog. home rule cities sehr große Autonomierechte einräumt, die Städte können praktisch alles per Stadtratsbeschluß regeln, solange das Parlament in Austin dem nicht widerspricht). Die meisten jungen Leute, die ich kenne, wählen auch die Demokraten (aber klar, es gibt hier auch deutlich mehr Jungrepublikaner als auf anderen Universitäten in anderen Bundesstaaten, aber das macht das ganze relativ ausgewogen; in Berkeley oder Cambridge ist die liberale Übermacht ja erdrückend). Einen von meinen aus Texas stammenden Kollegen, von dem ich nicht wußte, für wen er 2004 gestimmt hatte, fragte ich einst vorsichtig, ob er mir denn verraten wolle, wem er seine Stimme gegeben habe (Amerikaner sind da ja recht freimütig), und sein Kommentar war: „Let’s put it this way: I’m young and I’m educated…“. Und unabhängig davon: für die Republikaner in Kalifornien und für die Demokraten in Texas geht es ja genauso um Delegierte, das ist sogar wichtiger als im November, denn da ist Kalifornien sicher republikanisch und Texas ganzheitlich sicher demokratisch. Das war der wichtigste Eindruck, den ich von der Wahl 2004 hatte, daß es eigentlich nichts brachte, in Texas zur Wahl zu gehen, da aufgrund des Wahlmännersystems schon vorher klar war, daß Texas rot (=republikanisch) sein würde. Allerdings kann sich das bei anhaltendem Zuzug von Latinos und deren demographischen Trends aber langfristig ändern, und schon jetzt lassen sich entsprechende Tendenzen in früher sicher republikanischen, eher ländlichen, aber noch relativ stadtnahen Landkreisen feststellen.

  44. Vorsicht was Fox News angeht:
    Die sind zwar tendenziell sehr neokonservativ und politisch in der Regel nah an den Republikanern, aber McCain als Kandidat passt denen überhaupt nicht weil viel zu liberal in vielen Fragen (Einwanderung, Waffengesetze, Parteifinanzierung, etc.). Selbst die ultrakonservative polemische Kolumnistin/Kommentatorin Ann Coulter, Autoring von so ergreifenden Werken wie „How to Talk to a Liberal (If You Must)“, „Godless: The Church of Liberalism“ und zuletzt „If Democrats Had Any Brains, They’d Be Republicans“ hat kürzlich auf Fox News erklärt sie würde Clinton wählen und für sie Wahlkampf machen wenn die Republikaner McCain ins Rennen schicken würden. Ein öffentliches Endorsement von Coulter ist allerdings wohl das letzte was Hillary – neben weiteren Ausrutschern ihres Göttergatten – gebrauchen könnte.

    Hillary hat auch die meisten Wahlkampfspenden der großen Unternehmen und Rüstungskonzerne bekommen, da denen Kandidaten wie McCain und Obama als zu unsichere Kantonisten gelten.

  45. Also, man kann US-Politblogs aller Couleur von weit rechts bis weit links betrachten und wird fast überall auf eben jenen Tenor treffen, der hier als vermeintlicher Sensationsjournalismus kritisiert wird.

    Fakt ist doch: Hillary Clinton hat am Super Tuesday ein (bis auf Kalifornien) für sie enttäuschendes Ergebnis eingefahren. An den Online-Börsen ist ihr Kurs gegenüber Obama seitdem von 60-40 zu ihren Gunsten auf 30-70 gefallen. Sie wird auch die morgigen Vorwahlen verlieren – was v. a. in Virginia eine bittere Niederlage ist. Sie liegt inzwischen auch bei den Delegierten hinten – selbst unter Einschluß der super-delegates.

    Clinton hat nur noch eine Chance: bis Anfang März zu „überleben“, um dann mit Triumphen in Ohio und Texas das Blatt noch einmal zu wenden. Vor diesem Hintergrund erscheint der vorgenommene Personalwechsel als genau die Verzweiflungstat, als die sie dargestellt wurde.

    Dieses Posting ist nun schon das zweite, in dem den deutschen Medien vorgeworfen wird, Hillary Clinton in ein vermeintlich schlechtes Licht zu rücken. Die Fakten sprechen eine andere Sprache: In Anbetracht der Tatsache, daß man sich eigentlich allenthalben seit drei Jahren auf eine Kandidatur und Präsidentschaft Clintons eingerichtet hatte und zunächst alle Vorteile auf ihrer Seite waren, IST das, was dort gerade passiert, ein politisches Erdbeben und verdient, auch so dargestellt zu werden.

    Wie gesagt: Es gibt genug an der deutschen Amerika-Berichterstattung zu berichten (die oftmals offene Parteinahme zugunsten der Demokraten, die zwar inhaltlich oft nachvollziehbar sein mag, journalistisch aber eigentlich ein Unding ist, wäre ein Beispiel) – aber dies gehört nicht dazu.

  46. Wen die da wählen interessiert mich in etwa so wie der sprichwörtliche Sack Reis in China.

    Ich finde, dass die Berichterstattung in Deutschland einen viel zu großen Raum einnimmt.

  47. „Wie wird auf dem Weg von Amerika zu uns aus einer interessanten Meldung eine Sensation?“

    – Die Frage dürfte man sich in Deutschland gerne auch mal öfter auf umgekehrten Wege stellen.

  48. @Philipp/46: absolut richtig. Das ändert aber nichts daran, dass Demoskopen ihre Arbeit nicht richtig machen. Auch wenn ich den Druck, rasch Resultate liefern zu müssen, als Erklärung akzeptiere: es ist unseriös. (Und v.a. interessiert es mich nicht, wie sich die angebliche „Stimmungslage“ von Tag zu Tag ändert, aber das ist ein anderes Thema.)

  49. Welche harmlosen „Erklärungen“ gibt es denn heute für den (natürlich völlig unbedeutenden) Rücktritt des stellvertretenden Clinton-Wahlkampfmanagers? Auch die Familie?

    Und es gibt doch sicher auch einen Grund, warum es eigentlich gar nicht wichtig ist, daß Obama nun die Führung übernommen und Clinton gestern in drei Staaten deklassiert hat? Das zu berichten ist doch sicher nur wieder Beleg der Sensationsmache der deutschen Medien, die Hillary nicht leiden können, oder?

    /ironie aus

Comments are closed.