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Die „Welt“ ist zu gut für Blogs (2)

„Welt“-Medienblogger Daniel Fiene schreibt in seinem eigenen, Nicht-„Welt“-Blog darüber, wie es ist, für Springer ein Medienblog und einen Medien-Podcast zu machen.

Und ich sitze ratlos vor seinem Text. All die Fragen, die sich mir (und ich glaube, nicht nur mir) in den vergangenen Tagen nach dem Eklat um den gelöschten Blog-Eintrag auf „Welt Online“, nach der fehlenden Debatte auf „Welt Debatte“ und nach der auf „Welt Online“ neuerdings geltenden Unvereinbarkeit von Blogs und professionellem Journalismus gestellt haben: Er nennt sie nicht einmal beim Namen, geschweige denn, dass er ein paar Antworten versuchte.

Die „Welt“ ist zu gut für Blogs [update]

Dank Christoph Keese weiß ich jetzt, wie es sich liest, wenn Angstschweiß zu Dummheit gerinnt.

Nachtrag. Kommentare zum Thema:

Björn Sievers: „Riecht (…) verdächtig nach dem frühen Tod von Welt Debatte, bevor die Plattform überhaupt zu leben begann.“

Caito: „Sie wissen was mit inflexiblen Evolutionsteilnehmern (Betonköpfe, Dinosaurier) passiert ist?“

Lorenz Lorenz-Meyer: „Dann gibt es die erste, völlig vorhersehbare Reibung, und statt diese Reibung selbst zum Gegenstand der versprochenen Debatte zu machen, statt in einen offenen Diskurs über Kollegialität und meinetwegen auch journalistische Sorgfalt einzutreten, verfällt man flugs wieder in den trüben, alten Trott, das autoritäre Gehabe, die alten Rechtfertigungsfloskeln.“

Peter Turi: „Chefredakteur Christoph Keese verkündet (…) das Ende der offenen Debattenkultur bei ‚Welt Online‘ und die Rückkehr zur alten Hierarchiegläubigkeit.“

Thomas Knüwer: „Christoph Keese [ersetzt] die nachlassende Wirkung des ins Feuer gegossenen Benzins durch den gezielten Wurf eines Molotow-Cocktails (…). Warum eigentlich glaubt die „Welt“, sich Blogs halten zu müssen? Gebt sie einfach auf, dann hat der Spuk ein Ende.

Daniel Große: „Keese scheint (…) die Sinnhaftigkeit [von Blogs] noch nie verstanden zu haben.“

„Welt Online“-Projektentwickler Peter Schink:

„Welt Online“-Moderator Philip Steffan:

„Welt Online“-Blogger Don Dahlmann:

„Welt Online“-Medienblogger Daniel Fiene:

PS: Alan Posener gratuliert in seinem ersten Blog-Eintrag nach dem gelöschten Eintrag über Kai Diekmann seiner Tochter zu ihrem ersten Zeitungsartikel. Wieviele Leute diesen Eintrag gegengelesen haben, bevor entschieden wurde, dass dieses persönliche Glückwunschschreiben den „Welt“-Kriterien für professionellen Journalismus entspricht und die Regeln im umfangreichen „Welt“-„Stilbuch“ einhält, ist nicht bekannt.

Noch’n Nachtrag. „Welt“-Blogger Don Dahlmann erklärt sich in seinem Blog:

Die „Welt“ hat den Mut gehabt, als Erste eine Debatten Plattform zu eröffnen, und sie sind damit auch die ersten, die lernen müssen, wie die Verzahnung von Blogs, Subjektivität und klassischen Redaktionsverständnis funktionieren kann.

Um die Frage, ob sein „Welt“-Blog nun wie alle Blogs laut Keese ein „privates Tagebuch“ ist oder, im Gegenteil, „professioneller Journalismus“, also kein Blog, hat er sich gedrückt.

Debatte auf „Welt-Debatte“?

Tim Bonnemann, der für „Welt Debatte“ aus dem Silicon Valley bloggt, versucht es: Er hat einen Eintrag über den „Fall Posener“ geschrieben, verlinkt auf diverse Medien und Blogs und beantwortet meine Frage, ob „Welt“-Blogger eine Freiheit beim Bloggen haben:

In den wenigen Wochen seit dem Relaunch von WELT ONLINE im Februar 2007 hat es bei mir keinerlei Einflussnahme seitens der Redaktion oder sonstiger Mitarbeiter gegeben. Alle Artikel werden von mir geschrieben und immer unverändert, ungefiltert und umgehend online gestellt — wann ich will und wie ich will. (…)

Selbstverständlich bin ich mir bewusst, dass hier bisher ja auch noch nie der BILD-Chefredakteur angegriffen wurde. Insofern muss sich erst noch zeigen, wie belastbar man bei etwaigen Konflikten im Grenzbereich zwischen gewünschter Meinungsfreiheit und der als nötig empfundenen Kontrolle wirklich ist.

Ich bin gespannt, ob „Welt Debatte“ diese Debatte erträgt. Ich glaube, es ist kein Zufall, dass sie aus dem Ausland wieder in die „Welt“ kommt und sich der theoretisch selbst bloggende Chefredakteur Christoph Keese weiter tot stellt. Aber immerhin ist die Debatte nun fast dort, wo sie hingehört.

Springers Kommunikationskultur

Ich vermute, sie haben lange gefeilt bei Springers, an der offiziellen Stellungnahme der Axel Springer AG zu Alan Poseners gelöschtem Blog-Eintrag zu Kai Diekmann auf „Welt Debatte“. Bemerkenswert finde ich diesen Satz:

Der Beitrag von Alan Posener über Kai Diekmann ist ohne Wissen der Chefredaktion in den Weblog von Alan Posener gestellt worden.

Mal abgesehen von der lustigen Passiv-Konstruktion, die irgendwie die Möglichkeit nicht auszuschließen scheint, dass Unbefugte den Beitrag in Poseners Blog gestellt haben: Was heißt das: „ohne Wissen der Chefredaktion“?

Zunächst einmal heißt das natürlich: Christoph Keese ist nicht Schuld. Keese ist Chefredakteur von „Welt Online“ und Chefredakteur der „Welt am Sonntag“, wo Posener das Kommentarressort leitet, und die Axel Springer AG teilt mit: Er kann nichts dafür, er wusste von nichts. Das ist eine wichtige Information. Vor allem für Christoph Keese.

Aber wenn man Springer-Sprecherin Edda Fels beim Wort nimmt (und es gibt keinen Grund, das nicht zu tun), müssen die „Welt“-Blogger vor dem Bloggen brav der Chefredaktion Bescheid sagen.

Lieber Daniel Fiene,
lieber Don Dahlmann,

ist das so? Was bedeutet es, auf „Welt Online“ zu bloggen? Bloggt Ihr nur Dinge, mit denen Christoph Keese einverstanden ist? Habt Ihr die Springer-Leute darauf hingewiesen, dass sie Euch durch die Formulierung in eine unmögliche Situation bringen? Habt ihr da eine Freiheit beim Bloggen oder seid Ihr den gleichen, sagen wir: verlagspolitischen und arbeitsrechtlichen Einschränkungen ausgesetzt wieder jeder festangestellte „Welt“-Journalist?

Könnte es die „Unternehmenskultur“ von Axel Springer mit ihrem „Meinungspluralismus“ aushalten, wenn Daniel Fiene in seinem Medienblog (!) auf „Welt Online“ die Diskussion um den Vorfall aufgriffe? Sachlich, pointiert, wie auch immerß Und wenn er es täte: Würde dann Keese den Beitrag, bevor er in Fienes Blog „gestellt wird“, redigieren?

Die Reaktion auf die Debatte um die (Selbst-)Zensur bei Springer finde ich fast aufschlussreicher als den Akt selbst. Wie erbärmlich ist das: Die einzige Reaktion, die der Axel Springer AG auf die heftige Debatte einfällt, ist sich totstellen. So zu tun, als gebe es sie nicht.

Aber es gibt sie. Auch die „Welt Online“-Leser kennen sie. Aktuell sind die beiden meistgelesenen und meistkommentierten Blog-Einträge auf Welt Debatte zwei Einträge von Posener. Darunter diskutieren die Leser den aktuellen Fall von (Selbst-)Zensur. Aber sie diskutieren unter sich. Von Springer, von der Welt, von „Welt Online“, von „Welt“- „Debatte“ diskutiert niemand mit.

Seit drei Wochen hat Christoph Keese sein eigenes Blog. Er scheint nicht so viel zu erzählen zu haben, aber das wäre doch mal ein guter Anlass. Wofür ist sein Blog da, wenn nicht zur Kommunikation mit den Lesern? Warum kann ein Chefredakteur, dessen Beruf es theoretisch ist, zu kommunizieren (auch wenn er mir vor kurzem in anderem Zusammenhang mitgeteilt hat, weitere Kommunikation sei wegen meiner „impertinenten Unterstellungen“ und meiner „selbstgerechten Vorwürfe“ „nicht erwünscht“), warum kann dieser Chefredakteur sich nicht dem Dialog, der „Debatte“ mit seinen Lesern stellen? Warum kann er ihnen nicht erklären, warum es seiner Meinung nach die richtige Entscheidung war, Poseners Beitrag zu löschen?

Ich fürchte, bei Springers glauben sie wirklich, wenn sie Themen nur konsequent genug totschweigen, seien sie tatsächlich tot.

Sie werden sich noch wundern.

„Welt Online“ verliert Stimmen

Auf seiner neugestalteten Homepage lässt „Welt Online“ die Leser gerade über Bischof Mixa und seine „Gebärmaschinen“-These abstimmen. Das Ergebnis ist überraschend eindeutig:

Noch erstaunlicher ist aber die Zahl der abgegebenen Stimmen. Aktuell wird sie mit 1794 angegeben. Dabei war vor einer Stunde schon die 2000-Marke überschritten gewesen. Wie kann die Zahl plötzlich abnehmen?

Das geht, wie Leser Andreas Eisele entdeckt hat, die ganze Zeit schon so.

23.20 Uhr:
1564 Stimmen.

8.30 Uhr:
1478 Stimmen.

11 Uhr:
1628 Stimmen.

11.45 Uhr:
1931 Stimmen.

12 Uhr:
1703 Stimmen.

12.30 Uhr:
2024 Stimmen.

13.30 Uhr:
1794 Stimmen.

Wie kommt das? Was soll das? Wer macht sowas?

Neues über die neue Offenheit der „Welt“

Ein Kollege hat bei „Welt Online“ nachgefragt, warum BILDblog dort plötzlich aus den „Blog-Empfehlungen“ entfernt wurde. Er bekam vom Chefredakteur Christoph Keese folgende Antwort:

„(…) vielen Dank für Ihre Frage, die wir gern beantworten: Wir empfehlen prinzipiell keine Blogs, die sich gegen unsere Verlinkung wehren. In diesem Blog entstand schnell eine Debatte darüber, ob die ‚Welt‘ wohl einen Link setzen dürfe. Da wir uns nicht aufdrängen wollen, listen wir den Blog nicht mehr.“

Langsam hört der Spaß aber auf.

1. Dies ist nicht das BILDblog.
2. Im BILDblog entstand keine Debatte über den Link.
3. Das BILDblog hat sich nicht gegen die Verlinkung gewehrt.
4. Ich habe mich explizit nicht gegen die Verlinkung gewehrt.

Und weil Herr Keese das alles natürlich weiß, gilt schon deshalb:

5. Seine Erklärung, warum „Welt Online“ angeblich den Link auf BILDblog entfernt hat, stimmt nicht.

Allmählich fange ich an, „Don Alphonso“ in seiner Einschätzung über den besten Umgang mit diesen Leuten fast Recht zu geben.

(Und vielleicht beantwortet die Art, wie Christoph Keese antwortet, auch zu einem kleinen Teil die Frage, die neulich jemand stellte, warum ich mir nicht vorstellen kann, bei Axel Springer zu arbeiten.)

Totes Watchblog, gutes Watchblog

Gestern „empfahl“ die „Welt Online“ noch BILDblog:

Heute nicht mehr:

Und wer auch immer bei Springer dachte, es sei für ein Online-Angebot der Axel-Springer-AG doch besser, nicht auf uns zu verlinken, hat sorgfältig gearbeitet. Ursprünglich begann nämlich die zweite „Blogempfehlung“ nach BILDblog, die für Watchblog.de, mit den Worten:

„Im Gegensatz zum Bildblog und der Spiegelkritik versucht sich [sic!] die Redaktion von Robert John die gesamte Medienszene in Deutschland kritisch zu beobachten (…).“

Auch in dieser Beschreibung ist nun der Hinweis auf BILDblog (und Spiegelkritik) verschwunden.

Und lustig daran ist vor allem, dass das erste Medienblog, das „Welt Online“ nun empfiehlt, eines ist, das es in seiner ganzen Lebensdauer auf nicht mehr als zehn Einträge geschafft hat — und seit einem Dreivierteljahr tot ist.

Wer auf BILDblog verlinken darf

wolff fragt in den Kommentaren:

„Mich würde interessieren, warum Du das Bildblog in den Blogempfehlungen von welt.de akzeptierst. Andere haben sich schon austragen lassen.
So sieht es aus, als würdest Du einerseits auf die Springer Presse schimpfen, andererseits aber deren Traffic gerne annehmen.“

Die kürzere Antwort:

Dies ist ein freies Land. Jeder darf auf BILDblog verlinken. Und wenn auf diese Weise ein paar „Welt“-Leser einen schärferen Blick auf das Blatt bekommen, von dem der Herausgeber der „Welt“ lebt wie von keinem anderen, ist mir das Recht.

Die längere Antwort:

Wer hat sich denn noch „austragen“ lassen? Also, außer „Don Alphonso“? Der schrieb im Werbeblog zu seinem Buch „Blogs!“:

ich sage dem rechtsreaktionären Drecksblatt, dass ich von denen nicht verlinkt werden will. Zum Kotzen, dieses Pack – noch dazu, wenn manm sich anschaut, welchen Webschleim sie sonst nich verlinken.

Und nach eigenen Angaben an „Welt Online“ direkt:

Ich wüsste nicht, dass ein rechtsreaktionäres Müllblatt aus dem Springersumpf die Erlaubnis hätte, das Cover des Blogbuches abzubilden.

Die „Welt“ ist sicher nicht meine Lieblingszeitung. Und ich habe Stellenangebote von „Welt“ und „Welt am Sonntag“ auch deshalb abgelehnt, weil ich mir nicht vorstellen kann, für Springer zu arbeiten. Ich würde die „Welt“ trotzdem kein „rechtsreaktionäres Müllblatt“ nennen. Nicht nur, weil mir „rechtsreaktionär“ als ein Pleonasmus erscheint. Sondern auch, weil mir dann die Worte fehlten, um wirklich reaktionäre Müllblätter zu beschreiben.

(Bei „Don Alphonso“ kann man das Problem gut erkennen: Vor gut einem Monat erst beschrieb er „Die Presse“ als

„grössere Tageszeitung aus Wien, die politisch weiter rechts zu verorten ist als SchlammSpringers “Die Welt” — rechtsreaktionär würde man sie in Deutschland vielleicht nennen.“

Damals gebrauchte er „rechtsreaktionär“ als Hilfsbegriff, um etwas zu beschreiben, was (seiner Meinung nach) rechter ist als die „Welt“. Wenn inzwischen die „Welt“ selbst schon „rechtsreaktionär“ ist, wie nennt er dann beim nächsten Mal „Die Presse“? Ultrafaschistisch?

Oh, ich bin vom Thema ab.)

Jedenfalls lautet „Don Alphonsos“ Forderung nach dem Umgang mit der Springer-AG:

„Entweder man haut ihm in seine hässliche Fresse, oder man frisst ihm aus der Hand.“

Och nee. Ich möchte mir da doch ein paar weitere Handlungsmöglichkeiten vorbehalten.

Nachtrag, 23. Februar. Hat sich erledigt.

Verlinken? Lieber nicht

Christoph Keese, Chefredakteur von Welt Online, schreibt zum Neustart:

Doch gerade Seiten von Medien verlinken nicht untereinander und lassen damit eine wichtige Möglichkeit des Internets außer Acht. Wir machen es anders und verlinken auch auf Wettbewerber.

Ich fürchte, er meint das nicht so. Wenn ich das richtig sehe, besteht diese Offenheit gegenüber der Konkurrenz allein darin, solche Schlagzeilen-Blöcke hier rechts anzuzeigen. Wenn „Welt Online“ es ernst meinte mit den Möglichkeiten des Internets, würden sie bei diesem Artikel, der fast ausschließlich auf einem Gespräch von Christian Ströbele mit der „Netzeitung“ beruht, natürlich auf den entsprechenden Originalartikel verlinken. Oder bei diesem Artikel, in dem aus einem „Spiegel Online“-Gespräch zitiert wird, auf eben jenes. (Mal ganz abgesehen davon, dass man in einer Liste von Internetseiten den Nutzen für die Leser durch entsprechende Links dramatisch erhöhen würde…)

Nein, was Offenheit und das Verlinken auf Wettbewerber geht, war die „Netzeitung“ schon viel weiter. Die hat vor gut zwei Jahren eine Nachrichtensuchmaschine „News im Web“ eingebaut. Mit der wurden unter den Artikeln automatisch Links zu anderen Seiten angezeigt, die dasselbe Thema behandelten.

Apropos: Die „Netzeitung“ hat sich ja auch einen kleinen Relaunch gegönnt. Und… hmmm… ich kann dieses Feature nicht mehr entdecken. Die „Netzeitung“ verlinkt anscheinend nicht mehr systematisch zu anderen Seiten. Die dazugehörige Startseite ist auch schon länger nicht mehr gepflegt worden (da steht noch der vor ein paar Monaten gegangene Dr. Michael Maier als Chef).

Hm. Ich glaube, die deutschen Medien sind noch nicht (und nicht mehr) soweit, die wichtigen Möglichkeiten des Internet zu nutzen.

Doppelter Chart-Erfolg für JFK-Video

Auf Welt Online:

(Überhaupt eine komische publizistische Strategie: Als sich die erste Version des Artikels als etwas voreilig und unkritisch herausgestellt hat, wird nicht dieser Artikel überarbeitet und die Änderung entsprechend gekennzeichnet. Sondern der alte Artikel bleibt stehen und eine neue, überarbeitete Version wird zusätzlich veröffentlicht. Das ist natürlich auch eine Möglichkeit, auf „täglich 320 bis 350 neue Artikel“ zu kommen.)