
Im aktuellen „Manager Magazin“ steht ein Interview mit dem Verleger und Zeitschriftenlobbyisten Hubert Burda. Die Frage aus dem Vorspann wird darin zwar nicht beantwortet. Das Gespräch endet aber so:

Verrückte Idee.
Ich wollte das „Manager Magazin“ schon am Mittwoch kaufen. Am Mittwoch veröffentlichten nämlich „Spiegel Online“ und „manager-magazin.de“ gleichlautende Artikel, in denen die interessant klingende Aussagen aus dem Interview zitiert wurden; Fachmedien wie „Meedia“ machten aus Burdas Äußerungen Meldungen (bzw. nutzten die teuer produzierten Qualitätsinhalte bedenkenlos kommerziell, wie es neuverlegerisch korrekt natürlich heißen muss).
Jedenfalls war ich schon halb aus der Tür raus, als mich mein Bürokollege darauf hinwies, dass es das Heft noch gar nicht gibt: Es erscheine erst in zwei Tagen. Richtig. Das hatte ich vergessen.
Das ist natürlich eine originelle Vermarktungsstrategie mit Cliffhanger: Das Interesse an dem Produkt zu einem Zeitpunkt schüren, an dem es noch gar nicht erhältlich ist, und hoffen, dass sich die Leute später, wenn es erhältlich ist, noch daran erinnern, dass sie es eigentlich haben wollten.
Erstaunlicherweise habe ich mich heute morgen aber noch daran erinnert und auf dem Weg zur Arbeit versucht, ein „Manager Magazin“ zu kaufen. Das gestaltete sich ein bisschen schwierig, weil es weder der eine Kiosk noch der andere Kiosk noch der Supermarkt hatten. Das hängt vermutlich mit der Dichte (oder besser: Dünne) von Managern in dem Bereich von Kreuzberg-Friedrichshain zusammen, in dem ich wohne und arbeite, aber zum Glück gibt es ja das Internet.
Ich habe also versucht, den Artikel online zu kaufen. Ich wäre bereit gewesen, das ganze „Manager Magazin“ zu kaufen, als PDF oder E-Paper, selbst zum Print-Verkaufspreis von 7 Euro (obwohl darin ja eigentlich auch die Druck- und Vertriebskosten enthalten sind). Ich hätte sogar einen absurd überteuerten Preis für den einzelnen Artikel gezahlt, wie es zum Beispiel die „FAZ“ bei ihren Texten anbietet. Aber das „Manager Magazin“ lässt mich einen Artikel aus dem heute erschienenen Heft nicht online kaufen, egal wieviel Geld ich dafür auszugeben bereit bin. (Das Angebot, das meinem Wunsch am nächsten käme, ist die Online-Bestellung des gedruckten Heftes, das mir dann per Post zugestellt wird. Vielen Dank.)
Zum Glück hatte ich heute Mittag einen Termin in der Nähe der Friedrichstraße, wo Kioske tatsächlich das „Manager Magazin“ anbieten, griff zu, zahlte und konnte so jetzt doch das Interview lesen und das Ende nicht glauben. Sie erinnern sich:
Ja, wenn.
Wir schreiben das Jahr 2009, und das „Manager Magazin“ ist stolz darauf, seine Inhalte im Internet nicht nur nicht zu verschenken, sondern auch nicht zu verkaufen.
Alle jammern über die „Kostenlos-Kultur“ im Internet, aber das „Manager Magazin“ zwingt mich dazu, nicht nur für den einzelnen Artikel zu zahlen (wozu ich gerne bereit bin), sondern das ganze Heft zu kaufen (was zu einem für mich sehr schlechten Preis-Leistungsverhältnis führt), und zwar ausschließlich als Zeitschrift auf Papier (vermutlich wegen der höheren Qualität). Das kann man natürlich machen, wenn es einem (zu) gut geht, erscheint mir aber im gegenwärtigen Medienumbruch doch eine gewagte Zukunftsstrategie.
Vor allem, wenn ich, nachdem ich endlich mühsam meine 7 Euro losgeworden bin, feststelle, dass sie es nicht wert waren. Weil das Interview ungefähr nichts von Belang enthält, das das Magazin nicht schon kostenlos online gestellt hat — außer dem unfreiwillig selbstironischen Schluss und einem, zugegeben, erhellenden Blick in die Seele eines „Manager Magazin“-Redakteurs. Einmal, ein einziges Mal bricht es aus Klaus Boldt, der Hubert Burda sonst nüchtern-routiniert frageähnliche Vorlagen serviert, nämlich heraus:

Vielleicht braucht man weniger einen Medienexperten als einen Psychologen, um zu erklären, was da passiert ist.