„Mitten im Leben“: RTL hat noch ein paar Laien im Keller

Tagsüber schwappt das „wahre Leben“ ins RTL-Programm. Der Sender zeigt montags bis freitags je drei einstündige Folgen der Reihe „Mitten im Leben“, der Fortsetzung der täglichen Talkshows mit dokumentarischen Mitteln. Es geht um das übliche: junge Frauen, die sich die Brust vergrößern lassen wollen, ältere Frauen, die in ihrem Müll versinken, Männer, die sich vor ihren Ehefrauen ekeln – nur dass sie sich nicht im Studio entblößen, sondern die Kameras der Produktionsfirmen in ihr Leben lassen, die es dann fernsehgerecht krawallig aufbereiten.

Vorgestern ging es zum Beispiel um den Fall eines Fernfahrers, der plötzlich, aus heiterem Himmel, auf seine Frau losgeht, über Nacht ins Gefängnis kommt, herausfindet, dass seine Frau ihn betrogen hat und damit droht, sie um ihre Existenz zu bringen. Es ist eine Geschichte, die alle Zutaten hat, die das Privatfernsehen liebt, inklusive Vaterschaftstest natürlich — und das Beste: die Kamera ist immer dabei. Wir sehen die Rachepläne des Vaters, die Verzweiflung der Mutter, den lautstarken Streit der beiden auf dem Parkplatz vor dem Gefängnis.

Das muss man erst einmal schaffen, immer so dicht dabei zu sein, oder genauer gesagt: Man muss es nicht. Denn die Geschichte, die RTL in seiner vermeintlichen „Doku-Serie“ zeigte, war nur eine Laienspielaufführung. Die Familie war nicht echt, die Polizisten waren nicht echt, und alles andere war vermutlich auch nicht echt.

In dieser Woche sendet RTL auf dem 16-Uhr-Sendeplatz von „Mitten im Leben“ Fake-Doku-Soaps statt Real-Doku-Soaps. Dahinter steckt die Produktionsfirma Filmpool, die dem deutschen Fernsehen auch Richterin Barbara Salesch beschert und das schlechte Laienspiel als Standardgenre etabliert hat.

Dass sich hinter dem von RTL versprochenen „wahren Leben“ nun nicht nur die üblichen Inszenierungen, sondern komplette Drehbücher verbergen können, erfährt der Zuschauer vor oder während der Sendung nicht. Er kann es höchstens anhand der vergeblichen Versuche der Darsteller erraten, irgendeine Emotion zu spielen – oder gar überzeugend so unrealistische Sätze zu sagen wie: „Es war das erste Mal, dass ich richtig Angst vor meinem Mann hatte“.

Aber wenn er ganz genau hinguckt, kann er für zwei Sekunden am Ende des Abspanns einen dezenten Hinweis entdecken:

RTL folgt damit Sat.1 auf dessen Niveau. Der arme Münchner Konkurrenzsender muss seit Jahren schon sein größere Teile seines Programms mit in jeder Hinsicht billigen Gerichtslaienspielshows und Pseudo-Doku-Soaps wie „K11“ und „Lenßen & Partner“ bestücken. Damit sich deren Zuschauer auch im RTL-Programm heimisch fühlen, liegt unter den „Mitten im Leben“-Folgen sogar Eminems „Lose Yourself“ – die Titelmusik von „Lenßen & Partner“.

RTL-Sprecherin Anke Eickmeyer sagt, momentan sei nicht geplant, die ganze Reihe „Mitten im Leben“ auf die Fake-Variante umzustellen. „Nach unseren Erkenntnissen interessiert die Zuschauer nicht, ob es sich um Real-Doku-Soaps oder um gescriptete Dokusoaps mit Laiendarstellern handelt“, sagt sie. „Sie wollen interessante Geschichten sehen, die Machart ist nicht entscheidend.“

Womöglich hat sie Recht: Die erste Fake-Folge am Montag erreichte 18,8 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe – das ist nach Angaben von RTL der bisher höchste seit Start der Reihe im Mai 2008. Andererseits: Als Hans Meiser, Birte Karalus und Arabella Kiesbauer damit begannen, in ihren Talkshows ausgedachte Konflikte nachspielen zu lassen, war das der Anfang vom Ende ihrer Sendungen und des Talkshowbooms.

Schöne Blogs (4): Sprengsatz

„Spiegel Online“ berichtet, dass der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck kaum noch Chancen dafür sieht, dass Nikolaus Brender ZDF-Chefredakteur bleibt. Die neun Vertreter der Union im vierzehnköpfigen Verwaltungsrat des Senders beharrten darauf, gegen den Vorschlag von Intendant Markus Schächter stimmen zu wollen. Die Sozialdemokraten würden aber an Brender festhalten: „Wir tragen das Kreuz weiter.“

Am besten liest man zu dieser Meldung einen Blogeintrag von Michael Spreng. Der hatte schon vor einer Woche unter der Überschrift „Wem Beck hilft, der ist verloren“ geschrieben:

(…) Sein Lob für den jobgefährdeten ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender und seine Angriffe auf Angela Merkel in diesem Zusammenhang sind das Dümmste, was dem ZDF-Mann passieren konnte. (…)

Beck hat Brender mehr geschadet als Roland Koch, der den ZDF-Mann unter verlogenen Vorwänden ablösen will. Wenn Beck ein kluger Politiker wäre, dann hätte er die Auseinandersetzung mit Koch der kritischen Medienöffentlichkeit überlassen, die sich in diesem Fall vorbildlich engagiert. Gegen diese Öffentlichkeit hätte Koch verloren. Wenn aber die SPD den Fall Brender zu ihrem macht, dann hat Koch schon halb gewonnen. Dann kommt am Ende als sogenannter Kompromiss heraus, Brender gegen einen anderen angeblich SPD-nahen Journalisten auszutauschen. Damit hätten dann — nach ihrer Logik — beide Parteien gesiegt. (…)

Michael Spreng war in den 90er Jahren Chefredakteur der „Bild am Sonntag“, machte sich dann selbstständig und beriet unter anderem im Wahlkampf 2002 den Unions-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber. Er ist Gesellschafter des Medienmagazins DWDL. Bis Ende vergangenen Jahres schrieb er eine Kolumne für das „Hamburger Abendblatt“ — das allerdings heute von Claus Strunz geleitet wird.

Spreng bloggt jetzt unter sprengsatz.de, und unabhängig davon, ob man seiner jeweiligen Meinung ist, macht es Spaß, das zu lesen. (Im Gegensatz zum Beispiel zu den furchtbar angestrengt lockeren Blog-Versuchen der halben ZDF-Hierarchie.) Er kommentiert nicht nur das aktuelle Politgeschehen, sondern plaudert in der Rubrik „Anekdote der Woche“ auch aus seinem beachtlichen Nähkasten. Zum Beispiel erzählt er, wer Edmund Stoiber in die „gefährlichste Situation“ des Wahlkampfes 2002 gebracht habe: Dr. Udo Brömme aus der „Harald-Schmidt-Show“.

Sein Auftrag: Er sollte Stoiber vor laufenden Kameras einen Joint in die Hand drücken, den der Kanzlerkandidat in Unkenntnis, wie ein Joint aussieht, wahrscheinlich auch dankend angenommen hätte.

Erhellend ist auch die Geschichte, wie Erika Steinbach, die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, ihn bedrängt habe, von Stoiber vor der Wahl zur künftigen Bundestagspräsidentin ausgerufen zu werden.

Als sie weder von Stoiber noch von mir etwas hörte, bedrängte sie mich noch zwei Mal. Heute kann ich es ja zugeben: ich habe Stoiber dieses, mir völlig absurd erscheinende Ansinnen gar nicht übermittelt und erst nach der Wahl mit ihm darüber gesprochen. Er fand das in Ordnung.

Was Sprengs Blog noch fehlt, damit es nicht nur eine Kolumnen- und Anekdotensammlung ist, ist eine Diskussion. Aber das kann ja noch werden. Für die dürre deutsche politische Bloglandschaft ist „Sprengsatz“ eine schöne Bereicherung.

(Und nächste Woche kommt eine weitere hinzu — dazu dann hier mehr.)

Warum ist die „Zeit“ nicht besser? (4)

Die „Zeit“ berichtet heute, dass „neulich“ jemand bei Wikipedia dem neuen Wirtschaftsminister einen falschen zusätzlichen Vornamen verpasst habe. Aber dass die Geschichte alt ist, ist ihr kleinstes Problem.

Wenn Wikipedia also die „Heimstatt kollektiven Kurzzeitwissens“ ist — was ist dann die „Zeit“? Der senile Opa der Nation? Der wöchentliche Jahresrückblick?

Oder ist das eine Redensart, die Leute kennen, die auch Wörter wie „Pfiffikus“ noch benutzen (etwa: jmd. einen Heinrich unterjubeln)?

Auf eine Berichtigung ihrer kleinen und größeren Fehler aus ihrem Dossier über ARD und ZDF hat die „Zeit“ übrigens verzichtet. Auf der Leserbriefseite findet sich unter der Überschrift „Beherzte Kritik am Fernsehen“ zwar folgender Text:

Aber derjenige, der da meint, „Ich muss einen Fehler korrigieren“, ist natürlich keiner der beiden Autoren des Artikels. Sondern der ARD-Korrespondent Hubert Seipel. Die „Zeit“ korrigiert ihre Fehler nicht selbst, sondern lässt es von denjenigen übernehmen, über die sie sie verbreitet hat. Man könnte das elegant nennen.

[mit Dank an BILDblog-Leser KH Schneider]

Programmhinweis (27)

Die Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte“ der Bundeszentrale für politische Bildung beschäftigt sich in ihrer aktuellen Ausgabe mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk — und ich durfte das Eröffnungs-Essay dazu beitragen:

Selbstbewusst anders sein

Es ist nicht so, dass es den öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstaltern in Deutschland an Profil mangelte. Die ARD zum Beispiel ist der deutsche Seifenopern-Sender. Sie zeigt mehr Daily Soaps als jeder andere, vier verschiedene an jedem Werktag, und sie wiederholt sie teilweise auch häufiger als jeder andere: Ein eingefleischter „Sturm der Liebe“-Fan kann die aktuelle Folge dank der Ausstrahlung in den Dritten Programmen elf mal täglich sehen. Das ZDF profiliert sich als Schaulustigen-Kanal. Die freien Reporter, die ihr Geld damit verdienen, als erste an jedem Unfallort zu sein und Blut- und Ölspuren, Wiederbelebungsversuche und den Abtransport der Leichen zu filmen, haben in den Magazinen „Drehscheibe“ und „Hallo Deutschland“ ihre besten Abnehmer.

Das ist natürlich nichts alles. Das ZDF ist auch der Kanal, in dem Verona Pooth und Dieter Bohlen regelmäßig Auskunft über ihre Leben geben, das Erste ist Deutschlands Quizsender Nummer eins und die erste Adresse für Freunde der volkstümlichen Musik, beide sorgen zusammen mit den Dritten Programmen in ungezählten Zoo-Doku-Soaps dafür, dass kein niedliches Tier in einem deutschen Zoo betäubt, gekrault, gewaschen oder gewogen wird, ohne dass ein Millionenpublikum am Bildschirm dabei sein kann, und mit ihren Freitags- und Sonntags-Fernsehfilmen dominieren sie die Süßstoffproduktion in Deutschland.

(…)

Frühling

Wenn im März die Schafe lämmern
und Spechte ihre Höhlen hämmern,
Wenn Kraniche auf Nordland-Reise
und Fluss und Bach befreit vom Eise,
Wenn Amsel wieder singt und Meise,
dann jauchzt der Mensch auf seine Weise.
(der eine laut, die andre leise)

Wenn Blumen aus der Erde gucken,
die Gärtner in die Hände spucken
und wieder ackern, volle Pulle,
dann freut sich Stavermann in Rulle.

[polyphem, aus den Kommentaren, Link von mir]

Welsh Flausch

Das hier ist mein Favorit diesmal:

Schön ist aber auch das Talent junger Ziegenkinder, die eigene Geschicklichkeit und die Geduld der Mutter gleichzeitig zu testen:

Dieses ist gerade mal fünf Tage alt:

[flashvideo file=wp-content/wales0901.m4v /]

Das hier sind Rentiere, die im Dezember mithelfen, walisische Weihnachtsbäume zu verkaufen (und den Rest des Jahres anscheinend frei haben):

Und der hier wollte bemitleidet werden, weil er am Tag zuvor sein Geweih verloren hatte.

Sonst fallen vermutlich auch die Füße am Kopf nicht so sehr auf.

Das wächst aber in Windeseile wieder nach.

Und das Schöne, wenn man so früh im Jahr in Wales ist: Den Lämmern passen ihre Pullis noch nicht.




Pixelnazi

Das T-Shirt, das der 24-jährige André Z. trägt, ist weiß mit groben schwarzen Pixeln. Wenn man nicht genau hinschaut, könnte man es für ein cooles T-Shirt für Computer-Nerds halten. Aber André Z. ist kein Computer-Nerd, und das T-Shirt zeigt in Wahrheit auch keine Pixel. Die Leute von RTL haben die Verpixelung im Nachhinein hinzugefügt, um den eigentlichen Schriftzug unkenntlich zu machen. Auf dem T-Shirt steht groß: MASTERRACE. „Masterrace“ ist das englische Wort für „Herrenrasse“ und der Name einer einschlägigen Kleidungsmarke.

Doch das Thema dieser Ausgabe der Nachmittags-Doku-Reihe „Mitten im Leben“ lautet nicht „Mein Sohn ist ein Neonazi“. Es lautet: „Streit um jungen Freund der Mutter“. Die 48-jährige Mutter von André Z. hat sich in den 22-Jährigen Cihan verliebt, und ihre Söhne lehnen diese Beziehung massiv ab. Es ist das Personal, das Thema, der Umgang, die Sprache, die stolze Dummheit, wie man es aus der Hoch-Zeit der Nachmittagstalkshows kennt – nur dass die Menschen ihre privaten Probleme nun nicht mehr in einem Fernsehstudio austragen, sondern vor einem Kamerateam bei sich zuhause.

Die Aggression, mit der André Z. seine Mutter und ihren unsicheren jungenen Freund beschimpft, beleidigt und bloßstellt, ist erstaunlich. Aber die Fernsehleute haben sich entschieden, dass dieser unangenehme Mensch nicht als Neonazi auftreten darf und jedesmal den Schriftzug unkenntlich gemacht, wenn er oder seine Verlobte eines ihrer „Masterrace“-Shirts trugen. An keiner Stelle wird ihre politische Einstellung thematisiert. Nur das dauernde Flimmern auf der Brust und den Ärmeln zeigt, dass hier etwas nicht stimmt.

Womöglich ist RTL oder der Produktionsfirma Schwartzkopff erst im Nachhinein aufgefallen, dass der private Konflikt, den sie hier ausstellen, noch eine andere Dimension hat — aber Wegschmeißen oder Neudrehen wäre natürlich viel zu teuer gewesen. Und nun könnte man natürlich fragen, warum der Sender nicht einmal in der Lage ist, einen Schriftzug so unkenntlich zu machen, dass man ihn tatsächlich nicht mehr lesen kann. Vor allem aber müsste man fragen, ob der Zuschauer (und womöglich sogar André Z.) nicht ein Recht darauf hat, diesen Mann so zu sehen, wie er ist und sich darstellt.

Aber einfacher als eine Auseinandersetzung ist es natürlich, ihren äußeren Anlass zu verpixeln. So einfach kann der Umgang mit Neonazis sein: Man muss nur so tun, als ob sie keine sind. Dann lässt sich ganz unverkrampft mit ihnen im RTL-Nachmittagsprogramm über ihre Vorstellungen von einer ordentlichen Familie diskutieren.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

[via Indymedia]

Nachtrag, 3. März. RTL hatte die Folge am 30. Dezember 2008 schon einmal ausgestrahlt, damals noch unverpixelt.

Zwanziger gegen Zwanziger

Wenig Stoff hier im Moment, tut mir leid, und die nächste Zeit wird es nicht besser. Ich fahre morgen ein paar Tage weg und muss dann auch wieder die Kommentarbürgersteige hochklappen.

Aber vorher muss ich noch über die Sache mit Jens Weinreich geschrieben haben. Das ist der sehr geschätzte Kollege, der es wagte, sich in einem Blog-Kommentar kritisch über den Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes, Theo Zwanziger, zu äußern — was der mit juristischen Schritten und einer Diffamierungskampagne beantwortete (meine Blog-Beiträge zum Thema). Die Gerichte haben Jens Weinreich zwar in diversen Entscheidungen Recht gegeben. Trotzdem ist die Auseinandersetzung für ihn nicht nur extrem zeitraubend und anstrengend, sondern auch mit erheblichen Kosten verbunden. Ein fünfstelliger Betrag ist inzwischen zusammengekommen. Für einen freien Journalisten (mit Familie) ist das sehr viel Geld.

Nach langem Zögern hat er sich jetzt entschlossen, um Spenden zu bitten, und ich möchte mich dem gerne anschließen. Das hat nicht nur Jens verdient. Das haben auch Theo Zwanziger und seine Leute verdient.

Ich finde es empörend, wie Zwanziger es ausnutzt, dass er es sich leisten kann, die Auseinandersetzung in die Länge zu ziehen und das finanzielle Risiko immer größer werden zu lassen. Ich finde es eklig, wie Zwanziger noch damit kokettiert, dass er im Falle einer Niederlage Geld für einen guten Zweck spendet (aber natürlich nicht für Weinreich, den er bis dahin in den Ruin getrieben haben könnte). Ich finde es widerlich, dass der DFB sich immer noch weigert, seine Lügen zuzugeben, richtig zu stellen und sich dafür zu entschuldigen. Ich finde es skandalös, dass der DFB-Kommunikationsdirektor Harald Stenger noch im Amt ist, obwohl ihm inzwischen Gerichte bescheinigt haben, dass er Unwahrheiten über Weinreich verbreitet hat, und dass der DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach noch im Amt ist, der Stengers Lügen stolz an eine dreistellige Zahl wichtiger Menschen verschickt hat, mit der Aufforderung, sie zu verbreiten.

Wenn man verfolgt hat, wie ungeschickt, dumm und entlarvend der DFB agierte, und wie groß die Sympathiewelle war, die Jens Weinreich (nicht nur) im Internet trug, kann man leicht zu dem Schluss kommen, dass der David in diesem Spiel nur gewinnen und der Goliath nur verlieren kann. Aber der David kämpft gerade ums Überleben, und Goliath und seine Apparatschiks sitzen, mit ein paar blaue Flecken, bräsig und ohne Existenzangst auf ihren Positionen.

Daran werden wir nichts ändern können. Aber wir können verhindern, dass ihre Gegner sogar beim Rechthaben und Rechtbekommen noch auf der Strecke bleiben. Deshalb: Zwanziger gegen Zwanziger! (Über kleinere und größere Beiträge freut er sich aber bestimmt auch.)

Koch & ich

Ich habe heute meinen ersten Ministerpräsidenten interviewt.

Und zum ersten Mal die erste Seite des F.A.Z.-Feuilletons vollgeschrieben.

Jetzt bin ich ein bisschen erschöpft.

Nun würde eigentlich gerne ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern, mit was für Aufregung eine solche Geschichte verbunden ist — insbesondere, weil Roland Koch (der eigentlich gerade im Urlaub ist) sich bis zu diesem Interview nicht zu der von ihm betriebenen Demontage des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender geäußert hatte. Aber erstens weiß ich nicht, wie die F.A.Z. das fände, und zweitens fehlt mir die Zeit.

Interessant wäre aber die Frage, ob das eigentlich journalistisch in Ordnung (oder schlichter: nett) ist, die Aussagen eines Interviewpartners in derselben Ausgabe gleich kritisch zu kommentieren.

Und dank der Prozesshanselei des angeblich ersten Journalisten von Burda, Helmut Markwort (der ebenso wie sein früherer „Spiegel“-Kollegen Stefan Aust gerade effektiv für Einschränkungen der Pressefreiheit in Deutschland kämpft), ist da auch noch eine andere Frage: Wenn ich als Interviewer nach Ansicht von Markwort, Aust und Gerichten auch dafür verantwortlich bin, keine falschen Tatsachenbehauptungen des Interviewten zu veröffentlichen — wie gehe ich dann damit um, dass Koch behauptet, dass die „Heute“-Sendung 2008 von weniger Menschen gesehen wurde als „RTL aktuell“ (was nicht stimmt, ich aber erst hinterher nachschlagen konnte). Oder damit, dass er Claus Kleber als den Rädelsführer hinter dem Offenen Brief so vieler leitender und prominenter ZDF-Mitarbeiter darstellt (was anscheinend auch nicht der Wahrheit entspricht)?