Ich muss mich korrigieren:
Am vergangenen Samstag habe ich hier darüber geschrieben, wie sich sueddeutsche.de nachhaltig und bis heute weigert, einen sachlichen Fehler in einem Artikel richtig zu stellen. Stattdessen wies der Autor des Artikels nur in den Leserkommentaren auf seinen Fehler hin. Ich hatte den Eindruck erweckt, dass er dies als Notlösung tat, weil er von sueddeutsche.de keine Rückmeldung bekam. Tatsächlich geschah dies aber offenbar nach Absprache mit und auf Wunsch von Bernd Graff, dem stellvertretenden Redaktionsleiter und Feuilletonchef von sueddeutsche.de. Ich bitte, diesen Fehler zu entschuldigen.
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Bleibt natürlich die Frage: Macht das die Sache besser? Fabian Mohr, den der konkrete Fehler betrifft, meint Nein — im Gegenteil:
Das, was ich erst für eine liebenswert-laienhafte Notlösung hielt, ist also die von sueddeutsche.de autorisierte Form der Qualitätssicherung.
Und unbestritten ist: Alle Versuche von Fabian Mohr und dem „Süddeutsche“-Autor, eine Korrektur im Artikel selbst zu erreichen, waren erfolglos — eine entsprechende Mail von Fabian Mohr an Hans-Jürgen Jakobs, den Chefredakteur von sueddeutsche.de, blieb nach Mohrs Angaben bis heute unbeantwortet.
Man könnte die Sache hiermit zu den Akten legen. Journalisten passieren schlimmere Fehler als der, um den es hier geht.
Aber die Frage, wie wir mit unseren Fehlern umgehen, ist eine grundsätzliche — und eine entscheidende. Und das Vorgehen von sueddeutsche.de erschüttert mich nach wie vor. Es läuft darauf hinaus, dass ein Leser von sueddeutsche.de im Zweifelsfall sämtliche Nutzerkommentare unter einem Artikel lesen muss, um zu wissen, ob die Redaktion Teile dessen womöglich längst als fehlerhaft erkannt hat.
Bernd Graff mag in dieser Praxis auf Anfrage von mir kein Problem sehen. Er hält das Abgeben eines entsprechenden Leserkommentars durch den Autor schon für eine Korrektur und nennt sie eine „unmittelbar diskursive Version“ — im Gegensatz zur „autoritären“, wenn der Artikel selbst verändert wird. Dass sueddeutsche.de den Artikel selbst nicht berichtigt, sei keine Weigerung, Fehler zu korrigieren und einzugestehen, sondern zeige, wie ernst man das „Institut der Nutzerkommentare“ nehme.
Graff ist über meinen Text vom vergangenen Samstag einigermaßen empört. Er hält meine Vorwürfe für infam und wirft mir vor, fahrlässig, fast rufschädigend berichtet zu haben. Vor allem sei es unprofessionell von mir, ihn nicht als Gegenseite vor dem Verfassen angehört zu haben. In diesem Punkt hat er Recht: Das hätte ich tun sollen.
Vor dem Verfassen dieses Blogeintrags nun habe ich versucht, Hans-Jürgen Jakobs anzuhören. Ich habe ihm am Mittwochabend eine Mail mit folgenden Fragen geschrieben:
- Haben Sie oder einer Ihrer Mitarbeiter Fabian Mohr, der Sie in einer Mail bereits am 15. März um eine Korrektur bat, je geantwortet?
- Haben Sie oder einer Ihrer Mitarbeiter seiner Bitte um eine Korrektur im Artikel je entsprochen?
- Halten Sie diese Bitte für unangemessen?
- Warum weigert sich sueddeutsche.de so hartnäckig, diesen klaren sachlichen Fehler im Artikel zu korrigieren?
Und allgemein:
- Ist es gängige Praxis bei sueddeutsche.de, Fehler nicht im Artikel selbst zu korrigieren, sondern vom jeweiligen Autor in den Nutzerkommentaren berichtigen zu lassen?
- Muss ein Leser von sueddeutsche.de im Zweifelsfall sämtliche Nutzerkommentare unter einem Artikel lesen, um korrekt informiert zu sein?
- Kann sich ein Leser nicht darauf verlassen, dass von sueddeutsche.de erkannte Fehler im Artikel selbst korrigiert werden?
- Halten Sie das für ein geeignetes Verfahren, mit Fehlern umzugehen, die — da sind wir uns sicher einig — sich nie ganz vermeiden lassen?
Heute hat mir Jakobs mitgeteilt, dass er darauf nicht antworten möchte.